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Leitsatz: 1. Das individuelle Beschäftigungsverbot und die Mutterschutzfristen stehen in ihren Auswirkungen der Dienstunfähigkeit infolge Erkrankung eines Richters, für die die Anwendung des § 275 Abs. 1 S. 4 StPO in Rechtsprechung und Literatur anerkannt ist, gleich. 2. Eine Dienstpflicht der Richterin, während der bewilligten Elternzeit das schriftliche Urteil zu fertigen, besteht nicht; die im Rahmen einer überobligatorischen Leistung der Richterin gefertigten Urteilsgründe können daher nicht unter Verstoß gegen § 275 Abs. 1 StPO zu den Akten gebracht worden sein. 3. Eine Höchstfrist für die nach § 275 Abs. 1 S. 4 StPO gerechtfertigte Fristüberschreitung lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen; eine an dem Gesetzeszweck der §§ 275 Abs. 1, 338 Nr. 7 StPO orientierte Auslegung zwingt ebenfalls nicht zu der Annahme, nach Ablauf einer mit etwa einem Jahr zu bemessenden Fristüberschreitung sei das Urteil auf die Verfahrensrüge hin zwingend aufzuheben.
OLG Hamm, 16.02.2016 - 3 RBs 385/15 In pp. Die Sache wird dem Senat für Bußgeldsachen in der Besetzung mit drei Richtern übertragen (Entscheidung der mitunterzeichnenden Einzelrichterin). Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene. Gründe I. Das Amtsgericht Bielefeld hat den Betroffenen am 20. März 2015 wegen einer am 8. Januar 2014 begangenen fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 33 km/h zu einer Geldbuße von 240,- verurteilt und ihm für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Das nach eintägiger Hauptverhandlung am 20. März 2015 verkündete Urteil ist am 2. Oktober 2015 in schriftlicher Form mit Gründen und Unterschrift zu den Akten gelangt. Ebenfalls vom 2. Oktober 2015 datiert ein Vermerk der entscheidenden Richterin, der wie folgt lautet: "Am 20.04.2015 musste ich stationär ins Krankenhaus. Im direkten Anschluss erhielt ich ein individuelles Beschäftigungsverbot. Hiernach folgte die Mutterschutzzeit, die bis zum 11.09.2015 andauerte. Insofern war mir eine frühere Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe nicht möglich". Gegen das in Anwesenheit des Betroffenen verkündete und dem Verteidiger am 14. Oktober 2015 in schriftlicher Form zugestellte Urteil richtet sich die am 27. März 2015 eingegangene Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die er mit weiterem Schriftsatz seines Verteidigers vom 16. November 2015, per Telefax beim Amtsgericht Bielefeld am selben Tag eingegangen, mit der Verfahrens- und der Sachrüge begründet hat. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 20. März 2015 aufzuheben und die Sache zu neuer Prüfung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Bielefeld zurückzuverweisen. Sie vertritt die Auffassung, die auf die verspätete Absetzung der Urteilsgründe gemäß §§ 275 Abs. 1 S. 2 und S. 4, 238 Nr. 7 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG gerichtete Verfahrensrüge des Betroffenen sei zulässig und begründet. Der Senat hat eine ergänzende dienstliche Äußerung der Amtsrichterin eingeholt, die diese unter dem 31. Dezember 2015 abgegeben hat. II. Die Rechtsbeschwerde wird zur Fortbildung des Rechts gemäß § 80a Abs. 3 S. 1 OWiG dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen (Entscheidung der mitentscheidenden Einzelrichterin des Senats). III. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§ 79 Abs. 3 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO). 