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Entscheidungen

Gebühren

Pauschgebühr, Bewilligungsvoraussetzungen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Koblenz, Beschl. v. 13.02.2017 - 1 AR 110/16

Leitsatz: Auch bei einem bestellten Verteidiger gehört ein sorgfältiges Aktenstudium zur Erarbeitung einer zielführenden Verfahrensstrategie zu den Aufgaben, die grundsätzlich durch die Regelgebühren abgegolten werden.


Beschluss
In der Strafsache
gegen pp.
wegen hier: versuchter räuberischer Erpressung u.a. Pauschvergütung nach § 51 RVG

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter am 13. Februar 2017 beschlossen:

Der Antrag des Rechtsanwalts Siebers auf Bewilligung einer Pauschvergütung für seine Tätigkeit als Verteidiger des Angeklagten im Berufungsverfahren vor dem Landgericht Trier wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe:
1. Der damals noch von Rechtsanwalt B. verteidigte Angeklagte war durch Urteil des Amtsgerichts Bernkastel-Kues vom 28. April 2015 wegen versuchter räuberischer Erpressung und wegen versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten mit Strafaussetzung zu Bewährung verurteilt worden. Vorausgegangen war eine viertägige Hauptverhandlung; zwei der Termine (31. März und 20. April 2015) waren allerdings „Schiebetermine", die nur wenige Minuten dauerten. Die Beweisaufnahme zu den Tatvorwürfen - der Angeklagte hatte die versuchte Nötigung eingeräumt und im Übrigen von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht - war bereits am 1. Hauptverhandlungstag, der von 09:00 Uhr bis 14:35 Uhr dauerte, abgeschlossen gewesen. Am 28. April 2015 wurde noch ein Sachverständiger zum (Nicht-)Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB angehört.

Die Darstellung des Beweisergebnisses und die Beweiswürdigung im amtsgerichtlichen Urteil umfassen knapp fünf Seiten. im Wesentlichen stützt sich die Verurteilung wegen versuchter räuberischer Erpressung auf die Feststellung, dass bestimmte Telefonate im Zusammenhang mit dieser Tat von einem Mobiltelefon mit einer SIMKarte geführt worden waren, die später in der Geldbörse des Angeklagten sichergestellt wurde. Weiterhin spielte eine Rolle, dass der Angeklagte und das Erpressungsopfer Sch. seit Jahren eine erbittertere Auseinandersetzung um eine Zahlungsverpflichtung führen, die Sch. nicht erfüllen will.

Gegen das amtsgerichtliche Urteil legten der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft - beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch - Berufung ein.

Am 21. Januar 2016 zeigte Rechtsanwalt Siebers an, er habe die Verteidigung des Angeklagten übernommen und beantragte namens seines Mandanten, ihn anstelle von Rechtsanwalt B. zu Verteidiger zu bestellen. Dem kam der Vorsitzende des Berufungsgerichts mit Beschluss vom 15. April 2016 nach.

Nach Abstimmung mit dem Verteidiger und dem Sachverständigen bestimmte der Vorsitzende sodann Hauptverhandlungstermine auf den 23. November, 30. November und 5. Dezember 2016. Die Hauptverhandlung vom 23. November 2016 dauerte nur 27 Minuten; nach einer Erörterung der Sach- und Rechtslage nahmen der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft ihre Berufungen zurück.

Nunmehr beantragt Rechtsanwalt Siebers die Bewilligung einer Pauschvergütung in Form eines Zuschlags auf gesetzlichen Gebühren (672 €) in Höhe von 328 €. Zur Begründung trägt er vor, der Angeklagte sei vom Amtsgericht „nach einer mehrtägigen aufwendigen Beweisaufnahme" verurteilt worden: durch „intensives Aktenstudium und eine ausführliche Analyse" sei er zu der dem Angeklagten ausführlich erläuterten Einschätzung gelangt. dass die Berufung kaum Aussicht auf Erfolg habe. Nach Erörterung der Sach- und Rechtlage zu Beginn der Hauptverhandlung habe er dem Angeklagten die Berufungsrückname nahegelegt.

2. Der Antrag ist unbegründet, weil weder dargelegt noch ersichtlich ist, dass und warum die Sache besonders umfangreich oder besonders schwierig gewesen sein könnte und die Regelvergütung in Höhe von 672 € für die Teilnahme an einer kurzen Hauptverhandlung und deren Vorbereitung unzumutbar wäre.

Es mag sein, dass der Verteidiger einen wesentlichen Beitrag dazu leistete, dass der Angeklagte seine Berufung zurücknahm. Das ist aber kein Grund für die Bewilligung einer Pauschvergütung. Wenn die Erfolgsaussichten gering waren - was nach Aktenlage zutrifft - hat der Antragsteller mit einer entsprechenden Beratung des Angeklagten genau das getan, was seine Aufgabe war. Die Pauschvergütung ist aber keine Belohnung für pflichtgemäßes Verhalten, und zwar auch dann nicht, wenn sich dies im Endeffekt auch für den Staat als kostensparend erweist.

Auch bei einem bestellten Verteidiger gehört ein sorgfältiges Aktenstudium zur Erarbeitung einer zielführenden Verfahrensstrategie zu den Aufgaben, die grundsätzlich durch die Regelgebühren abgegolten werden. Besondere Umstände. die eine Pauschvergütung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Es mag nicht ganz einfach gewesen sein, aus dem Aktenwust mit viel „Verfahrensbürokratie" die (potentiell) relevanten Protokolle und Vermerke zu extrahieren. Der verfahrensrelevante Stoff selbst war aber nicht besonders umfangreich. Das, was für die Schuld des Angeklagten sprach, konnte man im Urteil des Amtsgerichts nachlesen: Entlastendes, das vom Amtsgericht übersehen worden sein könnte, war in den Akten nicht zu finden.

Da die Sache auch weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besonders schwierig war, hat der Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung keinen Erfolg.


Einsender: RRA W. Siebers, Braunschweig

Anmerkung:


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