Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Urt. v. 05.11.2018 (2) 161 Ss 33/18 (5/18)
Leitsatz: 1. Gewerbsmäßig im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Fall 1 StGB handelt nicht nur derjenige, dessen Tat auf den Erhalt von Geld gerichtet ist, sondern auch der, der andere Güter erlangen will, um sich so Kosten für deren Erwerb zu ersparen.
2. Die Feststellung des Amtsgerichts, der Angeklagte sei betäubungsmittelabhängig im Sinne des § 17 Abs. 2 BZRG, ist nicht Teil des Schuldspruchs. Daher ist das Berufungsgericht auch bei einer Beschränkung des Rechtsmittels auf den Strafausspruch nicht gehindert, zu einer etwaigen Betäubungsmittelabhängigkeit eigene und vom Urteil des Amtsgerichts abweichende Feststellungen zu treffen.
Geschäftsnummer:
(2) 161 Ss 33/18 (5/18)
In der Strafsache
gegen pp.
wegen Betruges u.a.
hat der 2. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin aufgrund der Hauptverhandlung vom 5. November 2018, an der teilgenommen haben:
für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 23. November 2017 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben:
a) im Fall 7
b) in den Gesamtstrafenaussprüchen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entschei-dung auch über die Kosten der Revision an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Tiergarten erweitertes Schöffengericht verhängte mit Urteil vom 7. Juni 2017 gegen den Angeklagten wegen Betruges in neun Fällen und wegen Un-terschlagung eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Zu-gleich verurteilte das Amtsgericht den Angeklagten im Adhäsionsverfahren zu einer Zahlung von 545,00 Euro nebst Zinsen.
Zu den Tathandlungen hat das erweiterte Schöffengericht unter anderem Folgendes festgestellt (UA S. 4-6):
In den Jahren 2014 und 2015 konsumierte der Angeklagte täglich 2-3 Gramm Can-nabis sowie an jedem zweiten Abend Kokain.
Tat 1
Am 07. März 2014 veräußerte der Zeuge W. in Berlin an den Angeklagten ein Fahr-zeug Audi A3 mit dem amtlichen Kennzeichen
) zu einem Kaufpreis von 3000,00 EUR zahlbar in 6 Raten. Der Zeuge übergab das Fahrzeug am Tattag an den Ange-klagten, der dieses in der vorgefassten Absicht vereinnahmte, die vereinbarten Ra-ten nicht zu leisten. Im Jahr 2015 verkaufte der Angeklagte das Fahrzeug weiter, ohne eine einzige Rate an den vorherigen Verkäufer geleistet zu haben.
Tat 2
Unter dem 01. Januar 2015 schloss der Angeklagte mit dem Zeugen P. einen Miet-vertrag für den Zeitraum 01. Januar 2015 bis 31. März 2015 über möblierte Räume
in 10437 Berlin zu einem monatlichen Mietzins von 750,00 EUR ab. Noch vor Ablauf der Mietzeit verließ der Angeklagte die Mieträume, ohne, wie es seiner vorge-fassten Absicht entsprach, auch nur eine der fälligen Mietzinszahlungen zu leisten.
Tat 3
Am 17. März 2015 bestellte der Angeklagte unter missbräuchlicher Verwendung der Personalien X bei der Internetfirma Fashion ID GmbH Bekleidung (Boss Pullover, Boss Schuhe, Michael Kors und Armani Tasche) im Wert von 984,55 EUR. Am 19. März 2015 vereinnahmte der Angeklagte die Waren in der vorgefassten Absicht, diese nicht zu bezahlen.
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Tat 7
Am 04. April 2015 veräußerte der Angeklagte dem Zeugen H. ein Apple IPhone 6 für 350 EUR, welches der Zeuge
bar bezahlte. Tatsächlich handelte es sich bei dem Telefon um ein Falsifikat, was der Angeklagte auch wusste, gegenüber dem Zeugen aber verheimlichte, um den Kaufpreis zu erlangen und für sich zu behalten.
