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Entscheidungen

Sonstiges

Homeoffice, Weg zur Toilette, Unfallversicherung

Gericht / Entscheidungsdatum: SG München, Urt. v. 04.07.2019 - S 40 U 227/18

Leitsatz: Stürzt ein Arbeitnehmer, der im Home Office arbeitet, auf dem Rückweg von der Toilette, handelt es sich nicht um einen Arbeitsunfall, für den die Unfallversicherung einstandspflichtig wäre.


In pp.

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalls bei dem in Heimarbeit tätigen Kläger.

Der 19xx geborene Kläger zeigte am 30.10.2016 einen Unfall vom 04.11.2014 an, als er auf dem Weg von der Toilette zu seinem Homeoffice-Arbeitsplatz auf der Treppe gestürzt war und eine Jones-Fraktur (Metatarsale-V-Schaftfraktur) des linken Fußes erlitten hatte. Aufgrund einer Erkrankung an Epilepsie sei er zu 100 % an seinen Homeoffice-Arbeitsplatz gebunden und könne seine frühere Tätigkeit im Außendienst bei B-GmbH nicht mehr ausführen. Durch eine schwere Weichteil-Entzündung im Operationsfeld habe sich nach der Jones-Fraktur eine Verschmälerung des linken Fußes ergeben. Er sei vom 05.11.2014 bis einschließlich 10.05.2015 arbeitsunfähig bzw. auf einer Reha-Maßnahme gewesen.

Im Fragebogen zum Unfallhergang und in einem Schreiben vom 21.12.2016 gab er an, das Homeoffice befände sich im Untergeschoss seines Zweifamilienhauses. Das Untergeschoss sei in zwei Einheiten aufgeteilt, wobei jede Einheit eine eigene Treppe habe. Im Untergeschoss befänden sich sein Büro, das ausschließlich geschäftlich genutzt werde, sowie Kellerräume, ein Waschraum und ein Vorratsraum, die ausschließlich von seiner Frau genützt werden. Auf dem Weg vom WC zurück zu seinem Homeoffice-Arbeitsplatz habe er die letzte Treppenstufe übersehen und sei ins Leere getreten. Er nutze die Treppe nur betrieblich, seine Frau nutze die Treppe noch zu dem Wasch- und Trockenraum. Die Wohn- und Schlafräume befänden sich im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss.

Mit Bescheid vom 10.04.2014 wurde der Unfall vom 04.11.2014 nicht als Arbeitsunfall anerkannt. Ein Toilettengang sei nicht versichert, weil er allgemein auf einem persönlichen Bedürfnis beruhe, das in keiner besonderen Beziehung zum Beschäftigungsverhältnis stehe. Versichert sei der Weg zur Toilette nur auf der Betriebsstätte des Arbeitgebers selbst. Zum Unfallzeitpunkt habe er eine eigenwirtschaftliche und damit nicht versicherte Tätigkeit ausgeübt.

Dagegen legte der Kläger am 11.04.2017 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.2017 zurückgewiesen wurde.

Versicherungsschutz bestehe für einen Toilettengang grundsätzlich nicht. Auf dem Weg zu einem Ort auf der Betriebsstätte selbst, an dem die Notdurft verrichtet werden solle, bestehe Versicherungsschutz, weil der Versicherte durch die Anwesenheit auf der Betriebsstätte gezwungen sei, seine Notdurft an einem anderen Ort zu verrichten. Befänden sich Wohnung und Arbeitsplatz im selben Gebäude, sei der Weg zur Notdurft nicht versichert.

Dagegen hatte der Kläger vor dem Sozialgericht München Klage erhoben (S 23 U 328/17). Bei der Rückkehr zu seinem Homeoffice-Arbeitsplatz, auch nach einem Toilettengang, handle es sich um einen Betriebsweg im unmittelbaren Betriebsinteresse. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 31.08.2017 teilte der Kläger mit, neben ihm arbeite auch eine weitere Kollegin dreimal die Woche im Büro. Der Arbeitgeber bezahle Miete für dieses Zimmer, auch die PC-Ausstattung sei komplett vom Arbeitgeber. Häufig fänden in dem Raum auch Treffen mit anderen Personen der Firma statt. Das Büro sei sozusagen der Treffpunkt für die Mitarbeiter der Umgebung, da der Firmensitz in Holland sei. Die Beklagte erklärte sich daraufhin bereit, den Kläger nach Prüfung des Sachverhalts rechtsmittelfähige erneut zu verbescheiden.

Auf die Anfrage der Beklagten teilte der Arbeitgeber des Klägers mit, ein Kollege besuche den Kläger regelmäßig seit 2014, ca. 30 Mal im Jahr; der Geschäftsführer besuche ihn zweimal jährlich, seit 2017 auch ein weiterer Kollege zwölfmal jährlich. Dann fänden Besprechungen zu den wirtschaftlichen Entwicklungen des Unternehmens statt. Falls die Räumlichkeiten des Klägers nicht zur Verfügung stünden, würden solche Besprechungen im Café/ beim Bäcker stattfinden. Eine weitere mit Mitarbeiterin arbeite seit November 2016 dreimal wöchentlich in diesem Büro, auch sie nutze den Eingang des Wohnhauses und die private Toilette des Klägers. Die Pauschale in Höhe von 200 EUR monatlich würde sowohl für die Nutzung des Büroraums als auch für die Kosten von Bürobedarf gezahlt. Telefonisch teilte eine Mitarbeiterin des Arbeitgebers am 30.10.2017 mit, vor 2015 habe auch ein Arbeitsvertrag mit Homeoffice bestanden, allerdings seien damals keine Bürokosten erstattet worden und es seien keine weiteren Kollegen zur Arbeit dort gewesen. Die Treffen mit der Geschäftsführung hätten bereits vor 2015 beim Kläger zuhause stattgefunden.

