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Gericht / Entscheidungsdatum: LG Memmingen, Beschl. v. 20.04.2015 - 5 Qs 15/15 jug.
Leitsatz: Zum Entstehen der Verfahrensgebühr für das Revisionsverfahren im Fall der Einlegung unterschiedlicher Rechtsmittel der Verfahrensbeteiligten.
5 Qs 15/15 jug. In dem Strafverfahren gegen pp. Verteidiger: wegen Raubes mit gefährlicher Körperverletzung hier: Beschwerde der Verteidigerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Neu-Ulm vom 14.11.2014 erlässt das Landgericht Memmingen - 5. Jugendkammer - durch die unterzeichnenden Richter am 20.04.2015 folgenden Beschluss 1. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Neu-Ulm vom 14.11.2014 wird insoweit aufgehoben, als statt der Revisionsverfahrensgebühr in Höhe von 492 EUR lediglich die Beru-fungsverfahrensgebühr in Höhe von 256 EUR festgesetzt wurde. 2. Die Staatskasse wird angewiesen, an die Beschwerdeführerin einen weiteren Betrag von 280,84 EUR (236,00 EUR + 44,84 EUR Mehrwertsteuer) auszubezahlen.
Gründe: Das Amtsgericht - Jugendschöffengericht - Neu-Ulm hat am 12.05.2014 die Angeklagten pp. verur-teilt und zwar den Angeklagten H. wegen Raubes mit gefährlicher Körperverletzung zu einem Dau-erarrest von 3 Wochen.
Gegen dieses Urteil hat die Verteidigerin des Angeklagten G. mit Schriftsatz vom 19.05.2014 Rechtsmittel eingelegt.
Der Angeklagte G. ließ mit Verteidigerschriftsatz vom 17.05.2014 Berufung, der Angeklagte A. mit Verteidigerfax vom 19.05.2014 Rechtsmittel einlegen, welches er in der Folgezeit nicht weiter be-gründete.
Die Verteidigerin des Angeklagten H. hat das von ihr eingelegte Rechtsmittel mit Schriftsatz vorn 13.07.2014, eingegangen beim Amtsgericht Neu-Ulm am 15.07.2014, als Revision bezeichnet und diese form- und fristgerecht begründet.
Vor dem Landgericht Memmingen wurden sämtliche Rechtsmittel gern. § 335 Abs. 3 Satz 1 StPO als Berufung behandelt und mit Urteil vom 12.05.2014 alle kostenpflichtig verworfen.
Mit Antrag vom 15.10.2014 hat die Verteidigerin, Rechtsanwältin Mangold die Festsetzung ihrer Pflichtverteidigergebühren u.a. für die 2. Instanz beantragt und hierbei die Revisionsverfahrensge-bühr Nr. 4130 VV RVG in Ansatz gebracht.
Das Amtsgericht Neu-Ulm hat jedoch als Verfahrensgebühr in 2. Instanz die Berufungsverfahrens-gebühr gem. VV RVG 4124 in Höhe von 256 EUR, anstatt der von der Verteidigerin beantragten Revisionsverfahrensgebühr in Höhe von 492 EUR angesetzt.
Das Amtsgericht Neu-Ulm hat damit argumentiert, dass der Verteidigerin durch Akteneinsicht nach ihrer Rechtsmitteleinlegung bekannt war, dass bereits ein anderer Angeklagter Berufung eingelegt und somit die Rechtsfolgen des § 335 Abs. 3 StPO ausgelöst hat, die Revision auch nicht mehr begründet hätte werden müssen und eine Tätigkeit im Revisionsverfahren nicht erfolgt sei.
Die hiergegen eingelegte Erinnerung hat das Amtsgericht Neu-Ulm mit Beschluss vom 05.03.2015 zurückgewiesen.
Der Beschluss wurde der Verteidigerin ausweislich EB am 06.03.2015 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 11.03.2015 hat Rechtsanwältin Mangold sofortige Beschwerde" gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neu-Ulm vom 05.03.2015 eingelegt.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass durch die form- und fristgerecht eingelegte Revisionsbe-gründung die Verfahrensgebühr Nr. 4130 VVRVG entstanden sei. Auch wenn die Wirkung des § 335 Abs. 3 Satz 1 StPO eingetreten sei, könne durch Rücknahme der Berufung der übrigen Ange-klagten (bzw. der Staatsanwaltschaft, falls von ihr eingelegt) die von ihr eingelegte Revision wieder zum Tragen kommen, da jeder Beteiligte sein eigenes Verfahren führe.
Durch die Fertigung der Revisionsbegründungsschrift werde der Verteidiger im Revisionsverfahren tätig, was die Revisionsverfahrensgebühr auslöse.
II. Die als Beschwerde auszulegende sofortige Beschwerde" der Verteidigerin, Rechtsanwältin Man-gold, ist als solche statthaft (§ 56 RVG in Verbindung mit § 33 Abs. 3 RVG) und zulässig, insbe-sondere ist sie binnen der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 S. 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 S. 3 RVG eingelegt.
Sie hat in der Sache auch Erfolg.
Eine Revisionsbegründung ist eine Tätigkeit, die dem Revisionsverfahren zugerechnet wird.
Die Revisionsverfahrensgebühr entsteht jedoch nicht nur durch Fertigung der Revisionsbegrün-dung, sondern bereits, wenn der Rechtsanwalt mit seinem Mandanten den weiteren Gang des Ver-fahrens berät und auch, wenn er zu von einem anderen Verfahrensbeteiligten, zum Beispiel der Staatsanwaltschaft, eingelegten Revision vor deren Revisionsbegründung Stellung nimmt. Die Re-visionsverfahrensgebühr bleibt diesem Verteidiger auch dann nach allgemeiner Rechtsprechung erhalten, wenn zum Beispiel die Staatsanwaltschaft ihre Revision noch vor Abgabe einer Revisi-onsbegründung wieder zurücknimmt (vgl. hierzu auch Gerold/Schmidt, RVG, 19, Auflage VV 4130 Randziffer 4 ff).
Die Verteidigerin führt zu Recht aus, dass im Fall der Rücknahme der Berufung durch die übrigen Verfahrensbeteiligten sie ihrer beabsichtigten Revision nur durch die rechtzeitige Begründung ihrer Revision zum Erfolg und zur Verweisung an das Revisionsgericht verhelfen kann. Ein solches Vor-gehen entspricht anwaltlicher Vorsicht und ist nicht unsinnig.
Wenn aber bereits die Beratung über die von einem Prozessbeteiligten eingelegte Revision die Re-visionsverfahrensgebühr auslöst, dann kann für den Fall der Abgabe der fristgerechten Revisions-begründung in einem Verfahren, in dem bereits die Wirkung des § 335 Abs. 3 S. 1 StPO eingetre-ten ist, nichts anderes gelten.
Damit ist die Revisionsverfahrensgebühr Nr. 4130 VV RVG antragsgemäß festzusetzen und die Staatskasse entsprechend zur Auszahlung anzuweisen.
Eine Kostenentscheidung ist wegen § 56 Abs. 2 RVG nicht veranlasst.
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