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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Verjährungsunterbrechung, Anordnung von dinglichem Arrest, Gewährung von Akteneinsicht

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 20.05.2016 - 1 Ws 83/15

Leitsatz: 1. Die Anordnung des dinglichen Arrestes gemäß §§ 111b Abs. 2, 111d StPO unterbricht nicht die Strafverfolgungsverjäh-rung, da es sich nicht um eine richterliche Beschlagnahmean-ordnung im Sinne des § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB handelt.
2. Zur Unterbrechung der Strafverfolgungsverjährung durch Gewährung von Akteneinsicht.


KAMMERGERICHT
Beschluss
Geschäftsnummer:
1 Ws 83/15161 AR 40/15
In der Strafsache
gegen pp.
wegen Vergehens gegen das Wertpapierhandelsgesetz,
hier betreffend die Anordnung des Verfalls der Forderungen
im selbständigen Verfahren

hat der 1. Strafsenat des Kammergerichts am 20. Mai 2016 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Berlin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 13. August 2015 wird verworfen.

Die Landeskasse hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:
Die Staatsanwaltschaft Berlin legt den Beschuldigten G. und L. drei im Zeitraum von September 2006 bis 5. Juni 2007 gemeinschaftlich begangene Vergehen ge-gen das Wertpapierhandelsgesetz zur Last, strafbar gemäß §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 11, 20a Abs. 1 Nr. 1 und 3 WpHG, 25 Abs. 1 Alt. 2, 25 Abs. 2, 52, 53 StGB. Sie sollen in dem genannten Zeitraum über den gesondert verfolgten Anlageberater F. unter Angaben von falschen, irreführenden Angaben wertlose Aktien der in den USA ansässigen Unternehmen R. Corp., S. E. Corp. und S. M. Inc. gezielt beworben und dadurch deren Kurs in die Höhe gebracht haben, um sie gewinnbringend veräußern zu können. Wegen der Einzelheiten wird auf die An-tragsschrift der Staatsanwaltschaft vom 3. Juni 2014 Bezug genommen. Sie er-strebt damit im objektiven Verfahren (§§ 440, 442 StPO, 76a StGB) den auf §§ 73 Abs. 1, Abs. 3, 73a, 76a StGB gestützten Verfall verschiedener Geldbeträge zum Nachteil mehrerer Firmen mit Sitz in Panama, über deren Bankkonten die ver-schiedenen Aktienverkäufe abgewickelt wurden.

Der Beschuldigte G. ist der wirtschaftlich Berechtigte des Kontos Nr. 1069984 der R.D. SA bei der Züricher Bank S. & Cie. AG, das den Gegenstand des vorliegen-den Beschwerdeverfahrens bildet. Über dieses Konto wurden – ebenso wie u.a. über ein Konto der L. E. Corp. bei der Bank S. O. Jr. & Cie. (Switzerland) Ltd. – die Aktien der R. Corp. veräußert. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen handelt es sich sowohl bei der R.D. SA als auch bei der L. E. Corp. um „Briefkastenfir-men“ mit Sitz in Panama City, die die Beschuldigten für die Aktienverkäufe benutz-ten.

