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Leitsatz: Die Geschwindigkeitsmessung mit dem Gerät PoliScan Speed des Herstellers Vitronic stellt ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der hierzu einschlägigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs dar. Dies gilt auch für die Gerätesoftware 3.2.4, die anders als die Vorgängerversionen in Kombination mit der seit 24. 7. 2013 zugelassenen Auswertesoftware 3.45.1 einen erweiterten Datenexport zwecks nachträglicher Einsichtnahme in Positionsdaten ermöglicht. Dass hierbei nach wie vor nicht sämtliche Rohmessdaten, sondern nur die Zeit sowie Koordinaten für fünf markante Punkte offengelegt werden, stellt die Anerkennung des Systems als standardisiertes Verfahren nicht in Frage.
IV-1 RBs 200/14 OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS In der Bußgeldsache gegen pp. wegen Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr hat der 1. Senat für Bußgeldsachen durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht am 13. Juli 2015 beschlossen:
Die Rechtsbeschwerden des Betroffenen und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 15. Mai 2014 werden als unbegründet verworfen.
Der Betroffene trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die Kosten des Rechtsmittels der Staats-anwaltschaft und die hierdurch dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 300 verurteilt. Auf die hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerden sowohl des Betroffenen als auch der Staatsanwaltschaft hat der Einzel-richter die Sache gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG zur Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen. Beide Rechtsmit-tel bleiben im Ergebnis ohne Erfolg.
A. Rechtsbeschwerde des Betroffenen
I. Verfahrensrügen
1. Die Rüge der Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes (§ 250 StPO) ist unbegründet.
a) Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der hinsichtlich seiner Fahrereigen-schaft geständige Betroffene am 4. August 2013 gegen 9:20 Uhr mit einem Pkw die BAB 46 in Fahrtrichtung Neuss (Kilometer 75,136, Fleher Brücke) mit mindestens 124 km/h, obwohl in diesem Bereich die zulässige Höchstgeschwindigkeit durch eine Beschilderung, die der Be-troffene hätte erkennen können und müssen, auf 80 km/h begrenzt war. Die vorwerfbare Ge-schwindigkeit hat das Amtsgericht aus dem bei der Geschwindigkeitsmessung mit einem Gerät des Typs PoliScan Speed F1 HP (Softwareversion 3.2.4) ermittelten Messwert von 128 km/h unter Abzug einer 3%igen Toleranz (4 km/h) errechnet. Der Betroffene rügt, dass das Gericht zwecks Überprüfung der Zuverlässigkeit des Messvorgangs sowie seiner Ergebnisse nur den Ausdruck der Mess-Falldatei (Fallprotokoll") sowie den Eichschein zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht, nicht jedoch die elektronisch gesicherte digitale Falldatei als solche in die Hauptverhandlung eingeführt habe, obwohl es sich hierbei laut Stellungnahme der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zur Frage der Manipulierbarkeit signierter Fall-dateien, Ausgabe Oktober 2012 um das einzige originäre und unveränderliche Beweismittel" handele.
b) Die beanstandete Verfahrensweise stellt keinen Verstoß gegen den im Bußgeldverfahren eingeschränkt geltenden (§ 77a OWiG) Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme dar.
Dem Unmittelbarkeitsgrundsatz des § 250 StPO unterliegt nur die Beweiserhebung über Wahr-nehmungen von Zeugen und Sachverständigen (Vorrang des Personal-beweises gegenüber dem Urkundenbeweis). Er verpflichtet das Gericht hingegen nicht, allgemein bei der Beweisauf-nahme stets das sachnächste Beweismittel zu benutzen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Auflage [2015], § 250 Rdnr. 3). In Fallkonstellationen der hier vorliegenden Art ist daher das Amtsgericht bei der Überprüfung einer Geschwindigkeitsmessung nicht daran gehindert, sich allein anhand des Fallprotokollausdrucks seine Überzeugung zu verschaffen, wenn es keinen Zweifel daran hegt, dass der Ausdruck die Daten der signierten Falldatei unverändert wieder-gibt. Ob und in welcher Weise etwaigen Zweifeln in dieser Hinsicht nachzugehen ist, stellt keine Frage des Unmittelbarkeitsgrundsatzes dar, sondern berührt allein den Umfang der richterli-chen Aufklärungspflicht (§ 77 OWiG, § 244 Abs. 2 StPO).