Mit dem streitigen Bescheid vom 25.01.2018 wurde die Rücknahme des einen Arbeitsunfall verneinenden Bescheids vom 10.04.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24.05.2017 abgelehnt. Aus den vom Arbeitgeber vorgebrachten Tatsachen über die Bezahlung und die weitere Nutzung des Homeoffice-Arbeitsplatzes ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Neufeststellung bedingen könnten.

Der dagegen am 17.02.2018 eingelegte Widerspruch des Klägers, wonach er auf sein Homeoffice angewiesen und nur deshalb in der Lage sei, weiterhin am ersten Arbeitsmarkt teilzuhaben, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2018 zurückgewiesen. Aus den Vorschriften des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX), welche den Erhalt oder die Gestaltung von Arbeitsplätzen für schwer behinderte Menschen regeln, lasse sich keine abweichende Beurteilung der Rechtsprechung für den Versicherungsschutz auf Betriebswegen im häuslichen Bereich ableiten.

Dagegen richtet sich die vorliegende Klage vom 14.05.2018. Der Kläger trug im Wesentlichen vor, der Arbeitgeber habe ihm aufgrund seiner Schwerbehinderung die Möglichkeit des Homeoffice-Arbeitsplatzes eingeräumt. Seit Januar 2013 betreibe er ein offizielles Außenbüro für die Firma C. Alle Verkäufer und Angestellten der Firma C. aus Holland mit Wohnsitz in Deutschland und Österreich seien bei der deutschen Firma B. angestellt. Er sei dort als Account Manager tätig, was neben der Organisation sämtlicher Webshop-Bestellungen die Erstellung von Angeboten und den aktiven Telefonverkauf an die Fachhandelskunden beinhalte. Es handle sich bei seinem Homeoffice-Arbeitsplatz um einen komplett getrennten Arbeitsbereich im Untergeschoss des Einfamilienhauses. Der Weg vom Eingangsbereich zu seinem Homeoffice sei daher ein offizieller Arbeitsweg, den er täglich mehrmals laufe, um Arbeitskollegen hereinzulassen oder zu verabschieden, Arbeitsmaterialien zu empfangen oder zu übergeben, reklamierte Rückware der Kunden in den Fahrzeugen der Auslieferungsfahrer zu begutachten und Fotos zur Weiterleitung an die Zentrale zu machen oder die Toilette zu besuchen. Die Toilette im Erdgeschoss werde auch von seiner Arbeitskollegin und den Vorgesetzten benützt. Das Homeoffice sei mit allen technischen Mitteln durch den Arbeitgeber ausgestattet.

Der Kläger trug des Weiteren vor, die Kosten des Büros seien bis zum Jahresende 2014 durch die unter der Adresse des Klägers laufende Handelsagentur D., für die er zusätzlich bis 30.10.2014 (laut Meldebescheinigung zur Sozialversicherung) tätig gewesen sei, dem Arbeitgeber (Firma C.) in Rechnung gestellt worden. Dazu legte er für November 2014 eine Rechnung Handelsagentur D. an die Firma C. über 115,95 EUR für Mobiltelefon und eine weitere Rechnung über 344,56 EUR, davon 200 EUR "Büropauschale", vor.

Später teilte der Kläger mit, vom 01.05.2011 bis 31.12.2012 seien die Abrechnungen über E. gelaufen, vom 01.01.2013 bis 31.12.2014 über die Handelsagentur D. Im Schreiben vom 03.12.2018 präzisierte er dies dahin, seine Söhne F. und S. seien beide als Fahrer für seinen Arbeitgeber tätig gewesen und hätten im Büro lediglich die Fahrerprotokolle abgegeben, die von ihm verarbeitet und dem Arbeitgeber in Rechnung gestellt worden seien. Keiner der Söhne habe direkte Bürotätigkeiten ausgeübt, des Büro sei daher nicht für weitere oder sonstige Tätigkeiten benützt worden. Der Kläger legte seinen Arbeitsvertrag mit der Firma B. aus dem Jahr 2014 vor, wonach er eine Vergütung von 3300 EUR brutto monatlich erhielt; daneben erstattete der Arbeitgeber dem Kläger Spesen und sonstige Aufwendungen, die im Rahmen ordnungsgemäßer Erfüllung dieses Vertrags für die Gesellschaft aufzubringen waren. Der Kläger bekam ein Handy und einen Laptop für die Ausübung seiner Funktion. Als Anlage wird unter "Auftrag und Zielsetzungen für 2014" u.a. ausgeführt, dass der Kläger "lokaler Kontakt für die Firma C., Kunden und Fahrer" sei.