Die Staatsanwaltschaft verfügte am 7. Februar 2008 die Einleitung des Ermitt-lungsverfahrens gegen den Beschuldigten G. Mit Beschluss vom selben Tag - (350 Gs) 3 Wi Js 1665/07 (378/08) - ordnete das Amtsgericht Tiergarten auf An-trag der Staatsanwaltschaft gemäß §§ 111b Abs. 2, 111d, 111e Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 73 Abs. 1 und 3, 73a StGB, §§ 20a, 38 WpHG zur Sicherung des Ver-falls den dinglichen Arrest in Höhe von 18.047.509 Euro in das Vermögen der L. E. Corp. an. Aufgrund dessen wurden am selben Tag auf Anordnung der Staats-anwaltschaft Berlin im Wege der Rechtshilfe die Forderungen der L. E. Corp. ge-gen die Bank S. O. Jr. & Cie. (Switzerland) Ltd. gepfändet. Die L. E. Corp. legte gegen den Beschluss Beschwerde ein. Am 18. Februar 2008 zeigte Rechtsanwalt Fr. die Verteidigung des Beschuldigten G. an und beantragte zugleich Aktenein-sicht. Die Staatsanwaltschaft gewährte ihm mit Verfügung vom 5. März 2008 die Akteneinsicht, allerdings aus ermittlungstaktischen Gründen nur in die Bände 1 bis 5 der zu diesem Zeitpunkt aus 8 Bänden bestehenden Ermittlungsakten. Die Bän-de 1 bis 5 wurden Rechtsanwalt Fr. am 10. April 2008 zur Einsicht ausgehändigt. Mit Beschluss vom 18. Juni 2008 - 350 Gs 1545/08 - ordnete das Amtsgericht Tiergarten die Beschlagnahme der gesamten Forderungen der R.D. SA bei der Bank S. & Cie. AG insbesondere aus dem Konto Nr. 1069984 in der damaligen Höhe von 2.847.923 Euro an. Die Forderungen wurden auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Berlin vom 20. Juni 2008 im Wege der Rechtshilfe gepfändet. Die letzten den Beschuldigten G. betreffenden Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Tiergarten - 350 Gs 1722/08 - ergingen am 8. Juli 2008.

Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 7. Februar 2008, mit dem das Amts-gericht Tiergarten den dinglichen Arrest in das Vermögen der L. E. Corp. ange-ordnet hatte, verwarf das Landgericht Berlin durch Beschluss vom 24. Juli 2009 - 523 Qs 162/08 -. Mit Verfügung vom 1. Dezember 2009 gewährte die Staatsan-waltschaft dem Verteidiger des Beschuldigten G. vollständige Akteneinsicht; die inzwischen aus 24 Ermittlungsbänden nebst Sonderbänden bestehenden Akten wurden ihm am 8. Dezember 2009 ausgehändigt. Die Antragsschrift der Staats-anwaltschaft im objektiven Verfahren ging am 7. Juli 2014 bei dem Landgericht ein.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 13. August 2015 den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung des Verfalls der Forderungen der R.D. SA gegen die Bank S. & Cie. wegen Verfolgungsverjährung zurückgewiesen. Mit ihrer sofortigen Beschwerde macht die Staatsanwaltschaft geltend, dass bis-her noch keine Verjährung eingetreten sei. Das Landgericht habe nicht berück-sichtigt, dass der Beschluss vom 24. Juli 2008 - 523 Qs 162/08 - den dinglichen Arrest bestätigt und damit eine richterliche Beschlagnahmeanordnung aufrecht-erhalten habe. Infolgedessen sei die Verjährung nach § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2 StGB unterbrochen worden. Eine weitere Unterbrechung der Verjährung gemäß § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB liege in der Gewährung der mit Verfügung vom 1. Dezember 2009 gewährten Akteneinsicht.

Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.

1. Ist gegen den Verfallsbeteiligten wegen eines Verfahrenshindernisses eine Ver-folgung nicht oder nicht mehr möglich, kann der Verfall auch nicht mehr im selb-ständigen Verfahren nach den §§ 440, 442 StPO, 76a StGB angeordnet werden (vgl. OLG Celle NStZ-RR 1996, 209; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 59. Aufl., § 440 Rdn. 9). Daher darf das selbständige Verfallsverfahren, anders als ein selb-ständige Einziehungsverfahren (§§ 76a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 78 Abs. 1 Satz 2 StGB), nicht mehr betrieben werden, wenn das rechtliche Hindernis der Verfol-gungsverjährung eingetreten ist. Das ergibt sich aus § 78 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB. Auch die Beschwerdeführerin geht hiervon aus.

Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Verfolgung der gegen den Beschuldigten G. gerichteten Vorwürfe wegen Verjährung nicht mehr möglich ist (§ 78 ff. StGB). Mit dem Ablauf des 7. Juli 2013 ist Verfolgungsverjäh-rung eingetreten.

a) Die einfache Verjährungsfrist für die dem Beschuldigten G. zur Last gelegten Taten beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) und begann gemäß § 78a StGB mit der Beendigung der letzten Tat (5. Juni 2007). Letztmalig unterbrochen wurde die Verjährung gemäß § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB durch die amtsgerichtlichen Durchsuchungsbeschlüsse vom 8. Juli 2008. Die Antragsschrift der Staatsanwalt-schaft im objektiven Verfahren ist am 7. Juli 2014 bei dem Landgericht eingegan-gen, mithin ein Jahr nach dem Ablauf der infolge der Durchsuchungsbeschlüsse unterbrochenen Verjährungsfrist. Sie konnte daher die Verjährung nicht mehr nach § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StGB unterbrechen.

b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die Verjährung nicht durch den Beschluss vom 24. Juli 2009 unterbrochen worden, mit dem das Land-gericht Berlin die Beschwerde gegen die Anordnung des dinglichen Arrestes in das Vermögen der L. E. Corp. zurückgewiesen hat. Zwar hielt das Landgericht damit eine Sicherungsmaßnahme aufrecht, die sich auf die hier verfahrensgegenständli-che Tat, den Verkauf der R.-Aktien, bezog. Die Entscheidung war jedoch nicht geeignet, die Verjährung zu unterbrechen, weil sie nicht – wie in § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB bestimmt – eine richterliche „Beschlagnahmeanordnung“ aufrechter-hielt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (wistra 2005, 27; BGHSt 28, 381) sind die Vorschriften über die Verjährung als Ausnahmeregelungen eng aus-zulegen. § 78c Abs. 1 Satz 1 StGB enthält einen abschließenden Katalog der Un-terbrechungshandlungen. Eine Analogie zu Ungunsten des Täters ist, da es sich auch um materielles Recht handelt, nicht zulässig (vgl. BGH wistra 2005, 27; Fi-scher, StGB 63. Aufl., § 78c Rdn. 7). Hiervon geht auch die Beschwerdeführerin aus. Entgegen ihrer Auffassung lässt sich nicht im Wege der systematischen Aus-legung das Ergebnis begründen, dass die Anordnung des dinglichen Arrests unter den Begriff der richterlichen „Beschlagnahmeanordnung“ im Sinne des § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB subsumiert werden kann.

aa) Die Frage, ob ein nach §§ 111b Abs. 2, 111d StPO angeordneter dinglicher Arrest gemäß § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB verjährungsunterbrechend wirkt, ist, soweit ersichtlich, noch nicht obergerichtlich entschieden worden. Verneint hat sie das Landgericht Stuttgart - 11. Strafkammer für Wirtschaftsstrafsachen - in einem Beschluss vom 17. September 2009 (so die Mitteilung des baden-württembergi-schen Justizministeriums in Drucksache 14/5796 des Landtags von Baden-Württemberg, S. 3). Das Landgericht Stuttgart hat zum einen auf den Wortlaut des § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB verwiesen, der als Ausnahmevorschrift nicht der Auslegung zugänglich sei, dass auch der dingliche Arrest darunter falle. Zum anderen ergebe sich auch aus einer systematischen Betrachtung der §§ 111b ff. StPO, dass es sich bei dem dinglichen Arrest nicht um einen Unterfall der Be-schlagnahme handele. Schließlich spreche auch die Gesetzgebungsgeschichte gegen eine verjährungsrechtliche Gleichbehandlung von Beschlagnahmeanord-nung und dinglichem Arrest, da der Gesetzgeber eine mögliche ausdrückliche Er-weiterung des Katalogs verjährungsunterbrechender Maßnahmen in § 78c Abs. 1 StGB bei Einfügung der strafprozessualen Regelungen über den dinglichen Arrest im Jahre 1974 unterlassen habe. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat erklärt, dass sie künftig bei der Berechnung der Verjährungsfrist die vom Landgericht Stuttgart vertretene Rechtsauffassung zugrunde legen werde (Drucksache a.a.O., S. 5). Auch im strafrechtlichen Schrifttum wird, soweit ersichtlich, von niemandem die Position vertreten, dass dem dinglichen Arrest eine verjährungsunterbrechen-de Wirkung zukomme.

