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Leitsatz: Die Terminierung ist grundsätzlich Sache des Vorsitzenden. Dieser ist aber gehalten, über Anträge auf Terminsverlegung nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminplanung, der Gesamtbelastung des Spruchkörpers, des Gebotes der Verfahrensbeschleunigung und der berechtigten Interessen der Verfahrensbeteiligten zu entscheiden.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss In der Bußgeldsache gegen pp. Verteidiger: wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hat der 2. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts als Senat für Bußgeldsachen durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht den Richter am Oberlandesgericht den Richter am Oberlandesgericht am 27. August 2015 beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Cottbus vom 19. März 2015 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Cottbus zurückverwiesen.
Gründe: I. Mit Urteil vom 19. März 2015 hat das Amtsgericht Cottbus den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid der Stadt Cottbus vom 18. September 2014 gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Betroffene gegen den Buß-geldbescheid zwar rechtzeitig Einspruch erhoben habe, in dem Termin zur Hauptverhandlung aber trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne Entschuldigung ausgeblieben und auch nicht von der Verpflichtung zum Erscheinen entbunden gewesen sei.
Gegen das Urteil hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt. Er rügt die Verletzung formellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt zu entscheiden, wie geschehen.
Der Einzelrichter hat die Rechtsbeschwerde des Betroffenen zugelassen und die Sache auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
II. Die Rechtsbeschwerde ist mit der Verfahrensrüge zulässig und begründet. Zu Recht beanstandet der Betroffene, das Amtsgericht habe den Terminsverlegungsantrag seines Verteidigers nicht ablehnen dürfen.
Dem liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:
Mit Verfügung vom 6. Januar 2015 hat das Amtsgericht Termin zur Hauptverhandlung auf den 19. März 2015 anberaumt und den Betroffenen und seinen Verteidiger zu diesem geladen. Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2015 hat der Verteidiger beantragt, den anberaumten Termin zu verlegen, weil er an jenem Tag bereits vor das Landgericht Berlin geladen sein. Er hat dabei darum gebeten, den Termin auf die spätere Mittagszeit" zu verlegen, um ihm die Anreise aus Berlin zu ermöglichen.
Mit Verfügung vom 29. Januar 2015 hat das Amtsgericht dem Verteidiger mitgeteilt, seine Verhinderung sei nicht belegt. Daraufhin hat der Verteidiger unter dem 19. Februar 2015 seine Ladung vor das Landgericht Berlin vom 29. August 2014 zum 19. März 2015, 12.00 Uhr, zu den Akten gereicht.
Mit Verfügung vom 24. Februar 2015 hat das Amtsgericht dem Verteidiger mitgeteilt, die Ladung des Landgerichts Berlin sei an seine Kanzlei gerichtet und belege seine Verhinderung nicht. Mit Urteil vom 19. März 2015 hat das Amtsgericht den Einspruch des Betroffenen gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen.
Mit dieser Verfahrensweise hat das Amtsgericht zwar nicht dem Betroffenen das rechtliche Gehör versagt (BayObLG, Beschluss vom 31. Mai 1994, Az.: 2 ObOWi 194/94, zitiert nach juris; OLG Hamm BeckRS 2013, 00035). Denn Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet nur das rechtliche Gehör als solches, nicht aber gerade durch einen Rechtsanwalt (BVerfG NJW 1984, 862).
Das Amtsgericht hat aber durch die Ablehnung des Terminsverlegungsantrages des Verteidigers gegen die prozessuale Fürsorgepflicht verstoßen.
Nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 137 Abs. 1 Satz 1 StPO kann sich der Betroffene in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen. Dies ist Ausdruck des Rechts auf ein faires Verfahren und ist nicht auf Fälle notwendiger Verteidigung beschränkt (BayObLG a.a.O.; OLG Hamm a.a.O.).
Zwar ist die Terminierung grundsätzlich Sache des Vorsitzenden. Dieser ist aber gehalten, über Anträge auf Terminsverlegung nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminplanung, der Gesamtbelastung des Spruchkörpers, des Gebotes der Verfahrensbeschleunigung und der berechtigten Interessen der Verfahrensbeteiligten zu entscheiden (vgl. OLG Karlsruhe NZV 2006, 217, Meyer-Goßner, StPO, 58. Aufl., § 213 Rn. 7 m.w.N.). Dabei kommt es maßgeblich auch darauf an, ob die prozessuale Fürsorgepflicht eine Verlegung geboten hätte (OLG Karlsruhe a.a.O.).
Hier hat der Verteidiger rechtzeitig und mit nachvollziehbarer Begründung erstmals einen Antrag auf Verlegung des Termins zur Hauptverhandlung gestellt (vgl. dazu OLG Karlsruhe a.a.O.). Umstände, die die Ablehnung dieses Antrages bei Ausübung pflichtgemäßen Ermessens rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Verteidiger seine Verhinderung durch die Vorlage seiner Ladung vor das Landgericht Berlin hinreichend glaubhaft gemacht. Der Umstand, dass diese Ladung nicht an ihn selbst, sondern an seine Kanzlei gerichtet ist, steht dem nicht entgegen, wenn nicht Anhaltspunkte vorliegen, die entsprechende Erklärungen des Rechtsanwalts zu seiner persönlichen Verhinderung zweifelhaft erscheinen ließen. Das ist hier aber nicht der Fall.
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