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Entscheidungen

StPO

Vertretervollmacht, Selbstunterzeichnung, Berufungsverwerfung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamburg, Beschl. v. 25.07.2017 - 1 Rev 37/17

Leitsatz: 1. Im Berufungsrechtszug setzt die Vertretung des abwesenden Angeklagten nach § 329 Abs. 2 Satz 1 StPO voraus, dass der Angeklagte den Verteidiger zuvor schriftlich zur Vertretung bevollmächtigt.
2. Die formlose Erteilung einer Vertretungsvollmacht durch den Angeklagten und deren anschließende Verschriftlichung durch den Verteidiger genügen nicht (gegen BayObLG, Beschl. v. 7. November 2001 - 5 St RR 285/01, NStZ 2002, 277 f.)


In pp.
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 13. Februar 2017 wird auf ihre Kosten nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Gründe
I.
Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek hatte die Angeklagte auf der Grundlage einer Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hamburg wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt. Auf ihre hiergegen unbeschränkt geführte Berufung hat das Landgericht Termin zur Hauptverhandlung anberaumt. Im Hauptverhandlungstermin erschien die ordnungsgemäß geladene Angeklagte nicht. Ihr anwesender Verteidiger, dem zuvor eine allgemeine Strafprozessvollmacht schriftlich erteilt worden war, teilte mit, dass er von der Angeklagten auch zur Vertretung in der Berufungshauptverhandlung bevollmächtigt worden sei. Zu einer schriftlichen Bevollmächtigung durch die Angeklagte persönlich sei es nicht gekommen. Nachdem das Landgericht Zweifel an der Wirksamkeit und Reichweite der Bevollmächtigung geäußert hatte, erstellte der Verteidiger eine handschriftliche „Vertretungsvollmacht“ für die Berufungshauptverhandlung, die er sogleich selbst „i.V.“ unterzeichnete.

Das Landgericht hat die Berufung nach § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO verworfen. Gegen das Verwerfungsurteil wendet sich die Angeklagte mit ihrer auf Verfahrensbeanstandungen sowie die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision.

II.
Die Revision ist aus den Gründen der Antragschrift der Generalstaatsanwaltschaft im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

Näherer Erörterung bedarf hier nur Folgendes:

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Angeklagte nicht wirksam von ihrem allein anwesenden Verteidiger vertreten wurde. Zu Recht hat es deshalb die Berufung der Angeklagten nach § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO verworfen.

1. Im Berufungsrechtszug setzt die Vertretung des abwesenden Angeklagten nach § 329 Abs. 2 Satz 1 StPO voraus, dass der Angeklagte den Verteidiger zuvor schriftlich zur Vertretung bevollmächtigt. Die formlose Erteilung einer Vertretungsvollmacht durch den Angeklagten und deren anschließende Verschriftlichung durch den Verteidiger genügen nicht (so schon Mosbacher, NStZ 2013, 312, 314 f.; Löwe-Rosenberg/Becker, StPO, 26. Aufl.,§ 234 Rn. 8; sowie die Kommentierungen im Anschluss an die Gesetzesänderung durch das Gesetz zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungshauptverhandlung und über die Anerkennung von Abwe-senheitsentscheidungen in der Rechtshilfe, BT-Drucks. 18/3562: MünchKomm-StPO/Arnoldi, § 234 Rn. 7; SK-StPO/Deiters, 5. Aufl., § 234 Rn. 4).

a) Hierfür streitet schon die Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 329 StPO (BT-Drucks. 18/3562, S. 68), die eine aufgrund einer mündlichen Ermächtigung durch den Angeklagten vom Verteidiger selbst unterzeichnete Vollmacht ausdrücklich für nicht ausreichend erachtet.

b) Die Gegenansicht (BayObLG, Beschl. v. 7. November 2001 – 5 St RR 285/01, NStZ 2002, 277 f.; OLG Dresden, Beschl. v. 21. August 2012 – 3 Ss 336/12 [zum Einspruchsverfahren vor dem Amtsgericht]; Beck-OK-StPO/Gorf, 27.Ed., § 234 Rn. 6; SSW-StPO/Grube, 2. Aufl., § 234 Rn. 6; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 234 Rn. 5) wird dem Schutzzweck der Norm nicht hinreichend gerecht. Dieser verlangt, dass sich der Angeklagte, nicht sein Verteidiger, schriftlich zur Vollmachtsfrage erklären muss. Nur dadurch wird dem Angeklagten die besondere Bedeutung seiner Bevollmächtigung bewusst (Mosbacher, a.a.O.). Zudem dokumentiert der Betroffene damit selbst zuverlässig, dass er wesentliche Verfahrensrechte aus der Hand gibt. Den Bevollmächtigten sich selbst schriftlich zur Bevollmächtigung erklären zu lassen, würde den Schutz des Angeklagten vor Übereilung durch mündliche Erklärung vereiteln und den besonderen Dokumentationswert der schriftlichen Bevollmächtigung ganz wesentlich herabsetzen (Mosbacher, a.a.O.).

2. Einer Vorlage an den Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG bedarf es nicht. Durch die Gesetzesänderung in § 329 StPO entfällt die Vorlagepflicht mit Blick auf die entgegenstehende Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts. Die Entscheidung des OLG Dresden, die ebenfalls vor der Gesetzesänderung zu § 329 StPO erging, betraf darüber hinaus das Einspruchsverfahren gegen einen Strafbefehl vor dem Amtsgericht.


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