bb) Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Landgerichts Stuttgart. Der Gesetz-geber hat in einer Reihe von Vorschriften den Begriff der Beschlagnahme verwen-det (vgl. etwa §§ 98, 111b Abs. 1, 111c, 111e, 111p, 290 Abs. 1, 443 StPO). Wenngleich beide Begriffe der Sicherstellung von Vermögenswerten dienen, hat der Gesetzgeber, wie aus der Gegenüberstellung von Beschlagnahme und dingli-chem Arrest in § 111b Abs. 1 und Abs. 2 StPO sowie in § 111e StPO deutlich wird, getrennt behandelt. Ob Vermögenswerte beschlagnahmt oder durch dingli-chen Arrest gesichert werden, hängt vom Sicherungszweck ab (vgl. Johann in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl., Vor §§ 111b ff. Rdn. 4). Der Gesetzgeber hat zur Sicherung von späteren Verfalls- sowie Einziehungsanordnungen die Be-schlagnahme vorgeschrieben; zur Sicherung von späteren Anordnungen des Ver-falls des Wertersatzes oder Anordnungen der Einziehung des Wertersatzes sowie Geldstrafen und Kosten des Strafverfahrens hat er den dinglichen Arrest vorgese-hen (Johann a.a.O., Rdn. 4). Dies erhellt, dass die Beschlagnahme und der dingli-che Arrest nebeneinander stehen und der dingliche Arrest nicht unter den Begriff der Beschlagnahme subsumiert werden kann. Subsumtionsfähig wäre der dingli-che Arrest nur unter den Oberbegriff der „Sicherstellung“ von Vermögenswerten. Eine entsprechende – sinnvolle – Anpassung des Gesetzes hat der Gesetzgeber jedoch bei der Einführung des dinglichen Arrests in das Strafverfahren versäumt und auch bei den nachfolgenden Gesetzesänderungen nicht nachgeholt. Dem Gesetzesanwender ist eine solche Anpassung im Wege der „Auslegung“ ver-wehrt. Es würde sich um die Ausdehnung eines Merkmals oder Rechtssatzes über den durch die Auslegung begrenzten Wortsinn hinaus auf einen vergleichbaren, aber vom möglichen Wortsinne nicht mehr erfassten Sachverhalt und damit um eine – hier nicht zulässige – Analogie handeln.

c) Auch die Verfügung vom 1. Dezember 2009, mit der die Staatsanwaltschaft dem Verteidiger des Beschuldigten G. Akteneinsicht gewährte, hat die Verjährung nicht unterbrochen.

aa) Dabei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Es ist anerkannt, dass in der Gewährung der Akteneinsicht zugleich die Bekanntgabe einer Verfahrensein-leitung im Sinne von § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB liegen kann. Die Bekanntma-chung der Einleitung der Ermittlungen bedarf keiner besonderen Form und ist auch gegenüber dem bevollmächtigten Verteidiger möglich; sie muss dem Be-schuldigten nur deutlich machen, dass gegen ihn wegen einer bestimmten Tat ein Ermittlungsverfahren geführt wird (vgl. BGH NStZ 2002, 229). Ob die Gewährung von Akteneinsicht die Verjährung unterbricht, lässt sich nicht allgemein beantwor-ten und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BGHR StGB § 78c Abs. 1 Nr. 1 Bekanntgabe 4; OLG Saarbrücken ZfSch 2009, 532). Die Staatsanwalt-schaft muss im Zeitpunkt der Einsichtsgewährung bereits einen Strafverfolgungs-willen haben, der sich auf eine bestimmte Tat beziehen muss (vgl. BGH StV 1997, 187; BGHR StGB § 78c Abs. 1 Handlung 3). Aus den Umständen muss klar er-sichtlich sein, dass die dem Verteidiger gewährte Akteneinsicht zur Information des Beschuldigten über Inhalt und Umfang des Ermittlungsverfahrens dienen soll und auch tatsächlich gedient hat (vgl. BGH NStZ 2008, 214). Hat die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens eine Unterbrechung der Verfolgungsver-jährung nach § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB bewirkt, so können weitere nach dieser Norm durchgeführte Maßnahmen nicht zu einer nochmaligen Unterbre-chung führen (vgl. BGH NStZ-RR 2014, 340; BGH NStZ 2009, 205).