Auf Anfrage des Gerichts teilte der Arbeitgeber B. mit Schreiben vom 01.05.2019 mit, der Kläger habe seit 01.05.2011 von zuhause aus in Vollzeit gearbeitet. Computer und Laptop seien von der Firma C. gestellt, Kosten für Telefon und Handy sowie eine Bürokostenpauschale von monatlich 200 EUR von dieser bezahlt worden. Im Büro hätten regelmäßige Treffen stattgefunden, es handle sich um ein Verkaufsbüro des Arbeitgebers, in dem regelmäßige Gespräche mit Kollegen stattfinden. Der Arbeitgeber habe keinen Schlüssel für Haus und Büro, es handle sich trotzdem um eine Art Betriebsstätte. Kontrollen zur Arbeitssicherheit hätten nicht stattgefunden, da es sich um einen normalen Zugang über eine normale Treppe ins Büro handle. Die Beklagte trug dazu vor, das Büro sei keine Betriebsstätte, da der Arbeitgeber keine Verfügungsgewalt habe und auch keine Maßnahmen im Sinne des Arbeitsschutzes ergreife. Die Firma B. legte noch eine Lohnabrechnung für November 2014 vor, wonach der Kläger in diesem Monat 3.300 EUR brutto erhalten hatte.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 04.07.2019 gab der Kläger an, die Toilette im Erdgeschoss sei damals von allen Hausbewohnern, also ihm, seiner Frau und seinem Sohn F. sowie von Gästen und Kollegen genützt worden. Im Erdgeschoss gebe es keine weitere Toilette oder Bad, es gebe aber ein Bad mit Toilette im 1. Stock für die Schlafzimmer. Er habe bereits vor Mai 2011 eine Handelsagentur gehabt und sei ab Mai 2011 für die Firma C. tätig gewesen. Dabei habe er sein Büro der Firma C. zur Verfügung gestellt, damit die Geschäfte von dort aus betrieben werden. Er habe ab Mai 2011 bis Ende 2013 eine Kooperationsvereinbarung mit der Firma C. gehabt, die das Einkommen von ihm und seinen Söhnen geregelt und daneben eine Büropauschale von 200 EUR vorgesehen habe. Es handele sich um eine Art Miete für den Raum sowie eine Pauschale für Strom usw. Neben seinem Büro habe ein Infoplakat der Beklagten gehangen. Im Jahr 2014 sei er Anlaufstelle für Kundenanfragen, Fahrer von C. und zuständig für Südbayern, Österreich und Südtirol gewesen. Eine Niederlassung von C. gebe es in diesem Gebiet nicht. Er habe offizielle Servicezeiten von 8 bis 17 Uhr gehabt, sei jedoch länger erreichbar gewesen, weil vor allem in der Früh die Fahrer ganz früh losgefahren seien und er der Ansprechpartner gewesen sei. Stunden seien nicht erfasst worden vom Arbeitgeber.

Der Zeuge gab an, er sei im Jahr 2014 etwa alle zwei bis drei Wochen in der Nähe des Klägers und dann etwa zweimal in dieser Woche beim Kläger gewesen, für jeweils ca. zwei bis drei Stunden. Seiner Meinung nach sei das Büro eine Außenstelle der Firma, diese habe einen monatlichen Betrag dafür gezahlt. Eine Gefährdungsbeurteilung oder eine Prüfung der Arbeitssicherheit seien nicht erfolgt. Eine Art Präsenzpflicht in der Weise, dass der Kläger zu bestimmten Zeiten am Arbeitsplatz zu sein hatte, habe es nicht gegeben. Die Hauptarbeit des Klägers sei hinter dem Computer gewesen, so habe die Firma natürlich auch erwartet, dass der Kläger zu seinen Arbeitszeiten in seinem Büro sei und arbeite. Der Kläger ergänzte dazu, 2014 seien mehrfach wöchentlich Fahrer gekommen.

Der Kläger beantragte, unter Aufhebung des Bescheids vom 25.01.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.04.2018 wird die Beklagten verpflichtet, den Bescheid vom 10.04.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.05.2017 aufzuheben und das Unfallereignis vom 04.11.2014 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagtenvertreterin beantragte, die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Akten der Beklagten und des Gerichtsverfahrens S 23 U 328/17 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist gerichtet auf Aufhebung des streitigen Überprüfungsbescheids vom 25.01.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.04.2018 und Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung des einen Arbeitsunfall ablehnenden Bescheids vom 10.04.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.05.2017 sowie die Verpflichtung zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls. Sie ist statthaft als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz, SGG; vgl. zum Wahlrecht zwischen Feststellungs- und Verpflichtungsklage bei begehrter Anerkennung von Arbeitsunfällen: BSG Urteile vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R und vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R). Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung des Bescheids vom 10.04.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.05.2017 und zur Anerkennung des Unfallereignisses vom 04.11.2014 als Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs. 1 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Die Beklagte hat auf den Antrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 31.08.2017 zu Recht den Bescheid vom 10.04.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.05.2017 erneut überprüft. Jedoch liegen die Voraussetzungen für eine Aufhebung dieses Bescheids nicht vor, da der Kläger am 04.11.2014 keinen Arbeitsunfall iSd § 8 Abs. 1 SGB VII erlitten hat, als er auf dem Weg von der Toilette zurück zu seinem häuslichen Arbeitszimmer (Homeoffice) auf der Treppe stürzte.

Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 S 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb Versicherter ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang). Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod der Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl. BSG vom 05.07.2016 - B 2 U 19/14 R).

Der Kläger hat zwar einen Unfall und dadurch unstreitig einen Gesundheitserstschaden erlitten. Er war auch als Beschäftigter kraft Gesetzes versichert. Seine Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses - das Hinabsteigen der Treppe - stand aber nicht in einem sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit. Zum Unfallzeitpunkt übte er weder eine Beschäftigung iSd § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII aus (dazu 1.) noch legte er im Zusammenhang mit dieser einen Betriebsweg zurück (dazu 2.). Der Kläger befand sich auch nicht auf einem versicherten Weg zum Toilettenbesuch (dazu 3.). Schließlich war er im Unfallzeitpunkt nicht durch die Wegeunfallversicherung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII geschützt (dazu 4.).

1. Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter liegt vor, wenn ein Verletzter zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihr selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl. § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iSd § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder sie unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (st Rspr, vgl. BSG Urteile vom 05.07.2016- B 2 U 5/15 R, vom 23.4.2015 -B 2 U 5/14 R, vom 26.6.2014 - B 2 U 7/13 R, vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R, vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R).

Der Kläger benutzte die Treppe im Unfallzeitpunkt aber nicht, um damit eine (vermeintliche) Haupt- oder Nebenpflicht aus seinem Arbeitsverhältnis als Außendienstmitarbeiter zu erfüllen oder ein eigenes unternehmensbezogenes, innerbetrieblichen Belangen dienendes Recht wahrzunehmen. Er handelte nicht im unmittelbaren Betriebsinteresse, sondern allein im eigenen Interesse auf dem Weg zu einer höchstpersönlichen Verrichtung (allgM zum Toilettengang, vgl. Schwerdtfeger in Lauterbach, Unfallversicherung - SGB VII, 49. EL 12/12, § 8 SGB VII, Rn. 218; Keller in Hauck/Noftz, SGB, 06/18, § 8 SGB VII, Rn. 137a; Mertens/Bereiter-Hahn, Gesetzliche Unfallversicherung, EL 3/18, § 8, Rn. 7.34, Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 2 SGB VII; BayLSG, Urteil vom 06.05.2003 - L 3 U 323/01 und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.07.2015 - L 6 U 526/13). Auch eine arbeitsrechtliche Verpflichtung zu gesundheitsfördernden, der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit dienenden Handlungen besteht grundsätzlich nicht (vgl. BSG Urteil vom 05.07.2016- B 2 U 5/15 R mwN).

2. Der Kläger befand sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf einem Betriebsweg iSd § 8 Abs. 1 Satz 1 iVm § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII.

a) Betriebswege sind Wege, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden, Teil der versicherten Tätigkeit sind und damit der Betriebsarbeit gleichstehen (st Rspr, vgl. BSG Urteile vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R, vom 12.1.2010 - B 2 U 35/08 R, vom 02.04.2009 - B 2 U 25/07 R, vom 12.12.2006 - B 2 U 1/06 R, vom 06.05.2003 - B 2 U 33/02 R). Sie werden im unmittelbaren Betriebsinteresse unternommen, unterscheiden sich von Wegen nach und von dem Ort der Tätigkeit iSv § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII dadurch, dass sie der versicherten Tätigkeit nicht lediglich vorausgehen oder sich ihr anschließen; sie sind nicht auf das Betriebsgelände beschränkt, sondern können auch außerhalb der Betriebsstätte anfallen (vgl. BSG Urteile vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R, vom 18.06.2013 - B 2 U 7/12 R und vom 28.02.1990 - 2 RU 34/89). Ob ein Weg im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, bestimmt sich grundsätzlich nach der objektivierten Handlungstendenz des Versicherten, also danach, ob der Versicherte eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl. BSG Urteil vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R; Keller, a.a.O., § 8 SGB VII, Rn. 32). b) Das BSG hat in st Rspr ausgeführt, dass ein im unmittelbaren Betriebsinteresse liegender Weg grundsätzlich nur außerhalb eines (privaten) Wohngebäudes in Betracht kommt. Befinden sich die Wohnung und die Arbeitsstätte im selben Gebäude, ist ein Betriebsweg ausnahmsweise auch im häuslichen Bereich denkbar, wenn er in Ausführung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt wird.

Bei Unfällen im häuslichen Bereich wurde zur Abgrenzung, ob ein Weg im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird, früher auf das Kriterium der "objektiven" Nutzungshäufigkeit des Unfallorts abgestellt (vgl. BSG Urteile vom 12.12.2006 - B 2 U 1/06 R und vom 27.10.1987 - 2 RU 32/87). Nach neuerer und überzeugender Rechtsprechung gilt jedoch auch hier die Abgrenzung nach der objektivierten Handlungstendenz (eindeutig nun: BSG, Urteile vom 27.11.2018 - B 2 U 8/17 R und vom 31.8.2017 - B 2 U 9/16 R; vgl. zuvor bereits BSG Urteile vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R und vom 18.06.2013 - B 2 U 7/12 R; vgl. Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 103. EL, 3/19, § 8 SGB VI, Rn. 129b, Keller, a.a.O., § 8 Rn. 33b ff).

c) Ausgehend davon lag hier bei dem Rückweg von der Toilette in das Büro kein Betriebsweg vor, und zwar unabhängig vom konkreten Umfang der betrieblichen oder privaten Nutzung der in den Keller führenden Treppe. Denn wie bereits zuvor dargelegt handelt es sich beim Toilettengang grundsätzlich um eine eigenwirtschaftliche Beschäftigung. Dies gilt auch für den Rückweg zum Arbeitsplatz, denn auch der Weg zum Arbeitsplatz im häuslichen Bereich ist kein Betriebsweg (vgl. Mertens/Bereiter-Hahn, a.a.O., § 8, Rn. 7.14.2. b, aa und Schwerdtfeger, a.a.O., § 8 Rn. 256). Auch der Umstand, dass der Kläger darauf angewiesen ist, die Treppe zu benutzen, um seiner Beschäftigung überhaupt nachgehen zu können, kann das unmittelbare betriebliche Interesse nicht begründen (BSG, Urteil vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R).

