Gericht / Entscheidungsdatum: AG Ludwigslust, Urt. v. 22.08.2018 - 44 C 41/18
Leitsatz: Eine Leasinggesellschaft hat bei einfach gelagerten Sachverhalten keinen Anspruch auf Ausgleich von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.
44 C 41/18
Amtsgericht Ludwigslust
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit pp.
hat das Amtsgericht Ludwigslust durch den Richter am Amtsgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.08.2018 für Recht erkannt:
I. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
III. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Der Streitwert wird auf 1.141,90 fesfgetSetzt.
Tatbestand
Die Klägerin macht mit der Klage Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, bei welchem ihr Leasingfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen pp. am 23.. Juni 2016 von dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen pp. beschädigt worden ist. Der Schaden ereignete sich in Flau am See.
Der Fahrer des Leasingfahrzeugs hatte an der Kreuzung B 192/B 103 verkehrsbedingt anhalten müssen. Der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Lkw fuhr aus Unachtsamkeit von hinten auf das stehende Leasingfahrzeug auf und verursachte dort einen erheblichen Sachschaden.
Die Beklagte lehnte die Übernahme der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren ab.
Die Klägerin trägt vor:
Die Auffassung, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Rechtsverfol-gung habe, sei unzutreffend.
Die Kosten der Rechtsverfolgung seien im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs aus unerlaubter Handlung/Gefährdungshaftung gemäß § 823 BGB bzw. §§ 7 Abs. 1, 17 StVG in Verbindung mit § 115 Nr. 1 WG und § 249 BGB. bei einem Verkehrsunfall grundsätzlich immer erstattungsfähig. Allenfalls bei gänzlich einfach gelagerten Sachverhalten könne die Einschaltung eines Anwalts als nicht erforderlich betrachtet werden.
Bei einem Verkehrsunfall zwischen zwei Kraftfahrzeugen werde davon ausgegangen, dass es sich bereits wegen der Frage einer etwaig mitwirkenden Betriebsgefahr niemals um einen solch gänzlich einfach gelagerten Sachverhalt handeln könne.
Die Klägerin könne vorliegend Zahlung an sich verlangen, auch wenn sie die Gebühren noch nicht an ihre Prozessbevollmächtigten gezahlt habe, da die Beklagte die Erstattung der Rechts-anwaltsgebühren mit Schreiben vom 15. Januar 2018 ernsthaft und endgültig verweigert habe.
Abzustellen sei auf die Sicht "ex ante". Nach Eingang der Unfallmeldung sei es auch für eine Leasingfirma kaum möglich abzuschätzen, ob eine Schadensquotelung in Betracht kommen könne.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.141,90 Rechtsanwaltsgebühren nebst jährlichen Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hierauf seit dem 4. November 2016 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen,
Die Beklagte trägt vor:
Die Klägerin als Leasingsgesellschaft könne als Schadensersatz keine Kosten für die außergerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts geltend machen, da nach aktueller Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt weltweit agierende Leasingunternehmen keine Rechtsanwälte für ihre außergerichtliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen einsetzen dürften. Dies gelte insbesondere bei einfach gelagerten Sachverhalten.
Es handele sich vorliegend um einen äußerst einfach gelagerten Fall. Vorliegend habe der Pro-zessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 den Anspruch dem Grunde nach für den Totalschaden des Geschädigtenfahrzeugs angemeldet. Dabei habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin fehlerhaft einen Bruttobetrag für die Mietwagenkosten der vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten geltend gemacht. Daraufhin habe die Beklagte mit Schreiben vom 21. Oktober 2016 und 8. November 2016 eine Regulierung des vollständigen Wiederbeschaffungswerts (abzüglich Restwert), der vollständigen Sachverständigenkosten sowie erforderlichen Nebenkostenpauschale vorgenommen. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2016 seien dann die Mietwagenkosten in voller Höhe entschädigt worden, nachdem die Aktivlegitimation nachgewiesen worden sei. Die. Standgebühren seien pauschal in Höhe von 150 ersetzt worden, da die Geschädigte massiv gegen ihre .Schadensminderungspflicht verstoßen habe, da 69 Tage Standgeld berechnet worden seien, obwohl ein Totalschaden vorgelegen habe.
Der Einschaltung eines Anwaltsbüros zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche habe. es nicht bedurft, da die Klägerin eine überörtlich agierender Leasinggesellschaft mit eigener Schadenabteilung sei. Die Schadenabteilung sei darauf spezialisiert, für die Klägerin die Schadenfälle in eigener Sache abzuwickeln.
Eine Leasinggesellschaft habe bei einfach gelagerten Sachverhalten keinen Anspruch auf Ausgleich von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren. Ein Rechtsanwalt könne nur dann eingesetzt werden, wenn der Versicherer Einwände gegen eine Haftung erkennen lasse, der Geschädigte geschäftlich und gewandt sei oder die Regulierung sich unverhältnismäßig verzögere. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben.
Was die Schadenhöhe angehe, so sei lediglich eine 1,0-Geschäftsgebühr angemessen bei einer Unfallregulierung, die einfach gelagert sei. Dies gelte auch; wenn die Haftungsfrage unstreitig sei, die Bezifferung keine besonderen Schwierigkeiten aufweise und die Regulierung alsbald erfolge.
Wegen des Vortrags der Parteien im Übrigen wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte als Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs, welches das Schadensereignis verursacht hat, nach §§ 823 BGB, 7 Abs. 1, 17 StVG, § 115 Nr. 1 VVG zu 100 % für den Schaden einzustehen hat.
Jedoch kann die Klägerin gegenüber der Beklagten gem. §§ 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, 115 VVG nur die Kosten ersetzt verlangen, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Recht erforderlich und zweckmäßig waren, § 249 BGB. Daher scheidet in einem Schadensfall die Erstattung der gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren dann aus, wenn bei einer ex ante Betrachtung die Tätigkeit des Rechtsanwalts aus Sicht des Geschädigten nicht erforderlich oder nicht zweckmäßig ist.
Die Klägerin wird nicht bestreiten können, dass sie als Leasinggeberin entsprechend geschäfts-gewandt ist, um mit der relativ einfachen Situation, wie sie der vorliegende Fall darstellt, fertig zu werden (AG München Schaden-Praxis 2006, 116 f.). Denn als Leasinggeberin ist sie regelmäßig mit der Regulierung von Verkehrsunfällen befasst.
Nach dem unstreitigen Sachverhalt war der Hergang des Unfalls gerade nicht im Streit, der sich dadurch ereignete, dass der Fahrer des bei der Beklagten versicherten LKW aus Unachtsamkeit von hinten auf das stehende Leasingfahrzeug der Klägerin auffuhr, welches an der Kreuzung B 192 1B 103 in Neu verkehrsbedingt hatte anhalten müssen.
Derartige Auffahrunfälle werden in der Rechtsprechung (vgl. LG Frankfurt NZV 2013, 87 f.) als ein-fache Fälle eingeordnet. Nach Auffassung des Gerichts ist diese Einordnung vorliegend jedenfalls deshalb gerechtfertigt, weil es sich bei der Klägerin um eine Leasinggesellschaft eines Autoherstellers handelt.
Bei dieser Sachlage mußte das Gericht der Klage den Erfolg versagen mit der Folge, daß die Kla-gepartei die Kosten gemäß § 91 ZPO zu tragen hat.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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