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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Beleidigungsverfahren, schwierige Rechtslage

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Münster, Beschl. v. 06.08.2020 - 11 Qs-82 Js 6977/18-42/20

Leitsatz: Zur Beantwortung der Frage, ob es sich im Falle unsachlicher und ehrverletzender Äußerungen gegenüber staatlichen Bediensteten noch um zulässige Formen der Meinungsfreiheit oder um herabsetzende Formalbeleidigungen bzw. Schmähkritik handelt, bedarf es einer sorgfältigen Prüfung von Anlass und Kontext einer Äußerung und der anschließenden Wertung, inwieweit ein sachliches Anliegen bzw. die persönliche Kränkung im Vordergrund steht. Vor diesem Hintergrund ist die Beiordnung eines Verteidigers zur Ermöglichung einer sachgerechten Verteidigung unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens geboten.


Landgericht Münster

Beschluss

In dem Beschwerdeverfahren
betreffend pp.

Verteidiger: Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld

hat die 11. Strafkammer des Landgerichts. Münster auf die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Coesfeld vom 30.06.2020 - Az: 3a Cs 109/20 - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, die Richterin am Landgericht und den Richter am Landgericht beschlossen:

Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss abgeändert
und wie folgt neu gefasst:

Dem Angeklagten pp. wird Rechtsanwalt pp. aus Coesfeld als Pflichtverteidiger bestellt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:


DerBeschluss beruht auf § 140 Abs. 2 StPO. Danach liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung u.a. dann vor, wenn wegen der Schwierigkeit der Rechtslage ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. Eine schwierige Rechtslage besteht u.a. dann, wenn solche Rechtsfragen zu entscheiden sind, deren Beantwortung selbst unter Strafverfolgungsbehörden umstritten ist (vgl. Julius/Schiemann in GerckefJulius/Temming/Zöller, StPO, 6. Auflage 2019, Rn. 18 zu § 140). Eine solche Rechtslage ist hier gegeben.

Zur Beantwortung der Frage, ob es sich im Falle unsachlicher und ehrverletzender Äußerungen gegenüber staatlichen Bediensteten noch um zulässige Formen der Meinungsfreiheit oder um herabsetzende Formalbeleidigungen bzw. Schmähkritik handelt, bedarf es einer sorgfältigen Prüfung von Anlass und Kontext einer Äußerung und der anschließenden Wertung, inwieweit ein sachliches Anliegen bzw. die persönliche Kränkung im Vordergrund steht (vgl. BVerfG, BeckRS 2020, 12825). Dass auch Juristen die zutreffende Einordnung und Wertung erhebliche Schwierigkeiten bereitet, ergibt sich bereits aus den zahlreichen auch in letzter Zeit zu dieser Frage ergangenen Entscheidungen des BVerfG (vgl. u.a. BVerfG a.a.O.; BeckRS 2020, 12819; BeckRs 2020, 12823; BeckRs 2020, 12825; NJW 2019, 2600): Vor diesem Hintergrund ist die Beiordnung eines Verteidigers zur Ermöglichung einer sachgerechten Verteidigung unter dem Gesichtspunkt des "fairen Verfahrens" geboten. -


Einsender: RA H. Urbanzyk, Coesfeld

Anmerkung:


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