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Entscheidungen

OWi

Halterhaftung, erforderliche Ermittlungen

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Bergisch Gladbach, Beschl. (ohne Datum) – 48 OWi 1196/14 (b

Leitsatz: 1.Die Außendienstmitarbeiter der Verwaltungsbehörde müssen bei einem Verstoß gegen das Haltegebot hinsichtlich der Ermittlung des Fahrzeugführers auch dann keine Bemühungen entfalten, wenn das Fahrzeug mit offener Heckklappe und in beladenem Zustand unmittelbar vor der Haustür der Person geparkt ist, die später als Halter ermittelt wird. Der Verwaltungsbehörde kann nicht vorgeschrieben werden, welche Ermittlungen sie hätte anstellen müssen.
2. Der Kostenbescheid nach § 25 StVG unterliegt keiner Verjährung.


In pp.
Gründe:
Die Verwaltungsbehörde hat am 09.07.2014 eine Ordnungswidrigkeit (Parken im Halteverbot) festgestellt, die mit dem Fahrzeug des Betroffenen unmittelbar vor dessen eigener Hauseingangstüre begangen worden ist. Die Feststellung des Verstoßes folgte zwischen 11.04 Uhr und 11.07 Uhr durch Fertigung einiger Fotos, die nachweisen, dass das Fahrzeug mit offener Heckklappe gefüllt mit Einkaufstaschen und einem Bierkasten (jeweils voll oder leer) in diesem Zeitraum unmittelbar vor einem Halteverbotsschild abgestellt war.


Die Mitarbeiter der Bußgeldbehörde hinterließen an der Windschutzscheibe -offensichtlich wegen des zeitgleichen strömenden Regens - keine schriftliche Verwarnung oder sonstige Nachricht. Stattdessen veranlasste die Bußgeldbehörde bereits 2 Tage später die automatische Halteranfrage beim KBA in Flensburg. Darauf erhielt die Bußgeldbehörde allerdings nur die Auskunft, dass eine Auskunftssperre vorlag. Nur wenige Tage später stellte daher die Bußgeldhörde eine Anfrage an die zuständige Zulassungsstelle des Kreises. Diese wurde - nach dem wiederum der X-Kreis bei der Stelle nachfragen musste, die die Auskunftssperre veranlasst hatte, am 01.08.2014 beantwortet. Bereits am 4.8.2014 wurde sodann das schriftliche Verwarnungsangebot nebst Anhörung an den Fahrzeughalter gerichtet.


Nachdem der Betroffene keine Auskunft über den Fahrer des Fahrzeuges im Verstoßzeitpunkt erteilte, erließ die Bußgeldbehörde am 5.11.2014 den angefochtenen Kostenbescheid. Dieser wurde dem Betroffenen am 6.11.2014 zugestellt. Am 20.11.2014 richtete der Betroffene per E-Mail an die Bußgeldbehörde den Antrag auf gerichtliche Entscheidung.


Der Betroffene macht geltend, dass eine Kostenbelastung des Halters dann nicht zulässig sei, wenn die erforderlichen Ermittlungen unterblieben seien. Vorliegend sei es so gewesen, dass die Mitarbeiter der Bußgeldbehörde unschwer vor Ort hätten warten können, da angesichts der offenen Heckklappe offensichtlich gewesen sei, dass der Fahrzeugführer alsbald zum Fahrzeug zurückkehren würde. Ferner setze der Erlass eines Kostenbescheides die rechtzeitige Befragung des Fahrzeughalters voraus, wobei nach der Rechtsprechung hier etwa 2 Wochen angemessen seien. Die Bußgeldbehörde habe aber 4 Wochen verstreichen lassen, bevor sie bei ihm nachgefragt habe. Nach einer derartigen Zeitspanne aber könne er sich nicht mehr daran erinnern, wer zum Vorfallszeitpunkt sein Fahrzeug genutzt habe.
Der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, insbesondere fristgerecht.


In der Sache hat er aber keinen Erfolg.