1. Die erhobenen Verfahrensrügen führen nicht zum Erfolg. a) Bei der Beanstandung, das Gericht habe den Beweisantrag auf Einholung eines informationstechnischen Sachverständigengutachtens betreffend die Möglichkeit einer nachträglichen Veränderung der bei der Geschwindigkeitsmessung erstellten Datei rechtsfehlerhaft nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG abgelehnt, handelt es sich der Sache nach um eine Aufklärungsrüge (vgl. KK-Senge, OWiG, 4. Auflage, § 77, Rdnr. 52; Göhler-Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 77, Rdnr. 28). aa) Eine ordnungsgemäße Aufklärungsrüge verlangt die Angabe der Beweistatsachen, des Beweismittels und der Tatsachen, die den Tatrichter zum Gebrauch des Beweismittels gedrängt oder dessen Gebrauch zumindest nahe gelegt haben sollen. Ferner ist mitzuteilen, welche - dem Betroffenen günstige - Tatsache die unterlassene Beweisaufnahme ergeben hätte, wobei es nicht genügt, ein günstiges Ergebnis lediglich als möglich hinzustellen. Ferner ist auszuführen, in welchem Umfang eine Beweiserhebung bereits stattgefunden hat. Denn konnte das Amtsgericht aufgrund verlässlicher Beweismittel und ohne Missachtung der Aufklärungspflicht den Sachverhalt als eindeutig geklärt ansehen, darf es von weiteren Beweiserhebungen absehen. Es ist mitzuteilen, welche konkreten Erkenntnisse durch die unterlassene Beweiserhebung gewonnen worden wären und warum sich das Gericht zum Gebrauch des Beweismittels hätte gedrängt sehen müssen. bb) Gemessen hieran, bestehen bereits Bedenken, ob die erhobene Verfahrensrüge den Anforderungen der § 344 Abs. 2 S. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG genügt. Denn es mangelt an der bestimmten Behauptung, welches Ergebnis von der unterlassenen Beweiserhebung zu erwarten gewesen wäre. Soweit der Betroffene ausführt, dass sich bei Ausnutzung des angebotenen Beweismittels ergeben hätte, dass die behaupteten Fehler der Geschwindigkeitsmessung tatsächlich gegeben sind, betreffen diese Punkte lediglich eine wertende Schlussfolgerung, aber nicht die Behauptung einer konkreten Tatsache. Dass etwa der Betroffene tatsächlich eine Geschwindigkeit von unter 100 km/h zum Zeitpunkt der Messung gefahren ist, behauptet die Rechtsbeschwerde nicht. cc) Die Rüge ist aber jedenfalls aus den bereits in dem angefochtenen Urteil zutreffend dargelegten Gründen unbegründet. Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, dass es sich bei dem hier verwendeten Messgerät des Typs Traffipax TraffiStar S 330 grundsätzlich um ein sogenanntes standardisiertes Messverfahren handelt (vgl. OLG Jena, Beschluss vom 14. April 2008 - 1 Ss 281/07, BeckRS 2008, 20546; Senat, Beschluss vom 18. Januar 2010 - 3 RBs 5/10 und Beschluss vom 15. Oktober 2015 - III-3 RBs 304/15, OLG Braunschweig, Beschluss vom 11. April 2013 - 1 Ss (Owi) 71/13, BeckRS 2014, 05411). Da der Tatrichter sich im Bußgeldverfahren umso weniger zu einer Beweisaufnahme gedrängt sehen muss, je geringer die Bedeutung einer weiteren Aufklärung im Blick auf das Ergebnis ist, verstößt er bei der Verwendung eines standardisierten Messverfahrens zum Beleg einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Hinblick auf die damit verbundenen geringeren Anforderungen an die erforderlichen Feststellungen dann gegen seine Aufklärungspflicht, wenn konkrete Anhaltspunkte für technische Fehlfunktionen des Messgerätes behauptet werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11. Dezember 2006 - 2 Ss OWi 598/06, [juris]; Göhler-Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 77, Rdnr. 14). Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung oder deren Auswertung können aber nur konkrete Anhaltspunkte für dabei aufgetretene Fehler begründen. Ohne derartige Anhaltspunkte würde der Tatrichter die an seine Überzeugungsbildung zu stellenden Anforderungen überspannen, wenn er dennoch an der Zuverlässigkeit der Messung oder ihrer Auswertung zweifelte (OLG Hamm, Beschluss vom 29. Januar 2013 - III-1 RBs 2/13, [juris], Rdnr. 10; OLG Braunschweig, a.a.O.) Dem abgelehnten Beweisantrag lassen sich jedoch keine konkreten Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass es im vorliegenden Verfahren zu einem Fehler bei der Messung oder der anschließenden Übertragung der Daten gekommen ist. Vielmehr werden in den vom Amtsgericht zu Recht abgelehnten Beweisantrag nur allgemeine Behauptungen zu angeblich möglichen Fehlerquellen aufgestellt, ohne diese auf das vorliegende Verfahren zu konkretisieren. b) Gleiches gilt für die Rüge, das Amtsgericht sei gehalten gewesen, zur Prüfung der Integrität die Signatur zu prüfen, indem die Originaldatei beigezogen und der öffentliche Schlüssel überprüft wird. Auch insofern teilt der Betroffene nicht mit, welches konkrete Beweiswergebnis die Inaugenscheinnahme ergeben hätte. Abgesehen davon genügt auch hier die bloß abstrakte Möglichkeit einer Datenveränderung nicht, um von einer tatsächlichen Änderung auszugehen, so dass es einer weiteren Aufklärung nicht bedurfte. Hinzu kommt, dass das Vorliegen eines standardisierten Messverfahrens durch ein fehlendes Schlossymbol auf dem ausgedruckten Messfoto nicht in Frage gestellt wird (vgl. Senat, Beschluss vom 7. November 2013 - III-3 RBS 244/13). c) Soweit der Betroffene in einer fehlenden Prüfung der gültigen Eichung der Induktionsschleifen eine Verletzung der Aufklärungspflicht erblickt, ist die Verfahrensrüge ebenfalls nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechend begründet worden. Denn der Betroffene unterlässt es vorzutragen, in welchem Umfang das Amtsgericht zu der Frage der Eichung Beweis erhoben hat. Ausweislich der in der Rechtsbeschwerdebegründung zitierten Urteilsgründe wurde im Rahmen der Hauptverhandlung der Eichschein verlesen. Um die Aufklärungsrüge ausreichend zu begründen, wäre es erforderlich gewesen, den Inhalt der verlesenen Urkunde mitzuteilen und näher darzulegen, warum die daraus gewonnenen Erkenntnisse in Bezug auf die Problematik einer separaten bzw. zusätzlichen Eichung der in der Fahrbahn eingelassenen und vergossenen Sensoren nicht ausreichend waren. d) Die Verfahrensrüge, das Urteil sei entgegen § 275 S. 1 StPO nicht rechtzeitig zu den Akten gebracht worden, ist zulässig erhoben, aber nicht begründet. aa) § 275 Abs. 1 S. 2 1. HS StPO bestimmt, dass das vollständige Urteil spätestens fünf Wochen nach der Verkündung zu den Akten zu bringen ist. Diese Vorschrift dient der Verfahrensbeschleunigung und sichert zugleich die Übereinstimmung der schriftlichen Urteilsgründe mit dem Beratungsergebnis. Ein längeres Hinausschieben der Urteilsabfassung könnte die Zuverlässigkeit der Erinnerung des Urteilsverfassers und der mitunterzeichnenden Richter beeinträchtigen und damit zu einer schriftlichen Urteilsbegründung führen, die möglicherweise nicht mehr durch die beratenenen Entscheidungsgründe gedeckt ist (BGH, Urteil vom 5. Juli 1979, 4 StR 272/79, [juris], Rdnr. 7). bb) Vorliegend hätte das am 20. März 2015 nach eintägiger Hauptverhandlung verkündete Urteil damit am 24. April 2015 zu den Akten gelangen müssen, § 275 Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 71 S. 1 OWiG. Tatsächlich ging das schriftliche Urteil jedoch