bb) Daraus folgt, dass die dem Verteidiger des Beschuldigten im Dezember 2009 gewährte Akteneinsicht zwar grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Verjäh-rungsunterbrechung erfüllte. Gleichwohl ist diese nicht eingetreten, weil die voran-gegangene erstmalige Teilgewährung von Akteneinsicht im Frühjahr 2008 die Ver-jährungsunterbrechung gemäß § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB „verbraucht“ hatte und die wiederholte Akteneinsicht keine erneute Unterbrechung bewirken konnte.

Das Schreiben vom 5. März 2008, mit dem der ermittelnde Dezernent der Staats-anwaltschaft dem Verteidiger Akteneinsicht gewährte, lautet auszugsweise:

„Ermittlungsverfahren unter anderem gegen G.
Ihr Antrag auf Akteneinsicht vom 18. Februar 2008

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Fr.,

in dem hier gegen F., K. und G. wegen der Vergehen der Kurs- und Marktpreismanipulation gemäß §§ 38, 20a WpHG geführten Ermittlungs-verfahren teile ich auf Ihr Schreiben vom 18. Februar 2008 mit, dass das Verfahren zu dem Aktenzeichen 3 Wi Js 1665/07 geführt wird und derzeit aus ermittlungstaktischen Gründen lediglich eine Akteneinsicht in die Sachaktenbände 1 bis 5 des derzeit acht Bände umfassenden Verfahrens gewährt werden kann. Wann eine Einsichtnahme in die restlichen Vor-gänge möglich sein wird, vermag ich derzeit noch nicht zu beurteilen. …“
[Hervorhebende Unterstreichungen durch den Senat]

Dieses Schreiben gab dem Beschuldigten G. unmissverständlich bekannt, dass und weswegen gegen ihn ein Ermittlungsverfahren geführt wurde. Der Verfol-gungswille der Staatsanwaltschaft bezog sich zu diesem Zeitpunkt unter anderem auch auf die hier verfahrensgegenständliche Tat, nämlich den Verkauf der R.-Aktien, und sie richtete sich, wie nicht nur aus dem zitierten Schreiben selbst her-vorgeht, sondern auch ausdrücklich in der Beschwerdebegründung (S. 4) bestätigt wird, bereits damals gegen die Person des Beschuldigten G. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die gewährte Akteneinsicht habe „nicht zur Information des Beschuldigten über Existenz, Inhalt und Umfang des Ermittlungsverfahrens dienen sollen“, ist angesichts des eindeutigen Wortlauts des Schreibens vom 5. März 2008 nicht nachvollziehbar. Nachzuvollziehen ist allein, dass dem Beschuldigten gemäß § 147 Abs. 2 Satz 1 StPO einzelne Aktenteile vorenthalten werden sollten, um den Untersuchungszweck nicht zu gefährden.

Die gewährte Akteneinsicht diente auch tatsächlich zur Information des Beschul-digten über den Inhalt und Umfang des Ermittlungsverfahrens. Denn in den Bän-den 1 bis 5, die dem Verteidiger am 10. April 2008 ausgehändigt wurden, befan-den sich unter anderem die drei amtsgerichtlichen Durchsuchungsbeschlüsse vom 26. September, 1./2. Oktober und 13. November 2007 sowie die ausführliche Ma-nipulationsanalyse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 15. August 2007. Bereits aus diesen Aktenbestandteilen konnte sich der Beschul-digte, wie das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, in ausreichendem Maße ein Bild über den Inhalt und Umfang der gegen ihn erhobenen Vorwürfe machen.

2. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.


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