Gericht / Entscheidungsdatum: VG Koblenz, Urt. v. 02.12.2016 - 5 K 684/16.KO
Leitsatz: Zum Schadensersatz bei einer ungenehmigten Dienstfahrt/Privatfahrt
5 K 684/16.KO
VERWALTUNGSGERICHT KOBLENZ
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Verwaltungsrechtsstreit
pp.
wegen Schadensersatzes
hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz aufgrund der Beratung vom 2. Dezember 2016, an der teilgenommen haben Präsident des Verwaltungsgerichts, Richter am Verwaltungsgericht, Richter am Verwaltungsgericht, ehrenamtliche Richterin, ehrenamtliche Richterin
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. -
Tatbestand
Der Kläger verursachte in der Nacht vom 2. auf den 3. November 2015 mit einem von ihm für eine Privatfahrt ohne dienstliche Genehmigung verwendeten (geleasten) Dienstkraftfahrzeug vom Typ Opel Astra einen (Wild-)Unfall.
Für den hierdurch entstandenen Schaden (Reparaturkosten in Höhe von 7.249,87 sowie Geltendmachung der merkantilen Wertminderung durch das Leasing-Unternehmen in Höhe von 580,00 ) nahm das beklagte Land ihn mit Bescheid vom 23. Februar 2016 insgesamt in Höhe von 7.829,87 in Anspruch. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei aus privatem Interesse gefahren, ohne hierfür eine Genehmigung gehabt zu haben. Damit habe er vorsätzlich gegen seine Dienstpflichten verstoßen. Der Dienstpflichtenverstoß sei ursächlich für den Unfallschaden an dem Dienstkraftfahrzeug. Der Kläger müsse die volle Haftung für dem Land entstandene Eigenschäden übernehmen.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch vom 18. März 2016 machte der Kläger geltend, Wildunfälle seien üblicherweise über eine Teilkasko-Versicherung abge-deckt. Der Beklagte müsse daher vorrangig Ansprüche gegenüber der Versiche-rung geltend machen. Sofern das Land keine Teilkasko-Versicherung abgeschlossen habe, sei er als Beamter aus Fürsorgegesichtspunkten wie beim Abschluss einer solchen Versicherung zu stellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2016 (zugestellt am 30. Mai 2016) wies der Beklagte den Widerspruch aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurück. Eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Kläger trete vorliegend nicht ein, da der Schaden durch eine vorsätzliche Dienstpflichtverletzung entstanden sei.
Mit der am 30. Juni 2016 erhobenen Klage wendet der Kläger sich unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren weiter gegen den Leistungsbescheid. Dieser leide zudem daran, dass der Beklagte keine Ermessensentscheidung getroffen habe. Eine Billigkeitsentscheidung lasse sich dem Bescheid nicht entnehmen. Es wäre aber geboten gewesen, den Schadens-ersatzanspruch auf die Höhe der Leistungen einer Teilkasko-Versicherung zu begrenzen oder zu begründen, warum der Beklagte ihn in voller Höhe in Anspruch nehme. Schließlich sei nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte das beklagte Land darauf zu verweisen, dass es den Schaden durch eine Teilkasko-Versicherung hätte abdecken können.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 23. Februar 2016 in Gestalt des Wider-spruchsbescheids vom 23. Mai 2016 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er weist auf die grundsätzlich unzulässige Benutzung von Dienstkraftfahrzeugen zu Privatzwecken hin. Für das Fahrzeug sei was zutrifft aufgrund der Versiche-rungsfreiheit für Behördenfahrzeuge des Landes keine Haftpflichtversicherung abgeschlossen worden. Nach § 48 Satz 1 Beamtenstatusgesetz habe der Kläger den entstandenen Schaden zu ersetzen. Ein Spielraum für eine Billigkeits-entscheidung bestehe nicht. Gleichwohl sei ihm eine Stundung der Forderung angeboten worden.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsvorgänge (zwei Hefte) Bezug genommen. Sämtliche Unterlagen waren Gegen-stand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung VwGO ), ist zulässig, aber unbegründet.