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Der Angeklagte handelte bei den Taten 1 bis 9 in der Absicht, sich eine Einnahme-quelle von einigem Umfang und einiger Dauer vor allem zur Finanzierung seiner Ko-kain- und Cannabisabhängigkeit zu verschaffen.
Seine gegen das amtsgerichtliche Urteil gerichtete Berufung hat der Angeklagte auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Die Adhäsionsentscheidung hat er von sei-nem Rechtsmittel ausgenommen.
Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Berlin das Urteil des Amtsge-richts Tiergarten mit Ausnahme der Entscheidung über den Adhäsionsantrag und der dazugehörigen Kostenentscheidung (im Rechtsfolgenausspruch) aufgehoben und den Angeklagten wegen Betruges in neun Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Bremervörde vom 28. Oktober 2015
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt. Ferner hat es gegen den Angeklagten wegen Unterschlagung unter Auflösung der nachträglich ge-bildeten Gesamtstrafe aus dem Beschluss des Amtsgerichts Stade vom 18. Oktober 2016
und unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsge-richts Wuppertal vom 15. Januar 2016
und des Urteils des Amtsgerichts Stade vom 20. Juni 2016
eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verhängt.
Mit der hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts.
II.
Das Rechtsmittel hat im tenorierten Umfang in der Sache (vorläufigen) Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.
1. Zur Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch hat die Generalstaatsanwaltschaft zunächst Folgendes ausgeführt:
Die bereits von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Wirksamkeit der Beru-fungsbeschränkung (vgl. KG, Urteil vom 12.06.2002 (5) 1 Ss 37/02 (9/02) ) ergibt, dass die Berufung des Angeklagten mit Ausnahme der Tat zu 7) in zulässiger Weise auf die Anfechtung des Rechtsfolgenausspruches beschränkt worden ist, wo-bei rechtlich wirksam die Entscheidung des Amtsgerichts über den Adhäsionsan-spruch nicht angefochten ist und damit der Prüfung durch das Revisionsgericht nicht unterliegt.
Eine Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist unwirksam, wenn die den Schuldspruch betreffenden Feststellungen unzureichend, unklar oder widersprüchlich sind und deshalb eine Beurteilung des Tatgeschehens und des Unrechtsgehalts der Tat nicht ermöglichen. Bei einer Verurteilung wegen Betruges müssen Feststellungen zur (Mindest-) Schadenshöhe getroffen worden sein, damit eine Berufungsbeschrän-kung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam erklärt werden kann. Für die Feststel-lung eines Vermögensschadens im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB bedarf es einer Gesamtsaldierung; ein Vermögensschaden ist zu bejahen, wenn die Vermögensver-fügung des Getäuschten unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts seines Vermögens führt (vgl. KG, Be-schluss vom 20. Januar 2016 (5) 161 Ss 245/15 (61/15) ).
Hinsichtlich der Tat zu 7) ermöglichen die Feststellungen des Amtsgerichts zum Vor-wurf des Betruges nicht die rechtliche Prüfung des Rechtsfolgenausspruchs. Das Amtsgericht hat lediglich festgestellt, dass der Angeklagte am 4. April 2015 dem Zeugen Hanke ein Apple iPhone6 für 350 bar veräußerte. Bei dem Telefon handel-te es sich um ein Falsifikat, was der Angeklagte wusste, gegenüber dem Zeugen aber verheimlichte, um den Kaufpreis zu erlangen und für sich zu behalten. Den Ur-teilsgründen ist danach ein Vermögensschaden des Zeugen nicht zu entnehmen. Ein Vermögensschaden liegt nur dann vor, wenn bei einem Vergleich des Vermögens vor und nach der täuschungsbedingten Vermögensverfügung sich eine Minderung des Vermögenswertes ergibt. Für die Schadensbewertung ist dabei grundsätzlich die ob-jektive Sicht eines sachlichen Beurteilers maßgebend, die sich nicht an der Scha-densbewertung des Getäuschten, sondern an den Marktverhältnissen auszurichten hat. Für einen Vermögensschaden reicht es nicht aus, dass der Käufer ohne die Täuschung durch den Verkäufer den Vertrag nicht abgeschlossen hätte; denn durch den Betrugstatbestand wird lediglich das Vermögen, nicht aber die Verfügungsfreiheit geschützt. Sind bei objektiv-abstrakter Betrachtung Leistung und Gegenleistung gleichwertig, kann ein Schaden im Sinne des Betrugstatbestandes nur vorliegen, wenn die Leistung, die der Täuschende erbringt, nach der Beurteilung eines sach-kundigen, objektiven Beobachters für den Getäuschten nicht oder nicht in vollem Um-fang zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck brauchbar ist und er sie auch nicht in anderer zumutbarer Weise verwenden kann (vgl. BayObLG in NJW 1987, 2452; BGH, Beschluss vom 16. August 1961 4 StR 166/61 , juris). Ob das von dem Zeugen H. erworbene Falsifikat für den Zeugen nutzlos war und ob es gemessen an den tatsächlichen Kaufpreis minderwertig war, geht aus den Urteilsfeststellun-gen nicht hervor.
