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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Volksverhetzung, Verharmlosen, Holocaust, Herunterrechnen der Opferzahlen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Urt. v. 16.08.2019 - 2 Ss 55/19

Leitsatz: 1. Fälle des umfassenden Herunterrechnens der Opferzahlen des Holocausts unterfallen allein der Tatbestandsvariante des "Verharmlosen“ i.S.v. § 130 Abs. 3 StGB.
2. Die mit einer eigenen Bewertung versehene und jedermann im Internet zugängliche Verlinkung eines Beitrages, der ein augenscheinlich manipuliertes Foto eines Eingangstores zu einem Konzentrationslager zeigt, bei dem der tatsächlich vorhandene Schriftzug im Torbogen durch die Worte "Muh Holocaust“ ersetzt ist, und in dem dargelegt wird, in Bezug genommene Quellen seien geeignet, das historisch nachgewiesene Ausmaß des Völkermordes an der jüdischen Bevölkerung während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu widerlegen, ist geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören.


Oberlandesgericht Celle

Im Namen des Volkes

Urteil
2 Ss 55/19

In der Strafsache
gegen pp.
- Verteidiger: Rechtsanwalt … -

wegen Volksverhetzung

hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil der 9. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hannover vom 10. Januar 2019 in der Sitzung vom 16. August 2019, an der teilgenommen haben:

Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht
als Vorsitzende,
Richter am Oberlandesgericht,
Richter am Landgericht
als beisitzende Richter,

Oberstaatsanwalt
als Beamter der Generalstaatsanwaltschaft,

Rechtsanwalt,
als Verteidiger,

Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

1. Das Urteil des Landgerichts Hannover vom 10. Januar 2019 wird mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte hinsichtlich Tat 1 vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen worden ist. Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen von Tat 1 bleiben jedoch aufrechterhalten.
2. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hannover zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Hannover hat den Angeklagten am 16. Mai 2018 wegen Volksverhetzung in 3 Fällen zu drei Einzelstrafen von jeweils 6 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt und hieraus eine Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten gebildet, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Auf die Berufung des Angeklagten hin hat die Berufungskammer mit dem jetzt angefochtenen Urteil das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 16. Mai 2018 aufgehoben und den Angeklagten freigesprochen.

1. Zur Person des Angeklagten hat die Berufungskammer festgestellt, dass der heute 49 Jahre alte Angeklagte akademisch gebildet ist.

2. Zum Sachverhalt hat die Berufungskammer im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

1.) Am 08. August 2017 verlinkte der Angeklagte auf seiner öffentlich zugänglichen Facebook–Seite den Beitrag des Anbieters R. T. „International R. C. Report confirms the Holocaust of six Million Jew is a Hoax“, der oberhalb dieser Überschrift ein augenscheinlich manipuliertes Foto eines Eingangstores zu einem Konzentrationslager zeigte, bei dem der tatsächlich vorhandene Schriftzug im Torbogen durch die Worte „Muh Holocaust“ ersetzt war und kommentierte diesen Link mit „Ach Was“ sowie sechs Smiley-Symbolen.
Nach den Feststellungen des Landgerichts machte sich der Angeklagte hierdurch die unwahre Behauptung zu eigen, das Internationale R.K. habe ausweislich eines Berichts über seine Tätigkeit während des zweiten Weltkrieges im Jahr 1948 festgestellt, in den unter nationalsozialistischer Herrschaft betriebenen Konzentrationslagern seien ca. 271.000 Personen, davon etwa die Hälfte Juden, gestorben. Zugleich habe sich der Angeklagte der in dem verlinkten Beitrag vertretenen Auffassung angeschlossen, die genannten Zahlen entsprächen der geschichtlichen Wahrheit und seien daher geeignet, das historisch nachgewiesene Ausmaß des Völkermordes an der jüdischen Bevölkerung während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu widerlegen. Schließlich habe sich der Angeklagte auch die in dem verlinkten Beitrag enthaltene Verhöhnung der Opfer jenes Völkermordes zu eigen gemacht. Wegen der weiteren Einzelheiten hat das Landgericht gem. 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die bei den Akten befindlichen Screenshots (Bl. 12, 16 Band II d. A.) Bezug genommen.

2.) Am 31. August 2017 verlinkte der Angeklagte auf seiner Facebook-Seite den Beitrag des Anbieters „m.w.“ „Vor und nach dem Holocaust“: jüdische Bevölkerungszahlen in 1933 und 1948“ und kommentierte diesen mit dem Wort „Zahlenspiele“ und einem dahinter gesetzten Symbol, das einen grübelnden Smiley zeigt. Der Artikel nimmt Bezug auf im Jüdischen Weltalmanach von 1933 und 1948 publizierte Weltbevölkerungszahlen der Juden, die ein Anwachsen der jüdischen Weltbevölkerung um 438.000 Menschen auszuweisen scheinen sowie auf den bereits unter Ziffer 1.) dargestellten Bericht des Internationalen R. K. von 1948, in dem angeblich festgestellt wird, in den unter nationalsozialistischer Herrschaft betriebenen Konzentrationslagern seien ca. 271.000 Personen, davon etwa die Hälfte Juden, gestorben, und behauptet, diese Quellen seien geeignet, den allgemein anerkannten historischen Nachweis des millionenfachen Völkermordes an der jüdischen Bevölkerung unter nationalsozialistischer Gewaltherrschaft zu widerlegen. Nach den Feststellungen des Landgerichts machte sich der Angeklagte die in dem Artikel dargestellte Auffassung zu eigen. Wegen der weiteren Einzelheiten hat das Landgericht gem. 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die bei den Akten befindlichen Screenshots (Bl. 123 Band II, 14f Band II d. A.) Bezug genommen.