erst am 2. Oktober 2015 und damit mehr als sechs Monate nach der Verkündung des Urteils auf der Geschäftsstelle ein. cc) Diese Fristüberschreitung war jedoch nach § 275 Abs. 1 S. 4 StPO gerechtfertigt. (1) Nach dieser Regelung ist eine Überschreitung der Frist zulässig, wenn und solange das Gericht durch einen im Einzelfall nicht voraussehbaren unabwendbaren Umstand an ihrer Einhaltung gehindert ist. Zwar steht der rein formale Charakter der Fristenregelung in § 275 Abs. 1 StPO einer extensiven Auslegung der Ausnahme des § 275 Abs. 1 S. 4 StPO entgegen, die ausdrücklich auf nicht voraussehbare unabwendbare Umstände des Einzelfalles beschränkt ist. Gleichwohl sind überstrenge Anforderungen zu vermeiden (BGH, Urteil vom 2. Dezember 1975 - 1 StR 701/75, NJW 1976, S. 431 und Urteil vom 12. Dezember 1991 - 4 StR 436/91, [juris], Rdnr. 8; Rieß, Die Urteilsabsetzungsfrist (§ 275 I StPO), NStZ 1983, S. 441, 443, 444). (2) Gemessen hieran, war die Einzelrichterin als Folge eines "nicht voraussehbaren unabwendbaren Umstandes" an der Einhaltung der Frist des § 275 Abs. 1 S. 2 StPO gehindert. Aus dem Inhalt des Vermerks vom 2. Oktober 2015 und der ergänzenden dienstlichen Stellungnahme vom 31. Dezember 2015, die der Senat im Freibeweisverfahren eingeholt hat (BGH, Urteil vom 5. Juli 1979 - 4 StR 272/79, [juris]; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 338, Rdnr. 57; KK-Greger, StPO, 7. Aufl., § 275, Rdnr. 74; LR-Franke, StPO, 26. Aufl., § 338, Rdnr. 122), ergibt sich, dass die zu diesem Zeitpunkt schwangere Einzelrichterin am 20. April 2015 und damit vier Tage vor Ablauf der Fünfwochenfrist stationär im Krankenhaus aufgenommen wurde. Im direkten Anschluss daran erhielt sie ein individuelles Beschäftigungsverbot, an das sich die Mutterschutzzeit anschloss, die bis zum 11. September 2015 andauerte. Der nach der Stellungnahme vom 31. Dezember 2015 aus Sicht der Einzelrichterin "unerwartete plötzliche Arbeitsabbruch" am 20. April 2015 stellte ungeachtet der bestehenden Schwangerschaft einen im Einzelfall nicht voraussehbaren unabwendbaren Umstand i.S.d. § 275 Abs. 1 S. 4 StPO dar. Gleiches gilt, soweit im direkten Anschluss an den stationären Krankenhausaufenthalt ein individuelles Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW (FrUrlV NRW) verhängt wurde, das bis zum Beginn der regulären Mutterschutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG andauerte. Das individuelle Beschäftigungsverbot und die Mutterschutzfristen stehen in ihren Auswirkungen der Dienstunfähigkeit infolge Erkrankung eines Richters, für die die Anwendung des § 275 Abs. 1 S. 4 StPO in Rechtsprechung und Literatur anerkannt ist (BGH, Beschluss vom 7. September 1982 - 1 StR 249/82, NStZ 1982, S. 519; Beschluss vom 21. Juni 1995 - 3 StR 215/95, [juris], Rdnr. 3; OLG Hamm, Urteil vom 29. Juni 1977 - 4 Ss 57/77, [juris]; BayObLG, Beschluss vom 9. November 1982 - RReg 1 St 261/82, MDR 1983, S. 340; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14. Mai 2004 - 1 Ss 85/04, [juris]; Thüringer OLG, Beschluss vom 8. April 2013, 1 Ss Bs 8/13 (43), [juris]; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 275 Rdnr. 13; Julius in Gercke/Julius/Temming u.a., StPO, 5. Aufl., § 275, Rdnr. 6; KK-Greger, StPO, § 275, Rdnr. 49; Rieß, Die Urteilsabsetzungsfrist (§ 275 I StPO), NStZ 1982, S. 441, 444), gleich. (3) Das Tatbestandsmerkmal "solange" der Regelung des § 275 Abs. 1 S. 4 StPO war noch erfüllt, als das Urteil am 2. Oktober 2015 auf der Geschäftsstelle einging. Die von der Rechtsbeschwerde und der