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Entscheidungen

StPO

Bilddateien, unbekleideter Verletzter, Akteneinsicht

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Köln, Beschl. v. 05.03.2015 - 2 Ws 115/15

Leitsatz: Lichtbilder, die einen Verletzten ganz oder teilweise unbekleidet zeigen, sind in Umschlägen oder Sonderbänden der Akte aufzubewahren und vor der Versendung der Akte zu entnehmen. Dem Verteidiger können diese Beweismittel nicht in die Kanzleiräume übersandt werden; er kann sein Akteneinsichtsrecht dergestalt ausüben, dass er die Bilder auf der Geschäftsstelle einsieht.


In pp.
Die weitere Beschwerde wird auf Kosten des Beschuldigten verworfen.
Gründe
I.
Der am 12.01.2015 vorläufig festgenommene Beschuldigte befindet sich aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Aachen vom 13.01.2015 seit diesem Tage in Untersuchungshaft. Ihm wird (tateinheitlich) schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes und der Besitz kinderpornographischer Schriften in zwei Fällen vorgeworfen, Verbrechen und Vergehen gem. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1, 184b Abs. 4 S.2 StGB. Der Beschuldigte soll im Jahre 2014 mit dem zur Tatzeit zehn Jahre alten Jungen K T bei zwei Gelegenheiten in seiner Wohnung bzw. in einem Kellerraum Analverkehr durchgeführt haben. Das Tatgeschehen soll auf Bilddateien zu sehen sein, die der Beschuldigte mit einer Kamera angefertigt haben soll.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 29.01.2015 eine Haftbeschwerde des Beschuldigten verworfen und der dagegen gerichteten weiteren Beschwerde nicht abgeholfen. Der Beschuldigte wendet ein, es sei keine ausreichende Akteneinsicht in die Bilddateien, auf die sich der Haftbefehl stütze, gewährt worden. Außerdem bestünden keine Haftgründe.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Akten dem Senat mit dem Antrag auf Verwerfung der weiteren Beschwerde vorgelegt.
II.
Die nach §§ 304, 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO statthafte und auch im übrigen zulässige weitere Beschwerde hat keinen Erfolg.
Amtsgericht und Landgericht haben die Voraussetzungen der Untersuchungshaft und ihren weiteren Vollzug zu Recht bejaht. Der Senat nimmt hierzu zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss Bezug. Mit dem Vorbringen der weiteren Beschwerde - die im wesentlichen den Inhalt der Haftbeschwerde wiederholt - hat sich die Beschwerdekammer in der Nichtabhilfe-Entscheidung ebenfalls bereits auseinandergesetzt. Auch darauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Der Senat hebt deswegen nur noch einmal hervor: Der dringende Tatverdacht wegen der dem Haftbefehl zugrunde liegenden Tatvorwürfe ergibt sich vollständig aus den bei den Akten befindlichen Bilddateien, in die der Senat Einblick genommen hat. Das Bildmaterial ist von den Vorinstanzen der Haftanordnung rechtmäßig zugrunde gelegt worden. Gegen den insoweit zu beachtenden Grundsatz der Waffengleichheit ist nicht verstoßen worden. Dem Verteidiger ist die Einsichtnahme in das die Haftanordnung tragende Bildmaterial in verfahrensrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf der Geschäftsstelle angeboten worden. Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 28.01.2015 zur Haftbeschwerde zutreffend auf Nr. 220 Abs. 2, Nr. 225 RiStBV verwiesen, wonach Lichtbilder von Verletzten, die sie ganz oder teilweise unbekleidet zeigen, in einem verschlossenen Umschlag oder - wie hier geschehen - gesondert geheftet zu den Akten zu nehmen, bei der Gewährung von Akteneinsicht vorübergehend aus den Akten zu entfernen sind und insoweit nach § 147 Abs. 4 S.1 StPO Akteneinsicht auf der Geschäftsstelle zu gewähren ist. § 147 Abs. 4 S.1 StPO nimmt im Übrigen Beweisstücke, zu denen die in Rede stehenden Bilddateien gehören, ausdrücklich von der Mitgabe in die Geschäftsräume des Verteidigers aus.
Was die inzwischen vorliegende Verschriftung der Aussage des mutmaßlich Geschädigten angeht, hat die Kammer, der die Verschriftung noch nicht vorlag, ihre Entscheidung darauf nicht gestützt, so dass auch insoweit eine verfahrensrelevante Einschränkung der Verteidigungsrechte nicht stattgefunden hat.
Das Landgericht hat zutreffend auch den Haftgrund der Fluchtgefahr gem. § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO angenommen und hierzu mit Recht auf die hohe Straferwartung einer Mindeststrafe von zwei Jahren nach § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB abgestellt. Dass der Beschuldigte, wie mit der weiteren Beschwerde vorgetragen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, räumt die Fluchtgefahr nicht aus. Ein Sich-Entziehen im Sinne von Fluchtgefahr liegt auch in einem Verhalten, durch das der Fortgang des Verfahrens wenigstens vorübergehend verhindert wird, wenn etwa der Beschuldigte für Ladungen und Vollstreckungsmaßnahmen nicht zuverlässig zur Verfügung steht; größerer Geldmittel des Beschuldigten bedarf es dafür nicht. Starke familiäre oder berufliche Bindungen des ledigen Beschuldigten, die in der Regel gegen die Fluchtgefahr sprechen könnten, sind nicht festgestellt worden. Die Kammer hat die Gesamtumstände zutreffend dahin zusammengefasst, dass sich der Beschuldigte einen neuen Lebensmittelpunkt suchen könnte, ohne erhebliche feste soziale Bindungen hinter sich lassen zu müssen.
Ob daneben auch die Haftgründe der Verdunkelungsgefahr nach § 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO bzw. der (neben Fluchtgefahr ohnehin subsidiären) Wiederholungsgefahr gem. § 112a StPO gegeben sind, muss der Senat nicht abschließend entscheiden.
Auch soweit das Landgericht die Voraussetzungen für eine Haftverschonung gem. § 116 StPO nicht für gegeben erachtet hat, tritt der Senat dem bei und fügt an, dass die jetzt etwas mehr als sieben Wochen andauernde Untersuchungshaft angesichts der Schwere des Tatvorwurfs bisher nicht gem. § 120 StPO unverhältnismäßig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

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