Der Senat macht sich diese zutreffenden Ausführungen zu Eigen. Die Aufhebung der Verurteilung wegen der Tat 7 zieht die Aufhebung der ersten vom Landgericht gebil-deten Gesamtfreiheitsstrafe (ein Jahr und sieben Monate) nach sich.
2. Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft ist es jedoch rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Berufungskammer auf der Grundlage der rechtskräf-tigen Feststellungen des Amtsgerichts hinsichtlich der Taten 1, 2 und 3 die Voraus-setzungen gewerbsmäßigen Handelns im Sinne des § 263 Abs. 3 StGB angenom-men hat.
Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch die wiederholte Begehung von Betrugstaten eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen will (vgl. BGH NStZ 2004, 265, 266; Sternberg-Lieben/Bosch in Schönke/Schröder, StGB 29. Aufl., vor § 52, Rn. 95 mwN; v. Heintschel-Heinegg in BeckOK-StGB, Stand 1. August 2018, § 263, Rn. 102). Dies setzt jedoch nicht voraus, dass die Taten aus-schließlich auf den Erhalt von Geldzahlungen abzielen. Eine Einnahmequelle kann sich auch verschaffen, wer wiederholt in strafrechtlich relevanter Weise erlangte Gü-ter für sich verwendet, um sich so die Kosten für deren Erwerb zu ersparen (vgl. BGH NStZ 2015, 396 mwN). Nach diesen Maßstäben bieten die durchaus knap-pen Feststellungen zu den Absichten und Zielen des Angeklagten bei verständiger Würdigung des Gesamtzusammenhangs auch in den drei genannten Fällen eine hin-reichende tatsächliche Grundlage für die Annahme eines gewerbsmäßigen Handelns. Der Angeklagte erstrebte insoweit jeweils geldwerte Vorteile, die er anderenfalls aus laufenden Einnahmen hätte finanzieren müssen. Dem steht auch nicht entgegen, dass das Amtsgericht festgestellt hat, der Angeklagte habe sich die Einnahmequelle vor allem zur Finanzierung seiner Kokain- und Cannabisabhängigkeit verschaffen wollen. Dies ergibt sich bereits aus der Einschränkung vor allem, die andere Ver-wendungszwecke offenlässt. Insbesondere aber kommt es hinsichtlich der die Ge-werbsmäßigkeit begründenden subjektiven Haltung des Täters ausschließlich darauf an, dass er eine nicht unerhebliche Einnahmequelle anstrebt. Für die Erfüllung des Regelbeispiels unmaßgeblich ist demgegenüber, wofür der Täter die so erzielten Einnahmen verwenden will.
3. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Landgericht abweichend vom Urteil des Amts-gerichts festgestellt, dass der Angeklagte allenfalls regelmäßig Cannabis [und nicht zusätzlich Kokain] konsumiert hat, ohne dass dies zu einer psychischen oder gar körperlichen Abhängigkeit
geführt hätte (UA S. 18) und auch insoweit ab-weichend vom Erstgericht die Taten nicht aufgrund einer Betäubungsmittelabhän-gigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 BZRG begangen hat (UA S. 22).
