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Entscheidungen

OWi

Zulassungsrechtsbeschwerde, Fehlen der Urteilsgründe

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 08.05.2019 - IV 4 RBs 10/19

Leitsatz: Die Rechtsbeschwerde ist nicht allein deshalb zuzulassen, weil beim tatrichterlichen Urteil die Gründe fehlen.


IV 4 RBs 10/19

OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
BESCHLUSS

In der Bußgeldsache
gegen pp.

wegen Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr
hat der 4. Senat für Bußgeldsachen durch den Richter am Oberlandesgericht (§ 80a Abs. 1 OWiG) nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft am 8. Mai 2019 beschlossen:

Der Antrag der Betroffenen, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Krefeld vom 16. März 2018 zuzulassen, wird auf Kosten der Beschwerdeführerin als unbegründet verworfen.

Gründe:

Durch Urteil vom 16. März 2018 hat das Amtsgericht Krefeld gegen die Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von achtzig Euro festgesetzt. Dagegen wendet sich die Betroffene mit ihrem auf Verfahrensbeanstandungen und die allgemeine Sachrüge gestützten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde.

I.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

Die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 Satz 2 OWG ist nicht allein deshalb zuzulassen, weil das angefochtene Urteil keine Gründe enthält, Erforderlich ist auch in einem solchen Fall die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen des § 80 Abs. 1 und 2 OWiG anhand des abgekürzten Urteils, des Bußgeldbescheides, des Zulassungsantrages und sonstiger Umstände (BGHSt 42, 187). Vorliegend war gegen die Betroffene im Bußgeldbescheid eine Geldbuße von achtzig Euro festgesetzt worden.

Bei Verhängung einer Geldbuße von nicht mehr als einhundert Euro ohne Nebenfolge wird die Rechtsbeschwerde nach §§ 79 Abs. 1 Satz 2, 80 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG nur zugelassen, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung sachlichen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben.

ll.

1. Die Fortbildung sachlichen Rechts besteht darin, bei der Auslegung von Rechtssätzen und der rechtsschöpferischen Ausfüllung von Gesetzeslücken Leitsätze aufzustellen und zu festigen. Eine Fortbildung des Rechts kommt nur bei Rechtsfragen in Betracht, die entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und abstraktionsfähig sind (vgl. Seitz/Bauer in: Göhler, OWiG, 17. Aufl., § 80 Rn. 3 m.w.N.).

Eine solchermaßen beschaffene Rechtsfrage liegt hier nicht zugrunde. Dass eine schriftliche Begründung des Urteils erforderlich und innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 StPO zu den Akten zu bringen ist, wenn der von der Anwesenheitspflicht entbundene Betroffene Rechtsbeschwerde einlegt, folgt bereits aus der gesetzlichen Regelung (§§ 77 b Abs. 2 Alt. 3, 80 Abs. 3 Satz 2 OWiG).

Dies unterlassen zu haben, stellt eine Fehlentscheidung im Einzelfall dar, die für sich die Zulassung nicht rechtfertigt (BGHSt 42, 187; Seitz/Bauer in Göhler, a.a.O., § 80 Rn. 12, 13, 16h). Konkrete Anhaltspunkte, aus denen sich ergeben könnte, dass bei einer ordnungsgemäßen Begründung des Urteils möglicherweise ein Grund für die Zulassung gegeben wäre, sind nicht vorgetragen noch sonst - etwa anhand des Bußgeldbescheids oder des Protokolls der Hauptverhandlung - ersichtlich.

2. Die von der Betroffenen gerügten Mängel des Hauptverhandlungsprotokolls weist das maßgebliche Protokoll in den Akten nicht aus.

3. Soweit die Betroffene beanstandet, das Amtsgericht habe einen Beweisantrag ihres Verteidigers auf Zeugenvernehmung fehlerhaft abgelehnt und insoweit auch die Aufklärungsrüge erhebt, vermag ihr Vorbringen dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen, denn die Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren ist bei Geldbußen von nicht mehr als einhundert Euro kein Zulassungsgrund (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 OWG).

Soweit die Betroffene damit zugleich die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, genügt die Antragsbegründung schon nicht den Zulässigkeitsanforderungen der §§ 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, da keine Tatsachen vorgetragen sind, die den behaupteten Verfahrensmangel begründen könnten. Ausweislich des eigenen Vorbringens im Zulassungsantrag. konnte die Betroffene - selbst oder über ihren Verteidiger - zu allen entscheidungserheblichen Fragen Stellung nehmen. Allein der Umstand, dass der Tatrichter den Beweisantrag abschlägig beschieden und die Sache aufgrund der im Hauptverhandlungstermin erhobenen sonstigen Beweise für entscheidungsreif gehalten hat, ist nicht geeignet, die Möglichkeit einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu begründen. Ein Verstoß kommt erst dann in Betracht, wenn die Ablehnung ohne nachvollziehbare, auf das Gesetz zurückzuführende Begründung erfolgt, die tatrichterliche Entscheidung mithin unter Berücksichtigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und als willkürlich angesehen werden muss (BVerfG NJW 1992, 2811; OLG Köln NStZ-RR 1998, 345, 346; OLG Schleswig SchIHA 2002, 176; OLG Karlsruhe DAR 2003, 182; KK-Senge, OWiG, 3. Aufl., § 80 Rn. 41d). Dies ist nicht der Fall.

Ausweislich des Vorbringens der Betroffenen hat der Tatrichter die Ablehnung erkennbar auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG, einen gesetzlich normierten Ablehnungsgrund, gestützt. Gründe für einen willkürlichen Charakter dieser Entscheidung sind nicht er-sichtlich oder vorgetragen.

4. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung stellt keinen Zulassungsgrund dar.

Der Senat nimmt die Entscheidung aber zum Anlass, den Tatrichter ausdrücklich auf die gesetzliche Regelung der §§ 77 b Abs. 2 Alt. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3, 80 Abs. 3 Satz 2 OWiG hinzuweisen. Danach ist bei der Rechtsbeschwerde eines Betroffenen (der Antrag auf Zulassung gilt nach § 80 Abs. 3 Satz 2 OWiG als vorsorglich eingelegte Rechtsbeschwerde), der nicht an der Hauptverhandlung teilgenommen, jedoch durch einen Rechtsanwalt vertreten worden ist, die nachträgliche Urteilsbegründung innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m § 71 Abs.. 1 OWiG zu den Akten zu bringen. Der vom Tatrichter im vorliegenden Fall betriebene Aufwand, um mit zum Teil nicht nachvollziehbaren Erwägungen contra legem ein (zumindest vorläufiges) Absehen von der Urteilsbegründung zu rechtfertigen, hätte nach Eingang des Rechtsmittels sinnvollerweise direkt für die Urteilsabfassung verwendet werden können und müssen.

5. Da der Zulassungsantrag nach § 80 Abs. 4 Satz 1 OWiG als unbegründet zu verwerfen ist, gilt die Rechtsbeschwerde als zurückgenommen (§ 80 Abs. 4 Satz 4 OWiG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 StPO,




Einsender: RA B. Brüntrup, Minden

Anmerkung:


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