Gericht / Entscheidungsdatum: LG Berlin, Beschl. v. 18.06.2018 - 538 Qs 65/18
Leitsatz: Bei der in Zusammenhang mit der Einstellung eines Verfahrens wegen eines Verfolgungshindernisses zu treffenden Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen, dass § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO Ausnahmecharakter hat und in der Regel dann nicht anzuwenden ist, wenn das Verfahrenshindernis nicht erst im Lauf des Verfahrens eingetreten ist, sondern von vornherein und erkennbar der Einleitung des Verfahrens entgegenstand.
In pp.
In der Bußgeldsache
gegen pp.
Verteidiger:
wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit
hat die 38. Kammer für Bußgeldsachen des Landgerichts Berlin am 18.06.2018 beschlossen:
Auf die Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 16.05.2018 dahin abgeändert, dass der Landeskasse auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen auferlegt werden.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Landeskasse.
Gründe:
Die gegen die Auslagenentscheidung des angefochtenen Beschlusses gerichtete sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Sie ist nicht durch § 464 Abs. 3 Satz 1, 2.HS StPO iVm § 46 Abs. 1 OwiG ausgeschlossen, weil eine Anfechtung der Hauptentscheidung statthaft ist, § 206a Abs. 2 StPO iVm § 46 Abs. 1 OWiG (vgl. hierzu: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 464 Rn.19 mwN).
Mangels Rechtsmittelbelehrung und förmlicher Zustellung des angefochtenen Beschlusses ist das Rechtsmittel auch als rechtzeitig erhoben anzusehen. Trotz fehlender Angaben zum Beschwerdewert (§ 304 Abs. 3 StPO iVm § 46 OwiG) geht die Kammer davon aus, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes - hier: die notwendigen Auslagen des Betroffenen - 200 Euro übersteigt.
Die Beschwerde ist auch begründet.
Die notwendigen Auslagen des Betroffenen sind hier entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung gemäß § 467 Abs. 1 StPO der Landeskasse aufzuerlegen. Zwar kann das Gericht nach § 467 Abs. 3 S.2 Nr.2 StPO iVm § 46 Abs. 1 OWiG davon absehen, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen, wenn der Betroffene nur wegen eines Verfahrenshindernisses nicht verurteilt wird. Bei der zu treffenden Ermessensentscheidung ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Vorschrift Ausnahmecharakter hat und in der Regel dann nicht anzuwenden ist, wenn das Verfahrenshindernis nicht erst im Lauf des Verfahrens eingetreten ist, sondern von vornherein und erkennbar der Einleitung des Verfahrens entgegenstand (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 467, Rn.16 mwN).
Vergleichbar ist der Fall hier. Der Bußgeldbescheid vom 9. Januar 2018 hat die Verfolgungsverjährung nicht unterbrochen, da er dem Betroffenen erst am 21. März 2018, mithin nach Eintritt der Verfolgungsverjährung, zugestellt wurde. Die von der Behörde vorgenommene Einstellung des Verfahrens nach § 33 Abs. 1 Nr.5 OWiG entfaltete keine Unterbrechungswirkung, da der Betroffene tatsächlich nicht abwesend war, sondern die Behörde aufgrund einer von ihr im Bußgeldbescheid versehentlich falsch notierten Anschrift irrtümlich von einer Abwesenheit des Betroffenen ausging.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Belastung des Betroffenen mit den nach Eintritt der Verjährung entstandenen notwendigen Auslagen nicht angemessen.
Die Landeskasse Berlin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, weil sonst niemand dafür haftet. Die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen werden der Landeskasse in entsprechender Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO iVm § 46 Abs. 1 OwiG auferlegt.
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