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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Waffengleichheit

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Braunschweig, Beschl. v. 04.11.2014 - 13 Qs 216/14

Leitsatz: Dem Angeklagten ist i.d.R. dann ein Pflichtverteidiger beizuordnen, wenn der Nebenkläger durch einen gewählten Rechtsanwalt vertreten wird und aus diesem Grunde der Angeklagte sich nicht selbst verteidigen kann.


Landgericht Braunschweig
Geschäfts-Nr. 13 Qs 216/14
Beschluss
In der Strafsache
gegen pp.
Rechtsanwalt Jan-Robert Funck, Schleinitzstr.14, 38106 Braunschweig,
wegen gefährlicher Körperverletzung

hat die 13. große Strafkammer des Landgerichts in Braunschweig am 04.11.2014 durch die unterzeichnenden Richter beschlossen:

Auf die Beschwerde des Angeklagten vom 29.09.2014 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Goslar vom 19.09.2014 wird der angefochtene Beschluss aufgehoben.

Dem Angeklagten wird Herr Rechtsanwalt Jan-Robert Funck, Schleinitzstr.14, 38106 Braunschweig, als Pflichtverteidiger beigeordnet.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die diesbezüglichen notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse.

Gründe:
Die gemäß § 404 Abs. 1 StPO statthafte § 305 S. 1 StPO findet insoweit keine Anwendung (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 57. Aufl., § 141 Rdnr. 10) - und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts, durch den der Antrag des Angeklagten, dass ihm Herr Rechtsanwalt Funck im vorliegenden Strafverfahren als Pflichtverteidiger beigeordnet werden möge, zurückgewiesen wurde, hat in der Sache Erfolg.

Dem Angeklagten ist ein Pflichtverteidiger beizuordnen, weil der Nebenkläger durch einen gewählten Rechtsanwalt vertreten wird und aus diesem Grunde der Angeklagte sich nicht selbst verteidigen kann (vgl. § 140 Abs. 2 S. 1 3. Alt. StPO). Nur ergänzend merkt die Kammer hierzu an, dass aus dem Teilsatz "namentlich, weil dem Verletzten nach der §§ 397 a und 406 g Abs. 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist," schon dem Wortlaut nach ("namentlich") nicht gefolgert werden kann, dass in dem Falle, dass sich der Verletzte auf eigene Kosten eines Rechtsanwalts bedient, regelmäßig kein Pflichtverteidiger beizuordnen wäre.

Ungeachtet der Gesetzeshistorie ist mit Blick auf den rechtsstaatlichen Grundsatz des fairen Verfahrens und den Gesichtspunkt der Waffengleichheit im Strafverfahren § 140 Abs. 2. S. 1 3. Alt. StPO jedenfalls verfassungskonform in dem Sinne auszulegen, dass im Falle einer anwaltlichen Vertretung des Verletzten bzw. Nebenklägers die Beiordnung eines Pflichtverteidigers für den Angeklagten der zwingende Grundsatz sein wird, wovon nur in Ausnahmefällen aufgrund besonderer Umstände wird abgesehen werden können (so OLG Hamm, Beschl. v. 09.02.2004, 2 Ss 21/04, zitiert nach juris Rn. 9; OLG Bremen, StV 2004, 585; Meyer-Goßner, aa0., § 140 Rdnr. 31). Ein solcher Ausnahmefall liegt insbesondere dann vor, wenn die Beweiserhebung völlig unproblematisch ist (vgl. OLG Zweibrücken, StV 2005, 491). Davon kann hier indes schon wegen der 11 geladenen Zeugen nicht ausgegangen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO analog.

Einsender: RA J. Robert Funck, Braunschweig

Anmerkung:


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