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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Fahrverbot, allgemeine Kriminalität, Reduzierung der Strafe

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Dortmund, Urt. v. 03.05.2019 - 767 Ls-800 Js 1003/18 -15/19

Leitsatz: Eine Fahrverbotsanordnung kann nach allgemeiner Kriminalität (hier: BtM-Delikte) dazu genutzt werden, ein nicht mehr bewährungsfähiges Strafmaß knapp über 2 Jahren Freiheitsstrafe zu vermeiden.


767 Ls-800 Js 1003/18 -15/19
Rechtskräftig seit 28.05.2019.

Amtsgericht Dortmund

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In der Strafsache

gegen pp.

wegen unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

hat das Amtsgericht - Schöffengericht - Dortmund
aufgrund der Hauptverhandlung vom 03.05.2019,
an der teilgenommen haben:


für Recht erkannt:

Der Angeklagte wird wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.

Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

Dem Angeklagten wird für die Dauer von drei Monaten verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine eigenen notwendigen Auslagen.

§§ 29 a Abs. I Nr. 2, 33 BtMG, 44, 53 StGB

Gründe:

Der Angeklagte ist in Deutschland geboren und aufgewachsen. Er ist das jüngste von sieben Kindern seiner Eltern. Er hat hier Kindergarten, Grundschule und Gesamtschule bis zum 10. Schuljahr besucht. Im Anschluss erwarb er ein Fachabitur auf einem Berufskolleg in A. Er hat ein Maschinenbaustudium begonnen, pausiert hierbei jedoch, da er derzeit einer Vollzeittätigkeit in einem Callcenter nachgeht und monatlich etwa 1.200,00 EURO netto hierdurch verdient. Der Angeklagte will nämlich heiraten und deshalb Geld verdienen. Die zukünftige Ehefrau des Angeklagten nahm an der Hauptverhandlung teil.

Der Angeklagte ist strafrechtlich nicht vorbelastet.

Zur Sache hat das Gericht Folgendes feststellen können:

Der Angeklagte betrieb bis Ende Juni 2018 in Dortmund einen Kiosk unter der Anschrift B-Str. 1. Neben einem normalen Kiosk-Getränkeverkauf und Reisebedarfsverkauf wurde aus dem Kiosk auch heraus mit Marihuana gehandelt. Hierbei wurde der Angeklagte in mindestens einem Fall von dem gesondert verfolgten O beliefert. Von diesem erhielt er am 18.04.2018 eine Lieferung von mindestens 130 Gramm Marihuana, mit einer zu Gunsten des Angeklagten anzunehmenden THC-Konzentration von 10 % und damit 13 Gramm THC, das sich in einer Tüte mit dem Ausmaßen eines Basketballs befand. Der Angeklagte portionierte das Marihuana in den Geschäftsräumen des Kiosks und verkaufte es anschließend weiter.


Am 14.06.2018 belieferte der Angeklagte an derselben Örtlichkeit nun seinerseits den gesondert verfolgten C, der die Verkaufstätigkeiten - teilweise überwacht durch den Angeschuldigten - in der Folgezeit im Wesentlichen übernommen hatte, mit Marihuana in einer großen schwarzen Plastiktüte. Aus dieser heraus verkaufte der gesondert Verfolgte C dem gesondert verfolgten J Marihuana zum Preis von 50,00 €. Im Rahmen sich einer unmittelbar anschließenden Durchsuchung der Geschäftsräume konnten dort insgesamt 66,132 Gramm Marihuana mit einer Gesamtwirkstoffmenge von 11,2 Gramm THC aufgefunden und sichergestellt werden.

Der Angeklagte war insgesamt glaubhaft pauschal geständig.

Er erklärte jedoch angesichts noch nicht abgeschlossener Strafverfahren gegen die anderen am Handeltreiben beteiligten Personen, dass das Geständnis nicht die Namen der handelnden Personen mitumfasse.

Das Gericht hat das Geständnis überprüfen können und durch Zeugenaussagen bzw. Verlesungen von Urkunden ergänzen können.
Das Gericht hat zunächst den O als Zeugen vernommen.

Der O hat von seinem Aussageverweigerungsrecht zulässig Gebrauch gemacht.

Das Aussehen des Zeugen O konnte sich das Gericht jedoch einprägen und mit Lichtbildern, die im Rahmen der Observation des Kiosks am 18.04.2018 gefertigt wurden, abgleichen. Dort war O zu sehen. Der O war hier um 18:45 Uhr fotografiert worden und ferner um 18:48 Uhr. Dabei war um 18:45 Uhr zu sehen, wie der O nach Verlassen eines Taxis mit einer Tüte in der Hand den Kiosk betritt und um 18:48 Uhr ohne die zuvor mitgebrachte Papiertüte den Kiosk verlässt.

Das Gericht hat die beiden entsprechenden Vermerke der Polizei über die Observationen für den Zeitraum 18:45 Uhr und für den Zeitraum 18:48 Uhr urkundsbeweislich als Ermittlungshandlung gemäß § 256 Abs. I Nr. 5 StPO verlesen können.
Aus dem Vermerk um 18:45 Uhr ergab sich, dass der O sich mit einem
Taxi für die Polizei sichtbar zum Kiosk bringen ließ und dabei in der Hand eine große Papiertüte der Firma R hielt. In dem Polizeivermerk konnte die Kleidung und Frisur des Zeugen O, die sehr markant war, u.a. ein markanter breiter Zopf, festgestellt werden, den der Zeuge O auch noch im Rahmen der Hauptverhandlung trug. Der Zeuge O betrat dann nach Feststellung der Polizei den Kiosk und blieb in dem Kiosk gemeinsam mit dem Angeklagten und gefolgt von dem gesondert verfolgten D.
Für 18:48 Uhr findet sich ein Vermerk hinsichtlich der Observation der lautet:

„O verlässt den Kiosk ohne die zuvor mitgebrachte Papier-Tüte...“.


