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Gericht / Entscheidungsdatum: AG Dortmund, Beschl. v. 09.12.2015 - 732 OWi 441/15 [b]
Leitsatz:
Beschluss In dem Erzwingungshaftverfahren gegen Verteidiger: pp. wegen Verkehrsordnungswidrigkeit hier: Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird der Bescheid des Oberbürgermeisters der Stadt Dortmund vom 29.09.2015 (30/0Wi BE 537 534 636) aufgehoben.
Dem Betroffenen wird wegen der Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten des Verfahrens und die diesbezüglichen notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.
Gründe:
Gegen den Betroffenen ist am 21.07.2015 ein Bußgeldbescheid ergangen. Dieser Bußgeldbescheid ist dem Betroffenen ausweislich der Zustellungsurkunde vom 23.07.2015 zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 10.09.2015, eingegangen bei der Stadt Dortmund per FAX am 10.09.2015, legte der Betroffene durch seinen Verteidiger Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vom 21.07.2015 ein. Gleichzeitig beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Einspruchsfrist.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde damit begründet, dass der Bußgeldbescheid vom 21.07.2015 dem Betroffenen erst am 04.09.2015 zugegangen sei. Diesen Umstand hat der Betroffene am 03.12.2015 an Eides Statt versichert.
Mit Bescheid vom 29.09.2015 hat der Oberbürgermeister der Stadt Dortmund den Antrag auf Wiedereinsetzung sowie den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid verworfen.
Gegen diese Entscheidung hat der Verteidiger des Betroffenen mit Schriftsatz vorn 07.10.2015, bei der Stadt Dortmund eingegangen am 07.10.2015, gerichtliche Entscheidung beantragt.
Der zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist begründet.
Bei der Prüfung, ob einem Betroffenen ein Bußgeldbescheid wirksam zugestellt worden ist, ist das Gericht, wie auch die Bußgeldbehörde, gehalten, den Grundsatz rechtsstaatlicher Verfahrensgestaltung zu beachten. So dürfen bei der Anwendung und Auslegung der prozessrechtlichen Vorschriften, die die Gewährung rechtlichen Gehörs sichern sollen, keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BayVerfGH 31.07.2007 - Vf. 16-VI-07, zitiert nach Juris). Dies gilt insbesondere, wenn der erste Zugang zum Gericht oder - wie hier - zur Bußgeldbehörde in Frage steht.
Gemäß §§ 46 Abs. I OWiG, 37 Abs. I StPO in Verbindung mit § 180 ZPO ist eine Ersatzzustellung durch Einlegung in den Briefkasten zulässig, wenn die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung oder in dem Gerichtsraum nicht angetroffen wird und auch die Übergabe an einen erwachsenen Familienangehörigen, eine in der Familie beschäftigte Person oder einen erwachsenen ständigen Mitbewohner in der Wohnung bzw. an eine in den Geschäftsräumen beschäftigte Person nicht möglich ist.
Das Gericht hält die Einlegung in eine gemeinschaftliche Vorrichtung mehrerer Bewohner für ausreichend, wenn es sich dabei offensichtlich um eine Vorrichtung handelt, durch die der Adressat typischerweise seine Post erhält, da er damit zu erkennen gibt, dass er dem in der Regel überschaubaren Kreis von Mitbenutzern hinreichendes Vertrauen entgegenbringt (hierzu Münchner Kommentar, 4. Auflage 2013, § 180 Rdnr. 4).
Das Gericht geht damit von einer wirksamen Zustellung des Bußgeldbescheides am 23.07.2015 aus.
Der Betroffene hat allerdings nachgewiesen, dass er ohne Verschulden verhindert war, die Frist zur Einlegung des Einspruchs im Sinne von § 44 StPO einzuhalten.
Das Gericht verkennt nicht, dass die Bereitstellung und Ausgestaltung einer Vorrichtung zum Postempfang grundsätzlich in der Einflusssphäre und der Eigenverantwortung des Betroffenen liegt. Allerdings ist eine großzügige Anwendung des § 44 StPO im Interesse der materiellen Gerechtigkeit geboten (Meier-Goßner/Schmidt, StPO, 58. Auflage, 2015, § 44 Rdnr. 11). Der Betroffene hat eidesstattlich versichert, dass er in einem Mehrfamilienhaus wohnt, das über einen Sammelbriefkasten verfügt. Neben dem Sammelbriefkasten befindet sich ein Papierkorb, wo die Hausbewohner die Möglichkeit haben, offensichtliche Werbung von Postsendung zu trennen und diese in den Papiereimer zu entsorgen. Die Gestaltung dieser Gegebenheiten in dem Mietshaus, in dem der Betroffene die Wohnung gemietet hat, liegt damit außerhalb seiner Einflussmöglichkeiten. Der Vermieter hat den Mietparteien lediglich diese Art des Briefkastens zur Verfügung gestellt.
Das Gericht hat keine Anhaltspunkte dafür, dass den Betroffenen auf Grund dieser Gestaltung des Zugangs der Post Briefsendungen in der Vergangenheit nicht erreicht haben und er deswegen gehalten ist, vom Vermieter Abhilfe zu schaffen. Vielmehr hält das Gericht den Umstand, dass der Benachrichtigungsschein offensichtlich im Papiereimer gelandet- ist, für einen unglücklichen Umstand, der dem Betroffenen nicht anzulasten ist. Folglich war dem Betroffenen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
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