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Entscheidungen

Corona

Corona, Terminsverlegungsantrag, Besorgnis der Befangenheit

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Plön, Beschl. v. 03.02.2021 - 34 OWi 563 Js 37777/20

Leitsatz: Dem allgemeinen Risiko einer Infektion mit dem Sars-CoV-2-Virus steht auch vor dem Hintergrund erheblich gestiegener Fallzahlen in der Bundesrepublik Deutschland das Interesse an der Sicherung einer funktionsfähigen Strafrechtspflege gegenüber. Hat das Gericht ausreichende Schutzmaßnahmen ergriffen, besteht kein Anlass, das Interesse an der Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Strafrechtspflege hinter das Interesse eines Betroffenen am Schutz seiner Gesundheit zurücktreten zu lassen. Die Ablehnung eines Terminsverlegungsantrag berechtigt dann nicht zur Annahme der Besorgnis der Befangenheit.


34 OWi 563 Js 37777/20

Amtsgericht Plön

Beschluss

In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.

Verteidiger:

Rechtsanwalt Friedrich S. Fülscher, Düppelstraße 71, 24105 Kiel, Gz.: 000076-20
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat das Amtsgericht Plön durch den Richter am Amtsgericht Bunge am 3. Februar 2021 beschlossen:

Das Befangenheitsgesuch vom 21.01.2021 gegen Richter pp. wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe

Die Zurückweisung erfolgt, weil ein Befangenheitsgrund gegen Richter pp. tatsächlich nicht gegeben ist. Ein Richter kann als befangen abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 46 OWiG, § 24 StPO). Bei der hier in Rede stehenden Ablehnung einer Terminverlegung verhält es sich so, dass der erkennende Richter auch mit Blick auf die gegenwärtige Pandemielage und der vorgetragenen Risikofaktoren aufseiten des Betroffenen (Bezugsperson eines kleinen Kindes, zur Risikogruppe gehörende Eltern) keine Willkür hat erkennen lassen. Es war nicht sachfremd, insoweit auf die im Amtsgericht Plön getroffenen Sicherheitsvorkehrungen zu verweisen.

Im Rahmen des für das Gericht beschlossenen Hygienekonzeptes wird der Gefahr der Verbreitung des Sars-CEO V-2-Virus dadurch Rechnung getragen, dass neben einer gestaffelten Terminierung in den verschiedenen Sitzungssälen die jeweiligen Dezernenten, soweit erforderlich, Zeugen ebenfalls zeitlich gestaffelt zu den jeweiligen Terminen laden, um auf diese Weise zu verhindern, dass im Wartebereich vor den Sitzungssälen eine höhere Personenzahl vorhanden ist. Zudem lässt sich der Wartebereich vor den Sitzungssälen gut lüften, so dass mit einer Aerosolanreicherung im nennenswerten Umfange nicht zu rechnen ist. Zudem sieht das Hygienekonzept die Bereitstellung ausreichenden Händedesinfektionsmittels vor. Solches befindet sich an mobilen Spendern im Eingangsbereich des Gerichtes, aber auch vor den Sitzungssälen. Im Laufe des Tages finden im Übrigen Desinfektionen im Bereich der öffentlich zugänglichen Flächen wie Eingangsbereich, Treppenhaus, WC-Bereich aber auch im Sitzungssaal statt.

Der für die Durchführung der Hauptverhandlung zur Verfügung stehende Sitzungssaal ist gekennzeichnet durch ein Raumangebot, welches einen Mindestabstand von 1,5 m der Verfahrensbeteiligten zueinander ohne Weiteres ermöglicht. Im Übrigen können mobile Schutzwände(Plexiglas) zwischen den Verfahrensbeteiligten aufgestellt werden, um einen weiteren Schutz vor Aerosolen in der Atemluft zu erreichen. Zudem befindet sich in Sitzungssaal ein mobiles Messgerät für den Raumluftgehalt an CO2. Eine Überschreitung des CO2-Gehaltes wird angezeigt, so dass bei Be-darf die Sitzung unterbrochen werden kann, um für eine ausreichende Lüftung zu sorgen. Zudem wird dem Risiko einer Anreicherung der Raumluft durch Aerosole dadurch Rechnung getragen werden, dass das Gericht in regelmäßigen Abständen Sitzungspausen einlegen und diese unter anderem zum Stoßlüften nutzen kann.

Diese organisatorischen und räumlichen Maßnahmen sind seit Monaten im Sitzungsbetrieb beim Amtsgericht erprobt, ohne dass ein einziger Fall bekannt geworden wäre, in dem sich eine Person infolge der Teilnahme an einer Sitzung in den Räumlichkeiten des Amtsgerichts mit dem neuartigen Coronavirus infiziert hätte. Zudem ist bekannt, dass in Schleswig-Holstein seit Auftreten der Corona-Pandemie landesweit von in der Justiz beschäftigten Personen lediglich ca. ein Dutzend an dem neuartigen Corona-Virus erkrankt sind/waren. Dies ist durchaus ein Beleg dafür, dass die in der Justiz angewendeten Hygienekonzepte die an sie gerichteten Erwartungen zu er-füllen vermögen. Zudem gehört es zu dem im Amtsgericht bestehenden Hygienekonzept, dass allen Verfahrensbeteiligten im Rahmen der Ladung zum Termin entsprechende schriftliche Hin-weise zum bestehenden Hygienekonzept und zu den Hygienemaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie übermittelt werden.

Konkrete gesundheitliche Beeinträchtigungen des Betroffenen selbst oder seines Verteidigers, die darüber hinausgehende weitere Schutzmaßnahmen erforderlich machen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Dem allgemeinen Risiko einer Infektion mit dem Sars-CoV-2-Virus auch vor dem Hintergrund erheblich gestiegener Fallzahlen in der Bundesrepublik Deutschland steht das Interesse an der Sicherung einer funktionsfähigen Strafrechtspflege gegenüber. Angesichts der vorstehend darge-legten, vom Gericht ergriffenen Schutzmaßnahmen besteht kein Anlass, das Interesse an der Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Strafrechtspflege hinter das Interesse des Betroffenen am Schutz seiner Gesundheit zurücktreten zu lassen.

Das durfte auch der erkennende Richter in diesem Verfahren so sehen. Eine Besorgnis der Befangenheit liegt insoweit fern.


Einsender: RA F. S. Fülscher, Kiel

Anmerkung:


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