Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 22.08.2016 - 2 Ss 233/16
Leitsatz: Die notwendige Ermächtigung zur Rücknahme oder Beschränkung eines Rechtsmittels ist nicht in der allgemeinen Strafprozessvollmacht zu erblicken. In einer solchen generellen Bevollmächtigung liegt nur dann eine ausdrückliche Ermächtigung, wenn dem Verteidiger das Mandat überhaupt erst zur Durchführung jenes Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsverfahrens und somit in Ansehung der Möglichkeit einer entsprechenden Beschränkung erteilt wird.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main
2 Ss 233/16
Beschluss
In der Strafsache
gegen pp.
Verteidiger:
wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main - 2. Strafsenat - auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 15. April 2016 am 22. August 2016
gem. § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revision an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Frankfurt am Main zurückverwiesen.
Gründe:
Die Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.
Das Amtsgericht ist in gutem Glauben auf die schriftliche Erklärung des Verteidigers davon ausgegangen, dass es im Rahmen der Hauptverhandlung keiner weiteren Prüfung und Feststellung des Sachverhalts bedurfte, weil der Verteidiger den Einspruch gegen den Strafbefehl auf den Strafausspruch beschränkt hatte. Diese Erklärung des Verteidigers hat das Amtsgericht entgegen § 302 Abs. 2 StPO nicht auf ihre Belastbarkeit überprüft.
Wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, hält dies jedoch revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand, da die vom Verteidiger erklärte Rechtsmittelbeschränkung ohne Vollmacht des Angeklagten erfolgte.
Die Beschränkung des Einspruchs kann durch den Verteidiger gemäß § 302 Abs. 2 StPO nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Angeklagten wirksam erklärt werden, denn es handelt sich um die Teilrücknahme eines förmlichen, hier zunächst in vollem Umfang eingelegten Rechtsbehelfs. Die Ermächtigung kann zwar formfrei erteilt werden, dass sie erteilt wurde, muss aber nachgewiesen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1992 1 StR 264/92 -, juris Rn. 3 f.). Der Nachweis der ausdrücklichen Ermächtigung lag hier weder im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung vor, noch wurde er nachfolgend erbracht. Der Verteidiger hat im Rahmen der Revisionsbegründung vielmehr erklärt, eine ausdrückliche Ermächtigung im Sinne des § 302 2 StPO habe gerade nicht vorgelegen.
Die notwendige Ermächtigung ist insbesondere auch nicht in der allgemeinen Strafprozessvollmacht zu erblicken, welche der Angeklagte seinem Verteidiger am 07.10.2015 erteilt hatte. Zwar war dieser demnach befugt, Rechtsmittel und Rechtsbehelfe ganz oder teilweise; zurückzunehmen. In einer solchen generellen Bevollmächtigung liegt aber nur dann eine ausdrückliche Ermächtigung im Sinne von § 302 Abs. 2 StPO, wenn dem Verteidiger das Mandat überhaupt erst zur Durchführung jenes Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsverfahrens und somit in Ansehung der Möglichkeit einer entsprechenden Beschränkung erteilt wird (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 59. Auflage, § 302 Rn. 32 m. w. N.). Dies war vorliegend nicht der Fall, denn der Angeklagte hatte seinen Verteidiger bereits vor Erlass des Strafbefehls mandatiert.
Dass dem Verteidiger die entsprechende Ermächtigung in anderer Weise erteilt worden wäre, ist jedenfalls nicht hinreichend belegt. Aus dem Verhalten des Verteidigers oder des Angeklagten in der Hauptverhandlung könne keine entsprechenden Rückschlüsse gezogen werden, da der Angeklagte von der Anwesenheit in dieser Verhandlung entbunden war und sich nach § 411 Abs. 2 S. 1 StPO hat vertreten lassen. Aus dieser Vertretungsbefugnis für die Hauptverhandlung in Abwesenheit folgt nicht ohne weiteres, zu der bereits erklärten Beschränkung des Einspruchs vorab ermächtigt gewesen zu sein (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. Februar 2013 - III-3 RVs 24/13 Rn. 7, juris).
Über diese Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft hinaus bemerkt der Senat, dass es bei Fällen wie dem Vorliegenden naheliegt, die Voraussetzungen des §21 Abs.3 StVG i. V. m. § 74 Abs. 2 StGB zu prüfen. Eine Nachholung der bei Tatnachweis gebotenen Einziehung des Pkws ist vorliegend wegen § 358 Abs. 2 S. 1 StPO zwar nicht mehr möglich, ist aber für zukünftige Fälle in den Blick zu nehmen.
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