Generalstaatsanwaltschaft zitierte Rechtsprechung, nach der nach im Einzelfall zulässiger Überschreitung der Urteilsab- setzungsfrist das Urteil nach Wegfall des Hindernisses bzw. Wiederantritt des Dienstes schnellstmöglich gefertigt und zu den Akten gebracht werden muss (BGH, Beschluss vom 7. September 1982 - 1 StR 249/82, NStZ 1982, S. 519 und Beschluss vom 21. Juni 1995 - 3 StR 215/95, [juris], Rdnr. 5; BayObLG, Beschluss vom 9. November 1982 - RReg 1 St 261/82, MDR 1983, S. 340, 341), verhilft der Verfahrensrüge ebenfalls nicht zum Erfolg. Denn aus der ergänzenden dienstlichen Stellungnahme der Richterin vom 31. Dezember 2015 ergibt sich, dass sie nach Ablauf der Mutterschutzfrist des § 6 Abs. 1 S. 1 MuSchG nicht in den Dienst zurückgekehrt ist, sondern ihr nach § 9 FrUrlV NRW Elternzeit bewilligt war. Eine Dienstpflicht der Richterin, während der bewilligten Elternzeit neben der Versorgung ihres Säuglings das schriftliche Urteil zu fertigen, bestand infolge ihrer Freistellung nicht. Die im Rahmen einer überobligatorischen Leistung der Richterin gefertigten Urteilsgründe können daher nicht unter Verstoß gegen § 275 Abs. 1 StPO zu den Akten gebracht worden sein. Aus diesem Grund rechtfertigt auch die Gegenerklärung des Betroffenen vom 12. Februar 2016 keine andere Entscheidung. (4) Auch die absolute Zeitdauer zwischen der Verkündung des Urteils und der Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe führt vorliegend nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils. (a) In Literatur und Rechtsprechung wird in diesem Zusammenhang vertreten, die Fristüberschreitung dürfe sich im Rahmen des § 275 Abs. 1 S. 4 StPO nur auf ein "vertretbares Maß" im Sinne von Tagen oder wenigen Wochen beschränken, so dass eine Fristüberschreitung um fast ein Jahr nicht mehr hinnehmbar sei und zur Aufhebung nach § 338 Nr. 7 StPO führe (LR-Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 275, Rdnr. 13; Julius in: Gercke/Julius/Temming u.a., StPO, 5. Aufl., § 275, Rdnr. 6; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 275, Rdnr. 12; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14. Mai 2004 - 1 Ss 85/04, [juris], Rdnr. 3; Thüringer OLG, Beschluss vom 8. April 2013 - 1 Ss Bs 8/13 (43), [juris], Rdnr. 6). In den zitierten Entscheidungen wird in diesem Zusammenhang auf den unzweifelhaft bestehenden Ausnahmecharakter der Regelung des § 275 Abs. 1 S. 4 StPO verwiesen. Ergänzend wird angeführt, der Ausgestaltung der Fristüberschreitung als absoluter Revisionsgrund nach § 338 Nr. 7 StPO liege der Gedanke zugrunde, dass durch die Verzögerung der Urteilsabsetzung die Zuverlässigkeit, mit der die schriftlichen Urteilsgründe das Beratungsergebnis beurkundeten, gefährdet sei. Auch und gerade bei kleineren Verfahren bzw. Ordnungswidrigkeitenverfahren, die oft gleichgelagert seien, sei damit zu rechnen, dass das Erinnerungsbild des Richters schnell verblasse, weshalb ein Zeitraum von nahezu einem Jahr zwischen Urteilsverkündung und schriftlicher Urteilsabsetzung - auch unter Berücksichtigung der Belange der von der Entscheidung Betroffenen - nicht mehr tragfähig erscheine und zur Urteilsaufhebung führen müsse (Thüringer OLG, Beschluss vom 8. April 2013 - 1 Ss Bs 8/13 (43), [juris], Rdnr. 6; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14. Mai 2004 - 1 Ss 85/04, [juris], Rdnr. 3). (b) Diese Auffassung teilt der Senat in dieser Allgemeinheit nicht. Eine Höchstfrist für die nach § 275 Abs. 1 S. 4 StPO gerechtfertigte Fristüberschreitung lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. Eine