Diese abweichende Feststellung und Bewertung verstößt entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht gegen das Verschlechterungsverbot des § 331 Abs. 1 StPO. Denn dieses ist allein auf die im Urteil angeordneten Rechtsfolgen der Tat beschränkt, betrifft mithin nur die im Urteilstenor vorgesehenen Rechtsfolgen. Dazu zählen ausschließlich die nach dem Dritten Abschnitt des StGB (§§ 38 ff. StGB) aus Anlass einer rechtswidrigen Tat zu verhängenden Rechtsfolgen (Strafe mit Nebenfolgen, Maßregeln und Einziehung) und die im JGG geregelten jugend-rechtlichen Rechtsfolgen (§§ 5-32, 57-66 JGG). Neben einer Gesamtstrafe unterfal-len auch die Einzelstrafen dem Verschlechterungsverbot (vgl. MüKoStPO/Quentin, 1. Aufl. § 331 Rn. 10). Vorliegend wendet sich der Beschwerdeführer jedoch insoweit nicht gegen die vom Landgericht verhängten Freiheitsstrafen, sondern allein gegen in den Urteilsgründen enthaltene Feststellungen und die darauf beruhende Wertung, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BZRG nicht vorliegen, welcher im Übri-gen zunächst einmal nur registerrechtliche Folgen hat.
Ebenso wenig hat das Berufungsgericht dabei die durch eine wirksame Strafmaßberufung eingetretene Bindungswirkung verkannt, was der Senat ohnehin von Amts wegen zu prüfen hat (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 327 Rn. 9). Da bei wirksamer Berufungsbeschränkung über den Prozessgegenstand nicht mehr in einem, sondern in zwei nacheinander ergehenden Urteilen entschieden wird, die nur dann als einheitliche Sachentscheidung gelten können, wenn sie in jeder Hinsicht widerspruchsfrei sind, ist das Berufungsgericht an die unabänderlich (teilrechtskräftig) gewordenen Feststellungen und Wertungen im Ersturteil gebunden. Deshalb ist es dem Richter der zweiten Instanz untersagt, in Bezug auf den Gegenstand des Berufungsangriffes Feststellungen zu treffen oder Bewertungen vorzunehmen, die mit den Feststellungen oder Wertungen des Erstgerichts zu dem in Teilrechtskraft erwachsenen Teil des Prozessgegenstandes unvereinbar sind (vgl. MüKoStPO/Quentin, 1. Aufl. § 318 Rn. 21).
Bei einer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufung sind vor allem sol-che Umstände der Sachverhaltsdarstellung bindend, die die gesetzlichen Merkmale der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat ausfüllen (vgl. BGHSt 30, 340, 343 = NJW 1982, 1295). Darüber hinaus gehören zum Schuldspruch aber auch jene Teile der Sachverhaltsschilderung, die das Tatgeschehen im Sinne eines geschichtlichen Vorgangs näher beschreiben (vgl. BGH NJW 2017, 2847, 2848, Rn. 17 zur Ge-werbsmäßigkeit); BGHSt 30, aaO, mwN; BGH NJW 1981, 589, 590). Hierzu zählen insbesondere solche Umstände, die der Tatausführung jenseits der allgemeinen De-liktsmerkmale ein entscheidendes Gepräge geben (vgl. KG, Beschluss vom 8. No-vember 2010 (4) 1 Ss 442/10 (217/10) ; Paul in KK-StPO 7. Aufl., § 318 Rn. 9). Angesichts der Vielzahl von Fallgestaltungen lässt sich dabei keine allgemeingültige Trennlinie ziehen. So betont auch der BGH, dass der Umfang der Bindungswirkung immer eine Frage des Einzelfalles sei (vgl. jeweils mwN: BGHSt 29, 359; NJW 2017, 2847 Rn. 16; NStZ 1981, 448).
