Gericht / Entscheidungsdatum: AG Wuppertal, Beschl. v. 05.12.2017 - 28 OWi 623 Js 1805/17 (131/17)
Leitsatz: Die Verweigerung einer beantragten Terminverlegung begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders liegt es nur dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte oder sich aus der Ablehnung der Terminver-legung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt.
Amtsgericht Wuppertal
Beschluss
In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat das Amtsgericht Wuppertal durch den Amtsgerichts
am 05. Dezember 2017 beschlossen:
Das Ablehnungsgesuch des Betroffenen gegen die Richterin am Amtsgericht wird für begründet erklärt
Gründe:
Das zulässige Gesuch des Betroffenen ist auch begründet.
Allgemein sind Gründe für ein solches Misstrauen gegeben, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Richter oder die Richterin nicht unvoreingenommen entscheiden werde, mithin eine innere Haltung eingenommen hat, die ihre Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen könnte. Dabei kommt es darauf an, ob
der Beteiligte, der das Ablehnungsgesuch angebracht hat, von seinem Standpunkt aus bei Anlegung dieses objektiven Maßstabs Anlass hat, Voreingenommenheit zu befürchten. Dementsprechend dient das Verfahren allein dazu, die Beteiligten vor der Unsachlichkeit des Richters aus einem in seiner Person liegenden Grund zu bewahren.
Die Verweigerung einer beantragten Terminverlegung, um die es hier geht, begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders liegt es nur dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte oder sich aus der Ablehnung der Terminverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt (OLG Brandenburg, 07. Juli 2017, 10 WF 34/14 in Juris m.w.N.)
So liegt der Fall hier.
Mit Verfügung der Abteilungsrichterin vom 12.11.2017 ist zunächst Termin zur Durchführung der Hauptverhandlung auf Mittwoch, den 24.01.2018 bestimmt worden. Nachdem ein für diese Hauptverhandlung geladener Zeuge mitgeteilt hat, dass er diesen Termin nicht wahrnehmen könne, da es sich zum Termintage in Urlaub befinde, hat die Abteilungsrichterin den Termin mit Verfügung vom 22.11.2017 auf den 06.12.2017 vorverlegt. Dies geschah, nachdem dieser Termin mit dem Sekretariat des Verteidigers abgesprochen war. Das EB des Verteidigers ist am 24.11.2017 hinsichtlich der Umladung unterzeichnet worden. Mit Schriftsatz vom 28. November hat der Verteidiger sodann beantragt, den Termin vom 6. Dezember aufzuheben. Zur Begründung hat er vorgetragen und anwaltlich versichert, er habe im Rahmen einer Pflichtverteidigung vor dem Landgericht Essen am 28.11.2017 einen Fortsetzungstermin für den 061 2.2017 um 9:15 Uhr erhalten. Auch könne im hiesigen Verfahren ein Kollege der Anwaltskanzlei nicht einspringen, da diese entweder urlaubsabwesend oder durch andere Termine gebunden seien. Mit Verfügung der Abteilungsrichterin vom 30.11.2017 wurde dem Verteidiger mitgeteilt, dass der Termin vom 06.12.2017 bestehen bleibe. Die Ladung sei ihm am 24. November zugegangen. Die Ladung des Termins, wegen dem Verlegung beantragt worden sei, sei aber erst am 28.11.2017 erfolgt. Ergänzend hat die Abteilungsrichterin mitgeteilt, dass der Verteidiger abwägen möge, ob er den Termin am 06.12.2017, bei dem kein Anwaltszwang herrsche, wahrnehmen wolle. Mit weiterem Schriftsatz des Verteidigers vom 01.12.2017 hat er dann nochmals darauf hingewiesen, dass der Fortsetzungstermin in Essen erst in der Hauptverhandlung am 28.11.2017 festgesetzt worden sei und er als Pflichtverteidiger diesen auch wahrnehmen müsse. Er halte diesen Termin auch für vorrangig. Erneut bat er um Aufhebung des Termins am 06.12.2017. Mit Verfügung der Abteilungsrichterin vom 01.12.2017 wurde dem Verteidiger mitgeteilt, dass der Termin bestehen bleibe. Eine weitergehende Begründung erfolgte nicht.
Mit weiterem Schriftsatz des Verteidigers vom 05.12.2017 lehnte dieser sodann im Namen des Betroffenen die zuständige Abteilungsrichterin wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Nachdem er den bereits skizzierten Sachverhalt erneut zusammenfassend vorträgt führt er aus, es handele sich um seinen ersten Terminverlegungsantrag in dieser Sache und der Hinweis des Gerichtes, in diesem Verfahren herrsche ja kein Anwaltszwang, halte er im Hinblick auf ein faires Verfahren für untunlich. Er ist der Rechtsauffassung, das Ermessen der Abteilungsrichterin hinsichtlich der Terminverlegung habe sich auf Null reduziert. Daher bestehe nunmehr auch die Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden Richterin.
Bei einer Gesamtbetrachtung und Gesamtwürdigung dieses Sachverhaltes liegt ein oben beschriebener Ausnahmefall vor, bei dem wegen verweigerter Terminverlegung die Besorgnis der Befangenheit der Abteilungsrichterin zu bejahen ist.
Der Verteidiger hat erhebliche und nachvollziehbare Gründe für seinen Terminverlegungsantrag vorgetragen und die Tatsachen anwaltlich versichert. Es ist nach Akteninhalt zweifelsfrei, dass er den Hauptverhandlungstermin hier wegen eines erst am 28_11.2017 von einer Strafkammer in Essen bestimmten Fortsetzungstermins am 06.12.2017, in welchem er zum Pflichtverteidiger bestellt ist. nicht wahrnehmen kann. Auch hat er anwaltlich versichert, dass ein Mitglied der Anwaltskanzlei nicht an seiner Stelle einspringen kann, da alle verhindert seien. Unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens und des Rechts des Betroffenen, sich von einem Verteidiger seiner Wahl vertreten zu lassen, war die Zurückweisung des - erstmaligen - Antrags auf Terminverlegung für den Betroffenen schlechthin unzumutbar, wodurch sein Grundrecht auf rechtliches Gehör und das auf ein faires Verfahren verletzt worden ist. Dies begründet die Besorgnis der Befangenheit der zuständigen Abteilungsrichterin.
Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Einsender: RA T.F. Schubert, Marl
Anmerkung:
Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.
Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".