an dem Gesetzeszweck der §§ 275 Abs. 1, 338 Nr. 7 StPO orientierte Auslegung zwingt ebenfalls nicht zu der Annahme, nach Ablauf einer mit etwa einem Jahr zu bemessenden Fristüberschreitung sei das Urteil auf die Verfahrensrüge hin zwingend aufzuheben. (aa) Die Auffassung, die Regelung des § 275 Abs. 1 S. 4 StPO erlaube nur Fristüberschreitungen in einem überschaubaren Rahmen von Tagen oder wenigen Wochen, findet in den Gesetzesmaterialien keine hinreichende Stütze. Die Vorschriften in §§ 275 Abs. 1, 338 Nr. 7 StPO sind mit dem am 11. Dezember 1974 verkündeten Ersten Gesetz zur Reform des Strafverfahrensrechts (1. StVRG) am 1. Januar 1975 in Kraft getreten. Nach § 275 Abs. 1 StPO des bis dahin geltenden Rechts war das Urteil mit den Gründen binnen einer Woche nach der Verkündung zu den Akten zu bringen, wobei es sich um eine Soll-Vorschrift handelte. Die Vorbereitung des 1. StVRG reicht bis in das Jahr 1970 zurück. Ein im Bundesjustizministerium erarbeiteter Regierungsentwurf (BT-Drucks. VI/3478) wurde in der 6. Wahlperiode im April 1972 erstmals den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet, wegen der vorzeitigen Auflösung des Bundestages im Herbst 1972 aber nicht mehr beraten. Den nur wenig veränderten Entwurf (BT-Drucks. 7/551) brachte die Bundesregierung in der 7. Wahlperiode im Frühjahr 1973 erneut ein. Die hier in Frage stehenden Regelungen zur Bestimmung einer neuen, zwingenden Frist zur Absetzung der schriftlichen Urteile in Strafsachen haben dabei im Zuge der parlamentarischen Beratungen im Vergleich zu den Gesetzentwürfen keine wesentlichen Änderungen erfahren und sind seit ihrem Inkrafttreten unverändert. Lediglich die Vorschrift des § 275 Abs. 1 S. 2 StPO wurde aufgrund eines entsprechenden Anliegens des Bundesrates sprachlich anders gefasst als von der Bundesregierung zunächst vorgeschlagen (BT-Dr. 7/2600, S. 7, 36). Erklärtes Ziel der Neuregelung war nach den Gesetzesmaterialien eine Beschleunigung des Verfahrens und eine Abkürzung der Fristen, innerhalb derer schriftliche Urteile in Strafverfahren zu den Akten gebracht werden. Dazu war eine Auswertung von Revisionsverfahren vorgenommen worden, über die der Bundesgerichtshof entschieden hatte. Die in den Begründungen beider Regierungsentwürfe ebenfalls erwähnte Absicht, auch sicherzustellen, dass die Gründe besser mit dem Beratungsergebnis übereinstimmen, tritt demgegenüber erkennbar zurück (so auch Rieß, Die Urteilsabsetzungsfrist (§ 275 I StPO), NStZ 1982, S. 441, Rdnr. 8). Eine Höchstfrist für die Überschreitung der durch unabwendbare Ereignisse gerechtfertigten Urteilsabsetzungsfrist spielte bei den parlamentarischen Beratungen zu § 275 Abs. 1 S. 4 StPO nach der vorliegenden Dokumentation keine Rolle. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber durch die gleichzeitig geschaffene Regelung in § 275 Abs. 1 S. 2 StPO, die gestaffelte Fristen für die Urteilsabfassung vorsieht, gezeigt, dass er durchaus Vertrauen in das Erinnerungsvermögen der erkennenden Richter an das Ergebnis Hauptverhandlung und der Beratungen auch nach langem Zeitablauf seit Verkündung des Urteils hat. Denn mit dieser Regelung wurde bewusst in Kauf genommen, dass das schriftliche Urteil nach lang andauernden Strafverfahren mit vielen Hauptverhandlungstagen unter Umständen erst nach Wochen oder Monaten zu den Akten gelangt. In der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung ist ein Beispielfall zitiert, wonach dann, wenn an mehr als 90, aber an nicht mehr als 100 Tagen verhandelt worden ist, insgesamt 25 Wochen für die Urteilsabsetzung zur Verfügung stehen (BT-Drucks. 