3.) Am 07.12.2017 gegen 13:19 Uhr meldete sich der Angeklagte in einer auf der öffentlichen Facebook-Seite der H. Zeitung geführten Diskussion zum Thema Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu Wort, indem er auf einen vorausgegangenen Diskussionsbeitrag eines anderen Diskussionsteilnehmers, in dem dieser den historisch erwiesenen Völkermord an ca. 6 Millionen Juden unter nationalsozialistischer Gewaltherrschaft erwähnt hatte, postete: „Seltsam, wo Hitler doch für die Aussiedlung von Juden nach Palästina sorgte, Stichwort Haavara Abkommen. Die Zahl ist längst widerlegt. Es sollen insgesamt im 2. WK ca. 180.000 Juden umgekommen sein…..“ Den Beitrag versah der Angeklagte mit Symbolen eines grübelnden und eines lachenden Smileys. Nach den Feststellungen des Landgerichts trat der Angeklagte mit dieser Äußerung der zitierten Meinungsäußerung nicht konkret genannter dritter Personen ausdrücklich bei.

3. Die Berufungskammer hat die Feststellungen zum objektiven Geschehen aufgrund der vollumfänglich geständigen Angaben des Angeklagten sowie auf Grundlage der ergänzenden Inaugenscheinnahme der in Bezug genommenen Screenshot-Ausdrucke getroffen.

Die Kammer hat die Einlassung des Angeklagten im Übrigen, er habe lediglich nach bestem Wissen und Gewissen seinem aktuellen Kenntnisstand gemäße Fragen aufgeworfen, für widerlegt erachtet. Der akademisch gebildete Angeklagte habe sich in der Hauptverhandlung glaubhaft als geschichtlich besonders interessiert präsentiert; vor diesem Hintergrund stehe für die Kammer fest, dass dem Angeklagten bekannt sei, dass in der Geschichtswissenschaft der Nachweis des Völkermordes an ca. 6 Millionen Juden unter nationalsozialistischer Gewaltherrschaft gesichert geführt ist. Die Kammer sei ferner davon überzeugt, dass dem Angeklagten bewusst gewesen sei, dass die Publikation im Jüdischen Weltalmanach von vornherein ungeeignet sei, als Erkenntnisquelle zur Frage der Zahl jüdischer Opfer des nationalsozialistischen Völkermordes zu dienen, weil dieser in der Zeit von 1933 bis 1947 zwar fortgeschrieben wurde, in E. in diesem Zeitraum aber keine Bevölkerungszählungen durchgeführt worden sind, so dass die Zahlen insoweit vom jeweiligen Vorjahr ungeprüft übernommen wurden. Dem Angeklagten sei ferner bewusst gewesen, dass ein Bericht des Internationalen R. K. von 1948, in dem konkrete Opferzahlen genannt sind, nicht existiert. Vielmehr sei das dem Bericht zugeschriebene Zahlenwerk tatsächlich gezielt im Wege von Schlussfolgerungen aus diversen, insb. während der Zeit des Nationalsozialismus verfassten Einzelberichten des R. K., das in die Verbrechen des Nationalsozialismus verstrickt gewesen sei, mit dem Ziel abgeleitet worden, möglichst geringe Opferzahlen zu errechnen.

4. Die Berufungskammer hat den Angeklagten von den gegen ihn erhobenen Tatvorwürfen aus rechtlichen Gründen freigesprochen.

Zwar handele es sich in allen drei Fällen um eine Verharmlosung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft i.S.v. § 130 Abs. 3 StGB; eine Strafbarkeit des Angeklagten sei indes nicht festzustellen, denn die durch den Angeklagten getätigten Meinungsäußerungen seien nicht geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören. Eine Störung des öffentlichen Friedens sei bei der Tatbestandsalternative des Verharmlosens i.S.v. § 130 Abs. 3 StGB nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann gegeben, wenn die Meinungsäußerungen über die Überzeugungsbildung hinaus geeignet seien, etwa in Form von Appellen zum Rechtsbruch, aggressiven Emotionalisierungen oder durch Herabsetzung von Hemmschwellen rechtsgutgefährdende Folgen unmittelbar auszulösen. Hinsichtlich der vom Angeklagten getätigten Äußerungen habe die Kammer Umstände, die ein Umschlagen in unfriedlichen Charakter auslösen könnten, nicht feststellen können. Weder der Inhalt der festgestellten Äußerungen noch die Form, in der sie getätigt wurden, biete Anhaltspunkte für eine derartige Annahme. Zudem sei in subjektiver Hinsicht eine Motivation des Angeklagten, die Adressaten seiner Äußerungen zu unfriedlichem Agieren aufzufordern oder zu animieren, nicht festzustellen.

II.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft Hannover, der die Generalstaatsanwaltschaft beigetreten ist.

Die Revision erhebt die allgemeine Sachrüge und macht geltend, das Landgericht habe bei seiner Wertung, die durch den Angeklagten getätigten Äußerungen seien nicht geeignet, den öffentlichen Frieden zu gefährden, nicht hinreichend in den Blick genommen, dass der Angeklagte die von ihm verbreiteten Artikel mit Bildmaterial, Textzusätzen und sog. „Emojiis“ angereichert und hierdurch eine Emotionalisierung der angesprochenen Betrachter mit dem Ziel zumindest der Herabsetzung von Hemmschwellen im Hinblick auf eigene zustimmende Kommentare oder ähnliche Posts beabsichtigt habe. Im Übrigen handele es sich bei den von den Angeklagten festgestellten Äußerungen um Tatsachenbehauptungen, die nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Selbst wenn diese indes als Meinungsäußerungen zu verstehen sein sollten, sei nicht nur eine Verharmlosung des Völkermordes gegeben; vielmehr habe der Angeklagte den Holocaust in Abrede genommen und damit i.S.v. § 130 Abs. 3 StGB geleugnet, so dass die tatbestandsmäßige Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens indiziert sei.

III.

Die Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig und hat in der Sache hinsichtlich des ergangenen Freispruchs bzgl. der Tat 1 zumindest vorläufig Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

Die zum Freispruch hinsichtlich der Tat 1 führenden Erwägungen des Landgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zwar handelt es sich bei sämtlichen festgestellten Tathandlungen um Meinungsäußerungen, die grundsätzlich dem Schutzbereich von Art. 5 GG unterfallen (vgl. insoweit die nachfolgenden Ausführungen unter Ziffer 1); ferner hat das Landgericht zutreffend herausgearbeitet, dass der Angeklagte durch die jeweiligen Tathandlungen eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art verharmlost hat (im Folgenden Ziffer 2). Während das Landgericht hinsichtlich der festgestellten Tathandlungen zu Ziffer 2 und 3 zutreffend die Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens verneint hat (vgl. im Folgenden Ziffer 3a), halten die Erwägungen, mit denen die Berufungskammer hinsichtlich der unter Ziffer 1 festgestellten Äußerungen des Angeklagten die objektive Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens (Ziffer 3b) sowie die Annahme von Vorsatz diesbezüglich abgelehnt hat (Ziffer 4) einer sachlich – rechtlichen Prüfung nicht stand.

