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Leitsatz: 1. Das nach § 174 Abs. 1 StGB notwendige Obhutsverhältnis ist nicht ohne weiteres zwischen allen Lehrern und Schülern einer Schule zu bejahen. 2. Allein die theoretische Möglichkeit, der Beschuldigte könne künftig die Antragstellerin als Vertre-tungslehrer unterrichten, begründet kein tatsächliches Obhutsverhältnis.
1 Ws 56/14 OLG Koblenz In dem Ermittlungsverfahren gegen pp. hier: Antrag der Frau pp. auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 StPO hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Ober-landesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht am 17. März 2013 beschlossen:
Der Antrag der Anzeigeerstatterin, gegen den Beschuldigten die Erhebung der öffentlichen Klage zu beschließen, wird als unbegründet verworfen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschuldig-ten.
Gründe: 1. Die am pp. geborene Antragstellerin besuchte im Schuljahr 2004/2005 die 9. und damit letzte Klasse des 5-zügigen Hauptschulzweigs der Regionalen Schule in A.. Einer ihrer Fachlehrer war der Beschuldigte. Das Schuljahr endete offiziell am 24. Juli 2005. Bereits am 14. Juni 2005 hatte die Zeugniskonferenz für die Abschlussklassen der Hauptschule stattgefunden. Mit der Übergabe der Zeugnisse am Freitag, dem 24. Juni 2005 wurden diese aufgelöst. Diejenigen Schülerinnen und Schüler, die sich wie die Antragstellerin mit ihren Leistungen für ein weiteres Schuljahr zur Er-langung der Mittleren Reife qualifiziert hatten, wurden bereits ab dem 27. Juni 2005 bis zum Be-ginn der Sommerferien in der neuen Klasse 10 V b unterrichtet, und zwar von den Lehrern, die sie auch im Schuljahr 2005/2006 unterrichten sollten. Der dem Hauptschulzweig zugehörige Beschul-digte gehörte, was am 24. Juni 2007 bereits feststand, nicht dazu.
Am Abend des 24. oder 25. Juni 2005 veranstalteten einer Grillhütte bei Hombach eine private Ab-schlussfeier, zu der auch der Betroffene eingeladen worden war.
Am frühen Morgen des Folgetages soll der Beschuldigte die Antragstellerin in der Grillhütte dazu veranlasst haben, sexuelle Handlungen zu dulden und an ihm vorzunehmen.
2. Da die Staatsanwaltschaft den Beschuldigten wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefoh-lenen (einer Schwester der Antragstellerin) angeklagt hatte, sah sie mit Verfügung vom 23. Juni 2010 zunächst gemäß § 154 Abs. 1 StPO von einer Verfolgung ab. Nach rechtskräftigem Frei-spruch des Beschuldigten in jenem Verfahren wurde das vorliegende Verfahren wieder aufge-nommen und schließlich am 20. März 2013 sowohl aus tatsächlichen (kein hinreichender Tatver-dacht bei Aussage gegen Aussage) als auch aus rechtlichen (keine Strafbarkeit nach § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB) Gründen eingestellt.
Nach erfolgloser Beschwerde (§ 172 Abs. 2 StPO) strebt die Antragstellerin nunmehr die Anord-nung der Erhebung der öffentlichen Klage an.
Der Antrag ist zulässig; insbesondere genügt er den Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO. Die von der Generalstaatsanwaltschaft vermissten Angaben des Zeugen pp. finden sich zusammengefasst, aber inhaItlich vollständig im Bescheid der Staatsanwaltschaft vom 1. Juli 2013 sowie im Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft vom 27. Dezember 2013. Beide Bescheide sind in der Antragschrift zitiert; diese indirekte Wiedergabe hält der Senat für ausreichend.
Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten nach derzeitiger Rechtslage unter keinen Straftatbestand zu subsumieren ist. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 29. Dezember 2011 (1 Ss 213/11) festgestellt hat, ist das nach § 174 Abs. 1 StGB notwendige Obhutsverhältnis nicht ohne weiteres zwischen allen Lehrern und Schülern der Regio-nalen Schule in A. zu bejahen. Sachlich fundierte Kritik gegen diese Rechtsauffassung gab es nicht; sie wurde inzwischen vom Bundesgerichtshof bestätigt (BGH v. 25.04.2012 - 4 StR 74/12 - juris Rn. 8 - StV 2012, 531).
Es kommt somit darauf an, ob die Antragstellerin dem Beschuldigten in der fraglichen Nacht noch zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut war. Dies ist zu verneinen, weil das Lehrer-Schüler-Verhältnis und damit das Obhutsverhältnis mit der Auflösung des Klasseverbandes am 24. Juni 2005 endete (vgl. BGH v. 30.10.1963 - 2 StR 357/63 - juris n. 17 - BGHSt 19, 163). Allein die theoretische Möglichkeit, der Beschuldigte könne künftig die Antragstellerin als Vertretungslehrer unterrichten, begründet kein tatsächliches Obhutsverhältnis. Das frühere Obhutsverhältnis dauerte nicht allein deshalb fort, weil der Beschuldigte von ehemaligen Schülerinnen und Schülern zu einer privaten Veranstaltung eingeladen wurde. Bei dieser Veranstaltung war er lediglich Gast, aber kein tauglicher Täter eines sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen.
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