d) Die Tatsache, dass die Ausübung einer Beschäftigung in einem Homeoffice zu einer Verlagerung von den Unternehmen dienenden Verrichtungen in den häuslichen Bereich führt, rechtfertigt nach st Rspr. des BSG keine andere Beurteilung. Denn die betrieblichen Interessen dienende Arbeit in der Wohnung eines Versicherten nimmt dieser außerhalb des konkreten Arbeitszimmers oder -raums nicht den Charakter der häuslichen Lebenssphäre (vgl. BSG Urteil vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R mit Verweis auf Urteil vom 07.11.2000 - B 2 U 39/99 R). Hintergrund dessen ist, dass der Versicherte mit den der privaten Wohnung innewohnenden Risiken besser vertraut und für diese Kraft seiner Verfügungsmacht über die Wohnung selbst verantwortlich ist. Auch ist es dem Arbeitgeber außerhalb des Betriebsgeländes regelmäßig verwehrt, präventive, gefahrenreduzierende Maßnahmen zu ergreifen. Unternehmer sind zwar für die Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe verantwortlich (§ 21 Abs. 1 SGB VII). Die Verpflichtung zur Durchführung von Präventionsmaßnahmen beschränkt sich im häuslichen Bereich aber auf die jeweilige Betriebsstätte, zu der jedenfalls häusliche Örtlichkeiten außerhalb eines räumlich abgegrenzten Homeoffice nicht zählen (so mit ausführlicher und überzeugender Begründung: BSG Urteil vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R).

3. Der Kläger befand sich zum Unfallzeitpunkt auch nicht auf einem versicherten Weg zur Verrichtung der Notdurft.

a) Unfälle auf Wegen zur Verrichtung der Notdurft im Betrieb und den entsprechenden Rückwegen sind in ständiger Rechtsprechung als Arbeitsunfall anerkannt worden. Dies beruht auf dem Gedanken, dass der Versicherte durch die Anwesenheit auf der Betriebsstätte gezwungen ist, seine Notdurft, die eine regelmäßig unaufschiebbare Handlung ist, der Fortsetzung der Arbeit direkt im Anschluss daran dient und somit auch im mittelbaren Interesse des Arbeitgebers liegt, an einem anderen Ort zu verrichten, als er dies von seinem häuslichen Bereich aus getan hätte. Das Zusammentreffen beider betriebsbezogener Merkmale, das notwendige Handlungsziel und die Betriebsbedingtheit des Weges zur Toilette, bewirkt den wesentlichen inneren Zusammenhang zwischen dem Betrieb und dem Weg von und zur Verrichtung der Notdurft (allgM, vgl. BSG, Urteil vom 06.12.1989 - 2 RU 5/89; Schwerdtfeger, a.a.O., § 8, Rn. 218a; Krasney in Krasney / Burchardt / Kruschinsky / Becker, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) 11/15, § 8 Rn. 83 sowie Spellbrink, Unfallversicherungsschutz bei Tätigkeiten im Homeoffice und bei Rufbereitschaft, in NSZ 2016, S. 527, 529 f). Mit demselben Argument wurden auch Wege von und zu der Nahrungsaufnahme als versicherte Wege anerkannt: Es handelt sich um Wege, die in ihrem Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt sind, persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten, auch dient die Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit (vgl. die zuvor genannten Quellen sowie BSG Urteile vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R und vom 18.06.2013 - B 2 U 7/12 R).

b) Ausgehend davon wurde in der bisherigen Rspr. des BSG Versicherungsschutz auf dem Weg vom Homeoffice zur Nahrungsaufnahme verneint (für den Weg in die häusliche Küche zum Wasserholen: BSG Urteil vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R; für den Weg zum Restaurant: BSG Urteil vom 18.06.2013 - B 2 U 7/12 R; zustimmend Keller, a.a.O., Rn. 20b; Ricke, a.a.O., Rn. 129c; Spellbrink, a.a.O., S. 530). Laut BSG ist eine Betriebsbedingtheit des Weges in diesen Fällen nicht bereits darin zu sehen, dass ein Versicherter den Weg zur Küche über die Treppe deshalb zurücklegen musste, weil er sich zuvor in seinem häuslichen Arbeitszimmer aufgehalten hatte. Versicherungsschutz schied vielmehr aus, weil die Versicherten weder räumlich noch zeitlich hinsichtlich der Nahrungsaufnahme betrieblichen Vorgaben oder Zwängen unterlegen waren. Denn der Weg zur Küche/ zum Restaurant war weder räumlich durch einen außerhalb der Wohnung gelegenen Betriebsort vorgegeben noch innerhalb eines zeitlichen Rahmens zu erledigen, er stand auch in keinem Zusammenhang mit der bereits erbrachten Arbeit (BSG, Urteile vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R und vom 18.06.2013 - B 2 U 7/12 R).

c) Ausgehend davon ist auch im hiesigen Fall kein versicherter Weg des Klägers von der Toilette zu seinem Homeoffice-Arbeitsplatz anzunehmen. Die Toilette und Kellertreppe sind dem privaten Bereich zuzuordnen (aa). Ausgehend davon war der Rückweg von der Toilette nicht betriebsbezogen (bb). Auch aufgrund der Tatsache, dass der Kläger Vollzeit im Homeoffice arbeitet (cc) und darauf aufgrund seiner Epilepsie-Erkrankung angewiesen ist (dd), ergibt sich nichts Anderes.

