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Gericht / Entscheidungsdatum: AG Dresden, Beschl. v. 11.04.2014 - 231 Ds 115 Js 22856/13
Leitsatz: Eine Anklage, die den Anforderungen des § 200 StPO nicht entspricht, stellt keine verjährungsunterbrechende Maßnahme im Sinne des § 78c Abs. 1 Nr. 6 StGB dar.
Abteilung für Straf- und Bußgeldsachen Aktenzeichen: 231 Ds 115 Js 22856/13 BESCHLUSS In dem Strafverfahren gegen pp. X. (geb. X.), Rechtsanwalt Michael Stephan, Goetheallee 43, 01309 Dresden Y., Verteidiger: Rechtsanwältin Jessika Gruno, Goetheallee 43, 01309 Dresden Z., A., Verteidiger: wegen Steuerhinterziehung ergeht am 11.04.2014 durch das Amtsgericht Dresden - Strafrichter - nachfolgende Entscheidung: 1 Die Anklage der Staatsanwaltschaft Dresden vom 04.07.2013 wird betreffend der Angeschuldigten X. und Y. bezüglich folgender Taten jeweils zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren insoweit vor dem Amtsgericht Dresden -Strafrichter- eröffnet: Einkommensteuer nebst Solidaritätszuschlag bezüglich der Jahre 2002 bis 2005 (vgl. Ziffern A I und II) sowie bezüglich der Gewerbesteuer für die Jahre 2003 bis 2005 (vgl. Ziffer A III). 2. Im Übrigen wird das Verfahren bezüglich der Angeschuldigten X. und Y. eingestellt. 3. Darüber hinaus wird das Verfahren bezüglich der Angeklagten Z. und A. eingestellt. 4. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten X. und Y. fallen der Staatskasse zur Last, soweit das Verfahren eingestellt wurde. Bezüglich der Angeschuldigten Z. und A. fallen die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten der Staatskasse zur Last. Gründe Am 04.07.2013 erhob die Staatsanwaltschaft Dresden Anklage gegen Andreas X. und Thomas Y. wegen des Vorwurfes der Steuerhinterziehung in 10 tatmehrheitlichen Fällen (jeweils Einkommensteuerhinterziehung für die Jahre 2001 bis 2005, zu eigenen Gunsten sowie gemeinschaftlich handelnd Gewerbesteuerhinterziehung zu Gunsten der BFW GmbH & Co. KG bezüglich der Jahre 2001 bis 2005). Der Angeschuldigte Z. soll Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 11 tatmehrheitlichen Fällen geleistet haben, nämlich bezüglich der Einkommensteuerhinterziehung des Angeschuldigten X. für die Jahre 2001 bis 2004, bezüglich der Einkommensteuer zu Gunsten des Ange-schuldigten Y. für die Jahre 2001 bis 2004 und bezüglich der Gewerbesteuer zu Gunsten der BFW GmbH & Co. KG für die Jahre 2001 bis 2003. Die Angeschuldigte A. soll Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 6 tatmehrheitlichen Fällen geleistet haben, nämlich bezüglich der Einkommensteuer der Angeschuldigten X. und Y. jeweils für die Jahre 2002 und 2003 und bezüglich der Gewerbesteuer zu Gunsten der XXXXXX GmbH & Co. KG für die Jahre 2002 und 2003. Bezüglich der Einzelheiten des Tatvorwurfes wird auf die Anklage (BI. 184 bis 196 der Akte) Bezug genommen. Die Verteidiger der Angeschuldigten X. und Y. haben zunächst substantiierte Einwendungen gegen den Tatvorwurf teilweise erhoben. Sie haben aber zuletzt beantragt, die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen. Der Verteidiger der Angeschuldigten A. beantrage, die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen (vgl. bereits Schriftsatz vom 17.07.2013 - BI. 247 d.A.), ähnlich äußerte sich Rechtsanwalt Mayer im Erörteruingstermin am 15.01.2014 (BI. 312 d.A.). Die Beteiligten hatten im Übrigen jeweils Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme. Das Verfahren war zunächst