Gericht / Entscheidungsdatum: LG Magdeburg, Beschl. v. 13.06.2016 - 25 Qs 34/16
Leitsatz: Zur Aufhebung einer Pflichtverteidigerbestellung nach § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO.
Landgericht Magdeburg
Beschluss
25 Qs 786 Js 28295/15 (34/16)
In der Strafsache
gegen pp.
Verteidiger:
hat die 5. Große Strafkammer des Landgerichts Magdeburg durch die unterzeichnenden Richter am 13. Juni 2016 beschlossen;
Auf die Beschwerde des Angeschuldigten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vorn 3. Mai 2016 (Az_: 14 Ds 76628295/15 - 369/15), mit dem die Beiordnung von Rechtsanwalt Funck als Pflichtverteidiger aufgehoben wurde, wird dieser Beschluss aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Magdeburg zurückverwiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Aussagen des Angeschuldigten trägt die Landeskasse.
Gründe:
I.
Die Staatsanwaltschaft Magdeburg hat gegen den Beschwerdeführer am 20. Oktober 2015 zum Strafrichter des Amtsgerichts Magdeburg Anklage erhoben wegen Betruges zum Nachteil des Unternehmens pppp. in zwei Fällen, bei dem ein Schaden von 42,98 sowie 69,99 entstanden sein soll.
Eine Eröffnungsentscheidung ist noch nicht getroffen worden.
Unter dem 9. November 2015 zeigte Rechtsanwalt Funck die Vertretung des Angeschuldigten an und beantragte, diesem gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO beigeordnet zu werden.
Am 22. Dezember 2015 entsprach das Amtsgericht Magdeburg diesem Antrag und ordnete ihm Rechtsanwalt Funck als notwendiger Verteidiger bei, da sich der Angeschuldigte länger als drei Monate in Haft befinde bzw. voraussichtlich bis zur Hauptverhandlung befinden werde, § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO.
Nachdem die Jugendanstalt Raßnitz am 5. April 2016 mitgeteilt hatte, dass der Verurteilte am 8. April 2016 aus der Justizvollzugsanstalt entlassen worden sei, hob das Amtsgericht Magdeburg mit dem angefochtenen Beschluss am 3. Mai 2016 die Beiordnung von Rechtsanwalt Funck auf. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO nicht vorlägen und weder die Schwere der Tat noch die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Beiordnung eines Verteidigers geboten erscheinen ließen. Ferner seien auch die Voraussetzungen des § 140 Abs. 1 StPO nicht gegeben, da der Angeschuldigte aus der Haft entlassen worden sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Angeschuldigten vom 19. Mai 2016, mit der geltend gemacht wird, dass der angefochtene Beschluss nicht erkennen lasse, dass sich das Gericht des ihm zustehenden Ermessens bewusst gewesen sei und seine Entscheidung unter Berücksichtigung der spezifischen Gesichtspunkte des Einzelfalls getroffen habe, was mit einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf belegt wird.
Am 24. Mai 2016 hat das Amtsgericht Magdeburg der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO ist die Mitwirkung eines Verteidigers notwendig, wenn der Beschuldigte (Angeschuldigte) sich mindestens drei Monate aufgrund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befunden hat und nicht mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung entlassen wird. Daraus folgt, dass die Bestellung nicht per Gesetz automatisch in Wegfall gerät, wenn der Beschuldigte (Angeschuldigte) mindestens zwei Wochen vor der Hauptverhandlung aus der Verwahrung entlassen wird und die Verteidigung nicht aus einem anderen Grund notwendig Ist. Das Gericht muss dabei stets prüfen, ob die Beiordnung des Verteidigers aufrechtzuerhalten ist, weil die auf der Freiheitsentziehung beruhende Behinderung trotz der Freilassung nachwirkt, was in der Regel der Fall sein wird (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 140 Rn. 36). Ferner muss die Aufhebung der Bestellung durch eine mit Gründen zu versehene Entscheidung getroffen werden (vgl, Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.). Zwar hat das Amtsgericht den angefochtenen Beschluss vom 3. Mai 2016 mit Gründen versehen, jedoch erschöpfen sich diese in formelhaften Ausführungen. Die Entscheidung lässt nicht erkennen, dass sich das Amtsgericht seines Ermessensspielraumes bewusst gewesen ist und setzt sich nicht mit der Frage auseinander, ob die auf der vorangegangenen Freiheitsentziehung beruhende Behinderung trotz der Freilassung des Angeschuldigten nachwirkt. Vielmehr lässt die Entscheidung erkennen, dass das Amtsgericht von einem bloßen Automatismus hinsichtlich der Aufhebung der Beiordnung ausgegangen ist, wenn der Angeschuldigte sich innerhalb des von § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO gesetzten Zeitraumes nicht mehr in Haft befindet. Daher wird das Amtsgericht Magdeburg erneut über die Aufhebung der zuvor erfolgten Beiordnung von Rechtsanwalt Funck als notwendigen Verteidiger zu entscheiden haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO analog und berücksichtigt das bisherige Obsiegen des Angeschuldigten.
Einsender: RA J. - R. Funk, Braunschweig
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