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Entscheidungen

Corona

Corona, Ansammlungsverbot, erforderliche Urteilsfeststellungen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamm, Beschl. v. 11.03.2021 – 4 RBs 57/21

Leitsatz: Der Tatrichter muss bei einer Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen das Zusammenkunfts- und Ansammlungsverbot gem. § 12 Abs. 1 CoronaSchVO NW i.d.F. v. 27. April 2020 Feststellungen treffen, die erkennen lassen, dass es sich nicht um eine von dem Verbot ausgenommene Ansammlung oder Zusammenkunft i.S.v. § 12 Abs. 1 S. 2 CoronaSchVO NW i.d.F. v. 27. April 2020 handelt.


In pp.

1.Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen ZEinzelrichterentscheidung).
2. Die Sache wird auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden übertragen (Einzelrichterentscheidung).
3. Das angefochtene Urteil wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an das Amtsgericht Detmold zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen das Zusammenkunfts- und Ansammlungsverbot gem. §§ 16 Abs. 3 Nr. 2, 12 Abs. 1 CoronaSchVO NW i.d.F. v. 27.04.2020 i.V.m. §§ 73 Abs. 1a Nr. 24, 32, 28 Abs. 1 IfSG i.d.F. v. 27.03.2020 zu einer Geldbuße von 200 Euro verurteilt.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hielt sich der Betroffene am 03.05.2020 auf dem Parkplatz der Stadtwerke C an der V-Straße mit zwei weiteren Personen auf. Die Personengruppe stand neben einem PKW beisammen und unterhielt sich, wobei zwischen den Personen ein Abstand von 1,5m nicht eingehalten wurde. Mitarbeiter eines privaten Wachdienstes, der von der Stadt C mit der Kontrolle von Verstößen gegen die CoronaSchVO NW beauftragt worden war, wiesen die Personen auf einen Verstoß hin. Wegen des Verhaltens "eines weiteren Beteiligten" eskalierte die Situation, so dass die Wachdienstmitarbeiter die Polizei hinzuriefen, welche die Personalien der Personen feststellten.

Gegen das Urteil wendet sich der Betroffene mit dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er macht die Verfassungswidrigkeit der zu Grunde liegenden Rechtsvorschriften geltend, führt aus, dass es sich bei dem Parkplatz nicht um öffentlichen Raum gehandelt habe, macht ein Beweisverwertungsverbot wegen des Einsatzes eines privaten Wachdienstes sowie die Befangenheit der Tatrichterin geltend und beantragt, das angefochtene Urteil - nach Zulassung der Rechtsbeschwerde - aufzuheben und ihn freizusprechen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Zulassungsantrag als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die Rechtsbeschwerde war durch den mitunterzeichnenden Richter am Oberlandesgericht R zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG) und dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen (§ 80a Abs. 3 OWiG). Nach § 12 Abs. 1 S. 2 CoronaSchVO NW sind von dem Tatbestand des Zusammenkunfts- und Ansammlungsverbots bestimmte Konstellationen ausgenommen. Das Amtsgericht hat vorliegend keine Feststellungen getroffen, die dem Senat eine Überprüfung ermöglichen, ob das Tatgericht zu Recht von einem Nichtvorliegen einer Tatbestandseinschränkung ausgegangen ist. Der Umstand, dass das Amtsgericht im Rahmen seiner rechtlichen Würdigung ausführt, dass es "weder vorgetragen noch ersichtlich" sei, dass es sich bei den weiteren Personen um dem Betroffenen "nahestehende" Personen gehandelt oder es sich um eine "zwingende bzw. unvermeidbare" Ansammlung gehandelt habe, lässt besorgen, dass das Amtsgericht es aus Rechtsgründen unterlassen hat, Feststellungen zu den Voraussetzungen von § 12 Abs. 1 S. 2 CoronaSchVO NW zu treffen. Damit besteht die Gefahr, dass es sich insoweit nicht nur um eine Fehlentscheidung im Einzelfall handelt, sondern sich der Fehler bei weiteren Entscheidungen wiederholen könnte. Der Wiederholungsgefahr ist durch Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu begegnen.

III.

Die auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde, der zwar nicht ausdrücklich, so doch in der Gesamtschau noch hinreichend (auch) die Rüge der Verletzung materiellen Rechts zu entnehmen ist, hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht (§ 79 Abs. 6 OWiG). Für eine Zurückverweisung an eine andere Abteilung desselben Amtsgerichts besteht kein Grund.

Das angefochtene Urteil weist einen durchgreifenden Rechtsfehler zu Lasten des Betroffenen auf.

Nach § 12 Abs. 1 S. 1 CoronaSchVO NW i.d.F. v. 27.04.2020 sind Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen untersagt. Dass die Voraussetzungen einer Zusammenkunft bzw. Ansammlung im öffentlichen Raum erfüllt sind, bedarf keiner näheren Erörterung mehr. Insbesondere auch bzgl. des Charakters des Tatortes als "öffentlicher Raum" verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 28.01.2021 - III - 4 RBs 3/21 - juris).

Allerdings regelt § 12 Abs. 1 S. 2 CoronaSchVO NW i.d.F. v. 27.04.2020 eine Reihe von Ausnahmen von diesem Verbot. Das bedeutet, dass Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen dann nicht untersagt sind, wenn es sich um Verwandte in gerader Linie, Geschwister, Ehegatten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner, in häuslicher Gemeinschaft lebende Personen u.s.w. handelt. Das bußgeldbewehrte Zusammenkunfts- und Ansammlungsverbot betrifft also nur Konstellationen, die nicht unter § 12 Abs. 1 S. 2 CoronaSchVO NW i.d.F. v. 27.04.2020 fallen.

Hierzu hat das Amtsgericht indes keine Feststellungen getroffen. Um welche Personen es sich bei den weiteren Beteiligten an der Zusammenkunft bzw. Ansammlung handelte, wird nicht festgestellt (obwohl ausweislich der Urteilsgründe auch deren Personalien von der Polizei festgestellt worden sein sollen). Den Urteilsgründen lässt sich allein entnehmen, dass es sich bei einer der weiteren Personen um eine männliche Person gehandelt hat. Dass gewisse Ähnlichkeiten im festgestellten Tatgeschehen es nahelegen könnten, dass eine weitere Person der Betroffene aus dem Verfahren 4 RBs 3/21 OLG Hamm gewesen sein könnte, reicht nicht. Auch ist es nicht Sache des Betroffenen, nachzuweisen, dass ein Fall des § 12 Abs. 1 S. 2 CoronaSchVO NW eingreift, sondern es ist Sache der zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten berufenen Behörden und Gerichte nachzuweisen, dass keine erlaubte Zusammenkunft oder Ansammlung vorliegt.

Hinsichtlich der weiteren aufgeworfenen Rechtsfragen, insbesondere auch bzgl. der (zu Unrecht) von der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Verfassungswidrigkeit der zu Grunde liegenden Rechtsnormen, verweist der Senat auf seine Beschlüsse vom 28.01.2021 - III - 4 RBs 446/20 und III - 4 RBs 3/21 und den Beschluss des 1. Strafsenats vom 08.02.2021 - III - 1 RBs 2, 4-5/20 - juris.


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