Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamm, Beschl. v. 17.08.2017 - 4 Ws 130/17
Leitsatz: 1. In einem gegen ehemalige Geschäftsführer bzw. sonstige vertretungsberechtigte Personen geführten Strafverfahren reicht grundsätzlich eine Entbindung des zu-vor für die von diesen Personen geführte Gesellschaft tätigen und als Zeugen zu vernehmenden Berufsgeheimnisträgers (z. Bsp. Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer etc.) von seiner Verschwiegenheitspflicht allein durch den Insolvenzverwalter dieser Gesellschaft aus, wenn sie sich nunmehr in Insolvenz befindet.
2. Ein Doppelmandat des als Zeugen zu vernehmenden Berufsgeheimnisträgers, zum einen durch die Gesellschaft selbst, zum anderen durch den beschuldigten Geschäftsführer (bzw. die sonst vertretungsberechtigte Person), kann es erforderlich machen, dass die Schweigepflichtsentbindung kumulativ durch den beschul-digten früheren Organwalter und den Insolvenzverwalter erfolgt, wenn beide Beratungsverhältnisse untrennbar miteinander vermengt wurden.
3.Ob die Voraussetzungen eines solchen untrennbaren Doppelmandats vorliegen, ist vom Gericht aufzuklären, wenn sich ein Zeuge auf ein Zeugnisverweigerungsrecht als Berufsgeheimnisträger in dem o.g. Sinne beruft.
In pp.
Der gegen den Zeugen L gerichtete Ordnungsgeldbeschluss vom 09.06.2017 wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers trägt die Staatskasse.
Gründe:
I.
In dem vorliegenden Strafverfahren müssen sich die vier Angeklagten wegen Betrugsvorwürfen, insbesondere im Zusammenhang mit Bilanzmanipulationen und Manipulationen im Hinblick auf Provisionszahlungen u. a. betreffend die I AG und die M GmbH seit Ende Januar 2017 vor der 7. großen Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Münster verantworten.
Der Beschwerdeführer ist Wirtschaftprüfer und war in dieser Funktion neben dem Wirtschaftsprüfer T als Wirtschaftsassistent für die Prüfung des Jahresabschlusses 2011 der M GmbH tätig. Die Prüfung erfolgte im Zeitraum von Ende 2011 bis zum 09.05.2012.
Alle Geschäftsanteile der M GmbH standen zu diesem Zeitpunkt im Eigentum der I AG.
Jedenfalls die Angeklagten zu 1.) und 2.) wurden in dieser Zeit durch andere Berufsträger der damaligen Kanzlei des Beschwerdeführers auch persönlich in steuerlichen Angelegenheiten beraten. Eine steuerrechtliche Beratung der Angeklagten selbst durch den Beschwerdeführer erfolgte im Prüfungszeitraum nicht.
Über das Vermögen der I AG wie auch der M GmbH ist zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
Die Insolvenzen werden derzeit unter dem Sachwalter Rechtsanwalt Q in E in Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO durchgeführt.
Als alleinvertretungsberechtigter Vorstand bzw. Geschäftsführer ist für beide Gesellschaften Rechtsanwalt S aus F im Handelsregister eingetragen.
Rechtsanwalt S hat als Vertreter der M GmbH mit Schreiben vom 25.04.2017 den Beschwerdeführer von seiner Schweigepflicht entbunden.
Der Angeklagte zu 4) hat gleichsam für sich und die früher von ihm vertretene M GmbH eine Entbindungserklärung abgegeben. Die weiteren Angeklagten waren dazu nicht bereit.
In der Hauptverhandlung vom 18.05.2017 hat der als Zeuge geladene Beschwerdeführer die Aussage unter Berufung auf § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO verweigert und ausgeführt, dass seine Kenntnisse aus der steuerlichen Beratung der Angeklagten mit seinen im Rahmen seiner Prüfertätigkeit gewonnenen Erkenntnissen derart eng miteinander verquickt seien, dass eine Trennung nicht möglich sei. Es bedürfe daher der Schweigepflichtentbindungserklärungen der zum Zeitpunkt seiner Beauftragung amtierenden Organe der M GmbH.
