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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, nachträgliche Bestellung

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Braunschweig, Beschl. v. 05.01.2021 - 7 Gs 2909/20

Leitsatz: Die nachträgliche Bestellung eines Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger ist zulässig, wenn der Antrag auf Beiordnung rechtzeitig vor Abschluss des Verfahrens gestellt wurde, die Voraussetzungen für eine Beiordnung gem. § 140 Abs. 1, 2 StPO vorlagen und die Entscheidung durch gerichtsinterne Vorgänge unterblieben ist, auf die ein Außenstehender keinen Einfluss hatte.


Amtsgericht Braunschweig
Beschluss
7 Gs 2909/20
05.01.2021

In dem Ermittlungsverfahren
gegen pp.

wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis

wird dem Beschuldigten Herr Rechtsanwalt pp. gem. § 140 Abs. 2 StPO nachträglich als Verteidiger bestellt, da die zu erwartende Rechtsfolge dies gebietet.

Gründe:

Mit Schreiben vom 12.10.2020 beantragte Rechtsanwalt pp. seine Beiordnung als Pflichtverteidiger in dem Verfahren 906 Js 53486/20, da eine Gesamtstrafenfähigkeit des Verfahrens 906 Js 53486/20 mit dem Verfahren 122 Js 10611/20 vorlag und eine (Gesamt-) Freiheitstrafe — der Beschuldigte ist bereits zahlreich strafrechtlich in Erscheinung getreten von über einem Jahr zu erwarten war.

In dem Verfahren 122 Js 10611/20 wurde der Beschuldigte zu einer noch nicht rechtskräftigen Freiheitsstrafe von 10 Monaten ohne Bewährung verurteilt, so dass die Voraussetzungen einer Beiordnung nach § 140 Abs. 2 StPO für das Verfahren 906 Js 5386/20 vorlagen.

Nichtsdestotrotz leitete die Staatsanwaltschaft Braunschweig den Antrag des Rechtsanwalts pp. auf Beiordnung nicht an das zuständige Amtsgericht Braunschweig weiter, sondern stellte das Verfahren 906 Js 5386/20 im Hinblick auf das Verfahren 122 Js 10611/20 am 16.11.2020 nach § 154 StPO ein.

Herr Rechtsanwalt pp. ist rückwirkend als Pflichtverteidiger zu bestellen, da im Zeitpunkt der Antragsstellung die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO vorlagen.

Nach überwiegenden Ansicht (vgl. hierzu Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, 61. Aufl., StPO, § 141, Rn. 8) gilt zwar, dass nach dem endgültigen Abschluss eines Strafverfahrens die nachträgliche Beiordnung eines Verteidigers nicht mehr in Betracht kommt und ein darauf gerichteter Antrag unzulässig ist. Es sind jedoch zahlreich amts- und landgerichtliche Entscheidungen bekannt - denen sich das Gericht anschließt - dass eine rückwirkende Bestellung für zulässig erachtet wird, wenn der Antrag auf Beiordnung rechtzeitig vor Abschluss des Verfahrens gestellt wurde, die Voraussetzungen für eine Beiordnung gem. § 140 Abs. 1, 2 StPO vorlagen und die Entscheidung durch gerichtsinterne Vorgänge unterblieben ist, auf die ein Außenstehender keinen Einfluss hatte (vgl. Landgericht Magdeburg, Beschluss vom 11. Oktober 2016, 23 Qs 18/16; Landgericht Hamburg, StV 2005, 207; Landgericht Saarbrücken, StV 2005, 82; Landgericht Itzehoe StV 2010, 562; Landgericht Neubrandenburg StV 2017, 724 mit zahlreichen Rechtssprechungsnachweisen).

So liegt der Fall hier. Der Antrag auf Beiordnung des Rechtsanwalt pp. wurde rechtzeitig gestellt, die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO lagen vor, eine Entscheidung ist jedoch aufgrund interner Vorgänge unterblieben. Die Bestellung war daher rückwirkend vorzunehmen.


Einsender: RA W. Siebers, Braunschweig

Anmerkung:


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