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Entscheidungen

Verwaltungsrecht

Fahreignungsregister, dritte Maßnahmestufe, Entziehung, Fahrerlaubnis, Ermessen

Gericht / Entscheidungsdatum: VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 05.06,2014 - 10 S 744/14

Leitsatz: 1. Nach dem Fahreignungsbewertungs-System gilt der Fahrerlaubnisinhaber unwiderleglich als ungeeignet, wenn er trotz Durchlaufens der ersten und zweiten Maßnahmenstufen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG in der ab 01.05.2014 geltenden Fassung so viele fahreignungsrelevante Straftaten oder verkehrssicherheitsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeiten begangen hat, dass er acht und mehr Punkte erreicht. Die gesetzliche Neuregelung des Punktsystems hat nichts daran geändert, dass die Fahrerlaubnis auf der dritten Maßnahmestufe zwingend zu entziehen ist, ohne dass der Fahrerlaubnisbehörde ein Ermessen eingeräumt ist (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG neuer Fassung).
2. Zur Anwendung der Übergangsregelungen des § 65 Abs. 3 StVG in der ab 01.05.2014 geltenden Fassung.


In der Verwaltungsrechtssache
- Antragsteller
- Beschwerdeführer -
prozessbevollmächtigt:
gegen
Land Baden-Württemberg,
vertreten durch das Landratsamt Ortenaukreis,
Badstraße 20, 77652 Offenburg
- Antragsgegner -
- Beschwerdegegner -
wegen Entziehung der Fahrerlaubnis hier: vorläufiger Rechtsschutz
hat der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch die Richterin am Verwaltungsgerichtshof den Richter am Verwaltungsgerichtshof und den Richter am Verwaltungsgericht
am 3. Juni 2014
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 18. März 2014 - 2 K 400/14 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO), aber nicht begründet.
Auf der Grundlage der Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe führen nicht dazu, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die kraft Gesetzes (§ 4 Abs. 7 Satz 2 StVG alter Fassung, § 4 Abs. 9 StVG in der ab dem 01.05.2014 geltenden Fassung) sofort vollziehbare Verfügung des Antragsgegners vom 06.02.2014 anzuordnen ist. Auch bei einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO hat das Gericht eine Abwägung vorzunehmen zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung und dem Interesse des Betroffenen, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, bei der aber die gesetzgeberische Entscheidung für den grundsätzlichen Vorrang des Vollzugsinteresses zu beachten ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 80, Rn. 114, 152a m.w.N.). Besondere Umstände, die eine Abweichung von der gesetzlichen Grundentscheidung für eine sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts rechtfertigen würden, sind vorliegend nicht ersichtlich. Denn die Entziehung der Fahrerlaubnis ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich rechtmäßig. Der Widerspruch des Antragstellers und eine eventuell nachfolgende Anfechtungsklage dürften deshalb keinen Erfolg haben.
Wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend dargelegt hat, begegnet die auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG in der bis 30.04.2014 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) gestützte Entziehungsverfügung voraussichtlich keinen rechtlichen Bedenken, weil der Antragsteller 18 Punkte im Verkehrszentralregister erreicht hat (dazu 1.). Auch die ab dem 01.05.2014 geltende Neuregelung über das Fahreignungs-Bewertungssystem wirkt sich nicht zu Gunsten des Antragstellers aus (dazu 2.).
1.
Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG a.F. hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich 18 oder mehr Punkte im Verkehrszentralregister ergeben.
