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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Waffengleichheit, mehrere Angeklagte

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Duisburg, Beschl. v. 15.01.2019 - 31 Qs-119 Js 173/17-96/18

Leitsatz: Der bloße Umstand, dass ein Mitangeklagter einen Verteidiger hat, begründet die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO für sich allein nicht. In besonderen Konstellationen kann aber aus Gründen der Waffengleichheit die Beiordnung eines Pflichtverteidigers geboten sein, wenn der Mitangeklagte anwaltlich verteidigt wird.


Landgericht Duisburg
Beschluss

In der Strafsache
gegen pp.

Verteidiger: Rechtsanwalt Timo Scharmann, Zweigertstraße 50, 45130 Essen

hat die 1. große Strafkammer des Landgerichts Duisburg auf die Beschwerde der Angeklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dinslaken vom 24.10.2018 - Az: 3 Ds 586/17 - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, die Richterin am Landgericht und den Richter am Landgericht am 15.01.2019 beschlossen:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts Dinslaken vom 24 10.2018 aufgehoben. Der Angeklagten wird Rechtsanwalt pp. als Pflichtverteidiger bestellt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin trägt die Staatskasse.

Gründe

Die Beschwerde der Angeklagten pp. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dinslaken vom 24.10.2018, mit dem ihr Antrag auf Bestellung von Rechtsanwalt pp. als Pflichtverteidiger zurückgewiesen wurde, ist zulässig und begründet.

Der Beschwerdeführerin war gemäß § 140 Abs. 2 StPO ein Pflichtverteidiger beizuordnen.

Zwar begründet der bloße Umstand, dass ein Mitangeklagter einen Verteidiger hat, die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO für sich allein nicht (KK-StPO/Laufhütte/Willnow, 7. Auflage 2013, § 140 Rn. 22 m. w. N., beck-online; OLG Köln, Beschluss vom 20.06.2012, 2 Ws 466/12, NStZ-RR 2012, 351, beck-online). In besonderen Konstellationen kann aber aus Gründen der Waffengleichheit die Beiordnung eines Pflichtverteidigers geboten sein, wenn der Mitangeklagte anwaltlich verteidigt wird, so etwa wenn die Angeklagten sich gegenseitig belasten bzw. die Möglichkeit gegenseitiger Belastungen besteht (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Auflage, § 140 Rn. 31 m. w. N.; OLG Köln, Beschluss vom 20.06.2012, 2 Ws 466/12, NStZ-RR 2012, 351, beck-online; MüKo-StPO/Thomas/Kämpfer, 1. Auflage 2014, § 140 Rn. 48, beck-online). In einem solchen Fall befände sich der unverteidigte Mitangeklagte dem anderen Mitangeklagten gegenüber in einer strukturellen Unterlegenheit, die es auszugleichen gilt.

So liegt der Fall hier. Die beiden Angeklagten werden jeweils beschuldigt, einen Betrug begangen zu haben, indem sie je zwei Verrechnungsschecks zur Gutschrift auf ihr Konto bei der Postbank eingereicht haben sollen, die sie als Begünstigte und das Konto der Finanzverwaltung Dinslaken als bezogenes Konto auswiesen. Die Angeklagten haben sich bislang nicht zur Sache eingelassen. Da beide verheiratet sind und nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen Vollmacht für das Konto des jeweils anderen hatten, besteht jedenfalls die Möglichkeit, dass sie sich - sollten sie sich in der Hauptverhandlung einlassen - gegenseitig belasten könnten. Dem Angeklagten pp. ist ein Pflichtverteidiger bestellt worden. Die dadurch für die Beschwerdeführerin entstehende strukturelle Unterlegenheit war durch die Bestellung eines Pflichtverteidigers auch für sie auszugleichen. Die Beschwerdeführerin ist zwar derzeit nicht unverteidigt; sie hat einen Wahlverteidiger. Dies steht der beantragten Bestellung ihres bisherigen Wahlverteidigers als Pflichtverteidiger indes nicht entgegen. Voraussetzung einer Pflichtverteidigerbestellung ist zwar, dass der Angeklagte keinen Verteidiger hat. Ausreichend ist es insofern aber, wenn der Wahlverteidiger im Moment der Bestellung sein Wahlmandat niederlegt. In dem Beiordnungsantrag durch den bisherigen Wahlverteidiger kann die Ankündigung einer solchen Mandatsniederlegung gesehen werden (vgl. MüKo-StPO/Thomas/Kämpfer, a. a. 0., § 141 Rn. 4 m. w. N., beck-online).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO in entsprechender Anwendung.


Einsender: RA T. Scharrmann, Essen

Anmerkung:


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