Soweit der Betroffene geltend macht, die Mitarbeiter der Bußgeldbehörde hätten vor Ort längere Zeit warten müssen bzw. durch fußläufiges Suchen in der Umgebung nach dem Fahrzeugführer fahnden müssen, kann dem nicht gefolgt werden. Es entspricht zwar allgemeiner Meinung in Literatur und Rechtsprechung, dass der Erlass eines Kostenbescheides gem. § 25 a StVG nur dann zulässig ist, wenn die Nichtfeststellbarkeit des Fahrzeugführers darauf beruht, dass die Bußgeldbehörde die gebotenen Ermittlungen rechtzeitig geführt hat. Dies kann jedoch nicht dahingehend verstanden werden, dass der Betroffene oder die Gerichte der Ermittlungsbehörde vorschreiben, welche Maßnahmen im jeweiligen Vorfallszeitpunkt geboten waren bzw. für welche von mehreren Möglichkeiten sich die Ermittlungsbehörden hätten entscheiden müssen. Dies ist schon deshalb nicht sachgerecht, weil niemand im Nachhinein beurteilen kann, wie genau sich die Situation für die Ordnungskräfte oder gar etwaige Polizeibeamte darstellte bzw. ob und ggfls. welche „wichtigeren Angelegenheiten" für diese im fraglichen Zeitraum zu erledigen waren. So steht es beispielsweise den Ordnungskräften/den Polizeibeamten frei, entweder eine schriftliche Verwarnung an die Windschutzscheibe anzubringen oder nach Rückkehr in die Dienststelle alsbald, jedenfalls zeitnah, eine Halterermittlung zum Zwecke der Übersendung einer schriftlichen Verwarnung/Anhörung durchzuführen.

Prüfungsmaßstab kann also allein sein, ob und ggfls. welche geeignete Ermittlungsmaßnahme hinsichtlich der Feststellung des Halters durch die Ordnungsbehörde durchgeführt worden sind.
Vorliegend ist dementsprechend festzustellen, dass die Mitarbeiter der Ordnungsbehörde nicht zwingend gehalten waren, eine Zeit vor Ort zu bleiben, um die Rückkehr des Fahrzeughalters zum Fahrzeug abzuwarten. Dies gilt umso mehr, als die Mitarbeiter nachweislich 2 bis 3 Minuten vor Ort waren und der Fahrzeughalter - trotz offener Heckklappe - nicht zum Fahrzeug zurückkehrte. Dies ließ beispielsweise die Möglichkeit offen, dass der Fahrzeughalter zunächst den Regenschauer abwarten wollte oder schlicht vergessen hatte, dass die Heckklappe noch offen war. Hinzu kommt, dass bei der vom Betroffenen betriebenen „genauen Betrachtungsweise" ein derartiges Abwarten der Ordnungskräfte auch nicht zielführend gewesen wäre. Die Mitarbeiter der Ordnungsbehörde hatten offensichtlich das Abstellen des Fahrzeuges nicht beobachtet. Wenn dann eine Person zum Fahrzeug gekommen wäre und dieses Be- bzw. Entladen hätte, hätte auch dies nicht zum Nachweis der Fahrzeugführerschaft im Vorfallszeitpunkt geführt, wenn diese Person nicht freiwillig - was aber hypothetisch ist - den Tatvorwurf eingeräumt hätte. Vielmehr blieb dann immer noch die - noch nicht einmal abwegige - Möglichkeit, dass neben dieser Person, die zum Fahrzeug zurückkehrt, eine weitere Person im Haus ist, die das Fahrzeug an der fraglichen Stelle abgestellt hatte.
Auch der Einwand des Betroffenen, er sei erst nach Ablauf von knapp 4 Wochen als Halter zum möglichen Fahrzeugführer befragt worden, greift im Ergebnis nicht durch. Der Betroffene beruft sich zwar zu Recht auf Rechtsprechung, welche die Überbürdung der Kosten und Auslagen gem. § 25 a StVG davon abhängig macht, dass eine rechtzeitige Befragung des Fahrzeughalters stattgefunden hat. Diese Frist soll in der Regel bei 2 Wochen liegen.
Vorliegend ist schon zweifelhaft, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles (Fahrzeug unmittelbar vor dem Haus geparkt; offene Heckklappe bei strömenden Regen; offenbar absolvierter bzw. beabsichtigter Einkauf an einem Mittwoch um ca. 11:00 Uhr) nicht durchaus zu der Bewertung führen können, dass es dem Betroffenen auch nach Ablauf von knapp 4 Wochen noch sehr gut möglich war, den Fahrzeugführer zu ermitteln. Dies kann aber dahinstehen, weil die entsprechende Rechtsprechung lediglich auf der Erwägung basiert, dass die Kostenbelastung des Halters nicht gerechtfertigt ist, weil die Nichtfeststellbarkeit allein bzw. vorrangig auf der vorangegangenen Untätigkeit der Ordnungsbehörde beruht. Deshalb ist auch allgemein anerkannt, dass ein rechtzeitiges und ausreichendes Tätigwerden der Ordnungsbehörde schon dann gegeben ist, wenn eine schriftliche Verwarnung an der Windschutzscheibe hinterlassen wurde. Auch in den Fällen, in denen dann die anschließende Anhörung den Fahrzeughalter nicht innerhalb angemessener Frist erreicht, ist dann die Kostenbelastung des Fahrzeughalters gerechtfertigt. Dies beruht auf der dem Sinn und Zweck des § 25 a StVG entsprechenden Wertung, dass es hinsichtlich der Nichtfeststellbarkeit des Fahrzeugführers allein auf das rechtzeitige und ausreichende Tätigwerden der Verwaltungsbehörde ankommt, nicht aber darauf, ob es der Fahrzeughalter zu vertreten hat, dass der Fahrzeugführer nicht feststellbar ist.
Vorliegend war es so, dass sich die Mitarbeiter der Ordnungsbehörde -offensichtlich gerade wegen des Regens - dazu entschlossen haben, keine schriftliche Verwarnung an die Windschutzscheibe zu klemmen, da damit zu rechnen war, dass diese binnen kürzester Zeit völlig durchweicht gewesen wäre. Ausreichend wäre aber auch die Erwägung gewesen, dass die erforderlichen Papierformulare schlicht gerade nicht vorhanden waren oder zum Anbringen der Verwarnung keine Zeit bestand. Stattdessen hat die Ordnungsbehörde nachweislich unmittelbar nach dem Vorfall die Halterermittlung betrieben und auch zügig fortgesetzt. Dass es dann fast 4 Wochen gedauert hatte, bis die Anfrage den Halter erreichte, hatte dann zwar nicht der Betroffene, aber auch nicht die Ordnungsbehörde zu vertreten.

