Gericht / Entscheidungsdatum: LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 26.02.2020 - 2 Qs 18/20
Leitsatz: 1. Zum Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr (hier Dienstaufsichtsbeschwerden)
2. Gem. § 464b S. 3 StPO i.V.m. § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind als Auslagen geltend gemachte Beträge glaubhaft zu machen und gem. § 103 Abs. 2 Satz 2 ZPO entsprechende Belege beizufügen. Eine anwaltliche Versicherung ist der geforderten Glaubhaftmachung nicht gleichzusetzen.
2 Qs 18/20
Landgericht Bad Kreuznach
Beschluss
In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.
wegen Ordnungswidrigkeit
hier: sofortige Beschwerde des Wahlverteidigers pp. als Zessionar
hat die 2. (große) Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, den Richter am Landgericht und den Richter am Landgericht am 26.02.2020 beschlossen:
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers Rechtsanwalt Scheffler gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 21.01.2020 wird dieser dahingehend abgeändert, dass die nach dem vollstreckbaren Beschluss des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 27.08.2019 aus der Staatskasse zu erstattenden Auslagen der Betroffenen pp. auf 623,56 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB hieraus seit 08.10.2019 festgesetzt werden. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde als unbegründet verworfen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe:
Die nach §§ 464b Satz 4, 304, 311 Abs. 2 StPO i. V. m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RPfIG statthafte sofortige Beschwerde, über die die Kammer als Beschwerdegericht gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 GVG i. V. m. § 73 GVG in der grundsätzlich in Strafverfahren vorgeschriebenen Dreierbesetzung zu entscheiden hat (vgl. OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2012, 160), hat in der Sache nur geringfügig Erfolg. Die angefochtene Entscheidung entspricht der Sach- und Rechtslage, lediglich die nach Erlass der angegriffenen Entscheidung belegte Zahlung der Aktenversendungspauschale war nunmehr zu berücksichtigen.
Die Begründung der Ausgangsentscheidung wird durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet. Die Kammer teilt die auf die zutreffenden Stellungnahmen der Bezirksrevisorin vom 18.11.2019 und 10.12.2019 gestützte Auffassung des Erstgerichts und tritt den Gründen der angefochtenen Entscheidung bei.
Das Amtsgericht ist mit zutreffenden Erwägungen davon ausgegangen, dass Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit vorliegend als unterdurchschnittlich und die Bestimmung der Grundgebühr und der Verfahrensgebühren durch den Antragsteller auch unter Berücksichtigung eines Toleranzspielraums von 20 % als unbillig anzusehen sind.
Ergänzend bemerkt die Kammer: Die von Rechtsanwalt pp. gefertigte Dienstaufsichtsbeschwerde vom 26.06.2019 rechtfertigt die angesetzte Verfahrensgebühr Nr. 5109 RVG in Höhe von 190 nicht. Zwar gehören zum Umfang der anwaltlichen Tätigkeit insbesondere auch Tätigkeiten, die mangels entsprechender Gebührenvorschriften nicht durch eine besondere Gebühr vergütet werden und mit dem Rechtszug bzw. Verfahren zusammenhängen (Gerold/Schmidt/Mayer, 24. Aufl. 2019, RVG § 14 Rn. 18-21; vgl. auch § 19 RVG). Ein derartiger Zusammenhang besteht, wenn die Tätigkeiten im Verfahren selbst vorgenommen werden, wie dies etwa bei einem Ablehnungsantrag oder auch einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen eine im Verfahren selbst tätige Person der Fall ist. Vorliegend war Gegenstand des Bußgeldverfahrens der Vorwurf gegen die Erziehungsberechtigte, an im einzelnen genannten Tagen nicht für einen ordnungsgemäßen Schulbesuch ihrer Tochter Sorge getragen zu haben. Die Dienstaufsichtsbeschwerde hingegen richtete sich gegen die im vorliegenden Verfahren nicht beteiligte Klassenlehrerin mit dem Vorwurf, diese habe die Tochter der Betroffenen vor der Klassengemeinschaft in unangemessener Weise auf vorgeblich infolge des vorliegenden Verfahrens zu leistende Sozialstunden hingewiesen. Zwar mag die Dienstaufsichtsbeschwerde wie von Rechtsanwalt pp. vorgetragen aus prozesstaktischen Gründen erhoben worden sein, dies begründet jedoch noch nicht die erforderliche Zugehörigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zu vorliegendem Verfahren.
Eine eventuelle Erstattung des Aufwands für den Nachweis der Zahlung der Aktenversendungs-pauschale ist nicht im Kostenfestsetzungsverfahren vorzunehmen, da es sich nicht um die Aus-lagen der Betroffenen im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenverfahrens, sondern im Kostenfest-setzungsverfahren selbst handelt. Soweit diesbezüglich ein Amtshaftungsanspruch gern. Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB geltend gemacht wird (Schriftsatz Rechtsanwalt pp. vom 13.02.2020), wäre der Zivilrechtsweg eröffnet. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass gem. § 464b S. 3 StPO i.V.m. § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO die entstandenen Beträge glaubhaft zu machen und gem. § 103 Abs. 2 S. 2 ZPO entsprechende Belege beizufügen sind. Dass die anwaltliche Versicherung mit der geforderten Glaubhaftmachung nicht gleichzusetzen ist ergibt sich aus § 104 Abs. 2 S. 2 ZPO, wonach die anwaltliche Versicherung lediglich bei der Geltendmachung von Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne der Nr. 7001 und 7002 VV-RVG - um solche handelt es sich vorliegend nicht - als ausreichend erachtet wird.
Da die Zahlung der Aktenversendungspauschale nunmehr jedoch nachgewiesen ist, ist diese zu berücksichtigen.
Es ergibt sich damit folgende Berechnung:
Grundgebühr VV Nr. 5100 RVG 70,00
Verfahrensgebühr VV Nr. 5103 RVG 120,00
Verfahrensgebühr VV Nr. 5109 RVG 120,00
Terminsgebühr VV Nr. 5110 RVG (07.06.2019) 155,00
Kopierkosten W Nr. 7000 Nr. 1 RVG (14 Stück) 7,00
Aktenversendungspauschale 12,00
Auslagenpauschale VV Nr. 7002 RVG (2x) 40,00
Gesamt ohne Umsatzsteuer 524,00
Umsatzsteuer VV Nr. 7008 RVG 99,56
Gesamt 623,56
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 465 StPO analog. Der geringfügige Teilerfolg des Rechtsmittels rechtfertigt es nicht, den Verurteilten von Kosten freizustellen, zumal die Belege bezüglich der Aktenversendungspauschale erst nach Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses eingereicht wurden.
Einsender: RA T. Scheffler, Bad Kreuznach
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