Das Urteil des Landgerichts Hannover vom 10. Januar 2019 ist - unter Aufrechterhaltung der Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen – nach alledem insoweit mit den weitergehenden Feststellungen aufzuheben, als der Angeklagte hinsichtlich Tat 1 vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen worden ist. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft ist zu verwerfen (Ziffer 5).

1.) Die Auslegung und Anwendung des § 130 StGB als allgemeines, die Meinungsfreiheit beschränkendes Gesetz i. S. v. Art. 5 Abs. 2 GG hat stets im Lichte der Meinungsfreiheit zu erfolgen (OLG Celle, Beschluss vom 27. Oktober 2017 – 1 Ss 49/17 –, juris).

Soweit die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme geltend macht, bei den festgestellten Äußerungen des Angeklagten handele es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen, die bereits nicht von der Meinungsfreiheit gem. Art. 5 GG gedeckt seien, dringt der Einwand nicht durch.

Im Ansatz zutreffend führt die Generalstaatsanwaltschaft insoweit aus, dass erwiesen unwahre Tatsachenbehauptungen, die zu der verfassungsgerichtlich gewährleisteten Meinungsbildung nichts beitragen können, nicht mehr in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fallen (vgl. BVerfGE 54, 208). Ob es sich bei einer Äußerung schwerpunktmäßig um eine Tatsache oder um ein Werturteil handelt, ist durch Auslegung der betreffenden Äußerung in ihrem Gesamtkontext zu ermitteln (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 16. März 2017 - 1 BvR 3085/15 -, Rn. 13). Dabei ist sicherzustellen, dass durch eine Trennung tatsächlicher und wertender Bestandteile einer Äußerung deren Sinn nicht verfälscht wird. Wo das nicht möglich ist, muss die Äußerung im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes insgesamt als Meinungsäußerung angesehen und in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit einbezogen werden (vgl. BVerfGE 90, 241 <248>).

Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es sich bei den von der Berufungskammer festgestellten Tathandlungen des Angeklagten um Meinungsäußerungen, die grundsätzlich dem Schutzbereich von Art. 5 GG unterfallen.

Der Angeklagte hat in allen drei festgestellten Fällen Thesen verbreitet, wonach die in Bezug genommenen Quellen geeignet seien, das historisch nachgewiesene Ausmaß des Völkermordes an der jüdischen Bevölkerung während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu widerlegen. Diese Thesen sind, wie sich aus ungezählten Augenzeugenberichten und Dokumenten, den Erkenntnissen der Geschichtswissenschaft und den Feststellungen der Gerichte in zahlreichen Strafverfahren ergibt, erwiesen unwahr (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 22. Juni 2018 – 1 BvR 673/18 –, juris; vgl. BVerfGE 90, 241 <249>). Auch wenn die Zahl der Auschwitz-Opfer in den letzten Jahren historisch nach unten korrigiert wurde und deren genaue Anzahl wissenschaftlich noch nicht abschließend bestimmt wurde, liegt die derzeit angenommene Zahl noch immer bei fast 1,1 Millionen deportierten Juden (http://auschwitz.org/en/history/the-number-of-victims/; vgl. Senat, Beschluss vom 13. September 2017, 2 Ss 90/17). Für sich genommen genießen Behauptungen dieses Inhalts daher nicht den Schutz der Meinungsfreiheit.

Vorliegend hat der Angeklagte indes – wie bereits dargelegt – die von ihm verbreiteten unwahren Tatsachenbehauptungen in allen drei Fällen mit eigenen Kommentaren und Emojiis versehen und damit – so das Landgericht - eine eigene Bewertung der dargestellten Thesen vorgenommen. Vor diesem Hintergrund geht der Einwand der Generalstaatsanwaltschaft, aus den festgestellten Äußerungen des Angeklagten ergebe sich keine eigene gedankliche Auseinandersetzung oder Bewertung, fehl. Denn die Schlussfolgerung des Landgerichts, der Angeklagte habe sich den Inhalt der von ihm verlinkten Artikel in den Fällen 1 und 2 sowie der im Fall 3 zitierten Meinungsäußerung nicht konkret genannter Personen durch die festgestellten textlichen Zusätze und Emojiis zu eigen gemacht, Leid missachtet und am 08.08.2017 sogar verhöhnt, stellt zwar ggf. keinen zwingenden, aber jedenfalls einen möglichen, gar naheliegenden und damit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden Schluss dar. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass „Smileys“ heutzutage eine verbreitete Kommunikationsform darstellen, Sprache zunehmend ersetzen sowie in der Regel verwendet werden, um eine bestimmte Emotion wiederzugeben oder sie zu verdeutlichen (https://de.wikipedia.org/wiki/Smiley). Da Meinungen durch die subjektive Beziehung des Einzelnen zum Inhalt seiner Aussage geprägt sind (vgl. BVerfGE 33, 1 <14>) und für sie das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens kennzeichnend sind (vgl. BVerfGE 7, 198 <210>; 61, 1 <8>), liegt nach alledem in allen drei Fällen eine Meinungsäußerung des Angeklagten vor, die grundsätzlich dem Schutzbereich von Art. 5 GG unterfallen.
Lediglich ergänzend bleibt insoweit festzuhalten, dass – die Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft, der Angeklagte habe lediglich fremde unwahre Tatsachenbehauptungen verbreitet - als zutreffend unterstellt, die von der Staatsanwaltschaft angestrebte Verurteilung wegen Volksverhetzung gem. § 130 Abs. 3 StGB in keinem der festgestellten Fälle in Betracht käme, denn sowohl bei dem Billigen als auch bei dem Leugnen und Verharmlosen handelt es sich um Äußerungsdelikte, bei denen der Täter eine eigene Stellungnahme zum Ausdruck bringen muss (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Schittenhelm, 30. Aufl. 2019, StGB § 130 Rn. 17; BeckOK StGB/Rackow, 42. Ed. 1.5.2019, StGB § 130 Rn. 32; BGH, Beschluss vom 20.02.1990 - 3 StR 278/89, NJW 1990, 2828); werden lediglich fremde Ansichten verbreitet, ohne dass der Täter sie sich zu eigen macht, kommt nur eine Strafbarkeit nach § 130 Abs. 5 StGB in Betracht (BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2018 – 3 StR 167/18 –, juris; MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl. 2017, StGB § 130 Rn. 78).