In der Hauptverhandlung vom 09.06.2017 ist der Beschwerdeführer durch den Vorsitzenden u.a. darauf hingewiesen worden, dass aus Sicht der Kammer die vorliegenden Entbindungserklärungen ausreichen würden, um ursprünglich bestehende Verschwiegenheitspflichten gemäß § 53 Abs. 2 S. 1 StPO entfallen zu lassen. Nach dem Dafürhalten der Kammer sei der Beschwerdeführer daher zu einer Aussage verpflichtet.
Nachdem der Zeuge erklärt hatte, dass er die Aussage weiterhin unter Berufung auf § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO verweigern werde, hat die Strafkammer nach der Gewährung rechtlichen Gehörs gegen den Zeugen ein Ordnungsgeld in Höhe von 150,00 , ersatzweise je 50,00 für einen Tag Ordnungshaft, angeordnet. Zugleich hat sie ihm die durch die Zeugnisverweigerung entstandenen Kosten auferlegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Ordnungsgeldbeschluss der Kammer vom 09.06.2017 Bezug genommen.
Gegen den vorgenannten Ordnungsgeldbeschluss hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 21.06.2017 Beschwerde eingelegt und diese näher begründet.
In seiner Begründung weist er erneut darauf hin, dass die Angeklagten in persönlichen, insbesondere steuerlichen Angelegenheiten durch die Kanzlei des Beschwerdeführers vertreten worden seien. Darüber hinaus seien die Angeklagten zu 1.) und 2.) anfänglich auch im vorliegenden Strafverfahren durch Mitglieder seiner Kanzlei unter wesentlicher Einbindung seiner Person beraten worden. Eine Trennung seiner Kenntnisse aus den persönlichen Beratungen der Angeklagten und denen aus der prüferischen Tätigkeit sei nicht möglich.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 06.07.2017 nicht abgeholfen. Zur Begründung führt die Kammer aus, der Beschwerdeführer habe nach Belehrung auf die explizite Frage der Kammer angegeben, mit der strafrechtlichen Verteidigung der Angeklagten nicht befasst gewesen zu sein. Über das strafrechtliche Mandat seiner Kanzlei habe der Zeuge nach eigenem Vortrag lediglich beim Mittagessen und beim Frühstück erfahren. Es sei damit schon nicht ersichtlich, dass er von den gegen die Angeklagten geführten Ermittlungsverfahren im Rahmen und nicht nur bei Gelegenheit seiner Berufsausübung Kenntnis erlangt habe. Im Übrigen sei nicht erkennbar, dass sich die insoweit gewonnenen Erkenntnisse von den im Prüfzeitraum gemachten Wahrnehmungen nicht würden trennen lassen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Nichtabhilfebeschluss vom 06.07.2017 Bezug genommen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 03.08.2017 ergänzende Ausführungen gemacht, auf die Bezug genommen wird. Insbesondere hat er erneut darauf hingewiesen, die Angeklagten in persönlichen steuerlichen Angelegenheiten beraten zu haben. Die insoweit gewonnenen Erkenntnisse seien nicht von den Wahrnehmungen als Wirtschaftsprüfer zu trennen. Im Übrigen habe innerhalb der Kanzlei ein ständiger Austausch zwischen den Berufsträgern über die jeweils anvertrauten Informationen stattgefunden. Er sei zudem in die Verteidigung der Angeklagten zu 1.) und 2.) eingebunden gewesen, da auch insoweit ein Austausch von Erkenntnissen zwischen den handelnden Berufsträgern stattgefunden habe. Dies ergebe sich bereits daraus, dass den Angeklagten die Manipulation von Bilanzen vorgeworfen werde und das Strafverfahren mithin in direktem Zusammenhang mit der Wirtschaftsprüfung stehe. Er habe seine Informationen damit nicht nur bei Gelegenheit sondern im Rahmen seiner Berufsausübung erhalten.
Auch der Angeklagte zu 2.) hat mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 26.07.2017 Stellung genommen und insbesondere darauf hingewiesen, dass die Kanzlei des Beschwerdeführers bis zum 12.05.2015 mit der Strafverteidigung der Angeklagten zu 1.) und 2.) befasst gewesen sei. Die inhaltlichen Überschneidungen der Verteidigertätigkeit und dem Aussagegegenstand des Beschwerdeführers seien evident.
