Gericht / Entscheidungsdatum: LG Chemnitz, Beschl. v. 12.07.2018 - 4 Q 231/18
Leitsatz: 1. Die Gebühr Nr. 4142 VV RVG entsteht auch bei der Anordnung des Arrestes zum Zwecke der Rückgewinnungshilfe (zum alten Recht).
2. Im Regelfall ist als Gegenstandswert 1/3 des zu sichernden Hauptanspruches anzusetzen.
4 Qs 231/18
In dem Strafverfahren
gegen pp.
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
ergeht am 12.07.2018 durch das Landgericht Chemnitz - 4. Strafkammer als Beschwerdekammer - nachfolgende Entscheidung:
1. Auf die sofortige Beschwerde vom 19.04.2018 wird der Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz vom 12.04.2018 (BI. 1165) aufgehoben und die von der Staatskasse an den Angeklagten zu erstattenden Kosten für das Arrestverfahren auf insgesamt 10.201,87 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 23.03.2017 festgesetzt.
Die weitergehende sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers fallen der Staatskasse zu 2/3 zur Last, 1/3
der Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Chemnitz sprach den Beschwerdeführer mit Urteil vom 25.01.2018 vom Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 62 Fällen und des Betruges in 57 Fällen frei und legte der Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten auf. Dieses Urteil ist seit 02.02.2018 rechtskräftig.
Bereits im Ermittlungsverfahren hatte das Amtsgericht Chemnitz mit Beschluss vom 18.02.2016 (BI. 335) den dinglichen Arrest in Höhe von 306.610,42 in das Vermögen des Angeklagten angeordnet. Dieser Beschluss wurde durch den Verteidiger Rechtsanwalt K. nach seiner Mandatierung vom 23.02.2016 mit der Beschwerde angefochten. Mit Beschluss des Landgerichts Chemnitz vom 07.04.2016 (BI. 486) wurde diese Beschwerde als unbegründet verworfen. Die hiergegen gerichtete weitere Beschwerde verwarf das Oberlandesgericht Dresden mit Beschluss vom 22.08.2016 (BI. 791) ebenfalls als unbegründet.
Am 08.12.2016 hob das Amtsgericht Chemnitz den Arrestbeschluss vom 18.02.2016 nebst den dazugehörigen Pfändungsmaßnahmen auf (BI. 921). Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Beschwerde ein und verband diese Beschwerde mit dem Antrag, die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung bis zur Entscheidung über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft auszusetzen.
Mit Beschluss vom 17.01.2017 (BI. 990) hob das Landgericht Chemnitz die angefochtene amtsgerichtliche Entscheidung wieder auf. Die dagegen gerichtete weitere Beschwerde des Angeklagten hatte Erfolg, das Oberlandesgericht Dresden hob mit Beschluss vom 20.03.2017 (B1.1056) die angefochtene Entscheidung des Landgerichts Chemnitz wieder auf und stellte klar, dass der dingliche Arrest des Amtsgerichts Chemnitz vom 18.02.2016 aufgehoben bleibt.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 23.03.2017 (BI. 1053 ff) beantragte pp. die Festsetzung der Vergütung für das Arrestverfahren in den verschiedenen Instanzen auf insgesamt 16.092,37 .
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.04.2018 (BI. 1165) wurde dieser Antrag zu-rückgewiesen. Die Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG sei in keinem Rechtszug entstanden, weil der dingliche Arrest auch zum Zwecke der Rückgewinnungshilfe angeordnet worden sei.
Der abweisende Beschluss wurde dem Verteidiger am 16.04.2018 zugestellt. Mit Anwaltsschriftsatz vom 19.04.2018 (Eingang beim Amtsgericht Chemnitz am selben Tag) legte pp. sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 12.04.2018 ein und beantragte, die Kosten für das Arrestverfahren antragsgemäß festzusetzen und den festzusetzenden Betrag nach den gesetzlichen Vorschriften zu verzinsen.
Das Amtsgericht Chemnitz legte die Sache mit Verfügung vom 13.06.2018 dem Land-gericht Chemnitz zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde vor.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Inhalt der angesprochenen Entscheidungen und Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache nur teilweise Erfolg. Dem Beschwerdeführer sind betreffend das Arrestverfahren 10.201,87 zu erstatten.
Die Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG stellt als Wertgebühr eine besondere Verfahrensgebühr dar, die dann entsteht, wenn der Rechtsanwalt bei Einziehung oder verwandten Maßnahmen eine darauf bezogene Tätigkeit für seinen Mandanten ausübt. Die Gebühr ist rechtszugbezogen, entsteht also in jedem Rechtszug einmal.
Nach (zutreffender) wohl herrschender Meinung in der Rechtsprechung entsteht diese Gebühr auch bei der Anordnung des Arrestes zum Zwecke der Rückgewinnungshilfe (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 23. Auflage, RN 7 zu VV 4142). Die bislang im Verfahren vom Bezirksrevisor des Amtsgerichts Chemnitz vertretene gegenteilige Meinung findet sich zwar noch in älteren Kommentarauflagen, ist aber insoweit überholt.
Die Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG berechnet sich nach dem Gegenstandswert. Im Regelfall ist als Gegenstandswert 1/3 des zu sichernden Hauptanspruches anzusetzen (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 23. Auflage, RN 20 zu VV 4142). Die Kammer ist daher von einem Gegenstandswert von 102.203,47 ausgegangen. Soweit im Eilverfahren die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung bis zur Entscheidung über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft beantragt wurde, hat die Kammer antragsgemäß- den Gegenstandswert auf 1/10 der Hauptsache angesetzt.
Die Kammer hat insgesamt, das Arrestverfahren betreffend, wie folgt festgesetzt:
1. Antragsverfahren Amtsgericht Chemnitz, Az. 1 Gs 515/16, Antrag vom 04.03.2016:
Gegenstandswert: 102.203,47
Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG:
Pauschale (Post u.a.) nach Nr. 7002 VV RVG:
2. Beschwerdeverfahren Landgericht Chemnitz, Az. 4 Qs 10116:
Gegenstandswert: 102.203,47
Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG: 1.503,00
Pauschale (Post u.a.) nach Nr. 7002 VV RVG: 20,00
3. weiteres Beschwerdeverfahren Oberlandesgericht Dresden, Az. 1 Ws 105116:
Gegenstandswert: 102.203,47
Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG: 1.503,00
Pauschale (Post u.a.) nach Nr. 7002 VV RVG: 20,00
4. Beschwerdeverfahren Landgericht Chemnitz, Az. 4 Qs 39/16:
Gegenstandswert: 102.203,47
Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG: 1.503.-
Pauschale (Post u.a.) nach Nr. 7002 VV RVG: 20,00
5. Eilverfahren auf Aussetzung der Vollziehung beim Landgericht Chemnitz:
Gegenstandswert: 30.661,04
Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG: 938,00
Pauschale (Post u.a.) nach Nr. 7002 VV RVG: 20,00
6. weiteres Beschwerdeverfahren Oberlandesgericht Dresden, Az. 2 Ws 115/17:
Gegenstandswert: 102.203,47
Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG: 1.503,00
Pauschale (Post u.a.) nach Nr. 7002 VV RVG: 20,00
Zwischensumme: 8.573,00
19 % MwSt. nach Nr. 7008 VV RVG: 1.628,87
Gesamtfestsetzungsbetrag: 10.201.87
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO und entspricht dem Grad des Obsiegens.
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