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Leitsatz: Zur Vermögensbetreuungspflicht desjenigen, dem vom eigentlichen Kreditkarteninhaber eine Kreditkarte zur eigennützigen Verwendung überlassen wurde, nach dem Tod des Kreditkarteninhabers.
Strafsache In pp. hat der 1. Strafsenat des OLG Hamm am 12.03.2015 beschlossen: Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Angeklagte wird freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Angeklagten trägt die Landeskasse. Gründe I. Das Amtsgericht Siegen hat die Angeklagte mit Urteil vom 01.04.2014 wegen Untreue zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Angeklagten hat das Landgericht Siegen mit dem angefochtenen Urteil verworfen. Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil "überließ"/ "schenkte" der am 21.01.2013 verstorbene N T, der vermögend war, wohl gegen Ende September 2012 der Angeklagten, die für ihn als Haushaltshilfe tätig war, eine Kreditkarte (Visa-Karte) "zur freien Nutzung, also für eigene Zwecke". Das Verfügungslimit der Kreditkarte lag bei 5.000 Euro monatlich. Die Karte hatte eine Gültigkeit bis Ende Januar 2013. Die Kreditkartenumsätze wurden letztlich von einem Kontokorrentkonto des N T abgebucht. In der Folgezeit tätigte die Angeklagte zahlreiche Umsätze mit der Kreditkarte. Auch nach dem Tod des N T tätigte die Angeklagte vom 25.01.2013 bis zum 01.02.2013 insgesamt 22 Umsätze im Umfang von insgesamt 4.686,07 Euro. Diese sind Gegenstand der Aburteilung. Mindestens die letzten beiden Umsätze tätigte sie mit der bis Januar 2017 gültigen Folgekarte. Nach den Feststellungen des Landgerichts tätigte die Angeklagte die genannten 22 Umsätze in Kenntnis des Todes des N T. Sie habe gewusst, dass dessen Vermögen nach seinem Tod allein den Erben zugestanden habe, zu denen sie - wie sie gewusst habe - nicht gehört habe. Das Landgericht wertet das geschilderte Verhalten der Angeklagten nach dem Tod des N T als Untreue i.S.v. § 266 StGB. Die Angeklagte habe eine Treuepflicht, die aus der Überlassung der Kreditkarte resultierte, zum Nachteil der Erben des N T missbraucht, obwohl ihre Berechtigung im Innenverhältnis mit dessen Tod geendet habe. Das schließt das Landgericht daraus, dass der Verstorbene bei Übergabe der Karte "rüstig und fit" gewesen sei und deshalb keinen Anlass gehabt habe, sich über "die Frage eines Ablebens und dessen Folgen für die Kartennutzung" Gedanken zu machen. Die Vollmacht der Angeklagten habe - was das Landgericht gestützt auf § 168 BGB näher begründet - daher mit seinem Tod geendet. Gegen das Urteil wendet sich die Angeklagte mit der Revision, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Sie rügt insbesondere Mängel in der Beweiswürdigung, aus der sich nicht ergebe, dass die Angeklagte zum Zeitpunkt der Verfügungen vom Tod des N T überhaupt gewusst habe. Auch ergebe sich aus der Beweiswürdigung nicht, dass sie vom Ende ihrer Berechtigung aufgrund des Todes gewusst habe. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat beantragt, die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen. II. Die zulässige Revision hat auf die Sachrüge hin Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Freisprechung der Angeklagten aus Rechtsgründen (§§ 349 Abs. 4, 354 Abs. 1 StPO), welche auch im Beschlusswege nach § 349 Abs. 4 StPO erfolgen kann (vgl. OLG Hamm NJW 1977, 207 ff.). Das angefochtene Urteil weist einen durchgreifenden Rechtsfehler zu Lasten der Angeklagten auf. Der festgestellte Sachverhalt ergibt ein strafbares Verhalten der Angeklagten nicht. 1. Im angefochtenen Urteil wird verkannt, dass die Angeklagte eine (für beide Tatbestandsalternativen des § 266 Abs. 1 StGB erforderliche - vgl. insoweit BGHSt 24, 386; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 266a Rdn. 6a m.w.N.; krit.: Schünemann in: LK-StGB, 12. Aufl., § 266 Rdn. 18 ff.) Vermögensbetreuungspflicht weder gegenüber dem Verstorbenen noch gegenüber dessen Erben traf. Eine Untreue i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB liegt damit nicht vor. Eine Vermögensbetreuungspflicht trifft den Täter dann, wenn er fremde Vermögensinteressen von einiger Bedeutung zu betreuen hat (BGHSt 24, 386 f.). Vermögensinteressen richten sich auf das Gewinnen, Erhalten und Vermehren wirtschaftlicher Werte (Schünemann, a.a.O., § 266 Rdn. 71). Diese Pflicht muss eine besondere Pflicht sein, die über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter hinausgeht. