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Entscheidungen

Gebühren

Grundgebühr, Haftzuschlag, Zeitpunkt der Einarbeitung

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Nürnberg, Beschl. v. 13.07.2020 - 403 Ds 604 Js 58985/15

Leitsatz:

Der Haftzuschlag für die Grundgebühr fällt auch dann an, wenn die Einarbeitung zu einem Zeitpunkt erfolgt, als sich der Beschuldigte noch nicht in Haft befand, sondern auf freiem Fuß war, wenn der Angeklagte sich zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens als zur Zeit der Einarbeitung des Verteidigers in Haft befand.


Amtsgericht Nürnberg

403 Ds 604 Js 58985/15

In pp.

erlässt das Amtsgericht Nürnberg durch den Richter am Amtsgericht am 13. Juli 2020 folgenden

Beschluss

Auf die Erinnerung des Verteidigers vom 12.06.2020 hin wird der Festsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 08.06.2020 dahingehend abgeändert, dass die dem Pflichtverteidiger aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 415,31 € festgesetzt werden.

Gründe:
Zwischen dem Pflichtverteidiger und der Staatskasse ist streitig, ob der Zuschlag zur Grundgebühr Ziffer 4100 VV RVG im Sinne der Ziffer 4101 VV RVG angefallen ist.

Hinsichtlich der widerstreitenden Rechtsauffassungen wird auf die Erinnerung des Verteidigers vom 12.06.2020 einerseits und die Stellungnahme des Bezirksrevisors beim Amtsgericht Nürnberg vom 02.07,2020 andererseits Bezug genommen.

Laut Ziffer 4100 VV RVG entsteht die Grundgebühr gemäß dessen Unterabschnitt 1 neben der Verfahrensgebühr für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall nur einmal, unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt sie erfolgt.

Unstreitig lagen hier Zuschlagsvoraussetzungen in der Weise vor, dass der Angeklagte sich im Verfahren in Haft befand. Fraglich ist einzig und allein, ob trotz vorheriger Einarbeitung des Verteidigers, als sich der Angeklagte noch nicht in Haft befand, sondern auf freiem Fuß war, der Zuschlag auch dann anfällt, wenn der Angeklagte sich zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens als zur Zeit der Einarbeitung des Verteidigers in Haft befand.

Nach Auffassung des Gerichts ist dies der Fall. Hierfür spricht bereits der Wortlaut von Ziffer 4100 VV RVG Unterabschnitt 1, der für die Grundkonstellation die Entstehung der Verfahrensgebühr als einmalig für die erstmalige Einarbeitung definiert, und zwar unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt sie erfolgt. Spiegelbildlich dazu kann nach der Systematik des Gesetzes für den Zuschlag im Sinne der Ziffer 4101 VV RVG nichts anderes gelten - auch diese fällt an, und zwar unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt sie erfolgt. Mithin ist es nicht erforderlich, dass die Zuschlagsvoraussetzungen zeitgleich zum Zeitpunkt der Einarbeitung vorgelegen haben, sondern nur, dass diese in irgendeinem Verfahrensabschnitt gegeben waren. Nur so ergibt der Zuschlag Sinn. Denn der Aufwand bei Bearbeitung einer Haftsache ist ungleich höher als er einer Nicht-Haftsache; es kann daher nicht von rein zufälligen zeitlichen Konstellationen abhängen, ob der Zuschlag gewährt wird. Genau dies sagt im Grundsatz schon Ziffer 4100 VV RVG aus, indem deren Unterabschnitt 1 gerade unabhängig von der zeitlichen Einordnung die Grundgebühr auslöst. Ziffer 4101 VV RVG ist genau in diesem Lichte zu lesen, weshalb es gerechtfertigt ist, dass ein etwaiger Mehraufwand, der einen Zuschlag rechtfertigt, unabhängig von seiner zeitlichen Komponente rechtlich immer als Teil der Ersteinarbeitung zählt.

Das ist hier der Fall, sodass die Grundgebühr im Sinne der Ziffer 4101 VV RVG mit 192,00 Euro anfiel und nicht wie im Ausgangsbeschluss mit nur 160,00 Euro.

Im Übrigen ist die Berechnung im Antrag des Verteidigers vom 21.01.2020 zutreffend, so dass auf diesen Bezug genommen werden kann, weshalb im Ergebnis insgesamt 415,31 Euro an Vergütung zuzusprechen waren.


Einsender: RA R.E. Peisl, Nürnberg

Anmerkung:


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