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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Fahren ohne Fahrerlaubnis, Urteilsfeststellungen, Umfang

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.07.2017, 2 Rv 8 Ss 420/17

Leitsatz: 1. Hält das Berufungsgericht eine Berufungsbeschränkung unzutreffend für unwirksam und ändert den Schuldspruch ab, hat das Revisionsgericht auf den ursprünglichen Schuldspruch zu erkennen.
2. Zum Umfang der Feststellungen beim Fahren ohne Fahrerlaubnis.


Inpp.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 16.02.2017 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte in den Fällen III. A. 1. bis 6. der Urteilsgründe wegen vorsätzlichen (nicht: fahrlässigen) Fahrens ohne Fahrerlaubnis in sechs Fällen verurteilt ist.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Gründe

I.
Das Amtsgericht Freiburg hatte den heute 51-jährigen Angeklagten am 10.08.2016 wegen „vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in neun Fällen, in einem davon in Tateinheit mit Betrug, sowie wegen Betrugs in vier Fällen“, begangen in der Zeit vom 08.02.2013 bis zum 24.03.2015, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt.

Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte durch seinen Verteidiger Berufung ein, die er mit Schriftsatz vom 24.10.2017 bezüglich der unter II. 1. bis 9. des amtsgerichtlichen Urteils festgestellten Taten (neun Fälle des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, davon in einem Fall in Tateinheit mit Betrug) auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte.

Das Landgericht Freiburg hat die Berufungsbeschränkung insgesamt für unwirksam gehalten und mit dem angefochtenen Urteil das amtsgerichtliche Urteil im Schuld- und Rechtsfolgenausspruch wie folgt abgeändert:

„Der Angeklagte B wird wegen Betrugs in vier Fällen, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem Betrug und wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in sechs Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt.“

Außerdem wurde der wegen der Tat vom 08.02.2013 ergangene Bußgeldbescheid der Stadt F vom 08.04.2013 nach § 86 Abs. 1 OWiG aufgehoben und die Anrechnung nach § 86 Abs. 2 OWiG ausgesprochen; die weitergehende Berufung des Angeklagten wurde verworfen.

Dagegen hat der Angeklagte durch seinen Verteidiger form- und fristgerecht Revision eingelegt, mit welcher er innerhalb der Begründungsfrist die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt und beantragt hat, das Urteils des Landgerichts Freiburg vom 16.02.2017 mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurückzuverweisen.

Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat in ihrer Antragsschrift vom 23.06.2017 beantragt, die Revision des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.
II.

Die mit einer Verfahrensbeanstandung und der - nicht ausgeführten - Sachrüge geführte Revision führt lediglich zu einer Korrektur des Schuldspruchs und hat im Übrigen keinen Erfolg.

1. Die seitens der Revision erhobene Verfahrensrüge bleibt aus den Gründen der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 23.06.2017 ohne Erfolg.

2. Der Senat hatte von Amts wegen - auch ohne entsprechende Rüge - zu prüfen, ob bzw. inwieweit die mit Schriftsatz des Verteidigers vom 24.01.2017 erklärte teilweise Beschränkung der Berufung des Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam war (§ 318 Satz 1 StPO) und ob das Berufungsgericht die hieraus resultierende Bindung an die dem - dann rechtkräftig gewordenen - Schuldspruch zugrunde liegenden amtsgerichtlichen Feststellungen zu Unrecht entgegen § 327 StPO nicht beachtet hat (BGHSt 27, 70 ff.; BGH NJW 1980 1807; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, § 318 Rn. 8, § 352 Rn. 4). Dieser revisionsrechtlichen Nachprüfung hält das angefochtene Urteil teilweise nicht stand.

Wie der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich entschieden hat (Beschluss vom 27.04.2017 - 4 StR 547/16 - juris), ist die Beschränkung einer Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch im Fall einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG nicht deshalb unwirksam, weil sich die Feststellungen in dem angegriffenen Urteil - wie auch im vorliegenden Fall bezüglich der unter II. 1. bis 9. des amtsgerichtlichen Urteils festgestellten Taten - darin erschöpfen, dass der Angeklagte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit auf einer öffentlichen Straße ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug geführt hat, ohne die erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen und er insoweit wissentlich gehandelt hat.

Dieser Rechtsauffassung hat sich der Senat unter Aufgabe früherer Rechtsprechung (wie dem im landgerichtlichen Urteil angeführten Beschluss vom 20.09.2010 - 2 (8) Ss 498/10) bereits mit Beschluss vom 22.03.2017 (2 Rv 8 Ss 125/17) angeschlossen.

a) Gemessen an den vom Bundesgerichtshof in der o. g. Entscheidung aufgestellten Grundsätzen, denen der Senat nunmehr folgt, bilden die Feststellungen des Amtsgerichts jedenfalls zu den unter II. 1. bis 8. des amtsgerichtlichen Urteils festgestellten Taten eine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung. Deshalb war insoweit die Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen wirksam und damit der diese Taten betreffende Schuldspruch wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in acht Fällen aus dem angefochtenen Urteil in Rechtskraft erwachsen; ferner waren die ihn tragenden Feststellungen für das Berufungsgericht bindend geworden.