2. Eine Aufklärungsrüge hat der Betroffene in diesem Zusammenhang nicht zulässig erho-ben. Da er diesbezüglich nur pauschal unterlassene Beweiserhebung" beanstandet, erfüllt sein Vorbringen nicht die Darlegungsanforderungen des über § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG anwendba-ren § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
3. Soweit ferner bemängelt wird, dass das Amtsgericht den in der Hauptverhandlung ge-stellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Verwertbarkeit des Mess-ergebnisses zu Unrecht abgelehnt und hierdurch seine Aufklärungspflicht verletzt habe (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG), bleibt dem Rechtsmittel der Erfolg versagt.
Der zulässig erhobenen Rüge liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:
Die mit der Messgerätesoftware 3.2.4 ausgestatteten Messgeräte der hier vorliegenden Art (PoliScan Speed) waren seitens der PTB bis zum 23. Juli 2013 in Kombination mit der Auswer-tesoftware (Bildanzeigeprogramm Tuff-Viewer") 3.38.0 und ab 24. Juli 2013 in Kombination mit einer neueren Version der Auswertesoftware (3.45.1) zugelassen. Im Vorfeld der Hauptver-handlung äußerte der Verteidiger des Betroffenen unter Hinweis auf entsprechende Presse-berichterstattung bezogen auf die hier durchgeführte Messung vom 4. August 2013 den Verdacht einer zulassungswidrigen Auswertung mit der alten Auswertesoftware 3.38.0 und gab eine Begutachtung durch den Sachverständigen Schäfer (VUT Sachverständigen GmbH & Co. KG) in Auftrag, dem hierfür die elektronisch gesicherte Falldatei zur Verfügung gestellt wurde. Auf der Grundlage der zur Akte gereichten gutachterlichen Sachstandsbewertung der Beweis-mittel" des Sachverständigen Schäfer vom 28. Februar 2014 sowie weiterer sachverständiger Stellungnahmen in anderen Verfahren hat der Verteidiger in der Hauptverhandlung die Einho-lung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache beantragt, dass das Mess-gerät in der Geräteversion PoliScan Speed 3.2.4 weder die Anforderungen an ein standardisier-tes Messverfahren erfülle noch den Eichbestimmungen entspreche. Dies ergebe sich insbe-sondere aus dem Umstand, dass die alternative Auswertung der Rohmessdaten mit den verschiedenen Versionen des Auswerteprogramms zu unterschiedlichen Ergebnisanzeigen füh-ren könne, was auf einen Eingriff der Auswertesoftware in die offenbar nicht unveränderba-ren Rohmessdaten schließen lasse.
Das Amtsgericht hat den Beweisantrag in der Hauptverhandlung durch Beschluss gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG mit einer Kurzbegründung abgelehnt. Im angefochtenen Urteil ist hierzu ausgeführt, bei der hier zur Rede stehenden Messung mit dem bis Ende 2014 ordnungsge-mäß geeichten Gerät PoliScan Speed handele es sich ungeachtet der Einwände der Vertei-digung um ein standardisiertes Messverfahren. Mangels konkreter Anhaltspunkte für Fehler bei der Messung oder Auswertung der Daten sei eine weitere Beweiserhebung nicht erforderlich.
c) Die Verfahrensrüge ist unbegründet. Es stellt keinen Ermessensfehler dar, dass das Amtsge-richt den Sachverhalt nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme für hinreichend ge-klärt erachtet und die beantragte Beweiserhebung als zur Erforschung der Wahrheit nicht erfor-derlich bezeichnet hat (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG).
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (Einzelrichterbeschlüsse VRR 2010, 116 und IV-1 RBs 93/10 vom 13. August 2010 ) stellt die Geschwindigkeitsmessung mit dem Gerät PoliScan Speed des Herstel-lers Vitronic ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der hierzu einschlägigen Entschei-dungen des Bundesgerichtshofs dar (BGHSt 39, 291 ff. und 43, 277 ff.). Dies gilt auch für die Gerätesoftware 3.2.4, die anders als die Vorgängerversionen in Kombination mit der seit 24. Juli 2013 zugelassenen Auswertesoftware 3.45.1 erstmals einen erweiterten Datenexport zwecks nachträglicher Einsichtnahme in Positionsdaten ermöglicht. Dass hierbei nach wie vor nicht sämtliche Rohmessdaten, sondern nur die Zeit sowie Koordinaten für fünf markante Punk-te offengelegt werden (vgl. Gutachten Schäfer S. 4-6), stellt die Anerkennung des Systems als standardisiertes Verfahren nicht in Frage. Die Sicherstellung der Messrichtigkeit und Messzu-ordnung wurde und wird über die nach umfangreichen Felduntersuchungen erfolgte Zulassung der PTB gewährleistet (so bereits eingehend Senatsbeschluss IV-1 RBs 501/14 vom 14. Juli 2014 zur Vorgängerversion 1.5.5; ebenso OLG Frankfurt, 2 Ss OWi 1041/14 vom 4. Dezember 2014 ; vgl. ferner bereits AG Mannheim, 21 OWi 506 Js 19870/09 - AK 445/09 vom 23. Dezember 2009 ).
