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Entscheidungen

Sonstiges

VW-Abgasskandal, Rechtsschutzversicherung, Mutwilligkeit

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Essen, Urt. v. 18.05.2016 - 18 O 68/16

Leitsatz: Zur Frage der Mutwilligkeit einer beabsichtigten Klage auf Rückabwicklung eines "VW-Abgasskandal-PKW“ im Hinblick auf die Rechtsschutzdeckung.


In pp.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer … verpflichtet ist, die Kosten der außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsverfolgung hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche des Klägers gegenüber dem Autohaus K & Co. und hinsichtlich der Schadensersatzansprüche gegenüber der VW AG zu tragen, die auf dem Kauf des Fahrzeuges durch den Kläger am 16.07.2010 beruhen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von den Kosten freizustellen, die durch die Fertigung des Stichentscheides bezüglich des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer … hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche des Klägers gegenüber dem Autohaus K & Co. und hinsichtlich der Schadensersatzansprüche gegenüber der VW AG durch die T GmbH entstanden sind.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle Schäden zu ersetzen, die ihm aus der unberechtigten Deckungsablehnung bezüglich des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer … hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche des Klägers gegenüber dem Autohaus K & Co. und hinsichtlich der Schadensersatzansprüche gegenüber der VW AG entstanden sind und noch entstehen werden.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Rechtsschutzversicherungsvertrag.

Zwischen den Parteien besteht ein Vertrag über eine Rechtsschutzversicherung. Der Kläger ist Versicherungsnehmer. Die Beklagte ist Versicherer. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung der Beklagten (ARB 2009, Stand 01.04.2011, im Folgenden: ARB) zu Grunde.

Der Kläger ist Eigentümer eines PKWs der Marke W1, welcher von dem sog. Abgasskandal betroffen ist. Der Kläger beauftragte diesbezüglich seine jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der Vertretung gegenüber dem Verkäufer (Autohaus K & Co.) sowie gegenüber der VW AG .

Gegenüber dem Autohaus K & Co. möchte der Kläger vorrangig vom Vertrag zurücktreten bzw. denselben wegen arglistiger Täuschung anfechten. Daneben möchte der Kläger gegenüber der VW AG Schadensersatzansprüche geltend machen.

Auf Deckungsanfrage des Klägers vom 26.11.2015 lehnte die Beklagte dieselbe mit Schreiben vom 11.01.2016 ab. Hinsichtlich des vom Kläger beabsichtigten Vorgehens gegen das Autohaus K & Co. berief sie sich auf Mutwilligkeit. Bezüglich des Vorgehens gegen die VW AG stützte sie ihre Ablehnung auf den in § 3 Abs. 4 c) ARB enthaltenen Ausschluss wegen abgetretener Ansprüche. Die Beklagte verwies in der Ablehnung auf das in ihren ARB vorgesehene Stichentscheidsverfahren gem. § 128 VVG.

Nach Ablehnung der Deckung durch die Beklagte fertigten die Prozessbevollmächtigten des Klägers in dessen Auftrag einen Stichentscheid mit dem Ergebnis, dass Deckungsschutz zu gewähren sei, da Mutwilligkeit nicht gegeben sei und die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg habe. Die Beklagte wies den Stichentscheid wegen offenbaren und erheblichen Abweichens von der wirklichen Sach- und Rechtslage mit Email vom 09.02.2016 zurück.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Beklagte für die beabsichtigte außergerichtliche und gerichtliche Rechtsverfolgung Deckungsschutz gewähren müsse. Die Rechtsverfolgung gegenüber dem Autohaus K & Co. sei nicht mutwillig.

Die Beklagte sei im Übrigen an den Stichentscheid gebunden. Dieser weiche nicht offenbar von der wirklichen Sach- und Rechtslage ab.

Die Beklagte habe die Deckung bereits nicht „unverzüglich“ i.S.v. § 3a Abs. 1 ARB abgelehnt. Die Beklagte sei daher mit dem Einwand der Mutwilligkeit ausgeschlossen.

Die Ablehnung sei darüber hinaus nicht hinreichend begründet. Demzufolge sei hinsichtlich der Frage der Erfolgsaussichten die Fiktionswirkung des § 128 Satz 3 VVG eingetreten. Die weiteren in der Email vom 09.02.2016 nachgeschobenen Gründe seien nicht zu berücksichtigen.

Die Beklagte habe auch ihre Hinweispflicht aus § 128 Satz 2 VVG verletzt. Der im Ablehnungsschreiben vom 11.01.2016 enthaltene Hinweis auf die Möglichkeit eines Stichentscheids sei nicht ausreichend.

Eine Nachbesserung des PKW sei dem Kläger nicht zumutbar. Hierdurch entstünden in jedem Fall Nachteile im Fahrverhalten des PKW.

