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Entscheidungen

OWi

Atypischer Rotlichtverstoß, Frühstarterfall, Urteilsgründe, Absehen vom Fahrverbot

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 25.07.2019 - 3 Ws (B) 228/19

Leitsatz: Namentlich wenn der Bußgeldrichter von der Regelwirkung des Bußgeldkatalogs abweicht, muss er seine Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht – ggf. sehr ausführlich – begründen. Erhöhte Begründungsanforderungen können sich auch dann ergeben, wenn zwar ein Regelfall vorliegt, dieser aber vom Üblichen signifikant abweicht und auf merklich verringertes Handlungsunrecht (Fahrlässigkeit) oder Erfolgsunrecht (Gefährdung) schließen lässt (hier: Frühstarter)


In pp.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 25. März 2019 wird nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO verworfen.

Der Schriftsatz des Verteidigers vom 25. Juli 2019 lag vor, gab aber zu einer anderen Bewertung keinen Anlass.

Gründe

Ergänzend merkt der Senat an:

1. Die Verfahrensrüge ist aus den in der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft genannten und dem Betroffenen bekannten Gründen unzulässig.

2. An der Rechtsfolgenentscheidung ist im Ergebnis nichts zu erinnern.

Zwar ist richtig, dass von verschiedenen Oberlandesgerichten und auch vom Kammergericht (vgl. VRS 140, 60; Beschluss vom 3. Februar 2014 – 3 Ws (B) 15/14) in sog. „Frühstarterfällen“ unter bestimmten Voraussetzungen ein atypischer Rotlichtverstoß gesehen wurde, der es dem Tatgericht erlaubt, vom Fahrverbot abzusehen. Üblicherweise gehen solche Verstöße entweder mit der direkten Verwechslung einer Lichtzeichenanlage einher (vgl. OLG Bamberg OLGSt StVG § 25 Nr. 64; OLG Düsseldorf NZV 1993, 320; OLG Karlsruhe NJW 2003, 372). Oder die Kraftfahrer unterliegen einem Mitzieheffekt, weil andere auch anfahren (vgl. Senat NZV 2002, 50). Insgesamt ist die Behandlung dieser Fälle uneinheitlich (so König in Hentschel/König/Dauer, StVR 45. Aufl., § 37 StVO Rn. 55). So hat das OLG Karlsruhe jüngst ausdrücklich von seiner zuvor eher großzügigen Behandlung der Frühstarter Abstand genommen (vgl. DAR 2019, 215). Grundsätzlich und auch unter dem Regime der BKatV gilt, dass der Tatrichter bei der Verhängung des Fahrverbots ein Ermessen hat, das durch das Rechtsbeschwerde nur eingeschränkt überprüfbar ist. Namentlich wenn er von der Regelwirkung des Bußgeldkatalogs abweicht, muss er seine Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht – ggf. sehr ausführlich – begründen. Erhöhte Begründungsanforderungen können sich allerdings auch dann ergeben, wenn zwar – wie hier – ein Regelfall vorliegt, dieser aber vom Üblichen signifikant abweicht und auf merklich verringertes Handlungsunrecht (Fahrlässigkeit) oder Erfolgsunrecht (Gefährdung) schließen lässt.

Die Urteilsfeststellungen legen hier zunächst nahe, dass es sich in der Grundkonstellation um einen solchen (Frühstarter-) Fall handelt, denn sie weisen aus, dass der betroffene Taxifahrer an der roten Ampel des Nachts um 1.21 Uhr zunächst anhielt und sodann bei noch rotem Ampellicht in den Kreuzungsbereich einfuhr. Nach dem zuvor Ausgeführten sind bei einer solchen Sachlage trotz der Indizwirkung des Bußgeldkatalogs im Hinblick auf das gegenüber dem Regelfall gegebenenfalls verringerte Handlungsunrecht vom Tatrichter grundsätzlich Ausführungen dazu zu erwarten, warum es der Verhängung des Fahrverbots auch in diesem Fall bedurfte. Denn dass der Betroffene bei rotem Ampellicht zunächst anhielt, kann unter Umständen nahelegen, dass er sich jedenfalls rechtstreu verhalten wollte.

Solcher Ausführungen bedurfte es hier aber ausnahmsweise nicht, weil die Urteilsgründe ohne weiteres erkennen lassen, dass dem Betroffenen neben dem groben Verkehrsverstoß auch ein grober Verstoß gegen seine Sorgfaltspflichten zur Last fällt. Denn seine Unachtsamkeit beruhte hier nicht auf einer einfachen Verwechslung der Ampelregister oder einem Mitzieheffekt, sondern schlicht darauf, dass er, wie er gegenüber den Polizeibeamten vor Ort erklärte, „von dem Arsch der Radfahrerin abgelenkt“ war (UA S. 4). Erweiterte Darlegungsanforderungen bestanden bei dieser Sachlage nicht.

Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).


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