Zu Unrecht geht die Beschwerde davon aus, im Zeitpunkt der Entziehungsverfügung habe nur noch ein Punktestand von drei Punkten bestanden, weil im Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts Rottweil vom 13.09.2013, die eine mit drei Punkten geahndete Ordnungswidrigkeit betraf, alle Voreintragungen tilgungsreif gewesen seien. Der Antragsteller verkennt zum einen, dass die in § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG a.F. normierte unwiderlegliche Vermutung der Fahrungeeignetheit bereits durch die Begehung einer zum Erreichen von 18 Punkten führenden weiteren Zuwiderhandlung und nicht erst mit dem Eintritt der Rechtskraft der die Zuwiderhandlung ahndenden Entscheidung ausgelöst wird; einem Fahrerlaubnisinhaber, der einen Stand von 18 oder mehr Punkten erreicht hat, kommen nachfolgende Tilgungen - unabhängig davon, ob sie vor oder nach dem Erlass der Entziehungsverfügung eintreten - bei der Anwendung von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG a.F. nicht zu Gute (sog. Tattagprinzip; vgl. ausführlich Beschluss des Senats vom 07.12.2010 - 10 S 2053/10 - VBlBW 2011,194, im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48). Die Geltung des in der Rechtsprechung entwickelten Tattagprinzips ist nunmehr im Gesetz ausdrücklich verankert (§ 4 Abs. 5 Satz 5 bis 7 StVG in der ab dem 01.05.2014 geltenden Fassung, im Folgenden: n.F.; vgl. auch Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 06.03.2013, BT-Drs. 17/12636 S. 41 f.). Maßgeblich ist daher, dass die dem Urteil des Amtsgerichts Rottweil zugrundeliegende Tat, mit der der Antragsteller den Stand von 18 Punkten erreicht hat, am 17.10.2012, mithin vor der Tilgung der letzten Ordnungswidrigkeit vom 16.02.2011, begangen wurde. Spätere Tilgungen wären daher auch dann unbeachtlich, wenn insoweit Tilgungsreife eingetreten wäre.
Zum anderen verkennt der Antragsteller aber auch, dass bezüglich der früheren Ordnungswidrigkeiten unabhängig vom Tattagprinzip noch keine Tilgungsreife eingetreten war. Ordnungswidrigkeiten unterliegen nach § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StVG a.F. zwar grundsätzlich einer Tilgungsfrist von zwei Jahren; vor Ende dieser Frist ist aber nach § 29 Abs. 6 Satz 2 StVG a.F. eine Ablaufhemmung eingetreten. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist eine Tilgung nicht zulässig, wenn vor dem Ablauf der Tilgungsfrist nach § 29 Abs. 1 StVG a.F. eine neue Tat begangen wurde und diese bis zum Ablauf der Überliegefrist (§ 29 Abs. 7 Satz 1 StVG a.F.) zu einer weiteren Eintragung führt. Vorliegend hat der Antragsteller am 17.10.2012, also vor dem Ablauf der zweijährigen Tilgungsfrist für die Ordnungswidrigkeit vom 16.02.2011, einen weiteren Geschwindigkeitsverstoß begangen, der am 10.01.2014, mithin noch während der Überliegefrist von einem Jahr, in das Verkehrszentralregister eingetragen wurde.
Entgegen der Auffassung der Beschwerde kommt eine Punktereduzierung auch nicht im Hinblick auf die Teilnahme des Antragstellers an einem allgemeinen Aufbauseminar gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG a.F. in Betracht. Vielmehr hat die Fahrerlaubnisbehörde nach dieser Bestimmung bei dem Erreichen von 14, aber nicht mehr als 17 Punkten, zwingend die Teilnahme an einem Aufbauseminar nach § 4 Abs. 8 StVG a.F. anzuordnen; bei Nichtteilnahme an einem vollziehbar angeordneten allgemeinen Aufbauseminar hat die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 StVG a.F. die Fahrerlaubnis zu entziehen. Mit der Teilnahme an dem allgemeinen Aufbauseminar ist der Antragsteller mithin lediglich einer Verpflichtung nachgekommen, deren Nichterfüllung zur Entziehung der Fahrerlaubnis bereits in der Vergangenheit geführt hätte. Eine Punktereduzierung wäre in diesem Zusammenhang lediglich bei der freiwilligen Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung nach § 4 Abs. 9 StVG a.F. in Betracht gekommen, die der Antragsteller jedoch trotz entsprechenden Hinweises der Fahrerlaubnisbehörde nicht in Anspruch genommen hat.
Entgegen dem Vorbringen der Beschwerde ist die Entziehung der Fahrerlaubnis auch nicht ohne Ankündigung erfolgt. Der Antragsteller wurde vielmehr mit Schreiben vom 29.06.2011 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei Erreichen von 18 Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird.
2.
Die in Bezug auf das Fahreignungs-Bewertungssystems getroffenen Neuregelungen des Straßenverkehrsgesetzes und der Fahrerlaubnis-Verordnung führen nicht zu einer anderen Bewertung der Rechtslage. Allerdings nimmt der Senat bei der an den Erfolgsaussichten der Hauptsache ausgerichteten Interessenabwägung regelmäßig auch die weitere Verfahrensentwicklung in Blick, zumindest wenn - wie hier - das Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Auch der Umstand, dass die Widerspruchsbehörde die neue Rechtslage zu berücksichtigen haben wird, dürfte aber nichts an der Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung ändern.