Bezüglich der Ansprüche gegen die VW AG greife der Ausschluss des § 3 Abs. 4 c) ARB nicht ein. Der Kläger mache insoweit keine abgetretenen, sondern originäre Ansprüche geltend.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer … verpflichtet ist, die Kosten der außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsverfolgung hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche der Klägerpartei gegenüber dem Autohaus K & Co. und hinsichtlich der Schadensersatzansprüche gegenüber der VW AG zu tragen, die auf dem Kauf eines Fahrzeugs durch die Klägerpartei am 16.07.2010 beruhen.

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerpartei von den Kosten freizustellen, die durch die Fertigung des Stichentscheides bzgl. des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer … hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche der Klägerpartei gegenüber dem Autohaus K & Co. und hinsichtlich der Schadensersatzansprüche gegenüber der VW AG durch die T GmbH entstanden sind.

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerpartei alle Schäden zu ersetzen, die ihr aus der unberechtigten Deckungsablehnung bzgl. des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer … hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche der Klägerpartei gegenüber dem Autohaus K & Co. und hinsichtlich der Schadensersatzansprüche gegenüber der VW AG entstanden sind und noch entstehen werden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung gegen das Autohaus K & Co. für mutwillig. Die im Prozess zu erwartenden Kosten würden sich im sechsstelligen Bereich bewegen. Der wirtschaftliche Nutzen des Klägers stehe hierzu in keinem Verhältnis. Die VW AG hätte im Übrigen bereits eine kostenfreie Nachbesserung angeboten, welche lediglich mit einem geringen zeitlichen Aufwand verbunden sei. Eine verständige, nicht rechtsschutzversicherte Partei würde von der Prozessführung absehen.

Die Ablehnung der Deckung sei „unverzüglich“ erfolgt. Dies insbesondere mit Blick auf Komplexität des Sachverhalts. Bis heute sei keine vollständige Informationsmitteilung gegenüber der Beklagten erfolgt.

Auch sei die Ablehnung mit Blick darauf, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers in unterschiedlichen Verfahren identische Musterklagen vorlegten, ausreichend begründet.

Der Hinweispflicht nach § 128 Satz 2 VVG sei die Beklagte ausreichend nachgekommen. Insoweit sei der Informationszweck ohnehin ins Leere gelaufen, da den Prozessbevollmächtigten des Klägers die Möglichkeit eines Stichentscheides bekannt gewesen sei.

Die Beklagte hält den seitens des Klägers gefertigten Stichentscheid mangels Einhaltung der Verfahrensvoraussetzungen für nicht bindend. Der Stichentscheid sei im Interesse des Klägers gefertigt worden mit dem Ziel, einen mutwilligen Prozess zu führen. Dieser setze sich insbesondere nur ganz oberflächlich mit der Frage der Mutwilligkeit der angestrebten Rechtsverfolgung auseinander. Im Übrigen weiche der Stichentscheid offenbar von der wirklichen Sach- und Rechtslage erheblich ab.

Ein erheblicher Schaden am klägerischen Fahrzeug sei nicht vorhanden. Es ergebe sich auch kein Minderwert des PKWs. Eine Nachbesserung sei unproblematisch möglich.

Für das angestrebte Verfahren gegen die VW AG bestehe nach § 3 Abs. 4 c) ARB kein Versicherungsschutz. Die VW AG habe bereits bei Herstellung des betreffenden PKW gegen Rechtsvorschriften und Rechtspflichten verstoßen und damit vor Auslieferung an den Kläger.

Bezüglich der Kosten für die Erstellung des Stichentscheiden stünde dem Kläger kein Anspruch zu, da seine Prozessbevollmächtigten ihm gegenüber auf eine Vergütung verzichtet hätten.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat in vollem Umfang Erfolg.

Die Beklagte ist aus dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrag verpflichtet, die Kosten der außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsverfolgung hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche des Klägers gegenüber dem Autohaus K & Co. und hinsichtlich der Schadensersatzansprüche gegenüber der VW AG zu tragen, die auf dem Kauf des Fahrzeuges durch den Kläger am 16.07.2010 beruhen.

Der Anspruch des Klägers ergibt sich insoweit aus § 1 VVG i.V.m. §§ 5; 23 Abs. 1, 4; 2 a), d) ARB.

Der Anspruch des Klägers bezüglich der Geltendmachung von Ansprüchen gegen das Autohaus K & Co ist insbesondere nicht gem. § 3a Abs. 1 b) ARB wegen Mutwilligkeit ausgeschlossen.

