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Entscheidungen

Gebühren

Deckungszusage, treuwidriges Verhalten der Rechtsschutzversicherung

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Köln, Urt. v. 04.06.2018 - 142 C 59/18

Leitsatz: Der Rechtsschutzversicherung ist es verwehrt, sich auf einen Anwaltsfehler wegen fehlender Erfolgsaussicht zu berufen, wenn sie in Kenntnis des Sach- und Streitstandes Deckungsschutz gewährt und damit einen Vertrauenstatbestand gemäß § 242 BGB geschaffen hat.


In pp.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteiles vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages geleistet haben.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von den Beklagten aus übergegangenem Recht ihres Versicherungsnehmers Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung.

Die Klägerin ist Rechtsschutzversicherer des Herrn B. S. (Versicherungsnehmer). Der Beklagte zu 2) ist Rechtsanwalt und als solcher bei der der Beklagten zu 1) tätig.

Der Versicherungsnehmer der Klägerin beauftragte die Beklagten nach seiner Entlassung im Jahre 2013 mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen. Die Beklagten vertraten den Versicherungsnehmer vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht in welchen sie jeweils unterlagen. In diesen Verfahren unterlag der Versicherungsnehmer. Wegen des Inhaltes der Entscheidungen wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 16.09.2015 - Az. 4 Ca 808/15 - (Bl. 18 ff d.A.) und des Landesarbeitsgerichts Köln vom 08.04.2016 - Az. 10 Sa 1021/15 - (Bl. 29 ff d.A.) verwiesen. Mit Schriftsatz vom 20.07.2016 bat der Beklagte zu 2.) um Deckungsschutz für eine Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht. Wegen des Inhaltes dieses Schriftsatzes wird auf Bl. 42 ff d.A. verwiesen. Die Klägerin erklärte sich mit Schreiben vom 27.07.2016 mit der Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde einverstanden. Die daraufhin mit Schriftsatz vom 28.07.2017 eingelegte und mit Schriftsatz vom 05.09.2016 begründete Nichtzulassungsbeschwerde wurde von dem BAG mit Beschluss vom 11.10.2016 als unzulässig verworfen (8 AZN 673/16). Die Klägerin verauslagte für sämtliche Instanzen die Rechtsverfolgungskosten. Die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht beliefen sich auf 2.790,20 Euro bestehend aus Gerichtskosten in Höhe von 468,80 Euro, eigenen Rechtsanwaltskosten des Beklagten in Höhe von 1.261,40 Euro und Kosten der Gegenseite in Höhe von 1.060,00 Euro.

Die Klägerin ist der Ansicht, die von den Beklagten erhobene Nichtzulassungsbeschwerde sei von Anfang an aussichtslos gewesen, da die Beklagten verkannt hätten, dass eine sogenannte Divergenzbeschwerde nicht mit einer unterschiedlichen Sachverhaltsbewertung zweier Landesarbeitsgerichte begründet werden könne. Diese Verkennung stelle eine anwaltliche Pflichtverletzung dar, so dass der Klägerin gegen die Beklagten aus übergegangenem Recht des Versicherungsnehmers ein Schadenersatzanspruch in Höhe der verauslagten Kosten von 2.790,20 Euro zustehe.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 2790,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem im jeweiligen Zeitraum gültigen Basiszinssatz seit dem 30.09.2017 zu zahlen.
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie zum Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten einen Betrag in Höhe von 334, 75 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 30.09.2017 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass die Klägerin dadurch, dass sie umfassend und vollständig über alle Umstände informiert gewesen sei, ihre Einstandspflicht hinsichtlich der Kostenübernahme nicht in Abrede stellen könne. Der Versicherungsnehmer und die Beklagten hätten auf die Deckungszusage der Klägerin vertrauen dürfen. Zudem sind die Beklagten der Ansicht, dass ein Anwaltsfehler nicht bestehe, da abstrakte, fallübergreifende Rechtssätze bezogen auf die Entscheidungen zweier Landesarbeitsgerichte herausgearbeitet worden seien.