Immerhin ist anerkannt, dass bei der Schuldfähigkeit gemäß § 20 StGB die maßgeb-lichen Feststellungen in einem untrennbaren Zusammenhang zum Schuldspruch ste-hen, während die Feststellungen, die der Annahme einer nur verminderten Schuldfä-higkeit nach § 21 StGB zugrunde liegen, der Straffrage zuzurechnen sind (vgl. BGH NJW 2017, 2847 Rn. 16; StraFo 2017, 160; NStZ 1981, 448; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 318 Rn. 15 mwN). Zwar sind auch letztere solche, die zu der Tat im Sinne der §§ 155, 264 StPO im Zusammenhang stehen. Sie sind aber, wie auch der BGH hervorgehoben hat (vgl. NJW 2017, 2847 Rn. 18; StraFo 2017, 160 mwN), vom Schuldspruch widerspruchsfrei trennbar. Eine vom Ausgangsurteil abweichende Beurteilung der Voraussetzungen des § 21 StGB würde die Tat nicht zu einer ande-ren umschreiben (vgl. BGH a.a.O.). Nichts anderes kann aber dann gelten, wenn in der Person eines Angeklagten liegende schuldmindernde Umstände (wie hier ein re-gelmäßiger Drogenkonsum) grundsätzlich geeignet sind, die Voraussetzungen des § 21 StGB zu erfüllen, letztlich aber nicht von solchem Gewicht sind, um schon von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit ausgehen zu können. Für die Frage der Unterscheidung von schuld- und strafbarkeitsrelevanten Feststellungen ist es jen-seits des Anwendungsbereiches des § 20 StGB , daher ohne Relevanz, ob die Schuldfähigkeit des Angeklagten bei der Tat (nur) vermindert oder (schon) erheblich vermindert war.
Hiernach ist die Berufungskammer rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Angeklagte im Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Taten allenfalls regelmäßig Cannabis konsumiert habe, ohne dass dies zu einer psychischen oder gar körperli-chen Abhängigkeit geführt hätte und daran anknüpfend die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BZRG nicht vorlagen.
4. Auch die Verurteilung des Angeklagten hinsichtlich der Unterschlagung vom 16. November 2015 (Tat 10) lässt keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen. Die Revision ist insoweit unbegründet.
5. Indes kann die, aus der Einzelstrafe für diese Tat (Tat 10) und den Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Wuppertal vom 15. Januar 2016 und aus dem Urteil des Amtsgerichts Stade vom 20. Juni 2016 gebildete Gesamtstrafe keinen Be-stand haben.
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass dem Strafbefehl des Amts-gerichts Bremervörde vom 28. Oktober 2015 nach Vollstreckungserledigung der Strafen früherer Vorverurteilungen eine Zäsurwirkung zukommt. Gesamtstrafenfähig mit der Entscheidung sind alle vor dieser Vorverurteilung begangenen Taten. Daher hätten nach Auflösung der nachträglich gebildeten Gesamtstrafe aus dem Beschluss des Amtsgerichts Stade vom 18. Oktober 2016 die Einzelstrafen aus dem Strafbe-fehl des Amtsgerichts Wuppertal vom 15. Januar 2016 (Tatzeit: 26. Oktober 2015) und dem Urteil des Amtsgerichts Stade vom 20. Juni 2016 (Tatzeitraum: 24. August 2014 bis 15. September 2015) in die Gesamtstrafenentscheidung hinsichtlich der Taten 1-9 und nicht in eine weitere zu bildende Gesamtstrafe einbezogen werden müssen.
Inwieweit aus der Einzelstrafe für die Unterschlagung (Tat 10) und der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Lüneburg vom 24. Oktober 2017 (Tatzeit: 25. Februar 2017) eine weitere Gesamtstrafe zu bilden ist, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, weil Feststellungen zum Vollstreckungsstand der Vorverurteilung fehlen.
Die weitere Gesamtfreiheitsstrafe war daher ebenfalls aufzuheben.
6. Im Umfang der Aufhebung verweist der Senat die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revision an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurück (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Einsender: RiKG K. P. Hanschke, Berlin
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