2.) Das Landgericht hat ferner in allen drei festgestellten Fällen zutreffend angenommen, dass der Angeklagte durch die jeweilige Tathandlung lediglich die Tatbestandsvariante des Verharmlosens im Sinne von § 130 Abs. 3 StGB verwirklicht hat.

Unter Leugnen ist das Bestreiten, In-Abrede-Stellen oder Verneinen von geschichtlichen Tatsachen zu verstehen. Hauptanwendungsbereich sind die Erscheinungsformen des einfachen sowie des qualifizierten Bestreitens des Holocaust; indes reicht auch das Bestreiten, Inabredestellen oder Verneinen einer unter der NS-Herrschaft begangenen Katalogtat i.S. des § 6 VStGB für die Verwirklichung der Tatbestandsvariante des Leugnens aus (MüKoStGB/Schäfer; aaO, Rn. 80; Krauß in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2009, § 130, Rn. 106).

Ein Verharmlosen liegt hingegen vor, wenn der Äußernde die Anknüpfungstatsachen für die Tatsächlichkeit der NS-Gewalttaten herunterspielt, beschönigt oder in ihrem wahren Gewicht verschleiert (BGHSt 46, 36 (40); BGHSt 47, 278 = NJW 2002). Nicht erforderlich ist das Bestreiten des Völkermords als historisches Gesamtgeschehen, es genügen ein „Herunterrechnen der Opferzahlen” und sonstige Formen des Relativierens oder Bagatellisierens seines Unrechtsgehalts (Fischer, 66. Auflage, § 130 Rn. 31; v. Bubnoff, in: LK, § 130 Rn. 107; Lenckner, in: Schönke/Schröder, § 130 Rdnr. 21; vgl. auch Wandres, Die Strafbarkeit des Auschwitz-Leugnens, 2000, S. 230ff., 245ff.; König/Seitz, NStZ 1995, Seite 1; Stegbauer, NStZ 2000, Seite 281 ff), wobei es sich dann um eine abgeschwächte Form des Leugnens handelt („teilweises Leugnen”, vgl. Wandres, S. 230; Stegbauer, NStZ 2000, Seite 284).

Für die rechtliche Würdigung des Äußerungsdeliktes kommt es - auch mit Blick auf Art. 5 Abs. 1 GG – stets auf den inhaltlichen Gesamtaussagewert der Äußerung an; dieser ist aus Sicht eines verständigen Zuhörers durch genaue Textanalyse unter Berücksichtigung der Begleitumstände zu ermitteln. Bei mehrdeutigen Äußerungen darf nicht allein die zur Verurteilung führende Bedeutung zugrunde gelegt werden, ohne die anderen möglichen Deutungen mit nachvollziehbaren Gründen ausgeschlossen zu haben (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2011 - 4 StR 129/11-, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 01. Oktober 2015 – III-1 RVs 66/15 –, juris; OLG Celle aaO).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Landgericht zutreffend zu der Einschätzung gelangt, dass der Angeklagte in allen drei Fällen jeweils eine Verharmlosung des Holocausts i.S.v. § 130 Abs. 3 StGB vorgenommen hat.
Eine genaue Auswertung des Inhalts der von dem Angeklagten veröffentlichten Meinungen ergibt aus der Sicht eines verständigen Lesers unter Berücksichtigung der Begleitumstände, dass der Umstand, dass es in deutschen Konzentrationslagern zur Ermordung von Juden gekommen ist, nicht gänzlich in Abrede genommen wird. Vielmehr geht sowohl die Aussage in den von dem Angeklagten bei den Taten 1 und 2 veröffentlichten Artikeln, als auch sein eigener Textbeitrag auf der öffentlichen Facebook-Seite der H. Zeitung bei Tat 3 erkennbar dahin, dass es nicht in dem geschichtlich anerkannten Umfang zu dem Massenmord an der jüdischen Bevölkerung gekommen sei. Dabei verkennt der Senat nicht, dass einzelne Textpassagen und Auszüge der von dem Angeklagten auf seiner öffentlichen Facebook-Seite verlinkten Artikel isoliert betrachtet durchaus geeignet sind, die Annahme der Generalstaatsanwaltschaft, der Angeklagte habe den Völkermord insgesamt in Abrede genommen, zu stützen. So deutet z.B. die deutsche Übersetzung der Überschrift des bei den festgestellten Tathandlungen 1 und 2 verlinkten Artikels „Der internationale Bericht des R. K. bestätigt, dass der Holocaust von sechs Millionen Juden ein Scherz ist“ in der Tat auf eine Negierung der Ermordung von Juden in Gänze hin. Zu berücksichtigen ist nach der dargelegten Rechtsprechung indes stets der inhaltliche Gesamtaussagewert, der bei Lektüre des der Überschrift folgenden Artikels sowie sämtlicher relevanter Umstände in allen drei Fällen erkennbar dahingeht, den geschichtlich anerkannten Umfang des Massenmordes an der jüdischen Bevölkerung zu bagatellisieren.

Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass dem Gesetzgeber bei der Erschaffung von § 130 Abs. 3 StGB die teilweise Überschneidung der Tatbestandsvarianten „Leugnen“, „Billigen“ und „Verharmlosen“ bewusst war, denn die Formulierung des Gesetzestextes greift im Kern auf Vorschläge zurück, die in den Gesetzentwürfen der Fraktion der SPD (Drucksache 9/2090) und der Bundesregierung (Drucksache 10/1286) für ein 21. StrÄndG enthalten waren, in denen ausgeführt wird, das Verharmlosen könne als quantitatives Verharmlosen in Randbereichen bereits in das Leugnen übergehen und liege als qualitatives Verharmlosen häufig in der Nähe des Billigens. Schon daraus ergebe sich die Gleichgewichtigkeit dieser Tathandlungen mit jenen des Billigens und Leugnens und damit die Notwendigkeit ihrer Aufnahme in den Tatbestand (Gesetzentwurf der Fraktion der SPD (Drucksache 9/2090), S. 6 ff.; Gesetzentwurf der Bundesregierung, Drucksache 10/1286, S. 7 ff.). Auch in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die einzelnen Tathandlungen des § 130 Abs. 3 StGB nicht völlig isoliert nebeneinander stehen, sondern sich regelmäßig überschneiden können (BGH, Urteil vom 06. April 2000 – 1 StR 502/99 –, BGHSt 46, 36-48; BGH, Urteil vom 10. April 2002 – 5 StR 485/01 –, BGHSt 47, 278-285; OLG Hamm, Beschluss vom 01. Oktober 2015 – III-1 RVs 66/15 –, juris; OLG Rostock, Beschluss vom 23. Juli 2007 – 1 Ss 080/06 I 42/06 –, juris).

Die indes in der Literatur weitgehend vertretene Auffassung, der Überschneidung zwischen dem (teilweise) Leugnen auf der einen Seite sowie dem quantitativen Verharmlosen auf der anderen Seite komme keine praktische Bedeutung zu (MüKoStGB/Schäfer, aaO, § 130 Rn. 80; Schönke/Schröder, aaO, § 130 Rn. 19; Stegbauer NStZ 2000, 281 (284)), ist seit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 2018 nicht mehr haltbar, denn danach ist im Falle der Einschlägigkeit der Tatbestandsvarianten des „Leugnens“ und des „Billigens“ die Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens indiziert, während im Falle des „Verharmlosens“ die Eignung der tatgegenständlichen Äußerung zur Störung des öffentlichen Friedens eigens positiv festzustellen ist (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 22. Juni 2018 – 1 BvR 673/18 –, juris; BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 22. Juni 2018 – 1 BvR 2083/15 –, juris).

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung mehrfach herausgestellt, dass im Fall eines „Herunterrechnens der Opferzahlen” oder sonstiger Formen des Relativierens oder Bagatellisierens des Unrechtsgehalts des Holocausts zwar eine abgeschwächte Form des Leugnens gegeben ist, diese indes allein der Tatbestandsvariante des Verharmlosens unterfällt (BGH, Urteil vom 22. 12. 2004 - 2 StR 365/04; NJW 2005, 689; BGH, Urteil vom 06. April 2000 – 1 StR 502/99 –, BGHSt 46, 36-48).

Dem schließt sich der Senat an. Für diese Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 130 Abs. 3 StGB spricht bereits der Wortsinn. Ebenso wie sich in Fällen des nur zahlenmäßigen Infragestellens im Randbereich der geschichtlich feststehenden Größenordnung die Grenze der Strafbarkeit beim quantitativen Verharmlosen angesichts der in die Millionen gehenden Zahl der Opfer des Holocaust nicht abstrakt bestimmen lässt (Krauß in: Laufhütte u.a., aaO, Rn. 107; BGH, Urteil vom 22. Dezember 2004 – 2 StR 365/04 –, juris), erscheint es bei einer anderen Auslegung in Fällen des – vorliegend gegeben - umfassenden Herunterspielens der Opferzahlen unmöglich, eine klare Grenze zu ziehen, wann ein (teilweises) Leugnen bzw. ein Verharmlosen i.S.v. § 130 Abs. 3 StGB gegeben ist. Würde man die Fälle des umfassenden Herunterspielens der Opferzahlen als (teilweises) Leugnen werten, müsste man die Frage beantworten, ab welcher Größenordnung ein Verharmlosen gegeben ist.

Zu dieser Einschätzung ist offenkundig auch das Bundesverfassungsgericht gelangt, denn dem stattgebenden Kammerbeschluss vom 22. Juni 2018 (1 BvR 2083/15), mit dem das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass im Falle des „Verharmlosens“ die Eignung der tatgegenständlichen Äußerung zur Störung des öffentlichen Friedens eigens positiv festzustellen ist, liegt ein Sachverhalt zu Grunde, bei dem der Beschwerdeführer ein umfassendes Herunterspielen der Opferzahlen vorgenommen hat.

Dem Umstand, dass dem in allen drei festgestellten Fällen gegebenen Herunterspielen der Opferzahlen naturgemäß die Negierung einzelner Handlungen i.S.v § 6 VStGB innewohnt, kommt schließlich keine Bedeutung zu. Soweit in der Kommentarliteratur vertreten wird, der Tatbestand erfasse vielmehr bereits das Bestreiten einer Handlung i.S.v. § 6 VStGB, d.h. einzelner Taten des Völkermordes (vgl. Fischer, aaO, Rn. 30aE), ist ein Leugnen i.S.v. § 130 Abs. 3 StGB bei Bestreiten einzelnen Taten nur verwirklicht, wenn eine isolierte Einzeltat konkret bezeichnet ist (Schönke/Schröder, aaO, § 130 Rn. 17; BeckOK StGB, aaO, § 130 Rn. 37).

Daran mangelt es vorliegend, so dass nach alledem in allen drei Fällen allein die Tatbestandsvariante des Verharmlosens verwirklicht ist.

3.) a) Die Erwägungen, mit denen das landgerichtliche Urteil bei den Taten 2 und 3 die Eignung, den öffentlichen Frieden zu stören, verneint hat, halten einer sachlich-rechtlichen Prüfung stand.

Der öffentliche Friede umfasst den Zustand allgemeiner Rechtssicherheit und des befriedeten Zusammenlebens der Bürger sowie das Bewusstsein der Bevölkerung, in Ruhe und Frieden zu leben. Dabei gehört zu dem öffentlichen Frieden auch ein Mindestmaß an Toleranz und ein öffentliches Klima, das nicht durch Unruhe, Unfrieden oder Unsicherheit gekennzeichnet ist. Der öffentliche Friede in diesem umfassenden Sinne kann zum einen durch eine infolge des Hervorrufens offener oder latenter Gewaltpotentiale entstandene Erschütterung des Vertrauens in die allgemeine Rechtssicherheit, vor allem auch durch die Verminderung des Sicherheitsgefühls des angegriffenen Teils der Bevölkerung, und zum anderen durch ein Aufhetzen des Publikums und der dadurch begründeten Gefahr weiterer Übergriffe beeinträchtigt werden (MüKoStGB/Schäfer, aaO, § 130 Rn. 22).
Da das Landgericht vorliegend – wie dargelegt – zutreffend allein die Tatbestandsvariante des Verharmlosens angenommen hat, ist die Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens bei allen drei Tathandlungen gerade nicht indiziert; vielmehr ist die Eignung der tatgegenständlichen Äußerungen zur Störung des öffentlichen Friedens eigens positiv festzustellen.