aa) Trotz der Besonderheiten im konkreten Fall sind zur Überzeugung des Gerichts die Toilette im Erdgeschoss des Hauses des Klägers und auch die Kellertreppe hier dem häuslichen und nicht dem betrieblichen Bereich zuzuordnen. Es fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der Toilette bzw. der Kellertreppe um eine Betriebsstätte handelt. Bei Versicherten, die mit Billigung und finanzieller Unterstützung des Arbeitgebers im Homeoffice arbeiten (vgl. zur Abgrenzung zwischen einer rein zusätzlichen privaten Arbeitsgelegenheit zuhause zu einem arbeitsvertraglich geregelten Arbeitsort, der Arbeitsstätte iSd SGB VII sein kann: BSG, Urteil vom 18.06.2013 - B 2 U 7/12 R), besteht grundsätzlich nur Versicherungsschutz innerhalb der Arbeitsstätte, also des zur Telearbeit eingerichteten Arbeitsraumes. Im Übrigen nimmt nach überzeugender Ansicht des BSG - wie oben bereits ausführlich dargelegt - die betrieblichen Interessen dienende Arbeit in der Wohnung eines Versicherten dieser außerhalb des konkreten Arbeitszimmers oder -raums nicht den Charakter der häuslichen Lebenssphäre (vgl. BSG Urteile vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R, juris Rn. 26 und 27, und vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R).

Ausnahmsweise kann jedoch eine häusliche Toilette Teil der Betriebsstätte sein. Dies wurde von BSG angenommen für den Fall, dass eine Toilette wesentlich für betriebliche Zwecke genutzt wurde, bzw. der Arbeitgeber eine Werkstätte im Haus des Versicherten angemietet hatte, weil eine Toilette dann gemäß Arbeitsstättenverordnung als Arbeitsstätte zu werten sei (vgl. BSG, Urteil vom 31.05.1967 - 2 RU 218/64 für Treppe zwischen Haus und im Erdgeschoss gelegenen Friseursalon, die auch von Kunden und Angestellten benützt wurde, und Urteil vom 23.06.1982 - 9b/8 RU 8/81 für eine vom Arbeitgeber angemietete Werkstätte zur Produktion von Bürsten im Keller des eigenen Hauses; vgl. auch Krasney, a.a.O., § 8 Rn. 83, Schwerdtfeger, a.a.O., Rn.218a; Mertens/Bereiter-Hahn, a.a.O., § 8 Rn. 7.34). Gleiches muss gelten, wenn die Toilette aufgrund arbeitsvertragliche Regelung zum Arbeitsbereich gehört (so Keller, a.a.O., § 8, Rn. 20b).

Aufgrund der oben bereits dargelegten Rechtsprechung geht das Gericht davon aus, dass eine Abgrenzung nach der Frage, ob die Toilette/Treppe wesentlich für betriebliche Zwecke genutzt wurde, heute grundsätzlich nicht mehr maßgeblich ist, da sonst diesem vom BSG zu Recht abgelehnten und auch unscharfem Kriterium doch wieder Bedeutung zukäme. Dies kann allenfalls ein Indiz für die Frage sein, ob eine Toilette als Teil der Betriebsstätte zu werten ist. Dafür kommt es vor allem auf die rechtliche, d.h. arbeitsvertragliche und ggf. mietvertragliche Ausgestaltung an. Diese führt hier in der Gesamtbetrachtung dazu, dass weder die Toilette im Erdgeschoss des Hauses des Klägers noch die Kellertreppe als Teil der Betriebsstätte zu werten ist.

Zwar ist zu berücksichtigen, dass der Kläger durch den Arbeitgeber für die Heimarbeit laut Arbeitsvertrag vom 07.01.2014 ein Handy und einen Laptop bekommen hat. Zudem wurde, im streitigen Zeitpunkt allerdings noch über die Handelsagentur D., neben den Kosten für Festnetz und Mobiltelefon eine Büropauschale in Höhe von 200 monatlich durch die Firma B. / C. übernommen. Damit handelt es sich beim Büro des Klägers zweifellos um eine Arbeitsstätte (iSd Kriterien des BSG laut Urteil vom 18.06.2013 - B 2 U 7/12 R). Diese war nicht nur alleiniger Arbeitsplatz des Klägers, sondern diente unzweifelhaft, wie der Kläger und der Zeugen übereinstimmend und glaubhaft berichtet haben, auch als Besprechungsraum für diverse Mitarbeiter der Firma B. / C. So haben dort mehrfach monatlich Besprechungen des Klägers mit dem Zeugen, darüber hinaus in selteneren Abständen mit weiteren Mitarbeitern der Firma B. / C. stattgefunden. Ein offizielles Büro der Firma B. / C. für die Bereiche Süddeutschland/ Österreich/ Südtirol, für die der Kläger zuständig war, bestand nicht. Zudem war das Büro des Klägers Anlaufstelle für die Fahrer der Firma B. / C. auf dem Weg zur Auslieferungen bzw. mit Reklamationen. Damit hatte das Büro zweifellos, wie auch der Arbeitgeber in der schriftlichen Auskunft vom 01.05.2019 sowie der Zeuge in der mündlichen Verhandlung angegeben hatten, eine wichtige Funktion als "Knotenpunkt" für die B. / C. Die Funktion des Büros ging damit deutlich über einen reinen Homeoffice-Arbeitsplatz des Klägers hinaus. Dabei wurden die Kellertreppe sowie die Toilette im Erdgeschoss damit auch von weiteren Mitarbeitern der Firma B. / C. regelmäßig genützt.