II.
Die gemäß §§ 304 Abs. 1, Abs. 2, 305 StPO zulässige Beschwerde ist begründet.
Zum Zeitpunkt der getroffenen Ordnungsmaßnahme lagen die Voraussetzungen des § 70 Abs. 1 StPO nicht vor.
1. Die Entscheidung nach § 70 Abs. 1 StPO darf erst ergehen, nachdem der Zeuge auf die Grundlosigkeit der Weigerung und deren Folge hingewiesen worden ist (vgl. BGHSt 28, 240, 259; OLG Düsseldorf, NStZ-RR 1996, 169; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 70 Rn. 17).
Hierfür reichte im vorliegenden Fall der vom Landgericht erteilte allgemeine Hinweis auf das Vorhandensein einer Entbindungserklärung des aktuell vertretungsberechtigten Organs der juristischen Personen bzw. des Insolvenzverwalters nicht aus, da bislang nicht hinreichend geklärt ist, inwieweit die für das Beweisthema relevanten Erkenntnisse des Beschwerdeführers von seinen im Rahmen der persönlichen Beratung und seiner Berufsausübung gewonnenen Erkenntnissen getrennt werden können und es deshalb einer Entbindungserklärung der Angeklagten selbst bedarf.
a) Grundsätzlich schließt sich der Senat der Rechtsansicht an, dass es einer zusätzlichen Erklärung des früheren gesetzlichen Vertreters hier also der Angeklagten nicht bedarf.
Ob (allein) der Insolvenzverwalter oder Vertreter einer sich in Insolvenz befindlichen juristischen Person in einem gegen ehemalige Geschäftsführer bzw. sonstige vertretungsberechtigte Personen geführten Strafverfahren einen zuvor für die Gesellschaft tätigen und als Zeugen zu vernehmenden Berufsgeheimnisträger (z. Bsp. Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer etc.) von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden kann, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (zum Meinungsstand u.a.: SK-Rogall, StPO, 4. Aufl., § 53 Rn. 207; Ignor/Bertheau in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 53 Rn. 78 ff.; Bielefeld, jurisPR-StrafR 9/2016 Anm. 3; Tully/Kirch-Heim NStZ 2012, 657).
aa) Nach einer Ansicht soll eine Entbindung durch den Insolvenzverwalter allein ausreichend sein (OLG Köln, a. a. O.; OLG Nürnberg, StV 2011, 142; OLG Oldenburg, NJW 2004, 2176; LG Hamburg, StV 2002, 647; Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. O., § 53 Rn. 46b). Maßgebend sei insofern, dass allein die juristische Person in ihren "Geheimnissen" geschützt sei, so dass auch nur sie die Entscheidungsbefugnis darüber habe, ob eine von ihr beauftragte Person von der Schweigepflicht zu entbinden sei. Ob dies im Interesse der juristischen Person liege, entscheide daher allein deren gesetzlicher Vertreter zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung. Früheren gesetzlichen Vertretern stehe eine solche Befugnis unabhängig von dem Grund, aus welchem sie ausgeschieden sind, nicht mehr zu, so dass es auf deren (zusätzliche) Erklärung nicht mehr ankomme (OLG Köln, a. a. O.).
bb) Die Gegenmeinung ist der Ansicht, dass der Insolvenzverwalter einer Gesellschaft den Berufsgeheimnisträger in einem gegen einen (ehemaligen) Geschäftsführer geführten Strafverfahren nicht allein von der Verschwiegenheitspflicht befreien könne, sondern dass insoweit eine kumulative Entbindungserklärung vorliegen müsse (OLG Düsseldorf, StV 1993, 346; OLG Schleswig, NJW 1981, 294; OLG Koblenz, NStZ 1985, 426; OLG Celle, wistra 1986, 83; KMR-Neubeck, StPO, Stand November 2016, § 53 Rn. 37, Dierlamm, StV 2011, 144). Insofern wird angeführt, dass ein durch § 53 StPO geschütztes Vertrauensverhältnis im eigentlichen Sinne nur zwischen natürlichen Personen bestehen könne. Ein solcher personaler Charakter könne gegenüber einer juristischen Person nicht bestehen. Vielmehr könnten ihr insoweit lediglich Interessen zugeordnet werden. Im Übrigen wird angenommen, in aller Regel lasse sich nicht ausschließen, dass dem Berufsgeheimnisträger neben Geheimnissen der juristischen Person auch Eigengeheimnisse des Vertreters zur Kenntnis gelangten.
cc) Der Senat folgt der von der Strafkammer in der angefochtenen Entscheidung vertretenen und vorstehend zuerst dargestellten Ansicht.