Zwar erscheint dem Senat diese vom Bundesverfassungsgericht vorgenommene strikte Trennung zwischen den Anforderungen an die Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens vor dem Hintergrund der dargestellten sowohl durch den Gesetzgeber, als auch die Rechtsprechung übereinstimmend anerkannten Überschneidungen der Tatbestandsvarianten „Leugnen“, „Billigen“ und „Verharmlosen“ fragwürdig zu sein; indes ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem Begriff des öffentlichen Friedens im Lichte des Art. 5 Abs. 1 GG zwingend ein eingegrenztes Verständnis zugrunde zu legen. Eine Verharmlosung des Nationalsozialismus als Ideologie oder eine anstößige Geschichtsinterpretation dieser Zeit allein begründen eine Strafbarkeit nicht (vgl. BVerfGE 124, 300 <336>). Ein legitimes Schutzgut ist der öffentliche Frieden hingegen in einem Verständnis als Gewährleistung von Friedlichkeit. Ziel ist hier der Schutz vor Äußerungen, die ihrem Inhalt nach erkennbar auf rechtsgutgefährdende Handlungen hin angelegt sind. Die Wahrung des öffentlichen Friedens bezieht sich insoweit auf die Außenwirkungen von Meinungsäußerungen etwa durch Appelle oder Emotionalisierungen, die bei den Angesprochenen Handlungsbereitschaft auslösen oder Hemmschwellen herabsetzen oder Dritte unmittelbar einschüchtern (vgl. BVerfGE 124, 300 <335>). Eine Verurteilung kann mithin lediglich dann an Meinungsäußerungen anknüpfen, wenn sie über die Überzeugungsbildung hinaus mittelbar auf Realwirkungen angelegt sind und etwa in Form von Appellen zum Rechtsbruch, aggressiven Emotionalisierungen oder durch Herabsetzung von Hemmschwellen rechtsgutgefährdende Folgen unmittelbar auslösen können (vgl. BVerfGE 124, 300 <333>).
Gemessen an diesen Kriterien hat das Landgericht hinsichtlich der unter Ziffer 2 und 3 festgestellten Tathandlungen zutreffend eine Störung des öffentlichen Friedens verneint.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Angeklagte bei der unter Ziffer 2 festgestellten Tat behauptet hat, in den unter nationalsozialistischer Herrschaft betriebenen Konzentrationslagern seien lediglich ca. 271.000 Personen, davon etwa die Hälfte Juden, gestorben, und bei der unter 3. festgestellten Äußerung behauptet hat, es wären im 2. Weltkrieg insgesamt lediglich ca. 180.000 Juden gestorben, obwohl als gesichert anzusehen ist, dass allein in das Konzentrationslager Ausschwitz fast 1,1 Millionen Juden deportiert wurden. Der Angeklagte hat mithin bei beiden Tathandlungen ein derart umfassendes Herunterspielen der Opferzahlen vorgenommen, dass die verwirkliche Verharmlosung des Holocausts im Sinne von § 130 Abs. 3 StGB zugleich ein teilweises Leugnen darstellt und damit eine ganz erhebliche Nähe zur Leugnung i.S.v. § 130 Abs. 3 StGB gegeben ist. Mithin wohnt auch allen festgestellten Tathandlungen des Angeklagten als solchen jedenfalls eine gewisse Gefahr inne, die politische Auseinandersetzung ins Feindselige und Unfriedliche umkippen zu lassen.

Zutreffend weist das Landgericht indes darauf hin, dass die unter Ziffer 2. und 3. festgestellten anstößigen Geschichtsinterpretationen weder nach ihrem Inhalt, noch nach ihrer Form, in der sie getätigt wurden, eine Infragestellung der Friedlichkeit der Auseinandersetzung erkennen lassen. Es wird weder ausdrücklich noch konkludent zur Verherrlichung von Gewalt aufgerufen; zudem liegt keine emotionalisierende Präsentation vor, die geeignet wäre, bei dem Leser Hemmschwellen herabzusetzen oder aggressive Emotionalisierungen hervorzurufen.

Soweit die Staatsanwaltschaft in der Revisionsbegründung geltend macht, der Angeklagte habe hinsichtlich Tat 2 den auf seiner Facebook-Seite verlinkten Beitrag u.a. auch mit dem Zusatz „Lügen haben kurze Beine“ versehen und die auf seiner Facebook Profilseite aufgestellten Behauptungen z.T. auch mit dem weiteren Zusatz „der Herr segne und beschütze dich und unser deutsches Volk und Vaterland und alle Völker dieser Welt und führe uns in alle Wahrheit, die er selbst ist, in allen Ewigkeiten, Amen“ versehen, kann sie mit dem Einwand schon deshalb nicht durchdringen, weil es sich insoweit um urteilsfremdes und damit nicht zu berücksichtigendes Vorbringen handelt. Im Übrigen wären zustimmende Kommentare oder ähnliche Posts, wie sie der Angeklagte ausweislich der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft beabsichtigt haben soll, für sich genommen nicht geeignet, die Friedlichkeit der Auseinandersetzung zu gefährden, denn auch derartige Kommentare wären lediglich als weitere anstößige Geschichtsinterpretation zu bewerten, die nicht etwa einen Appell zum Rechtsbruch beinhalten.

b) Indes halten die Erwägungen, mit denen das Landgericht hinsichtlich Tat 1 die Eignung, den öffentlichen Frieden zu stören, verneint hat, einer sachlich-rechtlichen Prüfung nicht stand.