bb) Mit der Zulassung erklärt die PTB im Wege eines Behördengutachtens (antizipiertes Sach-verständigengutachten), dass das zugelassene Gerät ein durch Normen vereinheitlichtes (tech-nisches) Verfahren bietet, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf un-ter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse erwarten lassen. Anlass zur Überprüfung der im Einzelfall erfolgten Geschwindigkeitsermittlung durch einen gerichtlich bestellten Sachver-ständigen besteht daher nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Messtechnik als solche strukturell angelegte, bei der Zulassung nicht oder nicht ausreichend berücksichtigte Fehler aufweist, oder wenn die Prüfung des konkreten Messvorgangs ergeben hat, dass Anwendungsfehler (so zum Beispiel die Nutzung eines nicht gültig geeichten Gerätes oder ein Verstoß gegen die Zulassungsbedingungen der PTB) möglicherweise ergebnisrelevan-ter Art vorlagen (vgl. zu alledem OLG Frankfurt, aaO ).
Derartige Anhaltspunkte sind der Rechtsbeschwerdebegründung, die den im amtsgerichtlichen Verfahren gestellten Beweisantrag und die von der Verteidigung eingeholte gutachterliche Stel-lungnahme des Sachverständigen Schäfer vollständig wiedergibt, nicht zu entnehmen.
aaa) Die Messtechnik als solche begegnet nicht etwa deshalb grundsätzlichen Bedenken, weil in Einzelfällen bei einer vergleichenden Auswertung derselben Messdatei mit der neuen Aus-wertesoftware 3.45.1 und mit der Vorgängerversion 3.38.0 unterschiedliche Ergebnisse ange-zeigt werden. Dieser Umstand rechtfertigt nämlich weder den Verdacht einer Veränderbarkeit" der durch das Messgerät gewonnenen Daten (s. Gutachten Schäfer S. 9-10) noch konkrete Anhaltspunkte für die Vermutung, dass es sich um ein insgesamt unausgereiftes System han-delt, weil die neue Auswertesoftware versteckte" Funktionen zur Unterdrückung von Fehlmes-sungen enthalten könnte, die in den früheren Versionen noch nicht implementiert waren (so aber Bladt DAR 2014, 604).
Derartige Einwände hat die PTB in ihrer veröffentlichten Stellungnahme vom 27. Novem-ber 2014 zu Messgeräten der PoliScan Speed-Gerätefamilie" eingehend und überzeugend als aus wissenschaftlicher Sicht unhaltbar zurückgewiesen. Hiernach ist Folgendes klarzustellen:
(1) Entsprechend den Anforderungen an Messrichtigkeit und Messbeständigkeit ist der Mess-wert als solcher in der Falldatei der Gerätesoftware festgeschrieben und kann somit unab-hängig vom verwendeten Auswerteprogramm nicht mehr verändert werden. Auch die Koor-dinaten des für die eindeutige Messwertzuordnung benötigten Auswerterahmens stammen ausnahmslos vom Messgerät selbst. Der Tuff Viewer" greift auf diese Daten lediglich zurück, um den Rahmen in das betreffende Bild einzublenden. Die zum Teil breitere Rahmendarstellung durch die neue Version der Auswertesoftware beruht darauf, dass der Tuff Viewer 3.45.1 bei der Rahmen-größe nicht nur wie bisher die vorausberechnete Position des Fahrzeugs zurzeit der Fotoauslösung, sondern neuerdings auch die Position im Zeitpunkt der letztmali-gen tatsächlichen Erfassung berücksichtigt. Hierdurch wird die Visualisierung der Zuordnung zum gemessenen Fahrzeug optimiert, nicht etwa eine Veränderung der im Messgerät festgeschrie-benen Koordinationsdaten zwecks Herbeiführung einer sonst nicht gegebenen Zuordnungs-möglichkeit bewirkt.
