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Entscheidungen

Gebühren

Terminsgebühr, Schöffengericht, Mittelgebühr

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Saarlouis, Beschl. v. 09.09.2020 - 6 Ls 35 Js 1187119 (49/19)

Leitsatz: Eine Terminsdauer von nur 51 Minuten ist für eine Strafsache beim Schöffengericht unterdurchschnittlich.


Amtsgericht Saarlouis

Beschluss
6 Ls 35 Js 1187119 (49/19)

09.09.2020

In der Strafsache
gegen pp.

Pflichtverteidiger:

Rechtsanwalt

wegen räuberischen Diebstahls

werden die aufgrund des rechtskräftigen und somit vollstreckbaren Urteils des Amtsgerichts Saarlouis vom 16.09.2019 (Geschäftsnummer 6 Ls 35 Js 1187/19 (49/19)) von der Landeskasse dem Angeklagten zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 672,83 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.11.2019 festgesetzt.

Gründe:

Vorliegend hat das Gericht durch rechtskräftiges Urteil vom 16.09.2019 die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Landeskasse auferlegt.

Mit Antrag vom 28.10.2019 hat der Verteidiger, Herr Rechtsanwalt pp., seine Gebühren als Wahlanwalt gem. § 14 RVG gegenüber der Landeskasse geltend gemacht.

Bei Rahmengebühren ist es Sache des Rechtsanwaltes, die Gebühren unter Berücksichtigung der in § 14 I RVG aufgestellten Kriterien zu bestimmen.

Gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG ist die Gebührenbestimmung des Rechtsanwalts für die erstattungspflichtige Staatskasse nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. In der Regel werden Abweichungen von bis zu 20 % von der angemessenen Gebühr noch als verbindlich angesehen (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage, § 14 RdNr. 12; Burhoff, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, § 14 RdNr. 52, 49; Ried& Sußbauer/Fraunholz, RVG-Kommentar, 9. Aufl., § 14 RdNr. 4, Anwaltskommentar, RVG, Gebauer/Schneider (Hrsg.), 2. Aufl., § 14 RdNr. 83).

Ob eine getroffene Gebührenbestimmung unbillig ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber, sowie dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse und dem Haftungsrisiko für den Verteidiger, zu prüfen.

Der Umfang beschreibt den zeitlichen Aufwand, den der Rechtsanwalt in einer Sache aufbringen muss.

Die Schwierigkeit beschreibt die Intensität der Arbeit, maßgebend ist allein die objektive Schwierigkeit. Hierbei muss zwischen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten unterschieden werden. Die Bedeutung der Angelegenheit ist aus der Sicht eines Unbeteiligten, nicht oder nicht so hoch verurteilt zu werden, zu betrachten (LG Koblenz, JurBüro 2010, 32). Dabei ist die Sicht der Angeklagten mit zu berücksichtigen.

Wegen der Schwierigkeit zu bestimmen, wann eine Gebührenfestsetzung unbillig ist, wird nach gefestigter Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, Rn. 10 zu § 14) in den Normalfällen, in denen sämtliche nach § 14 I 1 RVG zu berücksichtigenden Umstände durchschnittlicher Art sind, von der Mittelgebühr ausgegangen, wobei jedes der Bemessungskriterien Anlass geben kann, vom Mittelwert der Gebühr nach oben oder unten abzuweichen (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage, W Vorb. 4, Rdnr, 19).

Hierbei ist die Kompensationstheorie anzuwenden, welche bestimmt, dass das geringere Ge-wicht eines Merkmals das überragende Gewicht eines anderen Merkmals kompensiert. (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage, § 14 Rdnr. 11; Saarl. OLG, Beschlüsse vorn 08.07.2004 — 1 Ws 112/04 und 24.03.2006 — 1 Ws 52/06; 30.10.2009 — 1 Ws 198/09, Mayer a. a. O., § 14 Rn. 11 m. w. N.).

Die Mittelgebühr soll eine Vielzahl von vorkommenden Fällen gebührenrechtlich abdecken. Werden diese Grundsätze auf hiesigen Fall übertragen, ergibt sich Folgendes:

1. Hinsichtlich der in Ansatz gebrachten Mittelgebühren für die Grund- und Verfahrensgebühr ergeben sich keine Bedenken.

Bei dem Ansatz der Terminsgebühr für den Termin vom 16,09.2019 liegt hingegen eine unbillige Gebührenbestimmung i.S.d. § 14 RVG vor.

Wesentliches Bemessungskriterium bei der Terminsgebühr ist regelmäßig die Dauer des Termins (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage, W Vorb. 4 Rdnr. 32; Burhoff, a.a.O., Nr. 4108 Rn 19 i.V.m. Nr. 4120 Rn 3; Riedel/Süßbauer, RVG, 9. Auflage, W Teil 4 Abschnitt 1, Rn 55; vgl. Saarl. OLG, B. vom 24.08.10, 1 AR 2/09).

Die mit der Terminsgebühr abgegoltene Vor- und Nachbereitungszeit (vgl. Saarl. OLG, B. v, 28.11.2007 — 1 Ws 215/07 — und 29.01.2010 — 1 Ws 203/09) des konkreten Termins darf bei der Bemessung der Terminsgebühr jedoch nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. u.a. Saarl. OLG, B. v. 10.05.2010 — 1 Ws 56/10, 30.09.2014 —1 Ws 130/14).

Ausweislich des Vermerks in dem Sitzungsprotokoll (BI. 90 d.A.) ergibt sich eine Terminszeit von lediglich 51 Minuten.

Damit liegt die Dauer des Termins deutlich unter dem für vergleichbare Verhandlungen vor dem Schöffengericht geltenden Durchschnittswert von 3 - 4 Stunden (vgl. ständige Rechtsprechung des Saarländischen Oberlandesgerichts Saarbrücken in den Beschlüssen vom 4. April 2000 - 1 AR 2/00 -, vom 7. Juni 2001 - 1 AR 11/01 -, vom 19. November 2002 - 1 AR 24/02 - und vom 3. April 2003 - 1 AR 3/03 -).

Termine mit einer Dauer von 2 Stunden können nur in Einzelfällen gerade noch als durchschnittlich angesehen werden (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24.08.2010 1 AR 2/09).

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung und unter Berücksichtigung des ebenfalls unter-durchschnittlichen Vor- und Nachbereitungsaufwandes bei zwei geladenen Zeugen ergibt sich eine aus Sicht der Landeskasse angemessene Gebühr von 150,00 EUR. Die von dem Verteidiger in Ansatz gebrachte Terminsgebühr von 275,00 EUR übersteigt die aus hiesiger Sicht angemessene Gebühr jedoch um mehr als 20 %, sodass diese nicht verbindlich ist.

Die Terminsgebühr ist daher auf 150,00 EUR zu reduzieren.


Einsender: RA A. Gratz, Bous

Anmerkung:


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