Die insoweit vom Landgericht getroffenen Feststellungen erfüllen vielmehr den objektiven Tatbestand der Volksverhetzung gem. § 130 Abs. 3 StGB.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt bei der Tatbestandsvariante des Leugnens die Überschreitung der Friedlichkeit darin, dass die Leugnung als das Bestreiten des allgemein bekannten unter dem Nationalsozialismus verübten Völkermords vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte nur so verstanden werden kann, dass damit diese Verbrechen durch Bemäntelung legitimiert und gebilligt werden. Die Leugnung der nationalsozialistischen Verbrechen des Völkermords ist vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte geeignet, die dem Äußernden geneigte Zuhörerschaft zur Aggression und zu einem Tätigwerden gegen diejenigen zu veranlassen, die als Urheber oder Verantwortliche der durch die Leugnung implizit behaupteten Verzerrung der angeblichen historischen Wahrheit angesehen werden. Sie trägt damit unmittelbar die Gefahr in sich, die politische Auseinandersetzung ins Feindselige und Unfriedliche umkippen zu lassen. Die Leugnung der nationalsozialistischen Verbrechen des Völkermords gefährdet die Friedlichkeit der politischen Auseinandersetzung dabei insbesondere auch deshalb, weil diese Verbrechen insbesondere gezielt gegenüber bestimmten Personen- oder Bevölkerungsgruppen verübt wurden und die Leugnung dieser Ereignisse offen oder unterschwellig als Chiffre zur gezielten Agitation gegen diese Personenkreise eingesetzt werden können und werden (BVerfG, aaO).
Auch die von dem Angeklagten unter Ziffer 1. festgestellte Äußerung stellt jedoch lediglich ein Verharmlosen dar, so dass das Landgericht im Ansatz zutreffend herausarbeitet, dass es zusätzlicher konkreter Feststellungen zur Eignung der in Rede stehenden Meinungsäußerung, den öffentlichen Frieden zu stören, bedarf.

Im Unterschied zu den unter Ziffer 2 und 3 festgestellten Tathandlungen weist die Tathandlung des Angeklagten vom 08. August 2017 indes eine ganz erhebliche, emotionalisierende Präsentation auf, die unzweifelhaft geeignet ist, die politische Auseinandersetzung ins Feindselige und Unfriedliche umkippen zu lassen.

Dies ergibt sich daraus, dass der von dem Angeklagten insoweit verlinkte Beitrag des Anbieters R. T. oberhalb der Überschrift ein augenscheinlich manipuliertes Foto eines Eingangstores zu einem Konzentrationslager aufweist, bei dem der tatsächlich vorhandene Schriftzug im Torbogen durch die Worte „Muh Holocaust“ ersetzt war.

Zwar teilt das Landgericht in dem angefochtenen Urteil nicht mit, welche exakte Bedeutung den Worten „Muh Holocaust“ zukommen soll; insoweit erschöpfen sich die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil in der Feststellung, darin liege eine Verhöhnung der Opfer. Diese Feststellung ist indes ohne jeden Zweifel zutreffend, denn in der Tat liegt eine Interpretation des Bildinhaltes nahe, die jüdische Bevölkerung bemühe „wiederkäuend“ und entgegen der in dem Artikel enthaltenen, angeblichen geschichtlichen Wahrheit „mantraartig“ und ohne realen Hintergrund das Wort Holocaust. Das Landgericht hat bei der Prüfung der Frage, ob die Verlinkung des dargestellten Beitrages mit dem manipulierten Foto nebst der durch den Angeklagten geposteten textlichen Zusätze geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, aber nicht hinreichend in den Blick genommen, dass die zutreffend herausgearbeitete Verhöhnung der Opfer auf der Eingangspforte eines Konzentrationslagers, und damit auf einem der Sinnbilder der Massenvernichtungslager schlechthin, vorgenommen worden ist. Daher ist eine emotionalisierende Präsentation im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unzweifelhaft anzunehmen. Der tatsächlich dort angebrachte Spruch „Arbeit macht frei“ wurde durch seine Verwendung als Toraufschrift an den nationalsozialistischen Konzentrationslagern bekannt. Durch die Pervertierung der ursprünglichen Bedeutung wird er heute als zynische und die Opfer verhöhnende Parole zur Verschleierung der menschenunwürdigen Behandlung in den Konzentrationslagern verstanden, in denen Arbeit der Unterwerfung, Ausbeutung, Erniedrigung und Ermordung von Menschen diente (https://de.wikipedia.org/wiki/Arbeit_macht_frei).
Die Gefährdung der Friedlichkeit der politischen Auseinandersetzung bei einer Leugnung der nationalsozialistischen Verbrechen des Völkermords ist mithin bei der unter 1.) festgestellten Tathandlung des Angeklagten gegeben. Denn die auf einem der Sinnbilder der Massenvernichtungslager vorgenommene Verhöhnung der jüdischen Bevölkerung ist zweifelsohne geeignet, bei Sympathisanten der politischen Meinung des Angeklagten Aggressionen hervorzurufen und sie zu einem Tätigwerden gegen die jüdische Bevölkerung bzw. diejenigen zu veranlassen, die als Urheber oder Verantwortliche der durch die Leugnung implizit behaupteten Verzerrung der angeblichen historischen Wahrheit angesehen werden. Das gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass sich dem objektiven Durchschnittsempfänger bei unbefangener Betrachtung des manipulierten Fotos zudem die Angriffsrichtung aufdrängt, dass Insassen eines Konzentrationslagers bzw. die jüdische Bevölkerung mit Kühen gleichgestellt und damit die Minderwertigkeit der genannten Bevölkerungsgruppe zum Ausdruck gebracht wird.
Nach alledem besteht kein Zweifel daran, dass der von dem Angeklagten verlinkte Beitrag im Zusammenhang mit seinen textlichen Zusätzen geeignet ist, rechtsgutgefährdende Folgen unmittelbar auszulösen.

