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Leitsatz: Es gehört grundsätzlich nicht zu den Aufgaben des Gerichts, den Verteidiger von dem Termin zur mündlichen Anhörung im Verfahren über die Reststrafenaussetzung zu benachrichtigen, sondern es obliegt dem Verurteilten, selbst dafür Sorge zu treffen, dass sein Rechtsbeistand zur mündlichen Anhörung erscheint und seine Interessen vertritt. Erfolgt die Anhörung jedoch kurzfristig, so hat das Gericht den Verteidiger zu benachrichtigen, da anders der Anspruch auf eine faire Verfahrensgestaltung nicht durchsetzbar ist.
1 Ws 546/15 Oberlandesgericht Nürnberg In dem Strafvollstreckungsverfahren gegen pp. Verteidiger: wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a. hier: sofortige Beschwerde des Verurteilten erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg -1. Strafsenat - durch die unterzeichnenden Richter am 02.12.2015 folgenden Beschluss
1. Auf die. sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss der Strafvollstreckungs-kammer des Landgerichts Amberg vom 16. Oktober 2015 aufgehoben. 2. Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Amberg zurückverwiesen.
Gründe: I. Mit Beschluss vom 16.10.2015 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Amberg die Vollstreckung des Strafrests der mit Urteil des Landgerichts Hof vom 25.032013 verhängten Freiheitsstrafe von 5 Jahren nicht zur Bewährung ausgesetzt und ausgesprochen, dass ein weiteres Reststrafengesuch nicht vor Ablauf von 6 Monaten zulässig sei.
Gegen den am 20.10.2015 zugestellten Beschluss hat der Verurteilte mit Schreiben seines Verteidigers vom 26.10.2015, eingegangen bei Gericht am selben Tage, sofortige Beschwerde eingelegt und diese mit weiterem Verteidigerschreiben vom 02.11.2015 begründet. Der Verurteilte beantragte die Aufhebung des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht Amberg, nachdem der Termin zur mündlichen Anhörung vom 16.10.2015 erst mit Verfügung des Gerichts vom 14.10.2015 bestimmt worden sei und die Verteidigerladung, die nicht per Fax erfolgt sei, den Verteidiger erst nach dem Termin erreicht habe. Dies stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens dar. Der Beschluss müsse daher aufgehoben und die mündliche Anhörung in Anwesenheit des Verteidigers nachgeholt werden. Auch sei die Anordnung der Sperrfrist rechtswidrig.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte die Verwerfung der sofortigen Beschwerde. Auf die dortigen Ausführungen vom 09.11.2015 wird Bezug genommen.
II. Die nach § 454 Abs. 3 S. 1 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde vom 26.10.2015 hat in der Sache zumindest vorläufigen Erfolg. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten ist der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Amberg vom 20.102015 wegen eines nicht behebbaren Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung zurückzuverweisen.
1. Der auf dem Rechtsstaatsprinzip basierende Grundsatz des fairen Verfahrens gibt dem Verurteilten das Recht, zu, seiner mündlichen Anhörung im Verfahren über die Aussetzung eines Strafrestes einen Rechtsbeistand seines Vertrauens hinzuzuziehen. Das Recht auf ein faires Verfahren gibt dem Verurteilten jedoch nicht schlechthin ein allgemeines Recht auf einen Rechtsbeistand, sondern gewährleistet dies lediglich in den Grenzen einer am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierten Abwägung zwischen den Verfahrensrechten des Verurteilten einerseits und dem öffentlichen Interesse an der Effizienz des Verfahrens andererseits. So gehört es grundsätzlich nicht zu den Aufgaben des Gerichts, den Verteidiger von dem Termin zur mündlichen Anhörung zu benachrichtigen, sondern es obliegt dem Verurteilten, selbst dafür Sorge zu treffen, dass sein Rechtsbeistand zur mündlichen Anhörung erscheint und seine Interessen vertritt. Erfolgt die Anhörung jedoch kurzfristig, so hat das Gericht den Verteidiger zu benachrichtigen, da anders der Anspruch auf eine faire Verfahrensgestaltung nicht durchsetzbar ist (vgl. OLG Saarbrücken, NStZ 2011, 478, 479 m.w.N.).
2. Dies zu Grunde gelegt ist im vorliegenden Fall die unterbliebene Hinzuziehung des Verteidigers zum Termin zur mündlichen Anhörung als schwerwiegender Verfahrensfehler zu werten, der die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses notwendig macht. Zwischen der Terminsverfügung vom 14.10.2015 und dem Anhörungstermin vom 16.10.2015 um. 8.30 Uhr lag nur ein Tag. Nachdem die Terminsnachricht nicht per Fax erfolgte und überdies als Irrläufer am 15.10.2015 zunächst eine verfahrensfremde Anwaltskanzlei erreichte, erhielt der Verteidiger erst Nachricht vom Anhörungstermin, als dieser bereits stattgefunden hatte.
Der in der unterbliebenen Hinzuziehung des Verteidigers zur mündlichen Anhörung liegende Gehörsverstoß nach Art. 103 Abs. 1 GG wurde auch nicht dadurch geheilt, dass der Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdeverfahrens Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnähme hatte und davon über seinen Verteidiger auch Gebrauch gemacht hat. Vielmehr wurde dem Verurteilten die ihm durch seinen Anspruch auf ein faires Verfahren garantierte Möglichkeit genommen, gerade über seinen Verteidiger die ihm gewährten prozessualen Rechte sachgerecht und in einer seinen Interessen entsprechenden Weise auszuüben (OLG Saarbrücken, a. a. O.).
Aufgrund des Verfahrensfehlers ist der Verurteilte erneut gemäß § 454 Abs. 1 S. 3 StPO durch das erstinstanzliche Vollstreckungsgericht mündlich zu hören (OLG Saarbrücken, a. a.O.).
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