Mutwilligkeit liegt gem. § 3a Abs. 1 b) ARB dann vor, wenn der durch die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen voraussichtlich entstehende Kostenaufwand unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Versicherungsgemeinschaft in einem groben Missverhältnis zum angestrebten Erfolg steht. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.

Der angestrebte Erfolg der vom Kläger beabsichtigten Klage gegen das Autohaus K & Co. liegt in der Rückabwicklung des Kaufvertrages über den vom Abgasskandal betroffenen PKW. Den Kostenaufwand für ein entsprechendes Verfahren beziffert die Beklagte im Schreiben vom 11.01.2016 mit 7.700,69 €. Sie stellt diesem Betrag ein Nutzen des Klägers in Höhe von 60,00 – 200,00 € gegenüber (Kosten der Sachmängelbehebung).

Eine solche Gegenüberstellung geht jedoch fehl. Der Kläger möchte mit der angestrebten Klage gerade nicht die Nachbesserung durch das Autohaus K & Co. erreichen, sondern die Rückabwicklung des gesamten Kaufvertrages. Dieser angestrebte Nutzen kann nicht gleichgesetzt werden mit den Nachbesserungskosten im Falle der Nacherfüllung durch den Verkäufer.

Der pauschale Vortrag der Beklagten, dass in einem Verfahren, wie es der Kläger anstrebt, Kosten in einem bis zu sechsstelligen Bereich anfallen würden ist nicht einlassungsfähig. Dieser Vortrag der Beklagten entbehrt insoweit jeder Substantiierung.

Letztlich lässt sich der angestrebte Erfolg (Rückabwicklung des gesamten Vertrages) der Höhe nach auch nicht auf den vom Kläger behaupteten merkantilen Minderwert des PKW beschränken. Der Kläger möchte nämlich gerade nicht den merkantilen Minderwert des PKW als Schadensersatz gegenüber dem Autohaus K & Co. geltend machen, sondern sich vielmehr vollständig vom Vertrag lösen.

Im Übrigen ist die Beklagte mangels unverzüglicher Deckungsablehnung mit dem Einwand der Mutwilligkeit bereits ausgeschlossen.

Teilt nämlich der Versicherer entgegen § 3a Abs. 1 ARB dem Versicherungsnehmer die Ablehnung der Deckung nebst Gründen nicht unverzüglich mit, so ist der Versicherer mit den Einwänden i.S.v. § 3a ARB ausgeschlossen (Harbauer, ARB 2000, Vor § 18 Rn. 8; Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, 28. Aufl. § 18 ARB 2008/II Rn. 16; 29 Aufl., § 3a ARB 2010 Rn. 16).

Die Frist beginnt mit der vollständigen und wahrheitsgemäßen Unterrichtung des Versicherers über den Streitstand, vgl. § 17 Abs. 1 b) ARB.

Nach vollständiger und wahrheitsgemäßer Unterrichtung muss die Ablehnung innerhalb des Zeitraums erfolgen, den der Rechtsschutzversicherer bei sachgerechter, nicht schuldhaft verzögerter Prüfung für seine Entschließung benötigt. Regelmäßig sind insoweit zwei bis drei Wochen anzusetzen (Harbauer, ARB 2000, Vor § 18, Rn. 8; Prölss/Martin/Arbrüster, § 3a ARB 2010, Rn. 16).

Vorliegend hat der Kläger unstreitig mit Schreiben vom 26.11.2015 Deckungsschutz bei der Beklagten beantragt. Diese hat die Deckungszusage erst mit Schreiben vom 11.01.2016 abgelehnt.

Der Kläger hat die Beklagte mit Übersendung des Schreibens vom 26.11.2015 auch i.S.v. § 17 Abs. 1 b) ARB ausreichend unterrichtet.

Dem Schreiben hatte der Kläger jedenfalls die als Anlage K2 vorgelegte Musterklage beigefügt. Dieser ist hinreichend deutlich zu entnehmen, auf welcher Grundlage der Kläger welche Ansprüche gegenüber dem Autohaus K & Co. bzw. der VW AG eltend machen will.

Dass der Kläger in der Musterklage noch keine belastbaren Angaben bezüglich des merkantilen Minderwertes oder etwaiger Nachbesserungskosten macht, steht einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Information über sämtliche Umstände des Rechtsschutzfalles i.S.v. § 17 Abs. 1 b) ARB nicht entgegen. Solche Angaben – die ggf. erst im Rahmen des angestrebten Prozesses gutachterlich zu klären wären – kann der Kläger im Vorfeld kaum verlässlich machen.

Der Kläger hat der Beklagten mit Übersendung der beabsichtigten Musterklage somit gerade die Tatsachen vorgetragen, welche die Beklagte in die Lage versetzt haben, zu prüfen, ob ein bedingungsgemäßer Rechtsschutzfall vorliegt und in welchem Umfang dieser Leistungspflichten auslöst.