4.) Darüber hinaus hält auch die Beweiswürdigung in dem angefochtenen Urteil hinsichtlich des subjektiven Tatbestands des unter Ziffer 1. festgestellten Tatgeschehens rechtlicher Überprüfung nicht stand. Sie entspricht nicht den sich aus § 261 StPO ergebenden Anforderungen.
Zwar ist die Beweiswürdigung grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Vielmehr hat es die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann anzuerkennen, wenn aus Sicht des Revisionsgerichts eine andere Beurteilung nähergelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre. Es obliegt allein dem Tatrichter, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt vielmehr, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich mithin darauf, ob dem Tatrichter bei seiner Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH NStZ-RR 2016, 47 m.w.N.). Die an die Beweiswürdigung und deren Darstellung im Urteil gestellten Anforderungen sind bei einem freisprechenden Urteil nicht geringer als bei einer Verurteilung (vgl. BGH NStZ 2009, 512; Senat, Beschluss vom 16.08.2016, Az. 2 Ss 92/16). Zwar können und müssen die Gründe auch eines freisprechenden Urteils nicht jeden irgendwie beweiserheblichen Umstand ausdrücklich würdigen. Das Maß der gebotenen Darlegung hängt vielmehr von der jeweiligen Beweislage und insoweit von den Umständen des Einzelfalls ab; dieser kann so beschaffen sein, dass sich die Erörterung bestimmter einzelner Beweisumstände erübrigt. Insbesondere dann, wenn das Tatgericht auf Freispruch erkennt, obwohl gegen den Angeklagten ein ganz erheblicher Tatverdacht besteht, muss es jedoch in seine Beweiswürdigung und in deren Darlegung die ersichtlich möglicherweise gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und Erwägungen einbeziehen sowie in einer Gesamtwürdigung betrachten (BGH NStZ-RR 2016, 47).

Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung in dem angefochtenen Urteil nicht gerecht. Sie erweist sich bereits deshalb als lückenhaft, weil die Berufungskammer bei der Prüfung der Frage, ob der Angeklagte die Adressaten seiner Äußerungen zu unfriedlichem Verhalten aufstacheln wollte, die dargestellte emotionalisierende Präsentation der Verhöhnung der Opfer des Holocausts erkennbar nicht in die Bewertung eingestellt hat. Im Übrigen erscheinen die Ausführungen des Landgerichts insoweit auch widersprüchlich. Das Landgericht stellt explizit heraus, der Angeklagte habe bewusst und gewollt den Völkermord in erheblichem Ausmaß verharmlost. Allein hierdurch hat der Angeklagte bewusst und gewollt eine gewisse Gefahr geschaffen, die politische Auseinandersetzung ins Feindselige und Unfriedliche umkippen zu lassen. Zugleich stellt das Landgericht explizit heraus, dass der Angeklagte auch eine gezielte Verhöhnung der Opfer vorgenommen habe. Vor diesem Hintergrund entbehrt die nicht näher belegte Schlussfolgerung, dem Angeklagten sei eine Motivation, die Adressaten seiner Äußerungen zu unfriedlichem Verhalten aufzustacheln, nicht nachzuweisen, einer Grundlage, denn der Angeklagte hat – wie das Landgericht selbst feststellt – das Ausmaß des Völkermordes an der jüdischen Bevölkerung bewusst der Wahrheit zuwider dargestellt und die Opfer zugleich verhöhnt. Es liegt auf der Hand, dass dem akademisch gebildeten Angeklagten bewusst gewesen ist, dass seine Meinungsäußerung geeignet war, aggressive Emotionalisierungen hervorzurufen und Hemmschwellen herabzusetzen und er dies billigend in Kauf nahm.

5.) Der Senat kann mithin nicht ausschließen, dass das Urteil auf den vorbezeichneten sachlich-rechtlichen Mängeln beruht und in einer neuen Berufungsverhandlung das erkennende Gericht im Ergebnis der Gesamtschau der unter Beachtung der vorstehenden Erwägungen gewonnenen Beweisergebnisse hinsichtlich der unter Ziffer 1. festgestellten Tathandlung zu der Überzeugung von der vorsätzlichen Begehungsweise der objektiv gegeben Volksverhetzung im Sinne von § 130 Abs. 3 StGB gelangt.
Der Freispruch hinsichtlich Tat 1 der getroffenen Feststellungen kann mithin keinen Bestand haben, so dass das angefochtene Urteil in diesem Umfang aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hannover zurückzuverweisen ist.
Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft ist indes – wie dargelegt – als unbegründet zu verwerfen, denn die Kammer hat den Angeklagten insoweit rechtsfehlerfrei vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen.
Die Möglichkeit der Verurteilung des freigesprochenen Angeklagten durch den Senat unter Zurückweisung zur Festsetzung der Strafe besteht nur unter engen Voraussetzungen (vgl. hierzu KG Berlin, Urteil vom 28. September 2000 – (4) 1 Ss 44/00 (50/00) –, juris) und kam vorliegend nicht in Betracht. Denn die Befugnis, auf Abänderung zu erkennen, ist dem Revisionsgericht grundsätzlich nur dort gewährt, wo es gilt, eine bereits erfolgte, jedoch wegen unzutreffender Anwendung des Strafgesetzes auf den festgestellten Sachverhalt aufgehobene Verurteilung durch einen zutreffend begründeten Urteilsspruch zu ersetzen. Für die entsprechende Anwendung ist hingegen im allgemeinen kein Raum, wo die Revision der Staatsanwaltschaft sich erfolgreich gegen den Freispruch des Angeklagten wendet (OLG Koblenz, Beschluss vom 10.08.1998, 2 Ss 206/98; Gericke, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 7. Auflage, § 354 Rn. 13).

Von der Aufhebung unberührt bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen hinsichtlich der unter Ziffer 1. festgestellten Tatbegehung, denn sie beruhen auf dem Geständnis des Angeklagten und werden auch von der beschwerdeführenden Staatsanwaltschaft nicht angegriffen (BGH Urteil vom 20.08.1991 - 1 StR 321/91, NJW 1992, 382).
In einer neuen Hauptverhandlung wird das neue Tatgericht daher nur noch Feststellungen zum subjektiven Tatbestand sowie ggf. ergänzende Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen zu treffen haben.

IV.

Eine Kostenentscheidung ist derzeit nicht veranlasst. Sie ist an dem abschließenden Ergebnis in der Sache zu orientieren und bleibt deshalb der erneuten erstinstanzlichen Entscheidung vorbehalten.


Einsender: 2. Strafsenat des OLG Celle

Anmerkung:


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