(2) Soweit die neue Auswertesoftware 3.45.1 vereinzelt Falldatensätze automatisch annulliert, die nach der alten Version uneingeschränkt verwertbar gewesen wären, liegt dem ebenfalls kein Eingriff in den nach gültiger Messwertbildung unabänderlich angelegten Falldatensatz (im Sinne einer versteckten" Korrektur möglicher Messfehler") zugrunde. Vielmehr handelt es sich bei diesem Phänomen um den aus-schließlich zu Gunsten des betroffenen Verkehrsteilnehmers wirkenden Effekt einer automatisierten Unterdrückung möglicher Verdeckungsszenarien" auf Auswertungs-ebene, der sich wie folgt erklärt:
Laut Gebrauchsanweisung sind bei der manuellen Auswertung der nach gültiger Messwertbil-dung gefertigten Fotos diejenigen Fälle auszuscheiden, bei denen sich innerhalb des Auswer-terahmens Teile eines anderen Fahrzeugs befinden (Verdeckungsszenario). Um diese Fälle weitest möglich bereits im Vorfeld maschinell zu erfassen und hierdurch die manuelle Auswer-tung zu entlasten, sortiert die neue Auswertesoftware 3.45.1 von vornherein alle Messungen aus, bei denen die letzte globale Erfassung des Fahrzeugs in einer Entfernung von mindestens 24 Metern vor dem Laserscanner erfolgt ist, weil eine solche Konstellation ein später auf dem Foto erkennbares Verdeckungsszenario grundsätzlich erwarten lässt. Hierbei kann der beste-hende Zeitversatz zwischen letzter Erfassungsreflexion und Kameraauslösung dazu führen, dass die neue Auswertesoftware 3.45.1 in Anwendung des 24-Meter-Kriteriums einen Fall als mögliches Verdeckungsszenario maschinell annulliert, obwohl auf dem Foto nur ein einzelnes Fahrzeug zu erkennen ist und der betreffende Fall daher bei einer manuellen Auswertung mit der alten Softwareversion 3.38.0 nicht auszuscheiden wäre (vgl. hierzu die Fallanalyse nebst Erläuterung im Anhang der PTB-Stellungnahme vom 27. November 2014). In Bezug auf diese Konstellationen wirkt sich die Anwendung der neuen Auswertesoftware ausschließlich zu Guns-ten der betroffenen Verkehrsteilnehmer aus, denn die neu eingeführte 24-Meter-Regel ist nicht etwa messtechnisch bedingt, sondern dient lediglich der maschinellen Vorbegutachtung" ma-nueller Auswertekriterien und nimmt auf diesem Wege mit der zwangsläufig schematischen Umsetzung eine ungerechtfertigte Ausscheidung nicht zu beanstandender Einzelfälle bewusst in Kauf.
(3) Zu Recht hat daher die PTB in ihrer Stellungnahme vom 27. November 2014 ausdrücklich festgestellt, dass die Verwertbarkeit von Messungen mit der Gerätesoftware 1.5.5 und 3.2.4 nach wie vor keinen Bedenken unterliege und dass auch diejenigen Falldateien, die ausschließ-lich mit dem alten" Auswerteprogramm Tuff-Viewer 3.38.0 geöffnet wurden, aus messtechni-scher Sicht nicht zu beanstanden seien. Mit der Zulassung der neuen Auswertesoftware 3.45.1 (anstelle der alten Version) zum Stichtag 24. Juli 2013 sollte lediglich eine in zeitlicher Hinsicht eindeutige Regelung geschaffen werden, um für das standardisierte Verfahren eine einheitliche Handhabung bei der Auswertung sicherzustellen und unsachgemäße Vergleiche zwischen den hinsichtlich der Auswertekriterien von unterschiedlichen Ansätzen aus-gehenden Programmver-sionen zu unterbinden (so schon OLG Frankfurt aaO ).
bbb) Bei dieser Sachlage musste sich das Amtsgericht auch nicht im Hinblick auf eine mögliche Verletzung der Eichbestimmungen dazu veranlasst sehen, das Messergebnis in Zweifel zu zie-hen und dem auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisbegehren nachzukommen. Bei der hier zur Rede stehenden Geschwindigkeitsmessung ist ein ordnungs-gemäß geeichtes Messgerät angewendet worden. Die zugehörige Auswerteeinheit ist zwar zu-lassungs-, nicht aber eichpflichtig, da die Messdaten unabänderlich in der signierten Falldatei abgespeichert sind und deren Auswertung im Gegensatz zur Messung jederzeit wieder-holbar ist (vgl. auch insoweit die klarstellenden Ausführungen in der PTB-Stellungnahme vom 27. November 2014, dort zu II).