bezüglich aller Angeschuldigten - wie tenoriert - betreffend der Tatvorwürfe der Einkomnmensteuerhinterziehung für das Jahr 2001 sowie der Gewerbesteuer- hinterziehung für die Jahre 2001 und 2002 bzw. der jeweiligen Beihilfe hierzu einzustellen, weil insoweit bereits die jeweiligen Taten zweifelsohne absolut verjährt sind, § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB. Im Übrigen war bezüglich der Angeschuldigten X. und Y. -entgegen des letzten Vorbringens ihrer Verteidiger- die Anklage zur Hauptverhandlung zuzulassen und das Hauptverfahren zu eröffnen (jeweils betreffend die Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2005 sowie bezüglich des Tatvorwurfs der gemeinschaftlichen Gewerbesteuerhinterziehung für die Jahre 2003 bis 2005). Der Anklagesatz entspricht nämlich insoweit den gebotenen Anforderungen des § 200 StPO. In Rechtsprechung und Literatur ist seit langem anerkannt, dass bei einem Tatvorwurf der Steuerhinterziehung im Anklagesatz das relevante Verhalten und der Taterfolg im Sinne von § 370 AO allein anzuführen ist, einer Berechnungsdarstellung der Steuerverkürzung bedarf es dort nicht (BGH wistra 2012, 489f.). Ausführungen zur Schadensberechnung können keinen Beitrag zur Individualisierung der Tat leisten und unter Umständen sogar dazu führen, dass der Tatvorwurf im Anklagesatz nicht klar, übersichtlich und verständlich dargestellt wird. Die für Urteile geltenden Darstellungsmaßstäbe können angesichts der unterschiedlichen Anforderungen nämlich nicht auf Anklageschriften ohne Weiteres übertragen werden, was möglicherweise von den Verteidigern dieser Angeschuldigten möglicherweise nicht hinreichend beachtet wurde. Eine Anklageschrift erfüllt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bereits dann die für ihre Wirksamkeit erforderliche lndividualisierungs- und Umgrenzungsfunktion wenn die dem jeweiligen Angeschuldigten zur Last liegende Höhe der Steuerverkürzung allein dargestellt wird. Zwar mag es jeweils sinnvoll sein, die für eine nachvollziehbare Darstellung der Berechnung der Abgabenverkürzung erforderlichen Tatsachenfeststellungen sowie -berechnungen konkret anzuführen, zwingend geboten ist dies aber nicht. Das Fehlen einer nachvollziehbaren Darstellung der Berechnung der Abgabenverkürzung sowie konkrete Berechnungen sind allenfalls zweckmäßig und betreffen die Informationsfunktion der Anklageschrift. Fehlen aber derartige Angaben oder erweisen sie sich als ungenügend, kann dies aber von vornherein nicht die Wirksamkeit der Anklage in Frage stellen (BGH aaO.). Im Einzelnen kann auch im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen zur Darstellung der Steuerberechnung auf Aktenbestandteile verwiesen werden, soweit die Beteiligten hinreichend Kenntnis hiervon haben und dies hinreichend nachvollziehbar ist.
Gemessen daran bestehen hier keine Zweifel daran, dass die Bezugnahme auf die erstellten Übersichten des Finanzamtes zu der berichtigten Verkürzungsberechnungen (vgl. Im Einzelnen hierzu BI. 192 und 193 d.A) ausreichend sind.
Dies zeigen gerade auch die substantiierten, in sich schlüssigen und gut nachvollziehbaren Einwendungen der Verteidigerin des Angeschuldigten X. hierzu (BI. 208 bis 227 d.A). Hier ist genau aufgelistet welchen Rechnungen und Belegen die Verteidigung eine andere steuer-rechtliche Relevanz beimißt als das zuständige Finanzamt. Auf diese Einwendungen konnte das Finanzamt als Verwaltungsbehörde hinreichend plausibel erwidern.
Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass Mängel der Anklageschrift, die deren Wirksamkeit nicht in Frage stellen auch nicht zur Ablehnung des Hauptverfahrens berechtigen.
Es wird der Hauptverhandlung überlassen bleiben, ob die Einwendungen des / der Angeschuldigten durchgreifen oder nicht, oder ob das Verfahren insoweit gar nach dem Opportunitäts-prinzip beendet werden kann.
Dem gegenüber war bezüglich der Angeschuldigten Z. und A. das Verfahren auch im übrigen und damit in vollem Umfang wegen Verjährung als endgültiges Verfahrenshindernis einzustellen.
In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass eine Anklage, die den Anforderungen des § 200 StPO nicht entspricht, keine verjährungsunterbrechende Maßnahme im Sinne des § 78c Abs. 1 Nr. 6 StGB sein kann (BGH wistra 2009, 205 f). So liegt der Fall aber hier, da die Anklageschrift unter erheblichen Mängeln im Hinblick auf deren Umgrenzungsfunktion enthält. Zur Umgrenzungsfunktion einer Anklageschrift im Sinne des § 200 StPO gehört es, dass jedes gesetzliche Merkmal des äußeren und inneren Tatbestandes mit entsprechenden äußeren oder inneren Vorgängen belegt wird, wobei die Darstellung ohne Weiteres gerafft erfolgen kann und Einzelheiten des Tatgeschehens, die hierfür entbehrlich sind, nicht in den Anklagesatz aufgenommen werden müssen.
In der Anklageschrift vom 04.07.2013 wird den Angeschuldigten A. und Z. in unter-schiedlicher Form pauschal zur Last gelegt, dass sie wissentlich daran mitgewirkt hätten, Betriebsausgaben mit Scheinrechnungen fingiert bzw. Betriebseinnahmen nicht vollständig erklärt zu haben, um hierdurch eine nicht gerechtfertigte Minderung des Gesellschaftsgewinnes und in der Folge eine entsprechende Verkürzung der Gewerbesteuer sowie der Einkommensteuer der Angeschuldigten X. und Y. erreicht zu haben, bezüglich der Angeschuldigten A. mit dem Hinweis, dass sie wissentlich fingierte Betriebsausgaben gebucht und teilweise nachträglich Scheinrechnungen zur Begründung der Buchungen erstellt habe. Weder dem Anklagesatz noch im Ergebnis in zulässiger Form dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen kann jedoch hinreichend konkret entnommen werden, wann, wie und an welchem Ort die entsprechende Tathandlung begangen worden sein soll. Es vermag hier nicht mit der notwendigen Sicherheit -auch unter Berücksichtigung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen sowie der dort in Bezug genommenen Unterlagen- insbesondere festgestellt werden, wie und wann diese Angeschuldigten die Betriebsausgaben der XXXXXX GmbH & Co. KG (und insoweit auch einkommensteuerrelevant) selbst durch eigen- händige Erstellung von Scheinrechnungen fingiert haben bzw. konkrete Ratschläge hierzu er- teilt haben. Es ist nicht zwingend ohne Weiteres zu erkennen, ob die Angeschuldigten Z. und A. überhaupt entsprechende Scheinrechnungen erkannt haben und gleichwohl fehlerhaft gebucht haben. Kriminalistische Erfahrung allein genügt insoweit nicht. Mithin fehlt auch im Ergebnis im Anklagesatz sowie in dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen eine ausreichende Darstellung des zwingend hierzu erforderlichen Gehilfenvorsatzes. Auch zur Kausalität der (vermeintlichen) Beihilfehandlung fehlt eine konkrete Sachverhaltsdarstellung. Letztlich war hier die letzte verjährungsunterbrechende Maßnahme für diese beiden Angeschuldigten die richterliche Anordnung der Beschlagnahme vom 9.12.2008, so dass sämtliche Tatvorwürfe mit Ablauf des 9.12.2013 diesbezüglich verjährt sind. V. Die Kostenentscheidung beruht - soweit das Verfahren eingestellt wurde - jeweils auf § 467 Abs. 1 StPO.
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