7/551, S. 84, 85). Eine absolute Höchstfrist für die Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe hat der Gesetzgeber dabei nicht vorgesehen. (bb) Soweit sich das Oberlandesgericht Zweibrücken in der Entscheidung vom 14. Mai 2004 (1 Ss 85/04, [juris]) auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. Juni 1977 (4 Ss 57/77, [juris]) bezieht, wurde die Frage einer möglichen Höchstfrist und deren Dauer in der zitierten Entscheidung bei genauer Betrachtung nicht offen gelassen, sondern ersichtlich nicht in Erwägung gezogen. (cc) Der Ausnahmecharakter der Regelung des § 275 Abs. 1 S. 4 StPO lässt sich im Übrigen nicht nur durch eine Begrenzung der Dauer einer möglichen Fristüberschreitung, sondern durch eine strenge Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift verwirklichen. (c) Abgesehen davon wäre auch dann, wenn der oben zitierten Rechtsprechung zu folgen wäre, angesichts einer Fristüberschreitung von unter sieben Monaten das als nicht mehr hinnehmbar eingestufte Ausmaß noch nicht erreicht. 2. Die auf die erhobene Sachrüge hin vorzunehmende Überprüfung des angefochtenen Urteils in materiell-rechtlicher Hinsicht lässt Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht erkennen. a) Die vom Amtsgericht Bielefeld getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen einer außerorts begangenen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. aa) Der Schuldspruch beruht auf einer hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage. Nach ständiger Senatsrechtsprechung (Beschluss vom 18. Januar 2010 - 3 RBs 5/10 und Beschluss vom 15. Oktober 2015 - III-3 RBs 304/15) handelt es sich bei der hier eingesetzten Geschwindigkeitsüberwachungsanlage Traffipax TraffiStar S 330 um ein amtliches anerkanntes und standardisiertes Messverfahren. bb) Das Urteil enthält die notwendigen Urteilsfeststellungen bei Anwendung eines standardisierten Messverfahrens (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 4. Dezember 2014 - 2 Ss OWi 1041/14, [juris]). cc) Auch die Beweiswürdigung des Amtsgerichts ist sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist insbesondere widerspruchsfrei, nicht lückenhaft oder unklar und lässt weder Verstöße gegen die Denkgesetze noch gegen sichere Erfahrungssätze erkennen. (1) Das Gericht muss sich von der Zuverlässigkeit der Messung bei einem standardisierten Messverfahren nur bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für Messfehler überzeugen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. August 1993 - 4 StR 627/92, [juris], Rdnr. 27; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 3 StVO, Rdnr. 56 m.w.N.). Dass das Amtsgericht einen solchen konkreten Anhaltspunkt für nicht gegeben angesehen hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. (2) Die für die Identifizierung eines Betroffenen anhand der bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit gefertigten Lichtbilder aufgestellten Grundsätze hat das Amtsgericht beachtet. Danach sind bei einer ordnungsgemäßen Verweisung nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG auf ein generell zur Identifizierung geeignetes Foto in der Regel keine näheren Ausführungen erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1995 - 4 StR 170/95, NJW 1996, 1420; OLG Bamberg, Beschluss vom 21. April 2008 - 2 Ss OWi 499/08, BeckRS 2009, 03042; OLG Hamm, Beschluss vom 2. April 2013 - 5 RBs 33/13, BeckRS 2013, 11152; Göhler-Seitz, OWiG, 16. Auflage, § 71, Rdnr. 47a