ccc) Dass die im Verfahren PoliScan Speed gewonnenen Falldatensätze durch die Bußgeldbe-hörde im Zeitraum 27. Juli 2013 bis 19. August 2013 also auch am hier zur Rede stehenden Tattag möglicherweise versehentlich mit der nicht mehr zugelassenen Softwareversion 3.38.0 ausgewertet wurden, musste ebenfalls nicht zur Einholung eines Sachverständigengut-achtens drängen.
Zum Einen berührt ein derartiger Zulassungsverstoß auf bloßer Auswertungsebene -dies ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen (aaa) nicht die Messtechnik als solche und ver-mag daher in Bezug auf Zuverlässigkeit und Richtigkeit der Messung keine Bedenken zu be-gründen, die der Klärung durch einen Sachverständigen bedürften (so ausdrücklich OLG Frank-furt aaO ). Zum anderen ist im hier vorliegenden Fall zu bedenken, dass die am 4. August 2013 erfolgte Messung des Betroffenen sowohl seitens der Bußgeldbehörde im Verfahren selbst als auch durch den von der Verteidigung beauftragten Sachverständigen Schäfer zusätzlich einer vergleichenden Auswertung mit der neuen Software 3.45.1 unterzogen worden ist, wobei beide Auswertevorgänge zur Erstellung eines nach den Kriterien der Ge-brauchsanweisung uneingeschränkt verwertbaren Beweisfotos geführt haben (vgl. hierzu BI. 1, 20 d. A. sowie S. 7 des Gutachtens Schäfer vom 28. Februar 2014). Vor diesem Hintergrund bestand für das Amtsgericht erst recht kein Anlass, die Zuverlässigkeit der Messung durch ei-nen Sachverständigen überprüfen zu lassen.
II. Sachrüge In materiell rechtlicher Hinsicht hat die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben. Ergänzend zum Antrag der Gene-ralstaatsanwaltschaft ist diesbezüglich Folgendes zu bemerken:
1. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht Düsseldorf durch Urteil vom 30. Oktober 2014 (6 K 2251/14) die an der Messstelle angeordnete Begrenzung der Höchstge-schwindigkeit auf 80 km/h aufgehoben hat, stellt den Tatbestand einer am 4. August 2013 be-gangenen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht in Frage. Dies folgt schon daraus, dass der aufhebenden Entscheidung keine rückwirkende Feststellungskraft zukommt, denn das Verwal-tungsgericht hat ausweislich der Urteilsgründe () die Sach- und Rechts-lage nur bezogen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung geprüft und hierbei ausdrücklich offen gelassen, ob die Geschwindigkeitsbegrenzung als Dauerverwaltungsakt be-reits bei ihrer Anordnung (2010) rechtswidrig war oder zu welchem Zeitpunkt sie später ihre Rechtsgrundlage verloren hat (so bereits OVG NW, Beschluss vom 5. März 2015 [8 B 1213/14] ). Unabhängig hiervon ist zu berücksichtigen, dass selbst rechtswidrige Allgemeinverfü-gungen im Straßenverkehr grundsätzlich wirksam und für den Verkehrsteilnehmer verbindlich sind (vgl. hierzu bereits den Einzelrichterbeschluss IV-1 RBs 221/14 vom 13. April 2015 m. w. N.). Daher sieht der Senat auch keinen Anlass, die noch anhängigen Verfahren wegen Über-schreitung der Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h an der Fleher Brücke im Lichte der nunmehr ergangenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gemäß § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen und damit ohne sachlich rechtfertigenden Grund anders zu behandeln als die vor Kenntnis-nahme von der Entscheidung bereits rechtskräftig abgeschlossenen Fälle.