Zur Entbindung berechtigt ist grundsätzlich jeder, zu dessen Gunsten die Schweigepflicht gesetzlich begründet wurde (OLG Köln, a. a. O.; OLG Hamburg, NJW 1962, 609; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., § 53 Rn. 46). Betreffend der gegenüber juristischen Personen begründeten Verschwiegenheitspflicht steht die Entbindungsbefugnis von Berufsgeheimnisträgern folglich allein der juristischen Person zu, soweit sich aus dem Mandatsverhältnis eine alleinige Interessenwahrnehmung des Berufsgeheimnisträgers gegenüber der juristischen Person ableiten lässt. Die jeweilige Erklärung ist dabei durch die aktuellen Geschäftsführer bzw. den derzeit vertretungsberechtigten Vorstand abzugeben, wobei im Fall der Insolvenz eine Abgabe der Entbindungserklärung (allein) durch den Insolvenzverwalter erfolgen kann (OLG Köln, a. a. O.). Insoweit hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 18.07.2017 zutreffend ausgeführt, dass Auftraggeber eines entsprechenden Mandatsverhältnisses und damit Geschützter im Sinne der sich daraus ableitenden Verschwiegenheitspflicht die juristische Person ist. Dies ist auch dem jeweils handelnden gesetzlichen Vertreter bewusst bzw. bekannt. Ein schutzwürdiges Vertrauen, dass die zwischen ihm und dem von der juristischen Person mandatierten Berufsgeheimnisträger vorgenommene Korrespondenz auch im Fall eines entgegenstehenden Willens der juristischen Person geheim bleiben wird, kann sich daher im Grundsatz nicht einstellen. Die persönlichen Interessen bzw. Verhältnisse des handelnden Organs sind darüber hinaus auch nicht zwangsläufig von dem erteilten Mandat mitumfasst bzw. damit deckungsgleich (vgl. OLG Köln, a. a. O.; LG Hamburg, a. a. O.; LG Bonn, Beschluss vom 13.02.2012, 27 Qs 21/11; Tully/Kirch-Heim, a. a. O.; jeweils m. w. N.).
b) Etwas anderes gilt jedoch bei sog. Doppelmandaten, d.h. wenn der Zeuge sowohl von der juristischen Person als auch von dem (seinerzeit) zuständigen Organ als natürlicher Person mandatiert worden ist. In diesen Fällen ist der Organwalter zur Entbindung nur insoweit berechtigt, als dass ausschließlich sein eigenes Mandatsverhältnis betroffen ist; sind dagegen beide Beratungsverhältnisse betroffen, weil der Zeuge sie miteinander vermengt, kann von der Schweigepflicht nur kumulativ durch die juristische Person und den - früheren - Organwalter entbunden werden (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 08.12.2016, 1 Ws 334/16; Tully/Kirch-Heim, a. a. O.; Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. O., § 53 Rn. 46c). Für den Fall, dass der Organwalter den Zeugen ausschließlich als natürliche Person im eigenen Interesse beauftragt und diesem in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut hätte, bedürfte es unstreitig der Schweigerechtsentbindungserklärung des früheren Organwalters als natürliche Person, weil ansonsten der Schutzgedanke des § 53 Abs. 1 StGB ausgehöhlt würde. Im Fall der sog. Doppelmandatierung kann damit nichts anderes gelten.
c) Ob im Hinblick auf den für das Beweisthema relevanten Zeitraum die Voraussetzungen für das Vorliegen eines solchen Doppelmandats gegeben sind und sich der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO berufen kann und infolgedessen die Belehrung durch die Kammer (Hinweis auf die Entbindungserklärungen der aktuell vertretungsberechtigten Organe der betroffenen Gesellschaften) ausreichend war, kann durch den Senat zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden.