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG in der ab dem 01.05.2014 geltenden Fassung gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen, wenn sich ein Punktestand von acht oder mehr Punkten ergibt.
Nach § 65 Abs. 3 Nr. 4 StVG n.F. werden Personen, zu denen bis zum Ablauf des 30.04.2014 Entscheidungen nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 StVG a.F. im Verkehrszentralregister eingetragen sind, in das Fahreignungs-Bewertungssystem nach der dort genannten Tabelle eingeordnet. Alle Eintragungen des Antragstellers in das Verkehrszentralregister betrafen Verkehrsordnungswidrigkeiten im Sinne des § 24 StVG und wurden mit Geldbußen von mindestens 40,-- EUR geahndet; sie waren daher nach § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG a.F. im Verkehrszentralregister einzutragen. Nach der genannten Umrechnungstabelle wird ein vor dem 01.05.2014 erreichter Punktestand von 18 Punkten und mehr nunmehr mit 8 Punkten bewertet, was nach neuer Rechtslage die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge hat (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG n.F.). Hinzu kommt, dass für den Antragsteller mittlerweile ein weiterer Punkt (nach neuer Bewertung) wegen einer weiteren Geschwindigkeitsübertretung im Fahreignungsregister gespeichert wurde, so dass er nach Mitteilung des Kraftfahrbundesamts vom 16.05.2014 nunmehr einen Punktestand von 9 Punkten erreicht hat.
Auch eine Löschung oder Tilgung der Eintragungen dürfte aufgrund der neuen Rechtslage nicht erfolgen. Die Regelung des § 65 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 StVG n.F. kommt dem Antragsteller nicht zugute, weil die nach altem Recht eingetragenen Entscheidungen auch nach neuer Rechtslage im Fahreignungsregister zu speichern sind. Nach § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG n.F. werden rechtskräftige Entscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG gespeichert, soweit sie in der Rechtsverordnung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. s StVG bezeichnet sind und gegen den Betroffenen eine Regelgeldbuße von mindestens 60,-- EUR festgesetzt worden ist. Die zahlreichen seit dem Jahr 2009 eingetragenen Ordnungswidrigkeiten des Antragstellers betrafen - mit Ausnahme einer Zuwiderhandlung gegen das Gebot der Einhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstands - sämtlich Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit; die Taten wurden mit Geldbußen zwischen 80 und 320,-- Euro geahndet. In der auf § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. s StVG gestützten Regelung des § 40 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV n.F.) in Verbindung mit Anlage 13 n.F. werden Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit als speicherungspflichtig bezeichnet und mit zwei Punkten bewertet (vgl. Nr. 2.2.3 der Anlage 13). Entsprechendes gilt nach Nr. 2.2.4 der Anlage 13 n.F. für die Unterschreitung des erforderlichen Abstands zum vorausfahrenden Fahrzeug.
Im Übrigen richtet sich die Tilgung und Löschung der bis 30.04.2014 erfolgten Eintragungen aufgrund der Übergangsvorschrift des § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 StVG n.F. noch bis zum 30.04.2019 nach altem Recht. Für eine Übergangszeit von fünf Jahren bestimmt sich die Tilgung und Löschung der bis zum Inkrafttreten der Neuregelung erfolgten eintragungspflichtigen Entscheidungen nach § 29 StVG in der bis 30.04.2014 geltenden Fassung; dabei gelten insbesondere auch die Regelungen zur Tilgungshemmung fort (vgl. BT-Drs. 17/12636 S. 49). Die Sonderbestimmungen des § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 StVG n.F. zur Ablaufhemmung sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil die Ablaufhemmung nicht erst durch die am 16.05.2014 gespeicherte Ordnungswidrigkeit, sondern schon durch die bis zum 30.04.2014 begangenen vorherigen Zuwiderhandlungen eingetreten ist. Bis zur Widerspruchsentscheidung wird daher noch § 29 StVG alter Fassung anzuwenden sein.
3.