2. Zum Rechtsfolgenausspruch geht das angefochtene Urteil zutreffend davon aus, dass der Bußgeldkatalog für den hier vorliegenden Fall einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 44 km/h außerorts als Regelfolgen die Festsetzung einer Geldbuße in Höhe von 160 Euro sowie die Verhängung eines einmonatigen Fahrverbots wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers vorsieht (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKatV i.V.m. Nr. 11.3.7 der Tabelle 1 des Anhangs zum Bußgeldkatalog). Der wegen besonderer Härten in der persönlichen Situation des Betroffenen vorgenommene Verzicht auf die Verhängung eines Fahrverbots beschwert ihn nicht. Dass das Amtsgericht im Hinblick auf das an sich verwirkte Fahrverbot die Geldbuße auf 300 Euro erhöht hat, beruht auf § 4 Abs. 4 BKatV und unterliegt aus Rechtsgründen keiner Be-anstandung.
B. Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft
Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte und mit der Sachrüge begründete Rechtsbe-schwerde der Staatsanwaltschaft erweist sich im Ergebnis als unbegründet.
1. Zu Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft allerdings Darlegungsmängel des ange-fochtenen Urteils in Bezug auf die Entscheidung zum Absehen vom Fahrverbot.
Das Amtsgericht hat auf dessen Verhängung verzichtet, weil der verkehrsrechtlich nicht vor-belastete Betroffene als Inhaber und Geschäftsführer eines kleinen Betriebes Kunden im gesamten Bundesgebiet selbst betreuen müsse. Da die wirtschaftlich angespannte Situation des Unternehmens eine Überbrückung der einmonatigen Fahrverbotsdauer durch Einstellung eines Fahrers und/oder durch Urlaubsantritt nicht erlaube, drohe dem Betroffenen bei Verhän-gung des Fahrverbots eine Gefährdung seiner Existenz.
Diese Ausführungen sind mangels hinreichender Tatsachengrundlage rechtsfehlerhaft. Beim Absehen vom Fahrverbot wegen drohender Existenzgefährdung darf der Tatrichter pauschale Behauptungen des Betroffenen zu seiner wirtschaftlichen Situation nicht einfach unkritisch übernehmen, sondern muss im Urteil die konkreten Umstände darlegen, aus denen sich eine Bedrohung der Existenz herleiten soll (OLG Stuttgart NZV 1994, 371; Bur-mann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Auflage [2014], § 25 StVG Rdnr. 20, 22). Dies ist hier nicht geschehen. Ausweislich der Urteilsgründe hat der Betroffene bei seiner Ver-nehmung zur Person schon zu seinem monatlichen Nettoeinkommen keine weiteren Angaben" gemacht. Darüber hinaus lässt das angefochtene Urteil mangels konkreter Indizfeststellungen auch nicht erkennen, wie der vom Betroffenen geführte Betrieb personell ausgestattet ist und woraus sich dessen wirtschaftlich angespannte Lage ergeben soll. Angesichts dieser Lücken bilden die Entscheidungsgründe zum Absehen vom Fahrverbot keine hinreichende Nachprü-fungsgrundlage für das Rechtsbeschwerdegericht.
2. Dessen ungeachtet scheidet eine Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolge-nausspruch aus, weil bereits jetzt absehbar ist, dass die Verhängung des an sich verwirkten Fahrverbots im Falle einer Neuverhandlung der Sache vor dem Amtsgerichts schon wegen Zei-tablaufs nicht mehr in Betracht kommen wird.
Da das Fahrverbot als Denkzettel- u Besinnungsmaßnahme" in erster Linie spezial-präventiven Zwecken dient und für seine Anordnung daher die Nähe zur Tat wesentlich ist, scheidet eine Verhängung dieser Nebenfolge nach herrschender Meinung aus, wenn seit der Tat mehr als zwei Jahre verstrichen sind (vgl. Senatsbeschluss 2b Ss OWi 216/02 - OWi 68/02 1 vom 4. No-vember 2002 ; OLG Hamm 111-3 RBs 364/11 vom 24. Januar 2012 ; Burmann, aaO, § 25 Rdnr. 1b m. w. N.). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die dem Be-troffenen vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung vom 4. August 2013 liegt bereits jetzt annähernd zwei Jahre zurück und wird bei der im Falle einer Zurückverweisung der Sache an-stehenden Neuverhandlung des Rechtsfolgenausspruchs vor dem Amtsgericht mit Sicherheit überschritten sein. Angesichts dieser Sachlage wäre das Amtsgericht selbst dann an einer Ab-änderung seiner Entscheidung zum Fahrverbot gehindert, wenn es im Verlauf der neuen Be-weisaufnahme zu dem Ergebnis gelangen würde, dass besondere persönliche Härten (Exis-tenzgefährdung) einer Verhängung nicht entgegenstehen.
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