Der Beklagte nimmt den Kläger zu Recht auf Schadensersatz in Anspruch. Die angefochtenen Bescheide vom 23. Februar 2016 und vom 23. Mai 2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Leistungsbescheid des Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheids findet seine Rechtsgrundlage in § 48 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG). Danach haben Beamtinnen und Beamte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzen, dem Dienstherrn, dessen Aufgaben sie wahrgenommen haben, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hat vorsätzlich seine Dienst-pflichten verletzt, indem er das Dienstkraftfahrzeug ohne eine Genehmigung für eine Privatfahrt genutzt hat. Gemäß Nr. 9 der Dienstkraftfahrzeug-Richtlinie des Ministeriums der Finanzen vom 28. Januar 2014 (5450-1-3), MinBl. 2014, S. 22, ist die Benutzung von Dienstkraftfahrzeugen außerhalb der dienstlichen Verwen-dung (u. a. Privatfahrten) grundsätzlich unzulässig. Ein begründeter Ausnahmefall lag erkennbar nicht vor. Vielmehr nutzte der Kläger das Fahrzeug bewusst für private Zwecke und hat damit vorsätzlich gegen seine aus § 35 Satz 2 BeamtStG folgende Gehorsamspflicht verstoßen. Danach haben nämlich Beamtinnen und Beamte die dienstlichen Anordnungen ihrer Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Auf dieser Pflichtverletzung beruht auch der entstandene Schaden.
Gegenüber seiner Pflicht zur Leistung von Schadensersatz kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, das beklagte Land hätte für die hier vorliegende Situation eines Wildunfalls eine Teilkasko-Versicherung abschließen müssen. Insoweit hat bereits der Beklagte zutreffend auf die Versicherungsfreiheit von Behörden-fahrzeugen des Landes hingewiesen (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 Pflichtversicherungs-gesetz). Es gilt deshalb gemäß Nr. 11 der Verwaltungsvorschrift zu § 34 der Landeshaushaltsordnung Rheinland-Pfalz der Grundsatz der sogenannten Selbst-deckung für Schäden an Personen, Sachen und Vermögen des Landes. Diese sind grundsätzlich nicht versichert. Eine solche Versicherung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) geboten. Es drängt sich geradezu auf, dass sich ein Beamter, der sich vorsätzlich dienstpflichtwidrig verhält, nicht einer von ihm verursachten Verpflichtung zum Schadensersatz unter Berufung auf den Gedanken der Fürsorgepflicht entledigen kann. Dies gilt erst Recht, wenn wie hier der Schaden in Zusammenhang mit einem dem ausschließlich privaten Bereich des Beamten zuzuordnenden Verhalten eingetreten ist. Aus der von dem Kläger zitierten arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung folgt nichts Gegenteiliges. Diese bezieht sich ausnahmslos auf betrieblich veranlasste Fahrten bzw. Schäden, die ein Arbeitnehmer in Ausübung seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit verursacht hat. Eine solche Konstellation liegt hier jedoch nicht vor.
Schließlich sind Ermessensfehler nicht erkennbar. Der Beklagte hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger vorsätzlich die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat. In diesem Fall hat er gemäß § 48 Satz 1 BeamtStG dem Beklagten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Ein Ermessens-spielraum ist dem Dienstherrn insoweit nicht eingeräumt. Überdies hat der Beklagte den Kläger bereits im Bescheid vom 23. Februar 2016 darauf hin-gewiesen, dass nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 Landeshaushaltsordnung auf Antrag eine Stundung bewilligt werden kann, die durch Einräumung angemessener Teil-zahlungen gewährt werden könne. Bis zum heutigen Tag liegt allerdings weder ein entsprechender Antrag des Klägers vor, noch hat er eine erhebliche Härte geltend gemacht.
Gegen die Höhe der Schadensersatzforderung sind Einwendungen weder erhoben noch sonst ersichtlich.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.
Gründe, die Berufung zuzulassen (§§ 124, 124 a VwGO), liegen nicht vor.
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