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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Strafzumessung, kurzfristige Freiheitsstrafe, Urteilsanforderungen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Braunschweig, Beschl. v. 21.08.2017 - 1 Ss 35/17

Leitsatz: Zu den Urteilsanforderungen bei Verhängung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe.


Beschluss
In der Strafsache
gegen pp.
wegen Diebstahls u. a,

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig
am 21. August 2017 beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Goslar vom 11. Mai 2017 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Goslar zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

3. Der Liste der angewendeten Vorschriften des Urteils des Amtsgerichts Goslar vom 11. Mai 2017 wird § 17 Abs. 2 Bundeszentralregistergesetz hinzugefügt, da auf eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als 2 Jahren erkannt worden ist und sich aus den Feststellungen ergibt, dass der Angeklagte die Tat aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat.

Gründe:
I.
Die zulässige Revision hat zumindest einen vorläufigen (Teil-)Erfolg.

Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Goslar vom 11. Mai 2017 wegen Diebstahls und Hehlerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Monaten und 2 Wochen unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Als Einzelstrafen sind vier Monate Freiheitsstrafe für den Diebstahl und ein Monat Freiheitsstrafe für die Hehlerei verhängt worden.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte zunächst rechtzeitig ein unbenanntes Rechtsmittel eingelegt, das er anschließend fristgerecht als Revision bezeichnete und begründete.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat der Angeklagte in der Nacht vom 4. April auf den 5. April 2016 in B. H. aus einem verschlossenen Baucontainer, dessen Vorhängeschloss er hierfür mittels eines Bolzenschneiders geöffnete hatte, Werkzeuge im Wert von ca. 1.080 € weggenommen, um diese für sich zu behalten. Daneben hatte der Angeklagte am 11. April 2016 in seiner Wohnung ein Fahrrad im Wert von ca. 500 € im Eigenbesitz, das zuvor am 7. April 2016 gestohlen worden war, was der Angeklagte auch wusste.

II.
1. Soweit sich die Revision gegen den Schuldspruch richtet, ist sie unbegründet und war daher auf den entsprechenden Antrag der Generalstaatsanwaltschaft hin gem. § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.

2. Zum Rechtsfolgenausspruch hat das Rechtsmittel jedoch einen vorläufigen Erfolg, denn die Verhängung kurzer Einzelfreiheitsstrafen und einer kurzen Gesamtfreiheitsstrafe ist unzureichend begründet worden.

Die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen ist gem. § 47 StGB nur zulässig, wenn besondere Umstände in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung soll die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe weitgehend zurückgedrängt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Mai 2013, 1 Ss 29/13, juris, m.w.N.). Die Anordnung einer kurzen Freiheitsstrafe hat dabei in der Regel nur Bestand, wenn sie sich aufgrund einer Gesamtwürdigung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände als unverzichtbar erweist und dies in den Urteilsgründen dargestellt wird (BGH Urteil vom 08.April 2004, 3 StR 465/03, zitiert nach juris, Rn. 4). Die kurze Freiheitsstrafe ist in diesem Sinne ultima ratio (OLG Frankfurt, Beschluss vom 27. Januar 2017, 1 Ss 261/16; OLG Dresden Beschluss vom 10. September 2014, 23 Ss 557/14; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. Juni 2014, 1 RVs 74/13, alle zitiert nach juris).

Diesen Maßstäben wird die Begründung des angefochtenen Urteils nicht gerecht.

Zur Begründung führt das Amtsgericht aus, es sei eine besondere Auseinandersetzung mit der strafursächlichen Drogen- und Spielsucht des Angeklagten erforderlich und diesem müsse besonders vor Augen geführt werden, dass auch aus der Suchterkrankung heraus begangene Taten mit Freiheitsstrafe gesühnt werden können. Es erscheine sinnvoll, den Angeklagten nicht nur eine Geldstrafe abzahlen zu lassen, sondern diesen unter die Aufsicht eines Bewährungshelfers zu stellen und die Suchtproblematik anzugehen.

Diese Begründung lässt besorgen, dass das Amtsgericht die anzuwendenden Maßstäbe hinsichtlich der Unerlässlichkeit der kurzen Freiheitstrafe verkannt hat. Denn das Gericht nennt die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen selbst sinnvoll und erforderlich, wodurch sich die Besorgnis begründet, das Gericht könnte statt des anzuwendenden Maßstabs der Unerlässlichkeit den der bloßen Angemessenheit der kurzen Freiheitsstrafe angewandt haben. Diese Besorgnis wird noch dadurch verstärkt, dass das Gericht zwar maßgeblich die erforderliche Auseinandersetzung mit der Suchterkrankung zur Begründung der Verhängung kurzer Freiheitsstrafen heranzieht, dabei aber die Auswirkungen der von dem Angeklagten aus eigenem Antrieb in Anspruch genommenen therapeutischen Hilfe wegen dessen Drogen- und Spielsucht auf die Unerlässlichkeit der kurzen Freiheitsstrafe nicht darstellt. Schließlich lässt sich dem Urteil auch nicht entnehmen, dass das Gericht ausreichend berücksichtigt hat, dass der Angeklagte unvorbestraft ist.

Da weder ein Fall des § 354 Abs. 1, Abs. 1a oder Abs. 1b StPO vorliegt, unterliegt das Urteil insoweit der Zurückverweisung gem. § 354 Abs. 2 StPO.

III.
Die Entscheidung über die Kosten der Revision bleibt insgesamt dem Amtsgericht vorbehalten. Zwar kann schon jetzt festgestellt werden, dass die Revision aufgrund des bestätigten Schuldspruchs keinen vollen Erfolg mehr haben kann, jedoch ist es derzeit nicht möglich, den zum Rechtsfolgenausspruch noch möglichen Erfolg des Rechtsmittels abzusehen.


Einsender: RA J. R. Funck, Braunschweig

Anmerkung:


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