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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Zurückstellungsverfahren nach § 35 BtMG

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Münster, Beschl. v. 30.04.2018 - 9 Qs 19/18

Leitsatz: Allein die Betäubungsmittelabhängigkeit des Verurteilten gibt keinen Anlass zur Besorgnis, der Verurteilte könne seine Rechte im Zurückstellungsverfahren nicht hinreichend selbst wahrnehmen und ihm sei deshalb ein Pflichtverteidiger beizuordnen.


9 Qs 19/18
In der Strafsache
gegen pp.

hat die 9. Strafkammer des Landgerichts Münster auf die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 03.04.2018 - Az: 14 LS 56/17 - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, die Richterin am Landgericht
und die Richterin am 30.04.2018 beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.

Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet. Denn das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss zu Recht den Antrag auf Beiordnung des Rechtsanwalts Urbanzyk zurückgewiesen.

Die Kammer schließt sich auch in der Begründung den zutreffenden Erwägungen des mit der Beschwerde angegriffenen Beschlusses an. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine günstigere Entscheidung.

Zwar kann in analoger Anwendung des § 140 Abs. 2 StPO die Bestellung eines Pflichtverteidigers auch im Zurückstellungsverfahren gemäß §§ 35, 36 BtMG geboten sein (Jena NStZ 2010, 525-526). Entscheidend für die Notwendigkeit einer Verteidigung sind im Vollstreckungsverfahren jedoch nicht wie im
Erkenntnisverfahren die Schwere der Tat und die zu erwartenden Rechtsfolgen, vielmehr kommt es auf die Schwierigkeit des Vollstreckungsverfahrens an (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. August 2008 — 2 BvR 335/08 -, juris).

Im Gegensatz zum kontradiktorisch gestalteten Erkenntnisverfahren entscheidet die Vollstreckungsbehörde im Zurückstellungsverfahren nach § 35 BtMG im Wege eines Justizverwaltungsaktes. Die Zustimmung des erstinstanzlichen Gerichts ist zwar vor einer Zurückstellung einzuholen, eine eigene gerichtliche Entscheidung zur Sache ergeht jedoch nicht. Anders als im Erkenntnisverfahren steht die Tatsachengrundlage für die Entscheidung fest und sie ist dem Verurteilten auch bekannt. Geht es — wie hier — um die Frage, ob der Verurteilte ernsthaft therapiebereit und therapiewillig ist, liegen die Entscheidungsgrundlagen in dem von dem Verurteilten gezeigten Verhalten. Eine besondere Schwierigkeit der zu treffenden Entscheidung, die mit einer schwierigen Sach- oder Rechtslage im Erkenntnisverfahren vergleichbar wäre, ist nicht ersichtlich. Anders als in der oben zitierten Entscheidung des Thüringer OLG ist der Verurteilte weder geistig behindert noch bestehen Anhaltspunkte für eine Persönlichkeitsstörung. Allein die Betäubungsmittelabhängigkeit des Verurteilten gibt keinen Anlass zur Besorgnis, der Verurteilte könne seine Rechte im
Zurückstellungsverfahren nicht hinreichend selbst wahrnehmen (vgl. BVerfG a.a.O. zur beabsichtigten Alkoholtherapie). Anderenfalls wäre nahezu jedem Verurteilten im Zurückstellungsverfahren nach § 35 BtMG ein Verteidiger beizuordnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 StPO.


Einsender: RA H. UrbanzyK, Coesfeld

Anmerkung:


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