Es wird weiter auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Regressanspruch auf Ersatz der Prozesskosten gemäß §§ 280, 611, 675 BGB in Verbindung mit § 86 VVG wegen fehlerhafter anwaltlicher Beratung.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Etwaige Ansprüche des Versicherungsnehmers aus dem mit der Beklagten zu 1.) gechlossenen Anwaltsvertrag auf Schadenersatz wegen einer Anwaltspflichtverletzung sind auf die Klägerin gemäss § 86 VVG übergegangen.

Übernimmt der Rechtsschutzversicherer für seinen Versicherungsnehmer die Kosten einer Rechtsverfolgung gehen gemäss § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG diesem gegen Dritte zustehende Ersatzansprüche auf ihn über. Hierzu gehören auch die Ansprüche, die dem Versicherungsnehmer aus einem anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag gegen seinen Anwalt wegen einer von diesen zu vertretenen Anwaltspflichtverletzung zustehen und auf Ersatz der Kosten der Rechtsverfolgung gerichtet sind.

Soweit daher dem Versicherungsnehmer wegen einer Anwaltspflichtverletzung im Zusammenhang mit der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde durch die Beklagten ein Anspruch gegen diese auf Schadenersatz zustehen sollte, ist dieser auf die Klägerin übergegangen, da sie sämtliche Gebühren und Kosten des Rechtsstreits vor dem Bundesarbeitsgericht getragen hat.

Der Inanspruchnahme der Beklagten aus einem auf die Klägerin übergegangenem Schadenersatzanspruch wegen Anwaltspflichtverletzung gemäss § 280, 281 BGB steht bereits dem Grunde nach entgegen, dass sich die Inanspruchnahme der Beklagten als treuwidrig erweist. Der Klägerin ist es verwehrt, sich auf einen Anwaltsfehler wegen fehlender Erfolgsaussicht zu berufen, da sie in Kenntnis des Sach- und Streitstandes vor Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde Deckungsschutz gewährte und damit einen Vertrauenstatbestand gemäss § 242 BGB schaffte.

