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Entscheidungen

Sonstiges

Auslieferung nach Litauen, Zulässigkeit, Haftbedingungen

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. (4) 151 AuslA 78/17 (95/17)

Leitsatz: Die Haftbedingungen in Litauen stehen einer Auslieferung nicht entgegen.


KAMMERGERICHT
Beschluss
Geschäftsnummer:
(4) 151 AuslA 78/17 (95/17)

In der Auslieferungssache
betreffend
den litauischen Staatsangehörigen pp.
z Zt. in anderer Sache in Untersuchungshaft in pp.,

hat der 4. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 22. August 2017 beschlossen:

1. Die Auslieferung des Verfolgten an die Republik Litauen zum Zwecke der Strafverfolgung wegen der in dem Europäischen Haftbefehl der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Litauen vom 5. August 2015 – 14.3.-254/15 – bezeichneten Tat wird für zulässig erklärt.

2. Die Auslieferungshaft des Verfolgten dauert fort.

Gründe:

Die litauischen Behörden haben durch Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) und zwischenzeitlich auch durch Übermittlung eines Europäischen Haftbefehls um Festnahme des Verfolgten mit dem Ziel der Auslieferung zum Zweck der Strafverfolgung ersucht. Der Verfolgte befindet sich derzeit in Untersuchungshaft für das Verfahren xx der Staatsanwaltschaft Berlin. Der Senat hat mit Beschluss vom 4. Mai 2017 die Auslieferungshaft gegen den Verfolgten und mit Beschluss vom 3. Juli 2017 deren Fortdauer angeordnet. In seiner richterlichen Anhörung nach § 28 IRG am 15. Mai 2017 hat der Verfolgte sich mit seiner vereinfachten Auslieferung (§ 41 IRG) einverstanden erklärt, auf die Einhaltung des Spezialitätsgrundsatzes (Art. 27 RbEuHb) hingegen nicht verzichtet. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat im Hinblick auf die durch den Senat in seiner Haftentscheidung angesprochenen Bedenken bezüglich der Haftbedingungen in Litauen ungeachtet des Einverständnisses des Verfolgten mit seiner vereinfachten Auslieferung gemäß § 29 Abs. 2 IRG beantragt, die Auslieferung für zulässig zu erklären. Der Senat erklärt die Auslieferung für zulässig.

1. Der Europäische Haftbefehl der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Litauen vom 5. August 2015 – 14.3.-254/15 – entspricht den Anforderungen des § 83a Abs. 1 IRG. Es wird mitgeteilt, dass gegen den Verfolgten ein nationaler Haftbefehl des Amtsgerichts Kaunas im Verfahren 01-1-29958-15 besteht. Dem Verfolgten wird vorgeworfen, am 27. Mai 2015 in K. zusammen mit seinem Mittäter S mit einer Schusswaffe den K getötet und dies hinsichtlich des weiteren Geschädigten Ka versucht zu haben, wobei er ihn am rechten Bein verletzt haben soll. Des Weiteren soll der Verfolgte drei Schüsse auf eine Personengruppe abgegeben haben, die den Mittäter am Tatort festzuhalten versucht haben soll, und hierdurch Kal an den Beinen und Sk am Kopf verletzt haben.

2. Die Auslieferung des Verfolgten ist zulässig. Die ihm zur Last gelegten Taten stellen sich als auslieferungsfähige Handlungen im Sinne der §§ 3, 81 IRG dar, bei denen die beiderseitige Strafbarkeit gemäß § 81 Nr. 4 IRG nicht zu prüfen ist, da es sich nach dem Recht des ersuchenden Staates um Katalogtaten im Sinne des Art. 2 Abs. 2 RbEuHb handelt, die mit einer Strafe im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht sind.

Hindernisse, die der Auslieferung des Verfolgten entgegenstehen, sind nicht ersichtlich.

Der Senat verweist insoweit zunächst auf seine Beschlüsse vom 4. Mai und 3. Juli 2017.

Auch aus den Haftbedingungen in der Republik Litauen erwächst kein Auslieferungshindernis. Die vom Senat im Anschluss an den Beschluss des OLG Saarbrücken vom 5. Oktober 2016 – OLG Ausl 9/16 (47/16) – und den Bericht des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) vom 4. Juni 2014 – CPT/Inf (2014) 18 – geäußerten Bedenken hält er im Hinblick auf die im hiesigen Verfahren abgegebenen Erklärungen des Justizministeriums der Republik Litauen nicht mehr aufrecht. Die in seinem Beschluss vom 3. Juli 2017 erforderten konkreteren Beschreibungen der Haftbedingungen, die bisher nicht vorliegen, erachtet der Senat nicht mehr für erforderlich.

Insoweit war zu beachten, dass der RbEuHb darauf gerichtet ist, durch die Einführung eines neuen vereinfachten und wirksameren Systems der Übergabe von Personen, die wegen einer Straftat verurteilt wurden oder einer Straftat verdächtigt werden, die justizielle Zusammenarbeit zu erleichtern und zu beschleunigen, um zur Verwirklichung des der Union gesteckten Ziels beizutragen, zu einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu werden, und dass er ein hohes Maß an Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten voraussetzt. Denn der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, auf den sich das System des Europäischen Haftbefehls stützt, beruht seinerseits auf dem gegenseitigen Vertrauen der Mitgliedstaaten darauf, dass ihre jeweiligen nationalen Rechtsordnungen in der Lage sind, einen gleichwertigen und wirksamen Schutz der auf Unionsebene und insbesondere in der Charta anerkannten Grundrechte zu bieten.

Sowohl der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten als auch der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung haben im Unionsrecht fundamentale Bedeutung, da sie die Schaffung und Aufrechterhaltung eines Raums ohne Binnengrenzen ermöglichen. Konkret verlangt der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens, namentlich in Bezug auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, von jedem Mitgliedstaat, dass er, abgesehen von außergewöhnlichen Umständen, davon ausgeht, dass alle anderen Mitgliedstaaten das Unionsrecht und insbesondere die dort anerkannten Grundrechte beachten (vgl. zum vorstehenden insgesamt EuGH NJW 2016, 1709, 1711 mwN).

Angesichts der vom Justizministerium der Republik Litauen geschilderten Weiterentwicklung des litauischen Justizvollzugs seit dem dem Bericht des CPT vom 4. Juni 2014 zugrundeliegenden Besuch im November/Dezember 2012 sowie der einer Gesamtschau der übermittelten Schreiben zu entnehmenden ausdrücklichen Versicherung des Justizministeriums, dass die Haftbedingungen in litauischen Gefängnissen internationalen Standards entsprechen und Art. 3 EMRK nicht verletzen, sieht der Senat unter Berücksichtigung des der Republik Litauen entgegenzubringenden hohen Vertrauens keinen weiteren Ausklärungsbedarf mehr. Der mit seiner vereinfachten Auslieferung einverstandene Verfolgte hat Bedenken in Bezug auf die Haftbedingungen in Litauen nicht geäußert. Die Angaben des Justizministeriums der Republik Litauen finden zudem Bestätigung von dritter Seite (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 25. April 2017 – III – 2 Ausl. 45/17 – unter Hinweis auf den Länderreport 2016 des US Department of State zur Menschenrechtslage in Litauen).


3. Die Auslieferungshaft dauert aus den Gründen ihrer Anordnung fort.


Einsender: RiKG K.-P. Hanschke, Berlin

Anmerkung:


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