Gericht / Entscheidungsdatum: LG Chemnitz, Beschl. v. 09.01.2020 - 4 KLS 310 Js 40553/18
Leitsatz: Für das Entstehen der Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG genügt es, dass in dem Verfahren, in dem der Rechtsanwalt als Verteidiger tätig wird, eine Einziehung in Betracht zu ziehen ist. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass die Einziehung bereits beantragt ist, es reicht vielmehr aus, wenn nach Aktenlage eine Einziehung ernsthaft in Betracht kommt.
Landgericht Chemnitz
Strafabteilung
Aktenzeichen: 4 KLS 310 Js 40553/18
BESCHLUSS
In dem Strafverfahren gegen
Verteidiger:
Rechtsanwalt Andreas Martin Kohn, Fürstenstraße 28, 09130 Chemnitz
wegen Steuerhinterziehung
ergeht am 09.01.2020 durch das Landgericht Chemnitz - 4. Große Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer -
nachfolgende Entscheidung:
Der Gegenstandswert hinsichtlich der im Antrag des Pflichtverteidigers Rechtsanwalt Andreas M. Kohn vom 10.05.2019 geltend gemachten Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG wird auf 269.546,09 festgesetzt.
Gründe:
Mit Anklage der Staatsanwaltschaft Chemnitz vom 13.12.2018 wurde dem Angeklagten pp. Last gelegt, Umsatzsteuer im Umfang von 269.546,09 verkürzt zu haben. Die Eröffnung des Hauptverfahrens wurde mit Beschluss des Landgerichts Chemnitz vom 29.03.2019 aus Rechtsgründen abgelehnt und die Kosten des Verfahrens nebst den notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt.
Mit Schriftsatz vom 10.05.2019 beantragte der Pflichtverteidiger Gebührenfestsetzung. Als Gegenstandswert für die Ermittlung der Verfahrensgebühr bei Einziehung und verwandten Maßnahmen (§ 13, Nr. 4142 VV RVG) setzte er 269.546,09 an. Dieser Wert erschien dem Kostenbeamten nicht nachvollziehbar, weshalb dieser den Pflichtverteidiger aufforderte, die Höhe des Gegenstandswertes festsetzen zu lassen. Mit Schreiben vom 23.10.2019 beantragte daraufhin der Pflichtverteidiger gemäß S 33 RVG die Festsetzung des Gegenstandswertes auf einen Betrag von 269.546,09 . Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der genannten Schreiben Bezug genommen.
Unter dem 08.01.2020 hat die Bezirksrevisorin Stellung genommen und die Zurückweisung des Antrags beantragt, da ein Anlass für die beantragte Wertfestsetzung nicht ersichtlich sei.
Nach § 33 Abs. 8 RVG entscheidet die Kammer durch den Unterfertigenden als Einzelrichter.
Auf zulässigen Antrag des Pflichtverteidigers war der Gegenstandswert für die Ermittlung der Verfahrensgebühr nach Nr. 4142 RVG auf 269.546,09 festzusetzen.
Bei der Gebühr nach Nr. 4142 RVG handelt es sich um eine besondere, als Wertgebühr ausgestaltete Verfahrensgebühr. Sie entsteht (zusätzlich) für Tätigkeiten des Rechtsanwaltes bei Einziehung oder verwandten Maßnahmen, hier also solchen nach § 73 StGB. Dabei genügt es, dass in dem Verfahren, in dem der Rechtsanwalt als Verteidiger tätig wird, eine Einziehung in Betracht zu ziehen ist. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass die Einziehung bereits beantragt ist, es reicht vielmehr aus, wenn nach Aktenlage eine Einziehung ernsthaft in Betracht kommt. Nach der Novellierung der Einziehungsvorschriften ist gerade bei Verfahren wegen des Vorwurfes der Steuerhinterziehung stets damit zu rechnen, dass im Wege der Vermögensabschöpfung die hinterzogenen Steuerbeträge eingezogen werden.
Besondere Tätigkeiten des Rechtsanwaltes sind dabei nicht erforderlich, da ihm die Gebühr als reine Wertgebühr - unabhängig vom Umfang der Tätigkeit - zusteht. Es genügt also, wenn der Rechtsanwalt wie hier vorgetragen beratend im Zusammenhang mit der drohenden Einziehung tätig wird.
Der Gegenstandswert richtet sich nach § 2 Abs. 1 RVG. Danach ist Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit der Anspruch auf Einziehung, auf den sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts bezieht. Gegenstandswert ist der objektive Geldwert des hinterzogenen Betrages in Euro, hier also 269646,09 .
Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 9 RVG).
Einsender: RA A. Kohn, Chemnitz
Anmerkung:
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