Damit hat die Frist zur Bearbeitung bereits mit der Deckungsanfrage vom 26.11.2016 begonnen.

Eine übliche Bearbeitungszeit von zwei bis drei Wochen zu Grunde gelegt, ist die Ablehnung vom 11.01.2016 jedenfalls nicht mehr „unverzüglich“ erfolgt.

Die Beklagte ist letztlich auch an den Stichentscheid gebunden, welcher das Vorliegen von Mutwilligkeit der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen durch den Kläger verneint.

Der Bindung der Beklagten steht der Umstand, dass der Stichentscheid durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers gefertigt wurde, nicht entgegen. Denn § 3a Abs. 2 ARB sieht die Möglichkeit, dass der Stichentscheid durch den für den Versicherungsnehmer bereits tätigen Rechtsanwalt erstellt wird, gerade vor.

Entgegen des Vortrags der Beklagten setzt sich der Stichentscheid auf den Seiten 8 ff. hinreichend ausführlich mit der Frage der Mutwilligkeit im konkreten Fall auseinander.

Der Stichentscheid weicht auch nicht offenbar von der wirklichen Sach- und Rechtslage erheblich ab. Wie bereits dargelegt, ist die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig i.S.v. § 3a Abs. 1 ARB.

Fehlende Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage gegen das Autohaus K & Co. wendet die Beklagte nicht ein. Sie stellt vielmehr auch im Nachgang zum Schreiben vom 11.01.2016 immer wieder klar, dass sie ihre Ablehnung allein auf die von ihr behauptete Mutwilligkeit der vom Kläger beabsichtigten Klage stützt.

Mit dem Einwand fehlender Erfolgsaussichten wäre die Beklagte im Übrigen auch präkludiert (Prölss/Martin/Armbrüster, § 3a ARB 2010 Rn. 17).

Der Anspruch des Klägers auf Deckung hinsichtlich der Geltendmachung von Ansprüchen gegen die VW AG ist nicht nach § 3 Abs. 4 c) ARB ausgeschlossen.

Gem. § 3 Abs. 4 c) ARB besteht kein Rechtsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Ansprüchen oder Verbindlichkeiten, die nach Eintritt des Rechtsschutzfalles auf den Versicherungsnehmer übertragen worden oder übergegangen sind.

§ 3 Abs. 4 c) ARB soll neben der „Erschleichung“ von Versicherungsfällen auch verhindern, dass Tatsachen, welche die Person des Zedenten betroffen haben, dem Versicherungsnehmer wegen der eingetretenen Rechtsnachfolge als Versicherungsfälle zugerechnet werden (Prölss/Martin/Armbrüster, ARB 2010, § 3 Rn. 87; Harbauer, ARB 2000, § 3 Rn. 181).

Der Kläger beabsichtigt mit der angestrebten Klage gegen die VW AG Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Insoweit stützt der Kläger seine gegen die VW AG gerichteten Ansprüche auf eigene originäre Ansprüche, überwiegend aus Deliktsrecht. Solche stellen jedoch gerade keine übertragenen oder übergegangenen Ansprüche im Sinne von § 3 Abs. 4 c) ARB dar.

Der mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger gem. § 3a Abs. 2 ARB zu.

Gem. § 3a Abs. 2 ARB kann der Kläger auf Kosten der Beklagten den Stichentscheid herbeiführen. Ein Verzicht der Prozessbevollmächtigten des Klägers auf ihre Vergütung ist nicht ersichtlich.

Ein Verzicht ergibt sich insbesondere nicht aus dem seitens der Beklagten vorgelegten Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 15.03.2016. Dieses ist bereits nicht an den Kläger adressiert sondern „An die Betroffenen des VW2-Abgasskandals“. Im Übrigen ergibt sich ein Verzicht der Prozessbevollmächtigten des Klägers aus diesem Schreiben auch inhaltlich nicht. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers weisen in dem Schreiben lediglich darauf hin, dass die Kosten für den Stichentscheid von dem Versicherer zu tragen sind, so dass für den Versicherungsnehmer im Stichentscheidsverfahren kein Kostenrisiko besteht. Ein Verzicht auf jegliche Gebühren ist hieraus gerade nicht ersichtlich.

Dem Kläger steht letztlich auch der mit dem Klageantrag zu 3) geltend gemachte Anspruch zu. Denn die unrechtmäßige Verweigerung der Deckung aus dem Versicherungsvertrag stellt eine Pflichtverletzung aus demselben dar. Dass dem Kläger durch die unberechtigte Deckungsverweigerung in der Zukunft Schäden entstehen, ist jedenfalls nicht fernliegend.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.


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