Ausgehend davon war das Berufungsgericht zwar nicht gehindert, - soweit erforderlich - eigene Feststellungen zu den Beweggründen der jeweiligen Fahrt und deren Gegebenheiten (Dauer und Länge, beabsichtigte Fahrstrecke u. a.) zu treffen und dadurch den für die Rechtsfolgenentscheidung maßgebenden Schuldumfang näher zu bestimmen (BGH aaO). Es hatte aber zu beachten, dass die von ihm getroffenen weiteren Feststellungen nicht in Widerspruch zu den Feststellungen stehen dürfen, die das Erstgericht zum Schuldspruch schon getroffen hat, insbesondere durfte es keine abweichenden Feststellungen über die Schuldart treffen (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 327 Rn. 6 mwN). Vielmehr war das Berufungsgericht infolge der insoweit wirksamen Berufungsbeschränkung an die vom Amtsgericht für den Schuldspruch bezüglich der unter II. 1. bis 8. festgestellten Taten getroffene Feststellung eines vorsätzlichen Handelns gebunden. Soweit das Berufungsgericht gleichwohl in sechs Fällen den Schuldspruch auf ein fahrlässiges Handeln abgeändert hat, ist es sich somit über dessen Rechtskraft hinweggesetzt.

Dieser Rechtsfehler zwingt jedoch nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, vielmehr kann der Senat den richtigen Zustand selbst herstellen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 352 Rn. 4), indem der Schuldspruch - wie aus dem Tenor ersichtlich - insoweit korrigiert wird, als dieser bereits in Rechtskraft erwachsen war (vgl. zum entsprechenden Vorgehen im Rechtsbeschwerdeverfahren nach Beschränkung des Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid: BayObLG, Beschluss vom 07.12.1999 - 2 ObOWi 575/99; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 20.02.2017 - (1) 53 Ss-OWi 56/17 (34/17) - jeweils zit. nach juris; Senat, Beschluss vom 02.11.2015 - 2 (6) SsBs 555/15 - AK 160/15).

b) Bezüglich der unter II. 9. des amtsgerichtlichen Urteils festgestellten Tat vom 24.03.2015 teilt der Senat die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die auch bezüglich dieser Tat erklärte Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen jedenfalls insoweit unwirksam ist, als erstinstanzlich - tateinheitlich zum vorsätzlichen Fahren ohne Fahrerlaubnis - eine Verurteilung wegen (vollendeten) Betruges erfolgt ist. Zutreffend hat das Landgericht Freiburg im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass die dazu getroffenen Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils nicht ausreichend sind, da diese sich nicht dazu verhalten, ob der Tankvorgang beobachtet wurde oder nicht, was wiederum entscheidend dafür ist, ob es sich um einen versuchten oder vollendeten Betrug handelt (vgl. dazu BGH NStZ 2013, 336 f.).

Ob die bezüglich der Tat vom 24.03.2015 erklärte Berufungsbeschränkung insgesamt, d. h. auch bezüglich der tateinheitlichen Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unwirksam war, weil die Berufung grundsätzlich nicht auf einzelne rechtliche Gesichtspunkte des Schuldspruchs beschränkt werden kann, oder ob vorliegend ausnahmsweise wegen des Dauerdeliktscharakters des Fahrens ohne Fahrerlaubnis das daneben in Rede stehende - während dieser Fahrt begangene - Betrugsdelikt einer selbständigen Beurteilung zugänglich ist (vgl. hierzu BGHSt 39, 390 für das Dauerdelikt der Zuhälterei in Tateinheit mit Vergewaltigung; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 318 Rn. 13 mwN), kann letztlich dahingestellt bleiben, nachdem das Berufungsgericht insoweit - übereinstimmend mit den Feststellungen des Amtsgerichts - in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ebenfalls eine vorsätzliche Begehungsweise beim Fahren ohne Fahrerlaubnis festgestellt hat.

3. Im Übrigen ist die Revision, soweit sie sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet, unbegründet.

Vor dem Hintergrund, dass das Berufungsgericht in sechs Fällen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine mildere Schuldform (Fahrlässigkeit statt Vorsatz) angenommen und für diese Taten jeweils lediglich eine Einzelgeldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen hat, obwohl einer derartigen Änderung der Schuldform die insoweit durch die wirksame Berufungsbeschränkung eingetretene Teilrechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils entgegen stand, kann der Senat ausschließen, dass der nunmehr durch den Senat geänderte Schuldspruch eine für den Angeklagten günstigere Auswirkung auf die Bemessung der Rechtsfolgen gehabt hätte.


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