Im Ergebnis bleibt es dabei, dass der Fahrzeugführer nicht festgestellt werden konnte, ohne dass der Ordnungsbehörde vorzuwerfen ist, nicht rechtzeitig oder nicht ausreichend tätig geworden zu sein. Sie hat vielmehr zügig und ordnungsgemäß das Verfahren eingeleitet und musste dann trotzdem feststellen, dass sich der Fahrzeugführer nicht ermitteln lässt. Folgerichtig hat sie nach entsprechendem Hinweis den angefochtenen Kostenbescheid erlassen.
Der Kostenbescheid ist auch nicht etwa wegen „Verjährung" aufzuheben. Der Erlass des Kostenbescheides liegt zwar zeitlich nach Eintritt der Verjährung hinsichtlich der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit. Dies aber ist gleichfalls nicht nur zulässig, sondern sogar angebracht. Bis zum Eintritt der Verfolgungsverjährung bleibt ja immer noch die Möglichkeit, dass der Kraftfahrzeugführer doch noch benannt wird. Solange die Verfolgungsverjährung nicht eingetreten ist, hat der Fahrzeughalter immer noch die Möglichkeit, den Fahrzeugführer nachträglich zu benennen. In einem derartigen Falle wäre die Ordnungsbehörde sogar - ausreichende Zeiträume unterstellt -verpflichtet, den Kostenbescheid zurückzunehmen und das Bußgeldverfahren gegen den dann benannten Fahrzeugführer fortzuführen.


Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 25 a Abs. 3 GVG, 62 Abs. 2 OWiG, 473 StPO.


Mischke

Richter am Amtsgericht





Einsender: RiOLG F. Jütte, Köln

Anmerkung:


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