Soweit der Beschwerdeführer auf eine persönliche Mandatierung durch die Angeklagten selbst in steuerlichen Angelegenheiten und seine Einbindung in die Verteidigung der Angeklagten zu 1.) und 2.) im vorliegenden Strafverfahren hinweist, vermag der Senat nicht zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für das Bestehen eines sog. Doppelmandats vorliegen.
Darüber hinaus vermag der Senat gegenwärtig nicht zu beurteilen, inwieweit für den Beschwerdeführer untrennbare Verquickungen zwischen der persönlichen Beratung der Angeklagten in steuerrechtlichen und strafrechtlichen Angelegenheiten einerseits und seiner Tätigkeit als Prüfungsassistent für den Jahresabschluss 2011 der M GmbH bestehen. Gleichsam kann der Senat zum jetzigen Zeitpunkt nicht feststellen, inwieweit der Beschwerdeführer im Zuge der Beratung der Angeklagten im vorliegenden Strafverfahren durch Mitglieder seiner Kanzlei im Rahmen seiner Berufsausübung oder lediglich bei Gelegenheit erhalten hat.
Das Landgericht hätte vor Erlass eines Ordnungsgeldbeschlusses klären müssen, ob die Voraussetzungen eines Doppelmandates im beweiserheblichen Zeitraum tatsächlich vorlagen und inwieweit die Mandatsverhältnisse voneinander getrennt werden können. Hiernach hätte die Kammer den Zeugen sodann für den Fall des Nichtvorliegens eines Doppelmandats im beweiserheblichen Zeitraum oder für den Fall der Trennbarkeit beider Mandate auf die Grundlosigkeit seiner Weigerung (§ 70 StPO) hinweisen müssen. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt wäre sodann ein etwaiger Rechtsirrtum des Zeugen vermeidbar (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. O., § 70 Rn. 4). Das Gesetz sieht hierfür das Verfahren nach § 56 StPO vor.
Das Verlangen nach Glaubhaftmachung im Sinne des § 56 StPO steht im Ermessen des Gerichts. Es kann der Erklärung des Zeugen über das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der §§ 52 ff. StPO ohne weiteres glauben. Bezweifelt es sie wie im vorliegenden Fall , so ist in der Regel das Verlangen nach einer eidlichen Versicherung geboten. Dieses Verlangen stellt der Vorsitzende in der Hauptverhandlung (Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. O., § 56 Rn. 1). Der Zeuge hat sodann die zur Zeugnisverweigerung berechtigenden Tatsachen eidlich zu versichern, § 56 S. 2 StPO. Eidliche Versicherung in diesem Sinne ist die Eidesleistung nach § 64 StPO (auch die Versicherung nach § 67 StPO) oder die Bekräftigung nach § 65 StPO. Für den hier in Rede stehenden Fall des § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO bedeutet dies, dass von dem Zeugen die Tatsachen eidlich zu versichern sind, aus denen sich das Schweigerecht (Anvertrautsein oder Bekanntwerden bei der Berufsausübung) ergeben soll.
2. Solange im Verfahren nach §§ 56 ff. StPO nicht geklärt ist, ob die Voraussetzungen für das Bestehen eines sog. Doppelmandats oder die Trennbarkeit der Mandate vorliegen und damit offen ist, ob sich der Beschwerdeführer auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StGB berufen kann, war der durch das Landgericht erteilte Hinweis auf das Vorhandensein einer Entbindungserklärung des aktuell vertretungsberechtigten Organs der juristischen Person bzw. des Insolvenzverwalters nicht ausreichend.
Ein Ordnungsgeld hätte dem Beschwerdeführer damit nicht auferlegt werden dürfen, denn ein solches darf gegen einen Zeugen nur dann verhängt werden, wenn er schuldhaft gegen die Zeugenpflicht verstoßen hat (BGHSt 28, 240, 259). Der Zeuge hat aber aus vorstehenden Erwägungen die Aussage bislang nicht schuldhaft verweigert, da die erfolgte Belehrung durch die Kammer angesichts der ungeklärten Sachlage nicht ausreichend war.
Der Ordnungsgeldbeschluss der Kammer vom 09.06.2017 war damit aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.
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