Die Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung ist ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, durch welche ein Vertrauenstatbestand geschaffen wird. Durch sie werden Einwendungen und Einreden ausgeschlossen, die dem Rechtsschutzversicherer bei Abgabe der Zusage bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnen musste. Ausweislich des § 17 Abs. 2 Satz 1 ARB ist der Versicherer verpflichtet den Umfang des bestehenden Versicherungsschutzes zu bestätigen (van Bühren/Plote/Hillmer-Möbius, ARB Rechtsschutzversicherung, 3. Aufl. 2013, § 17 ARB, Rn. 30). Über den Wortlaut von § 17 Abs. 2 Satz 1 ARB hinaus muss die Ablehnung schriftlich erfolgen (BGH r+s 2003, 363; OLG Frankfurt a. M., r+s 1997, 420;OLG Düsseldorf, r+s 2001, 198 (199);OLG Karlsruhe, r+s 2004, 107). Die Ablehnung der Deckungszusage muss unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern erfolgen. Teilt der Rechtsschutzversicherer seinen Willen zur Ablehnung der Deckungszusage nicht unverzüglich mit, verliert er das Recht, sich auf fehlende hinreichende Erfolgsaussicht, Mutwilligkeit oder andere Ablehnungsgründe zu berufen (BGH, r+s 2003, 363 (365); OLG Karlsruhe, r+s 2004, 107). Der Rechtschutzversicherer legt sich somit bei Erteilung der Deckungszusage in der Bewertung der ihm bei Prüfung bekannten Umstände in dem Umfang fest wie er dies schriftlich niederlegt. Verbleiben ihm Zweifel hat er dies durch Vorbehalte zum Ausdruck zu bringen. Auch wenn die Deckungszusage in erster Linie das Verhältnis zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer betrifft und damit vor allem den Versicherungsnehmer in dessen Vertrauen schützt, erstreckt sich dieser Vertrauensschutz auch auf den Anwalt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Kommunikation in aller Regel zwischen Rechtsschutzversicherer und Anwalt erfolgt. Es ist der Anwalt, der die zur Prüfung der Erfolgsaussicht relevanten Unterlagen bei der Versicherung einreicht und seine rechtliche Bewertung mitteilt. Erteilt die Versicherung aufgrund einer anwaltlichen Stellungnahme dem Versicherungsnehmer Deckungsschutz, steht dies einer Zustimmung des Mandanten zu einer Prozessführung gleich. Genauso wenig wie sich der Mandant nach erfolgter Aufklärung über die Erfolgsaussichten auf einen Anwaltsfehler berufen darf, kann dies die Versicherung, wenn sie in Kenntnis aller tatsächlichen Umstände und einer rechtlichen Bewertung Deckungsschutz gewährt. Alleine der gesetzliche Übergang der Ansprüche nach § 86 VVG kann nicht dazu führen, dass sich an dem einmal begründeten Vertrauenstatbestand etwas ändert. Entgegen der Ansicht der Klägerin wird die Rechtsschutzversicherung dadurch zu keiner Schadensversicherung zum Vorteil des vom Versicherungsnehmer beauftragten Rechtsanwalts und die Annahme eines auch zugunsten des Anwaltes wirkenden Vertrauenstatbestandes führt auch zu keiner „Entlastung“ des Anwalts von seinen bei der anwaltlichen Beratung zu beachtenden Sorgfaltspflichten (so OLG Koblenz, NJW-RR 2011, 761); denn der Anwalt kann an dem in der Person seines Mandanten durch die Deckungszusage begründeten Vertrauenstatbestandes nur insoweit partizipieren, wie die Deckungszusage reicht, insbesondere nur insoweit wie dem Versicherer alle relevanten Umstände mitgeteilt wurden, auf deren Grundlage er eine Prüfung vornehmen konnte. Beruht die Deckungszusage auf einer unzureichenden Darstellung der Tatsachen durch den Anwalt, kann er sich auf das in der Person des Mandanten entstandene Vertrauen in die Deckungszusage nicht berufen. Liegt der Deckungszusage indes eine fehlerhafte rechtliche Bewertung der Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung durch den Anwalt zugrunde, besteht der Vertrauensschutz hingegen; denn die Rechtschutzversicherung kann - bevor sie Deckungsschutz gewährt - selbst eine rechtliche Prüfung vornehmen und sofern sie Zweifel an der Erfolgsaussicht hat, den Deckungsschutz nach § 3 a ARB versagen. Bei der Frage nach dem Vertrauensschutz sind weiter die Rechtsgedanken zu berücksichtigen, die die Rechtsprechung veranlasst hat, im Wege der ergänzenden Auslegung des Versicherungsvertrags zwischen dem Versicherungsnehmer als Vermieter und dem Gebäudeversicherer einen Regressverzicht des Gebäudeversicherers gegenüber dem Mieter anzunehmen. Die Annahme eines Regressverzichtes beruht hier darauf, dass dem Vermieter für den Versicherer erkennbar daran gelegen ist, seinen Mieter in den Schutz des Gebäudeversicherers mit einzubeziehen. Er hat nämlich ein Interesse daran, dass der Mieter, auf den er in der Regel die Kosten der Versicherung abwälzt, in seiner Erwartung, er sei bei fahrlässiger Schadensverursachung durch die Versicherung geschützt, nicht enttäuscht wird (BGH, NJW 2015, 699). Auch wenn es im Verhältnis Rechtschutzversicherung, Mandant und Anwalt zu keiner Kostenbeteiligung des Anwaltes an den von dem Mandanten zu zahlenden Versicherungsprämien kommt und der Anwalt, der über einen eigene Haftpflichtversicherung verfügt, nicht erwartet, dass er an dem Deckungsschutz partizipiert, so wird doch das Mandatsverhältnis, dem ein besonderes Vertrauensverhältnis zugrunde liegt und dass oftmals auch über längere Zeit besteht, belastet, wenn die Rechtsschutzversicherung trotz erteilter Deckungszusage den Anwalt in Regress nimmt, obwohl der Mandant mit dessen Vorgehen einverstanden war. Der Versicherungsnehmer wird wie der Vermieter gegenüber dem Mieter in einen Interessenkonflikt gezwungen, da er ggfs. auf Seiten der Versicherung gegen seinen Anwalt, zu dem er auf wechselseitigem Vertrauen gründende vertragliche Beziehungen unterhält und auch weiter unterhalten will, Stellung beziehen muss. Hieraus resultiert ein schützenswertes Vertrauen des Mieters, dass die Versicherung jedenfalls in den Fällen, in denen sie selbst nach Prüfung eine Deckungszusage erteilte, das Mandatsverhältnis nicht durch Regressforderungen gegen den Anwalt belastet, die auf einer fehlenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung gestützt sind.

