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Entscheidungen

OWi

Fahrlässigkeitsvorwurf, Streckenbegrenzung, Gegenrichtung

Gericht / Entscheidungsdatum: Oberlandesgericht Bamberg, Beschluss vom 17. 7. 2013 - 3 Ss OWi 944/13

Leitsatz: Allein aus der Tatsache einer vom Betroffenen zuvor durchfahrenen Streckenbegrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit lässt sich gegen ihn ein Fahrlässigkeitsvorwurf für eine anlässlich der Fahrt in Gegenrichtung objektiv begangene Geschwindigkeitsüberschreitung nicht begründen, wenn anlässlich dieser keine beschilderte und sichtbare Geschwindigkeitsbegrenzung (Zeichen 274) mehr passiert wurde (Anschluss an OLG Celle, Beschluss vom 26.07.2000 – 322 Ss 101/00 = DAR 2000, 578 f.).


In pp.

Das AG hat den Betr., einen Taxifahrer, wegen einer am 07.11.2012 als Führer eines Pkw begangenen fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 36 km/h zu einer Geldbuße von 120 Euro verurteilt und gegen ihn wegen eines beharrlichen Pflichtenverstoßes im Sinne von § 25 I 1 [2. Alt.] StVG i.V.m. § 4 II 2 BKatV ein (Regel-) Fahrverbot für die Dauer eines Mo-nats nach Maßgabe des § 25 IIa StVG verhängt. Die hiergegen gerichtete Rechtsbe-schwerde des Betroffenen führte auf die Sachrüge zur Urteilsaufhebung und Zurück-verweisung an das AG.

Aus den Gründen:
Die statthafte (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG) sowie frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde erweist sich bereits mit der Sachrüge als – zumindest vorläufig – erfolgreich, so dass auf die weiteren Beanstandungen nicht mehr eingegangen zu wer-den braucht. Insoweit führt die GenStA in ihrer Antragsschrift vom 08.07.2013 aus: „Die Feststellungen des Tatgerichts tragen den Schuldspruch wegen fahrlässiger Geschwin-digkeitsüberschreitung nicht, da sich jedenfalls der Vorwurf der Fahrlässigkeit hieraus nicht begründen lässt. Nach den Feststellungen des AG bog der Betr., nachdem er Fahrgäste abgesetzt hatte, aus einer Nebenstraße zurück nach rechts auf die Staats-straße ein. Vor der Einmündung der Nebenstraße in die Staatsstraße war die Ge-schwindigkeit durch Zeichen 274 auf 60 km/h beschränkt worden. Nach den Feststel-lungen des Tatgerichts befand sich jedoch zwischen der Einmündung und der darauf folgenden Messstelle keine weitere Geschwindigkeitsbeschränkung in Fahrtrichtung des Betr. Aufgrund der für das Rechtsbeschwerdegericht bindenden Feststellungen des Tatgerichts steht damit fest, dass der Betr. nach dem Absetzen der Fahrgäste keine Geschwindigkeitsbeschränkung auf dem Rückweg passierte. Damit kann dem Betr. nicht nachgewiesen werden, dass er fahrlässig gegen das trotz der Einmündung weiter geltende Streckengebot in Form der Geschwindigkeitsbeschränkung verstoßen hat. Aufgrund des Umstandes, dass der Betr. auf dem Hinweg in entgegengesetzter Rich-tung fuhr und vor dem Linksabbiegevorgang von der Staatsstraße auf die Nebenstraße derartige Geschwindigkeitsbeschränkungen auf der Staatsstraße wahrgenommen hat, ergibt sich jedenfalls nicht, dass der Betr. fahrlässig gegen die für die nunmehr befahre-ne Richtung geltende Geschwindigkeitsbeschränkung verstoßen hat. Die Schilder, die der Betr. auf der Hinfahrt nämlich passiert hatte konnten aufgrund des Sichtbarkeits-grundsatzes das Gebot der Geschwindigkeitsbeschränkung nur in der Fahrtrichtung, in der sie aufgestellt waren, entfalten (OLG Celle, Beschluss vom 26.07.2000 – 322 Ss 101/00 = DAR 2000, 578 f.; König in Hentschel/König/Dauer Straßenverkehrsrecht 42. Aufl. § 39 StVO Rn. 32). Zwar galt die Streckenvorschrift der Ge-schwindigkeitsbeschränkung nicht nur bis zu der Einmündung, aus der der Betr. schließlich die Staatsstraße wieder befuhr, sondern auch darüber hinaus. Der Sichtbar-keitsgrundsatz verlangt aber für den Einbiegeverkehr jedenfalls die Wiederholung aller Verkehrszeichen hinter der betreffenden Einmündung (vgl. hierzu OLG Hamm, Be-schluss vom 05.07.2001 – 2 Ss OWi 524/01 = NZV 2001, 489 f. = DAR 2001, 517 = VRS 101, 226 ff. = VerkMitt 2002, Nr. 14). Der Fahrlässigkeitsvorwurf ergibt sich im gegebenen Fall auch nicht daraus, dass der Betr. aufgrund des nach den Feststellun-gen des AG wohl in beiden Fahrtrichtungen gleich schlechten Straßenzustandes davon ausgehen musste, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung auch für die Gegenrichtung galt. Allein aufgrund der geschilderten Umstände musste der Betr. nämlich nicht davon ausgehen, dass auch für die Gegenfahrbahn ein entsprechendes Geschwindigkeitsge-bot bestand. Vielmehr hätte ein Geschwindigkeitsgebot auf der Hinfahrt auch seinen Grund darin haben können, um im Hinblick auf eventuelle Linksabbieger eine Ge-schwindigkeitsreduzierung des Geradeausverkehrs zu erreichen. Jedenfalls insoweit unterscheidet sich die vorliegende Fallkonstellation von dem der Entscheidung des BGH vom 25.09.1957 - 4 StR 367/57 (= NJW 1957, 1934) zugrunde liegenden Sachverhalt. Aufgrund dieser Mängel ist das Urteil aufzuheben und zurückzuverweisen, da noch weitere Feststellungen denkbar sind, die den Tatvorwurf stützen könnten. Zum einen hat der Betr. angegeben, dass sich die Beschilderung an dieser Stelle häufig ändere. Daraus ergibt sich, dass er Kenntnis von der betroffenen Stelle hatte. Möglicherweise kann durch Feststellung der tatsächlichen Entwicklung der Beschilderungssituation vor dem Tattag hier eine weitere Aufklärung betrieben werden. Zudem scheint es möglich, weitere Aufklärung zur Frage zu treffen, aus welcher Richtung sich der Betr. auf der Hinfahrt der Einmündung genähert hat, gegebenenfalls durch Ermittlung und Befragung der von ihm gefahrenen Fahrgäste.“ Diese in jeder Hinsicht zutreffenden und erschöpfenden Ausführungen macht sich der Senat zu Eigen. Aufgrund des aufgezeig-ten Sachmangels ist das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben (§ 79 III 1 OWiG, § 353 StPO). Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das AG zurückverwiesen (§ 79 VI OWiG).

(Mitgeteilt von Richter am OLG Dr. G. Gieg, Bamberg)

Einsender: RiOLG Dr. Georg Gieg, Würzburg

Anmerkung:


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