Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Entscheidungen

Gebühren

Einziehungsgebühr, Tätigkeiten nach Rechtskraft, Strafvollstreckung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Köln, Beschl. v. 28.02.2018 - 2 Ws 73/18

Leitsatz: Die Einziehungsgebühr Nr. 4142 VV RVG entsteht nicht für erst nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptverfahrens erbrachte Tätigkeiten. Die nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorgenommenen Bemühungen stellen Tätigkeiten im Rahmen der Strafvollstreckung dar und können damit nach Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG zu vergüten sein.


2 Ws 73/18
901 Js 321/11 StA Aachen
OBERLANDESGERICHT KÖLN
BESCHLUSS
In dem Kostenfestsetzungsverfahren
- betreffend die Strafsache -
gegen pp.
Beschwerdeführer,
Verteidiger:
weitere Beteiligte: Die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Aachen als Vertreterin der Staatskasse

hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln
auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 09.01.2018 gegen den Beschluss des Landgerichts Aachen vom 02.01.2018 (Az. 61 KLs 901 Js 321/11 - 15/14), mit dem der Festsetzungsantrag vom 09.11.2017 zurückgewiesen worden ist,
unter Mitwirkung am 28. Februar 2018 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen.

Gründe:

I.
Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil der 4. großen Strafkammer des Landgerichts Aachen vom 30.10.2012 (64 KLs 23/11) wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen, der Verabredung eines Verbrechens, nämlich des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtstrafe von zehn Jahren verurteilt. Ferner wurde gegen ihn der Wertersatzverfall in Höhe von 80.000 Euro angeordnet. Nachdem das Urteil zunächst rechtskräftig geworden war, hob der Bundesgerichtshof auf die Revision eines Mitangeklagten des Beschwerdeführers das Urteil durch Beschluss vom 26.03.2014 (2 StR 202/13) teilweise auf; die Teilaufhebung erstreckte sich auch auf die gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Verurteilung. Nicht betroffen von der Teilaufhebung waren jedoch vier gegen den Beschwerdeführer verhängte Einzelstrafen sowie die gegen ihn getroffene Wertersatzverfallsanordnung.
Die nach Teilaufhebung und Zurückverweisung der Sache durch den Bundesgerichtshof mit der Sache befasste 1. große Strafkammer des Landgerichts Aachen stellte das Verfahren gegen den Beschwerdeführer durch rechtskräftigen Beschluss vom 19.12.2016 (61 KLs 15/14) gemäß § 206a StPO wegen eines vermeintlichen Verfahrenshindernisses ein.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 11.01.2017 beantragte der Beschwerdeführer bei der Staatsanwaltschaft Aachen die Einstellung der Vollstreckung aus der Verfallsanordnung und eine entsprechende Mitteilung an die niederländischen Behörden, die u.a. die Vollstreckung des Wertersatzverfalls zwischenzeitlich übernommen hatten. Die Staatsanwaltschaft Aachen wies das Begehren mit der Begründung zurück, die Verfallsanordnung sei als rechtskräftige Nebenentscheidung von dem Einstellungsbeschluss der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Aachen nicht erfasst.

Den gegen diese Entscheidung gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 23.01.2017 hat das Landgericht Aachen durch Beschluss vom 04.04.2017 (61 KLs 15/14) als unbegründet zurückgewiesen und die Vollstreckung aus dem gegen den Beschwerdeführer in dem Urteil des Landgerichts Aachen vom 30.10.2012 (64 KLs 23/11) angeordneten Wertersatzverfall in Höhe von 80.000 Euro - auch nach dem Einstellungsbeschluss der Kammer vom 19.12.2016 - weiterhin für zulässig erklärt.

Auf die hiergegen seitens des Beschwerdeführers eingelegte sofortige Beschwerde hat der Senat den vorgenannten Beschluss vom 04.04.2017 mit seiner Entscheidung vom 27.10.2017 (2 Ws 293/17) aufgehoben und die Vollstreckung des im Urteil des Landgerichts Aachen vom 30.10.2012 hinsichtlich des Beschwerdeführers angeordneten Wertersatzverfalls i.H.v. 80.000 € für unzulässig erklärt. Darüber hinaus hat der Senat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers der Staatskasse auferlegt.

Mit Verteidigerschriftsatz vom 09.11.2017 hat der Beschwerdeführer die Festsetzung einer 1,0 Verfahrensgebühr gemäß § 13 RVG, Nr. 4142 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 80.000 € sowie die Erstattung einer Pauschale für Post und Telekommunikation (Nr. 7002 VV RVG) sowie der Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG), insgesamt die Erstattung eines Betrages von 1.451,80 €, beantragt. Nach Anhörung der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Aachen hat die Rechtspflegerin mit dem vorliegend angefochtenen Beschluss vom 02.01.2018 (61 KLs-901 Js 321/11-15/14) den Festsetzungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Rechtspflegerin ausgeführt, dass es sich bei der angemeldeten Gebühr Nr. 4142 VV RVG um eine rechtszugbezogene Verfahrensgebühr handele. Da der Verteidiger diese Gebühren bereits erhalten habe, komme eine nochmalige Festsetzung vorliegend nicht in Betracht.
Gegen den am 08.01.2018 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer mit Verteidigerschriftsatz vom 09.01.2018, welcher am gleichen Tage bei dem Landgericht Aachen eingegangen ist, sofortige Beschwerde eingelegt. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass die seitens seines Verteidigers nach Eintritt der Rechtskraft entfaltete Tätigkeit nicht in demselben Rechtszug wie die erstinstanzlich entfaltete und zwischenzeitlich bereits erstattete Tätigkeit entstanden sei. Die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Aachen hat unter dem 19.01.2018 beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Mit Verteidigerschriftsatz 05.02.2018 hat der Beschwerdeführer ergänzend ausgeführt, dass durch die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Urteilsaufhebung und Zurückverweisung ein neuer Rechtszug im Sinne des § 21 RVG eröffnet worden sei und die Gebühren der unteren Instanz damit neu entstehen würden. Die Vollstreckung des Wertersatzverfalls, gegen die er sich vorliegend gewandt habe, sei als Teil der zurückverwiesenen Instanz anzusehen. Das Landgericht Aachen hat der sofortigen Beschwerde unter dem 07.02.2018 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft gemäß §§ 464 b Satz 3, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 21 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG. Sie ist auch form- und insbesondere fristgemäß eingelegt worden. Zudem ist der Beschwerdewert von 200 €, § 304 Abs. 3 StPO, gleichfalls überschritten.