Nach alledem steht vorliegend dem Regress der Klägerin § 242 BGB entgegen. Der Beklagte zu 2.) hat mit Schreiben vom 20.07.2016 der Klägerin seine Gründe benannt, warum eine Nichtzulassungsbeschwerde für aussichtsreich erachtet. Dieses Schreiben setzt sich der Beklagte zu 2.) mit dem Urteil des LAG Köln auseinander und spricht auch das Urteil des LAG Sachsen an, weiter werden rechtliche Kritikpunkte an den Entscheidungen erörtert. Dass in diesem Schriftsatz unzutreffende tatsächliche Angaben gemacht werden, ist nicht ersichtlich und trägt die Klägerin auch nicht vor. Auf dieser Grundlage hat die Klägerin mit Schreiben vom 27.07.2016 Deckungsschutz gewährt. Hierbei wurde kein Vorbehalt erklärt, es wurde auch keine weitere Erläuterung angefordert, inwieweit die Nichtzulassungsbeschwerde den Anforderungen an die Darstellung einer Divergenz gemäss § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG entspricht. Auch wurde kein Entwurf einer Nichtzulassungsbeschwerde zur weiteren Prüfung und Abklärung verlangt. Ausgehend von dieser umfassend erteilten Deckungszusage durfte der Versicherungsnehmer und mit ihm die Beklagten darauf vertrauen, dass die von Mandant und Anwalt geteilte Auffassung, dass eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht auch von der Klägerin getragen wird. Mit der nunmehr erhobenen Regressforderung setzt sich die Klägerin aber in Widerspruch zu der eigenen Deckungszusage und verletzt das schützenswerte Vertrauen ihres Versicherungsnehmers und der diesen vertretenen Beklagten.

Aber selbst wenn man eine Treuwidrigkeit nicht annehmen wollte, ist ein Anwaltsfehler der Beklagten nicht gegeben. Der Nichtzulassungsbeschwerde war nicht von vornherein mit hoher Wahrscheinlichkeit aussichtslos.

