Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Entscheidungen

StPO

Umbeiordnung, Gebührenbeschränkung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Darmstadt, Beschl. v. 18.02.2020 - 2 Qs 14/20

Leitsatz: 1. Gegen eine "gebührenbeschränkende“ Bestellung als Pflichtverteidiger steht dem Rechtsanwalt, der damit sein Einverständnis nicht erklärt hat, das Rechtsmittel der (sofortigen) Beschwerde zu.
2. Einem Pflichtverteidigerwechsel nach § 143a Abs. 2 Nr. 2 StPO darf nicht unter der Maßgabe entsprochen werden, dass der Landeskasse hierdurch keine zusätzlichen Kosten entstehen dürfen. Denn für diese Beschränkung gibt es keine rechtliche Grundlage.


In pp.

Der Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 11.12.2019 wird insoweit aufgehoben, als in ihm ausgesprochen wurde, dass bereits entstandene Anwaltsgebühren von Rechtsanwalt A nicht noch einmal geltend gemacht werden können.

Gründe

I.

Im Rahmen der Haftbefehlseröffnung wurde dem Beschuldigten Rechtsanwalt B als Pflichtverteidiger gem, § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO beigeordnet. Im Protokoll vom 10. Oktober 2019 heißt es hierzu:

„(...) das Gericht beabsichtigt, ihm [dem Beschuldigten] Rechtsanwalt B (...) als Pflichtverteidiger beizuordnen, da Rechtsanwalt A derzeit verhindert ist und nicht zur Vorführung erscheinen kann. Ggf. kann später im Laufe des Verfahrens ein Wechsel des Pflichtverteidigers vorgenommen werden."

Abschriften des Haftbefehls und des Protokolls der Haftbefehlseröffnung wurden Rechtsanwalt A zur Kenntnisnahme zugesandt. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2019 beantragte dieser, seine Beiordnung und die Entpflichtung des bisherigen Pflichtverteidigers. Ein Verzicht auf bereits entstandene Gebühren wurde von ihm nicht erklärt. Nachdem die übrigen Verfahrensbeteiligten ihr Einverständnis mit einem Pflichtverteidigerwechsel erklärt hatten, entschied das Amtsgericht, dass

„Rechtsanwalt B auf Wunsch des Beschuldigten mit Dank entlassen und statt seiner Rechtsanwalt A ([…]) als Pflichtverteidiger bestellt [wird], „dies mit der Maßgabe, dass die entstandenen Gebühren nicht noch einmal geltend gemacht werden können."

Gegen diese Entscheidung wendet sich der nunmehr zum Pflichtverteidiger bestellte Rechtsanwalt A, soweit hierdurch eine Beschneidung seines Gebührenanspruchs erfolgt ist.

II.

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere steht vorliegend Rechtsanwalt A ein eigenes Beschwerderecht zu. Zwar lehnt die herrschende Meinung ein Beschwerderecht des Pflichtverteidigers im Rahmen seiner Bestellung oder Zurücknahme seiner Bestellung ab (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Auflage, § 143, Rn. 7). Jedoch geht es vorliegend nicht um die Bestellung, sondern um die Beschneidung der Gebühren des Pflichtverteidigers. Gegen die Höhe der Festsetzung der Gebühren steht diesem jedoch gem. § 56 RVG ein eigenes Beschwerderecht zu, so dass nichts Anderes für den Fall gelten kann, dass ihm von vorneherein schon mit der Bestellung durch das Gericht bestimmte Gebühren gestrichen werden sollen.

2. Die Beschwerde ist auch begründet, da es für die Entscheidung des Amtsgerichts, dem nunmehr bestellten Pflichtverteidiger - ohne dass dieser einen entsprechenden Verzicht erklärt hat - die Geltendmachung der bereits entstandenen Gebühren zu verweigern, keine Rechtsgrundlage gibt.

Da das Amtsgericht offensichtlich davon ausgegangen ist, dass vorliegend nur ein „einvernehmlicher" Wechsel des Pflichtverteidigers stattfinden kann (dann müssten beide Verteidiger und der Beschuldigte einverstanden sein und es dürften keine zusätzlichen Kosten oder eine Verfahrensverzögerung entstehen), hätte es den Wechsel ablehnen müssen, da keiner der Verteidiger auf die bereits entstandenen Gebühren verzichtet hat.

Letztlich ist der vom Amtsgericht vorgenommene Wechsel des Pflichtverteidigers aber zu Recht erfolgt, weil der Beschuldigte offensichtlich bereits im Vorführungstermin am 10.10.2019 eine Beiordnung von Rechtsanwalt A wünschte und nur deswegen Rechtsanwalt B auf Betreiben des Gerichtes beigeordnet wurde, weil Rechtsanwalt A verhindert war und nicht an der Vorführung teilnehmen konnte. Da dem Beschuldigten bei Eröffnung des Haftbefehls ausweislich des Protokolls darüber hinaus signalisiert wurde, dass er binnen einer Woche einen Verteidiger seines Wunsches benennen könne und auch nach der zunächst erfolgten Beiordnung von Rechtsanwalt B ein Pflichtverteidigerwechsel in Betracht käme, ohne dass dies ausdrücklich von Bedingungen abhängig gemacht wurde, hätte mit der zeitnahen Verteidigungsanzeige von Rechtsanwalt A vom 14.10.2019 schon aus Fairnessgründen auch nach alter Rechtslage Rechtsanwalt B entpflichtet und der vom Beschuldigten gewünschte Rechtsanwalt A beigeordnet werden müssen, ohne dass es hierbei auf die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für einen Pflichtverteidigerwechsel ankam. Erst recht gilt dies nach neuer Rechtslage vor dem Hintergrund des § 143a Abs. 2 Nr. 1 StPO in der Fassung vom 10. Dezember 2019, gültig seit dem 13. Dezember 2019. Schon vor diesem Hintergrund gab es für die angefochtene Einschränkung der Vergütung des neuen Pflichtverteidigers im Zusammenhang mit dessen Bestellung weder einen Anlass noch eine Rechtsgrundlage. Diese war daher aufzuheben.

3.

Eine Kostenentscheidung ist analog § 56 Abs. 2 S. 3 RVG nicht veranlasst.


Einsender:

Anmerkung:


zurück zur Übersicht

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".