f. m.w.N.). Das prozessordnungsgemäß in Bezug genommene Belegfoto ist von ausreichender Schärfe und Qualität und ermöglicht die Identifizierung einer Person. b) Auch der Rechtsfolgenausspruch hält rechtlicher Überprüfung Stand. aa) Das Amtsgericht hat sich bei der Bemessung der Geldbuße rechtlich zutreffend an Nr. 11.3.6 der Anlage zu § 1 BKatV orientiert und die Regelgeldbuße von 120,- aufgrund der einschlägigen verkehrsrechtlichen Vorbelastungen des Betroffenen angemessen auf 240,- erhöht. Die Voreintragungen im Verkehrszentralregister werden in ausreichender Weise dargestellt. Dem amtsgerichtlichen Urteils lässt sich entnehmen, zu welchem Zeitpunkt welche Entscheidung wegen welcher Tat getroffen wurde und wann die jeweiligen Entscheidungen rechtskräftig geworden sind (vgl. insoweit: Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27. Dezember 2013 - 2 Ss (B) 137/13, [juris]). bb) Das Fahrverbot von einem Monat entspricht ebenfalls den Vorgaben des Bußgeldkatalogs und ist rechtlich nicht zu beanstanden. (1) Die Verwirklichung des in § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV genannten Tatbestandes indiziert das Vorliegen einer beharrlichen Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers i. S. von § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 1992 - 4 StR 367/91, NJW 1992, S. 1397, 1398). Nach der amtlichen Begründung - die für Verwaltungsbehörden und Gerichte grundsätzlich bindend ist - ist die wiederholte erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb relativ kurzer Zeit Ausdruck dafür, dass der Kraftfahrer ein erhöhtes Maß an Gleichgültigkeit an den Tag legt und die Chance zur Besinnung nicht ergriffen hat, so dass der erzieherische Erfolg daher auch mit einer wesentlich höheren Geldbuße in der Regel nicht erreichbar ist (vgl. BGH a.a.O.). (2) Aus den Urteilsgründen ergibt sich auch, dass sich das Amtsgericht der grundsätzlichen Möglichkeit bewusst gewesen ist, bei gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße von der Verhängung des Fahrverbots absehen zu können. (a) Von dieser Möglichkeit hat das Amtsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise keinen Gebrauch gemacht. Denn unabhängig davon, ob die Entscheidung des Tatrichters, vom Fahrverbot abzusehen oder nicht, vom Rechtsbeschwerdegericht "bis zur Grenze des Vertretbaren" hinzunehmen ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 7. Februar 2008 - 2 Ss OWi 29/08, NZV 2008, S. 306, 308; König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 25 StVG, Rdnr. 24 m.w.N.) oder aber in "gewissen Grenzen" der Kontrolle des Rechtsbeschwerdegericht unterliegt (vgl. Senat, Beschluss vom 6. März 2006 - 3 Ss OWi 86/06, [juris]; OLG Hamm, Beschluss vom 24. April 2008 - 5 Ss OWi 205/08, BeckRS 2008, 22049), ist die vom Amtsgericht getroffene Ermessensentscheidung im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. (b) Aufgrund der erheblichen einschlägigen Voreintragungen des Betroffenen lagen keine hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass das objektive Unwertelement der Beharrlichkeit relevant gemindert war. Ein Augenblicksversagen lag bereits aufgrund der dargelegten zweifachen beidseitigen Beschilderung vor der Messstelle fern. cc) Die Versagung des Vollstreckungsaufschubs aufgrund der Voreintragung (Bußgeldbescheid des Kreises Warendorf vom 14. Mai 2013) entspricht § 25 Abs. 2a S. 1 StVG. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473 Abs. 1 S. 1 StPO, 79 Abs. 3 S. 1, 46 Abs. 1 OWiG
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