Nach der Rechtsprechung des BGH hat ein Rechtsanwalt den Mandanten in seiner Rechtssache grundsätzlich umfassend und möglichst erschöpfend rechtlich zu beraten. Er muss den Sachverhalt klären, den er seiner Rechtsprüfung zugrunde gelegt hat. Anhand des pflichtgemäß in Erfahrung gebrachten Sachverhalts muss der Anwalt prüfen, ob dieser geeignet ist, den vom Mandanten erstrebten Erfolg herbeizuführen (vgl. BGH, NJW 2006, 501). Soll eine Klage erhoben oder ein Rechtsmittel eingelegt werden, muss der Anwalt die Aussichten des beabsichtigten Prozesses oder des ins Auge gefassten Rechtsmittels prüfen, wobei er sich grundsätzlich an der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu orientieren hat. Auf mögliche Bedenken gegen die Erfolgsaussichten hat er den Mandanten hinzuweisen. Wenn die Prüfung der Sach- und/oder Rechtslage ergibt, dass die beabsichtigte Klage bzw. das beabsichtigte Rechtsmittel nahezu sicher oder mit hoher Wahrscheinlichkeit aussichtslos ist, darf der Rechtsanwalt dies nicht für sich behalten, sondern muss von sich aus hinreichend deutlich zum Grad des Risikos und der Wahrscheinlichkeit des Prozessverlustes Stellung nehmen. Die Aussichtslosigkeit ist klar herauszustellen und von der Einlegung einer aussichtslosen Klage bzw. eines aussichtslosen Rechtsmittels ist abzuraten. Diese Anforderungen gelten unabhängig davon, ob der Mandant rechtsschutzversichert ist oder nicht (OLG Hamm, NJW-RR 2005, 134). Liegt ein eindeutiger Fall der Aussichtslosigkeit vor, ist der Anwalt auch gehalten, sich gegen eine Anfrage beim Rechtsschutzversicherer nach Deckungsschutz auszusprechen, weil sich die Auslösung von Prozesskosten dann nicht als erforderlich darstellt. Lässt sich dagegen eine geringe Erfolgsaussicht bejahen, muss der Anwalt zwar auf die erheblichen Risiken eines Prozessverlustes hinweisen, darf aber in Betracht ziehen und mit den Mandanten erörtern, ob bei der Rechtsschutzversicherung um Deckungsschutz nachgesucht werden soll. Zur ordnungsgemäßen Begründung einer Divergenzbeschwerde gehört, dass der Beschwerdeführer einen abstrakten Rechtssatz (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG) aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder eines anderen der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten Gerichte anführt und darlegt, dass das anzufechtende Urteil auf dieser Abweichung beruht. Können solche Rechtssätze nicht gebildet werden, hat eine auf Divergenz beruhende Nichtzulassungsbeschwerde keine Erfolgsaussicht. Dabei ist eine ex-ante Perspektive einzunehmen. Alleine aus der Tatsache, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen, lässt sich nicht schliessen, dass es keine Erfolgsaussicht gab. Vielmehr ist auf die Nichtzulassungsbeschwerde und ihre Begründung abzustellen und zu prüfen, ob sich bereits aus ihr die Erfolglosigkeit ergibt.

Dies kann hier nicht angenommen werden. Die Beklagten haben in Hinblick auf die von dem LAG Köln angenommene Präklusionswirkung in der Nichtzulassungsbeschwerde vom 05.09.2017 unter Berufung auf zahlreiche Literaturstimmen argumentiert, dass die Rechtsprechung des BGH zur Präklusion von Gestaltungsrechten - konkret der Anfechtung - dann nicht gefolgt werden kann, wenn keine Kenntnis von dem Anfechtungsgrund bestand, wobei auch den arbeitsrechtlichen Besonderheiten Rechnung (§ 613a Abs. 5 BGB) zu tragen ist. Weiter haben sie dargelegt, dass das BAG sich zu diesem Punkt sich noch nicht geäussert hat. Ex ante erscheint diese Argumentation in sich schlüssig und belegt und damit geeignet, eine Zulassung gemäss § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zu rechtfertigen. Nichts anderes gilt in Bezug auf die Argumentation der Beklagten in der Nichtzulassungsbeschwerde betreffend der Divergenz zwischen den Entscheidungen des LAG Sachsen und des LAG Köln. Auch hier wurden abstrakte Rechtsfragen in Bezug auf die an Unterrichtungsschreiben nach § 631a Abs. 5 BGB zu stellenden Anforderungen herausgearbeitet, die den Anforderungen des § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG ex-ante gerecht wurden. Dass das BAG dieser Argumentation nicht gefolgt ist und die Voraussetzungen des § 72 ArbGG nicht für erfüllt erachtete, ändert nichts daran, dass der Beschwerde bei der gebotenen ex ante Betrachtung aus sich selbst heraus eine Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden konnte.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr.11, 711 ZPO.


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