Hinsichtlich der zweiten Tat hat das Gericht den Durchsuchungsbericht vom Tattage verlesen können, der die Beschlagnahme der genannten Betäubungsmittel im Kiosk wiedergab. Das Gericht hat zudem ein Sachverständigengutachten (Behördengutachten) des Landeskriminalamtes NRW vom 02.07.2018 verlesen können, das hinsichtlich der sichergestellten Betäubungsmittelmenge von 66,132 Gramm Marihuana für die verschiedenen sichergestellten Portionen Wirkstoffgehalte zwischen 14,7 % und 18,1 % feststellen konnte und eine Gesamtwirkstoffmenge von 11,2 Gramm THC.
Angesichts dieser festzustellenden hohen Menge bzw. THC-Konzentrationen des von dem Angeklagten bei der zweiten Tat verkauften Betäubungsmittels ist das Gericht im Zweifel zu Gunsten des Angeklagten für die erste Tat von einer lediglich 10 %igen Konzentration ausgegangen.

Was die zweite Tat anging, so konnte das Gericht noch den Zeugen J vernehmen, der bestätigte, am 14.06.2018 für sich für 50,00 EURO Betäubungsmittel bei dem Angeklagten in dessen Kiosk gekauft zu haben. Der Zeuge J erklärte, er erkenne den Angeklagten wieder. Der Angeklagte habe damals längere Haare gehabt.

Das Gericht hat insoweit eine polizeiliche Wahllichtbildvorlage in Augenschein genommen und die entsprechenden Ermittlungshandlungen hierbei urkundsbeweislich verlesen. Hier war festzustellen, dass der Zeuge J, wie er auch im Rahmen der Hauptverhandlung persönlich bestätigte, den Angeklagten ebenso wiedererkannt hat, wie auch den Zeugen C, der am Tattage der zweiten Tat vor Ort im Kiosk zugegen war. Im Übrigen erklärte der Zeuge J, der von seinem geistigen Zustand einen etwas verwirrten Eindruck machte, dass er dem Kiosk bereits längere Zeit selbst beobachtet habe und das Handeltreiben des Angeklagten und seiner Mittäter dort beobachtet habe. Er selber sei nämlich „V-Mann“ der Polizei, werde jedoch von der Polizei nicht bezahlt und sei auch nicht offiziell dort angestellt.

Dementsprechend war der Angeklagte wegen zweifachen Handelstreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach §§ 29 a Abs. I Nr. 2 BtMG, 53 StGB zu bestrafen.

Der Angeklagte hat einer außergerichtlichen Einziehung der sichergestellten Betäubungsmittel zugestimmt, so dass eine Einziehungsentscheidung nicht veranlasst war, sondern vielmehr die Zustimmung erheblich strafmildernd in die Strafzumessung einzustellen war. Ansonsten war hinsichtlich der Strafzumessung von dem gesetzlichen Strafrahmen von einem Jahr Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe auszugehen.
Das Gericht hat trotz aller nachfolgend geschilderter strafmildernder Umstände die Annahme eines minderschweren Falles hier ausgeschieden, da die Umstände des Verkaufes der Betäubungsmittel aus einem als Tarnung genutzten Geschäft durchaus dergestalt ausgestaltet waren, dass ausschließlich der Regelstrafrahmen dem Gericht für richtig erschien.

Strafmildernd hat das Gericht neben der Zustimmung zur außergerichtlichen Einziehung das Geständnis des Angeklagten gewertet, die Tatsache, dass es sich bei den fraglichen Drogen um lediglich „weiche“ Drogen handelte und schließlich auch, dass der Angeklagte bislang nicht strafrechtlich vorbelastet war.

Die Mehrfachtat und das deutliche Überschreiten der nicht geringe Menge, wenn auch nicht um ein Vielfaches, musste sich geringfügig strafschärfend auswirken, so dass das Gericht mit den Einzelstrafen jeweils am unteren Bereich des Strafrahmens bleiben konnte und unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände für die erste Tat eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten und für die zweite Tat eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet hat.

Aus diesen beiden Strafen war unter Zugrundelegung der höheren Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten als sogenannte Einsatzstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden, die das Gericht unter erneuter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände auf ein Jahr und sechs Monate bemessen hat.

Das Gericht ist insoweit nicht dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt, eine Freiheitsstrafe knapp über zwei Jahren festzusetzen, sondern hat vielmehr gemäß § 44 StGB die Verhängung eines unmittelbar wirkenden Fahrverbotes von drei Monaten zur Einwirkung auf den Täter für erforderlich erachtet, zumal hierdurch nach Ansicht des Gerichtes in jedem Falle die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe vermieden werden konnte, so dass die Voraussetzungen des § 44 Abs. I Satz 2 StGB gegeben sind. Was Grund und Länge des festgesetzten Fahrverbotes angeht, so hat sich das Gericht weiterhin von den o.g. strafschärfenden und strafmildernden Gesichtspunkten leiten lassen. Somit konnten nicht nur die nach § 56 Abs. 1 StGB nötige positive Prognose, sondern auch die besonderen tat- und täterbezogenen Umstände des § 56 Abs. 2 StGB bejaht werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO.


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Anmerkung:


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