Nach alldem hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG a.F. zwingend ohne Ermessensbetätigung zu entziehen. Das im Zeitpunkt der Entziehungsverfügung geltende Fahrerlaubnisrecht beurteilt einen mehrfach auffällig gewordenen Fahrerlaubnisinhaber kraft Gesetzes als eine nicht mehr hinnehmbare Gefahr für den Straßenverkehr und damit unwiderleglich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn er trotz der vorgeschalteten Maßnahmen nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 StVG a.F. Verkehrszuwiderhandlungen begangen hat, die im Verkehrszentralregister mit 18 oder mehr Punkten zu erfassen sind. Diese unwiderlegliche gesetzliche Ungeeignetheitsvermutung mit der zwingenden Folge der Entziehung der Fahrerlaubnis bei dem genannten Punktestand wird damit begründet, dass die weitere Teilnahme von solchen Kraftfahrern am Straßenverkehr, die trotz Hilfestellung durch Aufbauseminare und gegebenenfalls durch vorausgegangene verkehrspsychologische Beratung sowie trotz Bonus-Gutschriften und der Möglichkeit von zwischenzeitlichen Tilgungen im Verkehrszentralregister 18 oder mehr Punkte erreichen, für die übrigen Verkehrsteilnehmer eine Gefahr darstellen. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, dass es sich um Kraftfahrer handelt, die eine ganz erhebliche Anzahl von noch nicht getilgten Verkehrsverstößen, die im Verkehrszentralregister erfasst sind bzw. nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem zu speichern sind, begangen haben (vgl. hierzu die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 07.02.1997, BT-Drs. 13/6914, S. 50; zu diesem Normzweck auch Beschluss des Senats vom 07.12.2010 - 10 S 2053/10 - VBlBW 2011, 194 m.w.N.).
An dieser gesetzgeberischen Wertung hat sich auch durch die Einführung des Fahreignungs-Bewertungssystems, das neben der Vereinfachung des Punktsystems auch der Erhöhung der Verkehrssicherheit dienen soll (vgl. BT-Drs. 17/12636 S. 17), nichts geändert. Auch nach der gesetzlichen Neuregelung ist auf der dritten Maßnahmestufe die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen, ohne dass der Fahrerlaubnisbehörde ein Ermessen eingeräumt ist (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG n.F.). Der Fahrerlaubnisinhaber gilt unwiderleglich als ungeeignet, wenn er trotz Durchlaufens der ersten und zweiten Maßnahmenstufen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG n.F. - wie etwa Ermahnung und Verwarnung - und trotz der Möglichkeit der Tilgung so viele fahreignungsrelevante Straftaten oder verkehrssicherheitsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeiten begangen hat, dass er acht und mehr Punkte erreicht (vgl. zum Ganzen BT-Drs. 17/12636 S. 17, S. 41).
Der Senat räumt nach alledem mit dem Verwaltungsgericht dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung den Vorrang vor dem privaten Interesse des Antragstellers ein, einstweilen am Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen. Da sich die angeordnete Maßnahme nach dem oben Gesagten bei summarischer Prüfung als rechtmäßig erweist, besteht kein Raum, entgegen der vom Gesetzgeber in § 4 Abs. 7 Satz 2 StVG a.F. bzw. § 4 Abs. 9 StVG n.F. vorgenommenen Bewertung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen. Der Antragsteller muss sich vielmehr entgegenhalten lassen, dass er kontinuierlich Zuwiderhandlungen begeht, die der Verordnungsgeber als besonders verkehrssicherheitsgefährdend einstuft (vgl. Nr. 2.2 der Anlage 13 n.F.); so hat er im Jahr 2013 erneut eine, in der Entziehungsverfügung vom 06.02.2014 noch nicht berücksichtigte erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung begangen. Die mit dieser Entscheidung für den Antragsteller verbundenen Nachteile in Bezug auf seine private Lebensführung und seine Berufstätigkeit als selbständiger Unternehmer müssen von ihm im überwiegenden öffentlichen Interesse an der Verkehrssicherheit und im Hinblick auf das Gewicht der durch ihn gefährdeten hochrangigen Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer hingenommen werden.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nr. 1.5 und Nr. 46.1, Nr. 46.3 und Nr. 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Sonderbeilage VBlBW vom Januar 2014). Der Antragsteller war im Besitz der alten Fahrerlaubnisklassen 1 und 3; diese entsprechen in der Regel den neuen Fahrerlaubnisklassen A, B und C1. Danach ergibt sich für das Hauptsacheverfahren ein Streitwert in Höhe von 15.000,-- EUR, der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes zu halbieren ist. Der Senat sieht davon ab, die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts zu Lasten des Antragstellers zu ändern.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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