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Entscheidungen

StPO

Drogenhandel, Feststellungen, Wirkstoffgehalt

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.08.2017 - 3 RV 5 Ss 519/17

Leitsatz: Zum erforderlichen Umfang der Feststellungen beim Handeltreiben mit Drogen und zur Beweiswürdigung.


Beschluss
Freiburg wegen Verbrechens gem. BtMG hier: Revision des Angeklagten
hat das Oberlandesgericht Karlsruhe am 18. August 2017 beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht Villingen-Schwenningen vom 12. April 2017 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere schöffengerichtliche Abteilung des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen zurückverwiesen.

Gründe:

Mit Urteil des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen vom 12.4.2017 wurde der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen und formellen Rechts gestützte Sprungrevision des Angeklagten.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen.

II.
Die zumindest im Hinblick auf die Sachrüge zulässige Sprungrevision hat unabhängig davon, ob zu den Verfahrensrügen im erforderlichen Umfang vorgetragen wurde, aufgrund sachlich-rechtlicher Fehler des angefochtenen Urteils - zumindest vorläufigen - Erfolg.

1. Den äußerst knappen, schon in Bezug auf die Tatzeiten und Tatörtlichkeiten kaum aussagekräftigen Feststellungen zur Sache lässt sich aus dem Gesamtzusammenhang heraus und angesichts der Mengen der Betäubungsmittel, mit denen der Angeklagte Umgang gehabt haben soll, zwar noch ausreichend entnehmen, dass der Erwerb der Drogen (Taten Ziffern 1. bis 13.) zum Weiterverkauf bestimmt und wie letztlich auch der Verkauf (Taten Ziffern 14. bis 15.) darauf gerichtet war, ebenfalls nicht näher konkretisierten, Gewinn zu erzielen. Dies führt zur Annahme eines Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Im Hinblick auf die Tat Ziffer 1. mangelt es aber an ausreichenden Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der Ecstasy-Tabletten. Sollte sich der am Ende des Gesamtsachverhaltes erwähnte Gehalt von 5 % ohnehin nicht nur auf die Taten Ziffern 2. bis 15. bezogen haben, die Marihuana zum Gegenstand hatten, sondern auch auf die Tat Ziff. 1, lässt sich den Feststellungen gleichwohl mangels Gewichtsangaben keine konkrete Wirkstoffmenge entnehmen, zumindest keine solche, aus der sich das ErreiChen der nicht geringen Menge i.S.d. dem Schuldspruch für die Tat Ziff. 1 zugrunde liegenden § 29 a Abs. I Nr. 2 BtMG ergibt. Insbesondere können insoweit allein aus der Zahl der Tabletten keine tragfähigen Schlussfolgerungen gezogen werden (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., Rdnr. 114 zu S 29 a BtMG).

2. Auch die Beweiswürdigung weist durchgreifende Fehler auf.

Wie die Revision zutreffend geltend macht, ermöglichen die Ausführungen des Amtsgerichts zu seiner Überzeugungsbildung keine revisionsrechtliche Überprüfung, ob es auf tragfähiger Grundlage das materielle Recht richtig angewendet hat.

Schon angesichts der Anzahl der festgestellten Taten und des schon mehrere Jahre zurückliegenden Tatzeitraums versteht sich nicht von selbst, dass das Geständnis des Angeklagten, auf welches das Gericht gänzlich ohne Wertung hinweist, den Aufklärungsbedarf hinsichtlich der getroffenen Feststellungen zur Sache erfüllt, stimmig ist und auch im Hinblick auf sonstige Beweisergebnisse keinen Glaubhaftigkeitsbedenken unterliegt und ob es die getroffenen Feststellungen trägt (vgl. BGH, B. v. 13.9.2016 - 5 StR 338/16). Letzteres gilt insbesondere auch im Hinblick auf den Wirkstoffgehalt, da es vorliegend lebensfern anmutet, dass der Angeklagte die genaue Prozentangabe zuverlässig angegeben bzw. bestätigt haben sollte.

Schon aufgrund der vorgenannten Gesichtspunkte ist das Urteil des Amtsgerichts samt den getroffenen Feststellungen aufzuheben und, da kein Fall vorliegt, in dem der Senat in der Sache selbst entscheiden könnte (§ 354 Abs. 1 StPO), die Sache an eine andere schöffengerichtliche Abteilung des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen zurückzuverweisen (§§ 353 Abs. I, 354 Abs. 2 StPO).

3. Im Hinblick auf die neu zu treffenden Feststellungen weist der Senat darauf hin, dass der Wirkstoffgehalt der Betäubungsmittel gegebenfalls auch mittels Schätzung ermittelt werden kann.

Zur Strafzumessung ist anzumerken, dass vorliegend der im aufgehobenen Urteil herangezogenen strafschärfende Umstand, der Angeklagte habe mit „erheblicher krimineller Energie unerlaubt mit Drogen Handel getrieben" in dieser Pauschalität ohne Konkretisierung, woraus sich diese Wertung ergibt, schon vor dem Hintergrund, dass - ebenfalls ohne Begründung - minder schwere Fälle i. S.d § 29 a Abs. 2 BtMG zu Grunde gelegt worden sind, nicht trägt.

Letztlich bedarf es auch bei der Gesamtstrafenbildung eines eigenständigen gesamtstrafenspezifischen Zumessungsaktes, bei der die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend zu würdigen sind (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl, Rdnr. 6 zu § 54). Auch dies lässt das aufgehobene Urteil vermissen."


Einsender: RA P. Rinklin, Freiburg

Anmerkung:


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