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierbei ist in erster Linie von Bedeutung, ob die fremdnützige Vermögensfürsorge den Hauptgegenstand der Rechtsbeziehung bildet und ob dem Verpflichteten bei deren Wahrnehmung ein gewisser Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbstständigkeit, mit anderen Worten die Möglichkeit zur verantwortlichen Entscheidung innerhalb eines gewissen Ermessensspielraums verbleibt (BGH NJW 2011, 88, 91; BGH NStZ 2013, 40). Ein bloßer Bezug zu fremden Vermögensinteressen reicht nicht aus (BGH NStZ 2013, 40). Die Angeklagte traf hier eine solche Verpflichtung nicht. Die Kreditkarte war ihr ausschließlich zur eigennützigen Verwendung überlassen worden. Der Verfügungsrahmen der Kreditkarte war auf 5.000 Euro pro Monat begrenzt, eine Verwendung über diesen Betrag hinaus der Angeklagten mithin gar nicht möglich. Ein Spielraum verblieb ihr insoweit nicht. Inhalt der Vereinbarung mit dem Verstorbenen war gerade nicht eine Fürsorge für dessen Vermögensinteressen, sondern gerade dessen Vermögensminderung bis zur Höhe des Kreditkartenlimits von 5.000 Euro je Monat. Der Fall liegt hier anders, als z.B. der Sachverhalt, der der Entscheidung OLG Hamm NStZ-RR 2004, 111 zu Grunde lag. Dort hatte der Geschädigte der seinerzeitigen Angeklagten, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebte, Kontovollmacht erteilt, damit sie Geldbeträge zur angemessenen Lebensführung von seinem Konto abheben konnte. Diesen Rahmen hatte sie dann überschritten. Vorliegend ist es aber so, dass die Angeklagte keinen Spielraum hatte, über den Betrag des Kreditkartenlimits hinaus, der allein ihr zu Gute kommen sollte, Verfügungen zu Lasten des Verstorbenen zu treffen. Da, wie das Landgericht ausführt, der "rüstige" Verstorbene keinen Anlass hatte, sich über die Frage seines Ablebens und dessen Folgen für die Nutzung der Kreditkarte Gedanken zu machen und diese bei Übergabe der Karte an die Angeklagte zu erörtern, kann auch nicht angenommen, werden, er habe der Angeklagten für den Fall seines Ablebens eine Vermögensbetreuungspflicht zu Gunsten seiner Erben im Falle seines Versterbens auferlegen wollen. Es ist auch kein Umstand erkennbar, der eine Vermögensbetreuungspflicht mit dem Ableben des Verstorbenen begründen könnte. Irgendwie geartete Vereinbarungen mit den Erben hat es nicht gegeben. Auch aus dem Gesetz (etwa §§ 2018 ff. BGB) lässt sich eine Pflicht in dem oben genannten Sinne nicht ableiten (sondern eben nur die gesetzlich geregelten Einzelansprüche). Sie ergeben zwar einen Bezug zu den Vermögensinteressen der Erben. Ein solcher bloßer Bezug zu fremden Vermögensinteressen reicht aber nicht (s.o.). Da die Angeklagte insgesamt keine Vermögensbetreuungspflicht traf, spielt es auch keine Rolle, ob sie die Verfügungen mit der Karte, deren Gültigkeit am 31.01.2013 endete, oder mit der Folgekarte getroffen hat. 2. Auch weitere Straftatbestände, welche die Angeklagte mit dem festgestellten Verhalten verwirklicht haben könnte, sind nicht ersichtlich. a) Ein Betrug (§ 263 StGB) scheidet nach Lage der Dinge aus. Da sich das Kreditkartenunternehmen verpflichtet, dem jeweiligen Händler bei Vorlage eines ordentlichen Leistungsbeleges den abgewickelten Umsatz zu bezahlen (vgl. BGH NJW 2002, 2234 ff.; Casper in: MK-BGB, 6. Aufl., § 675f Rdn. 108), ist auszuschließen, dass sich die jeweiligen Händler (oder deren Bedienstete) denen gegenüber die Kreditkarte eingesetzt wurde, Gedanken über die Berechtigung der Angeklagten gemacht haben. Dementsprechend scheidet auch bei Zugrundelegung der betrugsspezifischen Auslegung (dazu: Fischer, a.a.O., § 263a Rdn. 11) eine Strafbarkeit nach § 263a StGB, sofern die Umsätze in einem automatisierten Verfahren getätigt worden sind, aus. b) Auch eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Unterschlagung i.S.v. § 246 StGB liegt nicht vor. Die Angeklagte hat sich die Kreditkarte(n) nicht zugeeignet. Eine Zueignung liegt vor, wenn sich der Täter die Sache oder den in ihr verkörperten Sachwert durch eine nach außen hin erkennbare Betätigung des Zueignungswillens in sein Vermögen einverleibt (Fischer, a.a.O., § 246 Rdn. 5 f.). Eine solche liegt hier nicht vor. Da die Kreditkarte als solche keinen Sachwert verkörperte (vgl.BGH, Urt. v. 18.07.2007 - 2 StR 69/07 = BeckRS 2007, 12907 und BGH NStZ 2001, 316), kommt nur eine Einverleibung der Kreditkarte(n) selbst in das Vermögen der Angeklagten in Betracht. In der bloßen Benutzung der Kreditkarte kann eine solche aber nicht gesehen werden. Hierbei handelt es sich um eine neutrale Handlung im Hinblick auf die Rechte an der Karte selbst. Man kann eine Kreditkarte nutzen, ohne dass diese selbst, d.h. das Stück Plastik, aus dem sie besteht, dem eigenen Vermögen zugehörig ist. Auch in dem bloßen Behalten der Kreditkarte(n) nach dem Tod des Verstorbenen liegt noch keine Manifestation der Zueignung bzgl. der Kreditkarte selbst (anders, als wenn die Angeklagte auf ein Herausgabeverlangen der Erben die Herausgabe verweigert hätte). c) Schließlich ist auch eine Strafbarkeit der Angeklagten nach § 266b StGB nicht erkennbar, da eine Schädigung des Kreditkartenausstellers nicht festgestellt und auch sonst nicht ersichtlich ist. d) Soweit in dem angefochtenen Urteil festgestellt wurde, dass die Angeklagte die Kreditkarte nach ihrer Sperrung am 05.02.2013 weggeworfen hat, kann dahinstehen, ob dies einen Straftatbestand erfüllt, weil dieses Verhalten eine andere, von der Anklage nicht umfasste, prozessuale Tat darstellt. III. Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.
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