Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Naumburg, Beschl. v. 13.08.2019 - 1 AR (Kost) 7/19
Leitsatz: Maßstab für einen Vorschuss auf eine Pauschgebühr ist stets die bereits erbrachte Leistung. Auf erst noch zu erbringende Leistungen kann kein Vorschuss gezahlt werden, sondern es kann erst nach (weiterer) Leistungserbringung ein (weiterer) Vorschuss verlangt werden kann, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Satz 5 RVG vorliegen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG
BESCHLUSS
1 AR (Kost) 7/19 OLG Naumburg
In der Strafsache
gegen pp.
wegen Steuerhinterziehung
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 13. August 2019 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht beschlossen:
Dem Antragsteller wird als bestelltem Verteidiger ein Vorschuss auf eine nach Abschluss des Verfahrens zu gewährende Pauschgebühr i.H.v. 78 900,00 bewilligt, die an die Stelle der bisher entstandenen gesetzlichen Gebühren tritt.
Der Anspruch auf Ersatz von Auslagen und Mehrwertsteuer bleibt unberührt.
Aus der Staatskasse geleistete Zahlungen sind anzurechnen.
Von dem Mandanten oder Dritten geleistete Zahlungen sind bestimmungsgemäß zu berücksichtigen.
Gründe
Gemäß § 51 Abs. 1 S. 1 und 3 RVG ist dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die in den Teilen 4 bis 6 des VV zum RVG bestimmten Gebühren hinausgeht, wenn diese wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeiten nicht zumutbar sind. Die Bewilligung einer Pauschgebühr stellt dabei die Ausnahme dar; die anwaltliche Mühewaltung muss sich von sonstigen - auch überdurchschnittlichen Sachen - in exorbitanter Weise abheben (vgl. BGH, Beschl. v. 1. Juni 2016, 4 StR 267/11, Rn. 5, m.w.N., zitiert nach juris).
Gem. § 51 Abs. 1 S. 5 RVG ist dem Rechtsanwalt "ein angemessener Vorschuss zu bewilligen, wenn ihm insbesondere wegen der langen Dauer des Verfahrens nicht zugemutet werden kann, die Festsetzung der Pauschgebühr abzuwarten".
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist hier ein Vorschussanspruch im Hinblick auf den außerordentlichen Umfang sowie die Länge und die Schwierigkeit des Verfahrens dem Grunde nach gerechtfertigt. Der Höhe nach erachtet der Senat im Anschluss an die Ausführungen der Bezirksrevisorin in deren Stellungnahme vom 31.07.2019 einen Vorschuss i.H.v. 78.900,00 (entspricht den doppelten Pflichtverteidigergebühren) für angemessen. Hiermit hat sich der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 09.08.2019 auch einverstanden erklärt und seinen weitergehenden Antrag zurückgenommen.
Dem im Schriftsatz vom 09.08.2019 gestellten Antrag, auszusprechen, dass die doppelte Pflichtverteidigergebühr auch als Pauschvorschuss für das noch weiterhin durchzuführende Verfahren gilt, konnte hingegen nicht entsprochen werden. Maßstab für einen Vorschuss ist stets die bereits erbrachte Leistung. Auf erst noch zu erbringende Leistungen kann demnach kein Vorschuss gezahlt werden, sondern es kann erst nach (weiterer) Leistungserbringung ein (weiterer) Vorschuss verlangt werden kann, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 S. 5 RVG vorliegen (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., § 51 Rn. 69, 73, 74 m.w.N.
Einsender: RA A. Junger, Berlin
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