Dennoch geht das Gericht unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht davon aus, dass die Toilette oder die Kellertreppe Teil der Betriebsstätte waren. Dabei berücksichtigt das Gericht zunächst die räumlichen Verhältnisse insofern, als die Toilette und das Büro keine irgendwie abgetrennte und eng zusammenhängende Einheit waren. Die Toilette befand sich vielmehr im Erdgeschoss und wurde damit - als alleinige Toilette im Erdgeschoss - auch von allen anderen Hausbewohnern sowie privaten Gästen benutzt. Auch die Treppe war gleichermaßen Zugang zu den privaten Kellerräumen (Vorrats-, Wasch und Heizraum).

Maßgeblich ist jedoch vor allem, dass eine Verfügungsgewalt des Arbeitgebers, die eine Zurechnung zu dessen Risikosphäre rechtfertigen würde, hier zur Überzeugung des Gerichts nicht gegeben war. Wie oben bereits ausgeführt beruht die Annahme des Versicherungsschutzes für Wege zu/ von der Toilette u.a. auf der Betriebsbezogenheit des Weges. Hintergrund ist die Eingliederung des Arbeitnehmers in die betriebliche Sphäre, für die grundsätzlich der Arbeitgeber verantwortlich ist und auf die er, auch durch die gesetzlich gebotenen Präventionsmaßnahmen, Einfluss nehmen kann. Diese entscheidenden Kriterien sind hier gerade nicht erfüllt. Der Arbeitgeber hatte, wie sich aus der Auskunft vom 01.05.2019 und der Zeugenaussage ergibt, keinen Schlüssel zum Haus. Zudem haben, wie der Zeuge glaubhaft angegeben hat, durch den Arbeitgeber keinerlei Sicherheitsmaßnahmen/ Kontrollen/ Begehungen etc. stattgefunden. Der Zeuge hat in diesem Zusammenhang vielmehr ausgeführt, der Arbeitgeber habe nur die sächlichen Mittel zur Verfügung gestellt und eine Pauschale für den Raum gezahlt. Die entsprechende Vereinbarung konnte weder vom Arbeitgeber noch vom Kläger vorgelegt werden. Aus der Bezeichnung "Bürokostenpauschale" sowie dem fehlenden Schlüssel schließt das Gericht jedoch, dass es sich nicht um eine echte Miete iSd § 535 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) handelte, bei welcher der Mieter Besitzer der Sache wird und Verfügungsgewalt sowie Verantwortung für den Zustand der Sache erhält. Der Fall unterscheidet sich daher von dem vom BSG 1982 entschiedenen Fall, wo die Werkstätte im Haus des dortigen Klägers iSv § 535 BGB durch den Arbeitgeber gemietet worden war. Auch arbeitsvertraglich ist lediglich festgehalten, dass der Arbeitgeber Laptop und Handy stellt; irgendeine Regelung dahingehend, dass die Treppe oder die Toilette arbeitsvertraglich zum Arbeitsbereich gehören, lässt sich dem Arbeitsvertrag nicht entnehmen.

Damit ist zur Überzeugung des Gerichts zwar das Büro des Klägers eine Arbeitsstätte, Kellertreppe und Toilette sind aber selbst keine Betriebsstätte, sondern dem privaten Bereich des Klägers zuzuordnen. Ergänzend ist anzumerken, dass die Arbeitsstättenverordnung gemäß § 2 nur für Orte in Gebäuden gilt, die sich auf dem Gelände eines Betriebes oder einer Baustelle befinden, weshalb eine Einordnung der Toilette als Teil der Arbeitsstätte gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 3 Arbeitsstättenverordnung (auf die das BSG in der Entscheidung vom 23.06.1983 - 9b/ 8 RU 8/81 abgestellt hatte) hier nicht infrage kommt, da das Haus des Klägers nicht als Betrieb iSd Arbeitsstättenverordnung anzusehen ist.

bb) Ausgehend von einer grundsätzlichen Zuordnung der Toilette und Kellertreppe zum privaten Bereich war der Rückweg des Klägers von der Toilette zu seinem Homeoffice nicht versichert. Es fehlt die Betriebsbezogenheit des Weges.

Das BSG hatte in seinen entsprechenden Entscheidungen auf dem Weg zur Versorgung mit Nahrung/Getränken darauf abgestellt, ob der Weg räumlich durch einen außerhalb der Wohnung gelegenen Betriebsort vorgegeben oder innerhalb eines zeitlichen Rahmens zu erledigen war und ob er in einem Zusammenhang mit der bereits erbrachten Arbeit stand (BSG, Urteile vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R und vom 18.06.2013 - B 2 U 7/12 R). Das ist hier zu verneinen.

Die Arbeitsstätte war innerhalb des Hauses des Klägers und dieser unterlag auch zeitlich keinen derart engen Vorgaben, die es rechtfertigen würden, eine maßgebliche Eingliederung in betriebliche Belange und damit Betriebsbedingtheit des Weges anzunehmen. Zwar wurde vom Kläger eine Arbeit und Anwesenheit im Rahmen der üblichen Arbeitszeiten erwartet, auch, um als Ansprechpartner für Fahrer zu fungieren. Stunden wurden jedoch nicht erfasst und eine konkrete Präsenzpflicht gab es nach Angaben des Zeugen nicht. Die Fahrer haben nach Aussage des Klägers vor der Ankunft bei diesem idR kurz angerufen und sich angekündigt. Damit lassen sich keine zeitlichen Vorgaben und keine Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Firma B. / C. erkennen, die über das im Homeoffice Übliche hinausgeht; denn auch im Homeoffice wird idR jedenfalls grundsätzlich Anwesenheit am Arbeitsplatz innerhalb bestimmter Zeiten verlangt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Toilettengang in einem Zusammenhang mit der bereits erbrachten Arbeit stand (z.B. betriebsbedingte große Eile). Damit sind hier im Ergebnis die entscheidenden Merkmale, die eine Betriebsbezogenheit des Weges stützen, nicht erfüllt (ebenso für den Weg zu einer privaten Toilette im Homeoffice: Ricke, a.a.O., Rn. 129c; Keller, a.a.O., Rn. 20b).

cc) Eine Betriebsbedingtheit des Weges ergibt sich hier nicht ausnahmsweise daraus, dass der Kläger - wie sich aus dem vorgelegten Arbeitsvertrag sowie den überzeugenden Aussagen des Klägers und des Zeugen ergibt - zu 100 % im Homeoffice gearbeitet hat.