Zur Entscheidung berufen ist, obwohl die angefochtene Entscheidung von dem Rechtspfleger erlassen worden ist, der Senat und nicht der Einzelrichter, da § 568 S. 1 ZPO im strafprozessualen Beschwerdeverfahren nach ständiger Rechtsprechung des Senats keine Anwendung findet (vgl. nur SenE v. 05.06.2003 - 2 Ws 317/03; SenE v. 11.07.2007 - 2 Ws 332/07; SenE v. 24.04.2008 - 2 Ws 192-193/08).

2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet und war daher entsprechend zu verwerfen.

Die Entscheidung der Rechtspflegerin, die vorliegend beantragte 1,0 „Verfahrensgebühr bei Einziehung und verwandten Maßnahmen“ (Nr. 4142 VV RVG, im folgenden „Einziehungsgebühr“) zurückzuweisen, ist im Ergebnis zu Recht erfolgt.

Die Einziehungsgebühr (Nr. 4142 VV RVG) ist für die mit Antragsschrift vom 11.01.2017 eingeleitete Tätigkeit des Verteidigers des Beschwerdeführers, mit dem die Einstellung der Vollstreckung aus der Verfallanordnung sowie eine entsprechende Unterrichtung der niederländischen Behörden begehrt worden ist, nicht angefallen. Nach der Anmerkung im Abs. 3 zu VV 4142 VV RVG entsteht die Einziehungsgebühr für das Verfahren des ersten Rechtszuges einschließlich des vorbereitenden Verfahrens und für jeden weiteren Rechtszug jeweils gesondert (vgl. NK-GK/Stollenwerk, 2. Aufl.,VV RVG Nr. 4141-4147, Rn. 29). Die anwaltliche Tätigkeit ist vorliegend jedoch erst nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptverfahrens und damit nicht in einem „weiteren Rechtszug“ im Sinne von Nr. 4142 Abs. 3 VV RVG entfaltet worden. Die nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorgenommenen Bemühungen stellen Tätigkeiten im Rahmen der Strafvollstreckung dar und könnten damit nach Teil 4 Abschnitt 2 (Gebühren in der Strafvollstreckung) zu vergüten sein. Ob vorliegend eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4204 VV RVG zzgl. Postentgeltpauschale und Umsatzsteuer angefallen ist, hatte der Senat im Hinblick auf den zu Grunde liegenden Festsetzungsantrag jedoch nicht zu prüfen, wobei sich der aus der Senatsentscheidung vom 27.10.2017 ergebende Kostenerstattungsanspruch ohnehin nur auf die im Beschwerdeverfahren 2 Ws 283/17 angefallenen Kosten bzw. Auslagen bezieht.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen lässt sich den Bestimmungen des RVG nicht entnehmen, dass die nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptverfahrens vorgenommene Tätigkeit des Verteidigers im Zusammenhang mit der Vollstreckung des Wertersatzverfalls eine Einziehungsgebühr gemäß Nr. 4142 VV RVG auslösen würde. Nichts anderes ergibt sich im Übrigen daraus, dass im Rahmen der Strafvollstreckung ein Rechtsmittelverfahren durchgeführt wurde, der Beschwerdeführer mit dem von ihm eingelegten Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde erfolgreich war und ihm insofern die Erstattung der im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zugesprochen wurde. Auch insofern ist nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptverfahrens kein weiterer Rechtszug im Sinne der Ausführungen in Abs. 3 der Nr. 4142 VV RVG eröffnet worden und damit keine Einziehungsgebühr im Sinne der vorstehenden Bestimmung angefallen.

Eine abweichende Beurteilung ergibt sich schließlich auch nicht aus dem weiteren Vorbringen im Verteidigerschriftsatz vom 05.02.2018, wonach durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs betreffend der Urteilsaufhebung und Zurückverweisung ein neuer Rechtszug im Sinne des § 21 RVG eröffnet worden sei und die Gebühren der unteren Instanz somit neu entstehen würden. Denn die für den Anfall der Gebühr gemäß 4142 VV RVG maßgebliche Frage eines Wertersatzverfalls war nicht Gegenstand der Teilaufhebung durch den Bundesgerichtshof und damit auch nicht des nach Zurückverweisung durchgeführten weiteren Verfahrens vor dem Landgericht Aachen.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StGB.


Einsender: VorsRi T. Stollenwerk, Bonn

Anmerkung:


zurück zur Übersicht

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".