Zwar hatte das BSG in der zuvor genannten Entscheidung vom 18.06.2013 (B 2 U 7/12 R) ausgeführt, aus Gleichheitsgründen könnte möglicherweise zu fordern sein, dass bei Vollzeit im Homeoffice Tätigen jedenfalls ein Weg zur täglichen Nahrungsaufnahme bzw. zur Versorgung mit Nahrungsmitteln unter Versicherungsschutz stehen müsse (zustimmend Spellbrink, a.a.O., S. 530). Das Gericht geht allerdings nicht davon aus, dass aus Gleichheitsgründen eine gewisse Anzahl von Toilettengängen täglich bei Personen, die zu 100 % im Homeoffice arbeiten, unfallversichert sein muss.

Denn es bestehen gerade im Hinblick auf Sinn und Zweck sowie Hintergrund des Unfallversicherungsschutzes maßgebliche Unterschiede, die eine verschiedene rechtliche Behandlung rechtfertigen. Zu berücksichtigen ist, dass die Betriebsbedingtheit des Wegs zur Toilette vom BSG auf zwei Aspekte gestützt wurde, nämlich einerseits die Notwendigkeit des Toilettengangs zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit, die auch hier zutrifft, sowie andererseits die Betriebsbezogenheit des Weges. Insoweit bestehen maßgebliche Unterschiede zwischen dem Weg zur Toilette innerhalb des Betriebs und im häuslichen Bereich beim Homeoffice. Vor dem Hintergrund der haftungsersetzenden Funktion der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. Spellbrink, a.a.O., S. 528) beruht die Versicherung auch bei an sich privaten Verrichtungen wie dem Gang zur Toilette auf dem Gedanken der Haftung des Arbeitgebers für die Mängel seiner Arbeitsgeräte und der Ausstattung des Arbeitsplatzes. Der Arbeitnehmer wechselt in die (auch räumliche) Sphäre des Arbeitgebers und damit in dessen Risikosphäre, weil er in einen fremden Betrieb und dessen räumliche und zeitliche Organisation eingegliedert ist. Dieser Gedanke greift aber nicht für das Homeoffice, jedenfalls nach Verlassen der eigentlichen Arbeitsstätte, also grundsätzlich des Arbeitszimmers (so das BSG im Urteil vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R; vgl. hier bereits aa). Im Homeoffice besteht keine räumliche oder zeitliche Eingliederung in einen Betrieb; mit Verlassen der Betriebsstätte begibt sich ein Versicherter vielmehr in seinen häuslichen Bereich und damit seine eigene Risikosphäre. Diese ist zudem der ansonsten im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung vorgesehenen Kontrolle und Prävention durch den Arbeitgeber entzogen (vgl. zu diesen Gedanken Spellbrink, a.a.O., S. 530). Auch das BSG hatte, wie oben bereits dargelegt, wiederholt ausgeführt, dass die betrieblichen Interessen dienende Arbeit in der Wohnung eines Versicherten dieser außerhalb des konkreten Arbeitszimmers oder -raums nicht den Charakter der häuslichen Lebenssphäre nimmt. Damit geht das Gericht davon aus, dass ein Toilettengang vom Homeoffice in eine im häuslichen Bereich liegende Toilette sowie der Rückweg nicht bereits deshalb unfallversichert ist, weil ein Versicherter - wie hier der Kläger - zu 100 % im Homeoffice arbeitet.

dd) Eine Betriebsbedingtheit des Wegs zur / Rückwegs von der Toilette ergibt sich hier nicht ausnahmsweise daraus, dass der Kläger - wie er selbst vorgetragen hatte - durch seine Epilepsie darauf angewiesen war, zu 100 % im Homeoffice zu arbeiten. Weitere Ermittlungen zur Epilepsie-Erkrankung beim Kläger waren daher nicht geboten.

Bei der Epilepsie des Klägers handelt es sich um keine Erkrankung, die mit der betrieblichen Tätigkeit in irgendeinem Zusammenhang steht (vgl. zu diesem Aspekt BSG Urteil vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R: Trinkbedürfnis war nicht betrieblich bedingt). Vor diesem Hintergrund kann auf die Argumentation unter cc) verwiesen werden.

4. Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt auch nicht durch die Wegeunfallversicherung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII geschützt, da dieser Versicherungsschutz erst mit dem Durchschreiten der Außentür des Hauses, in dem die Wohnung liegt, beginnt (vgl. BSG, Urteil vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R mwN).

Im Ergebnis handelte es sich mangels Versicherungsschutzes zum Unfallzeitpunkt bei dem Unfallereignis vom 04.11.2014 zur Überzeugung des Gerichts nicht um einen Arbeitsunfall iSv § 8 Abs. 1 SGB VII. Ein Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung des Bescheids vom 10.04.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.05.2017 gemäß § 44 SGB X und zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls besteht nicht. Die Klage war damit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache.




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